SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 3
Helaba Volkswirtschaft/Research




                                  USA AKTUELL                                                                   2. Januar 2013




                                  Fiskalisches Kliff: Absturz verhindert…und nun?
                  AUTOR
           Patrick Franke          Auf den letzten Drücker haben die Verantwortlichen in Washington einen Sturz vom „fiscal cliff“
Telefon: 0 69/91 32-47 38
                                   verhindert. Die Kompromisslösung verhindert, dass die Fiskalpolitik massiv gestrafft wird, was
     research@helaba.de
                                   zu einer Rezession hätte führen können. Allerdings dürfte der Verhandlungsmarathon die Unsi-
            REDAKTION              cherheit erhöht und das Wirtschaftsvertrauen belastet haben. Weitere politische Schritte sind in
     Dr. Gertrud R. Traud
                                   den kommenden Wochen erforderlich, um zu verhindern, dass die US-Regierung an die Schul-
         HERAUSGEBER               denobergrenze stößt bzw. automatische Ausgabenkürzungen Anfang März greifen. Auch die
              Landesbank
                                   mittel- bis langfristige Defizit- und Schuldenproblematik ist mit dieser Entscheidung nicht aus
       Hessen-Thüringen            der Welt.
           MAIN TOWER
 Neue Mainzer Str. 52-58
 60311 Frankfurt a. Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44         Das Jahr 2013 beginnt also nicht mit einem vermeidbaren Politikunfall. Buchstäblich am Rande
                                  des Abgrunds haben Republikaner und Demokraten doch noch eine (Teil-)Lösung für das selbst-
                                  gebastelte Problem „Fiskalisches Kliff“ gefunden. Am Neujahrstag stimmte das von den Republi-
                                  kanern kontrollierte Repräsentantenhaus einer vorher vom mehrheitlich demokratischen Senat
                                  verabschiedeten Gesetzesvorlage zu. Präsident Obama kündigte an, das Gesetz zu unterzeichnen
                                  und flog dann wieder nach Hawaii zurück, wo er wegen den Verhandlungen über das „fiskalische
                                  Kliff“ seinen Weihnachtsurlaub unterbrochen hatte.

                                  Damit ist zwar das unmittelbare Problem erst einmal vom Tisch. Aber der neue Kongress, der am
                                  3. Januar seine Arbeit aufnimmt, wird sich schon auf kurze Sicht wieder mit dem Thema Fiskalpoli-
                                  tik beschäftigen müssen, denn nicht alle drängenden Fragen sind beantwortet.

                                  Was sieht der Kompromiss im Einzelnen vor?
                                         Einkommensteuer: Die unter George Bush 2001 und 2003 verabschiedeten Steuersen-
                                          kungen, die in den vergangenen Jahren mehrfach verlängert wurden, werden nun dauer-
                                          haft festgeschrieben. Allerdings wird bei Haushalten mit einem zu versteuernden Ein-
                                          kommen von mehr als $450.000 in Zukunft ein höherer Spitzensteuersatz von 39,6 %
                                          (bisher: 35 %) fällig. Auch werden für Haushalte mit hohen Einkommen die Möglichkeiten
                                          eingeschränkt, steuermindernde Tatbestände geltend zu machen. Bei diesen Haushalten
                                          werden Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne zudem ab sofort mit 20 % statt wie bis-
Die Publikation ist mit größter
                                          her mit 15 % besteuert. Die jährliche Anpassung der Alternative Minimum Tax (AMT) ent-
Sorgfalt bearbeitet worden.               fällt in Zukunft, da sie inflationsindexiert wird.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegen-                  Erbschaftssteuer: Der Steuersatz für große Vermögen steigt von 35 % auf 40 %.
wärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die An-
gaben beruhen auf Quellen,               Automatische Kürzung der diskretionären Staatsausgaben: Zunächst verschoben
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Voll-              von Anfang Januar auf Anfang März 2013.
ständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr überneh-
men können. Sämtliche in                 Verlängerte Anspruchsdauer auf Arbeitslosenunterstützung: Läuft nicht wie geplant
dieser Publikation getroffe-
nen Angaben dienen der In-
                                          schon Ende 2012 aus, sondern erst Ende 2013.
formation. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfeh-
lung für Anlageentscheidun-       Hinzu kommen Verlängerungen von Steuernachlässen für Unternehmen, eine Entlastung für Emp-
gen verstanden werden.            fänger der staatlichen Medicare-Leistungen (Krankenversicherung für Rentner) und Steuersubven-
                                  tionen im Energiesektor.

                                  Insgesamt erhöht das Paket das Defizit im laufenden Fiskaljahr verglichen mit der Basisprojektion



HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA                                                                           1
USA AKTUELL




                             des Congressional Budget Office (CBO) um rund 330 Mrd. Dollar (2 % am Bruttoinlandsprodukt).
                             In den kommenden zehn Jahren fallen die Defizite um fast 4 Billionen Dollar höher aus. Die Basis-
                             projektion beruhte auf der Annahme, dass alle temporären Maßnahmen wie geplant zum Jahres-
                             wechsel ausgelaufen wären und dass die eigentlich gesetzlich vorgesehenen automatischen Aus-
                             gabenkürzungen auch gegriffen hätten.

                             Nächste Baustelle: Schuldenobergrenze

                             Ausgeklammert aus diesem Paket wurde das Thema Schuldenobergrenze. Die Verschuldung der
                             Bundesregierung hat bereits im Dezember die nominal fixierte Obergrenze erreicht, was den Fi-
                             nanzminister zu buchhalterischen Tricks zwingt. In einigen Wochen wird der durch diese Maßnah-
                             men eröffnete Spielraum aber ausgeschöpft sein, die Schuldengrenze wird bindend. Um eine Zah-
                             lungsunfähigkeit der US-Regierung zu vermeiden, muss der Kongress die Grenze bis dahin an-
                             passen. Eine Zustimmung zu einem solchen Schritt werden die Republikaner aber wohl von Zuge-
                             ständnissen der Demokraten hinsichtlich Einschnitten bei den sozialen Sicherungssystemen ab-
                             hängig machen.

                             Sollte im Rahmen einer solchen Anpassung der Schuldenobergrenze nicht auch das Thema „au-
                             tomatische Ausgabenkürzung“ geklärt werden, so sind die nun für Anfang März vorgesehenen
                             linearen Einschnitte bei den Ausgaben eine weitere Baustelle, die es in den kommenden Wochen
                             dringend zu bearbeiten gilt. Kaum jemand im Kongress will diese Kürzungen, die insbesondere
                             beim Verteidigungshaushalt, der einen erheblichen Anteil der „diskretionären“ Ausgaben aus-
                             macht, drastisch ausfallen würden.

                             Konjunkturelle Wirkung: Etwas weniger dämpfend

                             Das nun verabschiedete Paket unterscheidet sich von unseren Annahmen primär in zwei Punkten:
                             Erstens nimmt die steuerliche Belastung für die reichsten Haushalte mehr zu als unterstellt. Zwei-
                             tens erhalten Arbeitslose mehr Transfers. Die Einkommensteuerbelastung für die Bezieher hoher
                             Einkommen steigt unter dem Kompromiss etwas mehr als wir angenommen hatten. Dies dürfte
                             jedoch aufgrund der hohen Sparneigung dieser Haushalte nur einen geringen Einfluss auf den
                             privaten Konsum haben. Hinzu kommt, dass die Steuerzahler die Auswirkungen zum Teil erst bei
                             der Steuererklärung für 2013, d.h. Anfang 2014, spüren werden. Der Effekt im Kalenderjahr 2013
                             dürfte tatsächlich durch die zusätzlichen Transfers bei der Arbeitslosenversicherung (laut CBO im
                             laufenden Jahr rund 30 Mrd. Dollar oder 0,2 % der verfügbaren Einkommen) mehr als ausgegli-
                             chen werden. Per Saldo ist die konjunkturelle Wirkung des Pakets relativ zu unserer Prognose also
                             tendenziell positiver.

       Keine größere         Der temporär abgesenkte Beitrag zur Rentenversicherung steigt – wie von uns erwartet – ab Ja-
        Abweichung           nuar 2013 wieder auf sein normales Niveau. Dies kostet die Haushalte aufs Jahr hochgerechnet
                             rund 90 Mrd. Dollar (0,7 % der verfügbaren Einkommen) und dürfte den privaten Konsum im ers-
                             ten Quartal dämpfen.

                             Da die Zukunft der automatischen Ausgabenkürzungen nach dem 1. März offen ist, bleibt hier
                             Spielraum für Überraschungen. Sollten die Einschnitte bei den Ausgaben ganz oder weitgehend
                             ausbleiben, wäre unsere Prognose für die Ausgaben des Bundes 2013 zu konservativ. Wir rech-
                             nen bisher mit einem realen Anstieg um weniger als 1 %. Kommen die Kürzungen, die eigentlich
                             für den Januar geplant waren, aber nun in vollem Umfang Anfang März, wäre im zweiten Quartal
                             mit einer spürbar schwächeren Staatsnachfrage zu rechnen, als wir in unserer Prognose unterstellt
                             haben. Entsprechend könnte sich die Gesamtnachfrage unter diesem Gesichtspunkt besser oder
                             schlechter entwickeln als von uns prognostiziert. Aus politischen Gründen ist aber davon auszuge-
                             hen, dass die Ausgabenkürzungen eher gestreckt oder abgemildert werden.

                             Schließlich dürfte die anhaltende Debatte über die zunächst ausgeklammerten Themen – Schul-
                             dengrenze und Ausgabenkürzungen – in den kommenden Wochen noch zu anhaltend erhöhter



HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA                                                                   2
USA AKTUELL




                             Unsicherheit führen, was die wirtschaftliche Aktivität tendenziell dämpft. Per Saldo sehen wir je-
                             doch derzeit keinen Anlass, unsere Wachstumsprognose von 2 % bis 2½ % für das Jahr 2013 zu
                             ändern.

                             Defizite und Schuldenstand: Auf mittlere Sicht nicht genug

                             Der nun erreichte Kompromiss lässt – verglichen mit unserem Basisszenario – ein in geringem
                             Umfang höheres Defizit für das laufende Jahr erwarten (Schaubild). Dies setzt jedoch voraus, dass
                             die Ausgabenkürzungen im März in vollem Umfang greifen – denn das hat das CBO bei seiner
                             Analyse unterstellt. Sollte dies abgemildert werden, würde das Defizit für 2013 noch etwas höher
                             ausfallen. Verglichen mit dem CBO-Basisszenario und dem Alternativszenario „Alles wird verlän-
                             gert“ liegt der Kompromiss etwa in der Mitte. Eine mittel- bis langfristige Tragfähigkeit ist damit
                             nicht erreicht, denn der Schuldenstand der Bundesregierung würde weiter deutlich zunehmen, statt
                             – zumindest relativ zum Bruttoinlandsprodukt – zu sinken.

                             Kompromiss der Mitte: Immer noch zu hohe Defizite
                             Haushaltsdefizit des Bundes, Mrd. Dollar (Fiskaljahre)

                                        0                                                                                                       0

                                     -200                                                                     CBO-Basisszenario                 -200

                                     -400                                                                                                       -400

                                     -600                                                                                                       -600
                                                                                                                  CBO-Schätzung zum
                                     -800              Helaba                                                     Kompromiss                    -800

                                    -1000                                                                                                       -1000
                                                                                             CBO-Alternative
                                                                                             "Alles wird verlängert"
                                    -1200                                                                                                       -1200

                                    -1400                                                                                                       -1400
                                              2012      2013      2014       2015     2016   2017      2018      2019    2020     2021   2022

                             Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research




Steigende Schuldenlast       Der Schuldenstand der öffentlichen Hand liegt – einschließlich der untergeordneten Gebietskör-
                             perschaften – bereits bei über 100 % der jährlichen Wirtschaftsleistung. Verbindlichkeiten der Bun-
                             desregierung machen den Löwenanteil dieser Schulden aus, wobei die Behandlung der Agencies
                             (Fannie Mae und Freddie Mac) und der von der staatlichen Rentenversicherung gehaltenen
                             Staatsanleihen ausschlaggebend für die genaue Zahl ist. Die von der Öffentlichkeit gehaltenen
                             Schuldtitel des Bunds erreichten Ende September 2012 ein Volumen von gut 70 % des Bruttoin-
                             landsproduktes.

                             Vor diesem Hintergrund bleibt offen, wie die Rating Agenturen den Kompromiss bewerten werden
                             und ob er als ausreichend angesehen wird, um einen potenziellen Downgrade der Kreditwürdigkeit
                             zu vermeiden. Zwar hat die politische Führung zunächst Handlungsfähigkeit bewiesen. Die Eini-
                             gung erst im letzten Moment, die ausgeklammerten Sachfragen und die ungelöste Problematik der
                             langfristigen Schuldentragfähigkeit sprechen jedoch dafür, dass der Druck auf die US-Regierung
                             aufrechterhalten bleibt. Hinsichtlich Fragen wie den nötigen Reformen in den sozialen Sicherungs-
                             systemen und einer Erhöhung der – noch immer – strukturell zu niedrigen Steuereinnahmen blei-
                             ben die Politiker in Washington die Antworten nach wie vor schuldig.%




HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA                                                                                             3

Weitere ähnliche Inhalte

Mehr von unn | UNITED NEWS NETWORK GmbH

Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdfVerkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdfunn | UNITED NEWS NETWORK GmbH
 
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdfPresseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdfunn | UNITED NEWS NETWORK GmbH
 
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdfunn | UNITED NEWS NETWORK GmbH
 

Mehr von unn | UNITED NEWS NETWORK GmbH (20)

130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
130121RettedeinenNächstenRotary.pdf130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
130121RettedeinenNächstenRotary.pdf
 
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdfVerkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
Verkostungen bei der ProWein 2013 Gemeinschaftsstand Pfalz.pdf
 
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdfZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
ZLB_PM_IsraellnachderWahl.pdf
 
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdfV.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_MINUTE_REPEATER_DE-email.pdf
 
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdfV.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
V.COM_PIAGET_ALTIPLANO_SIHH_2013_DE-email.pdf
 
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
4549 - Pflanzenroller-Modellreihe.pdf
 
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdfPrinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
Prinz_Charles_besucht_Halewood.pdf
 
PI Daimler Mobility Services.pdf
PI Daimler Mobility Services.pdfPI Daimler Mobility Services.pdf
PI Daimler Mobility Services.pdf
 
PM.pdf
PM.pdfPM.pdf
PM.pdf
 
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
36_imm cologne_Schlussbericht.pdf
 
01-21-AI-Graziano.pdf
01-21-AI-Graziano.pdf01-21-AI-Graziano.pdf
01-21-AI-Graziano.pdf
 
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdfPresseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
Presseinformation Honda Neue Führerscheinregularien 18-01-….pdf
 
Text EÖ-PK 2013 .pdf
Text EÖ-PK 2013 .pdfText EÖ-PK 2013 .pdf
Text EÖ-PK 2013 .pdf
 
PM4 INVENTA Garden.pdf
PM4 INVENTA Garden.pdfPM4 INVENTA Garden.pdf
PM4 INVENTA Garden.pdf
 
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf
01-10-MÜ-Abschlusskongress-Tourismusperspektiven_im_ländlichen_Raum-Flyer.pdf
 
PM_CEWE_MIG.pdf
PM_CEWE_MIG.pdfPM_CEWE_MIG.pdf
PM_CEWE_MIG.pdf
 
html.pdf
html.pdfhtml.pdf
html.pdf
 
EquityDaily.pdf
EquityDaily.pdfEquityDaily.pdf
EquityDaily.pdf
 
MarktkommentarRenten.pdf
MarktkommentarRenten.pdfMarktkommentarRenten.pdf
MarktkommentarRenten.pdf
 
Redaktioneller_Artikel.pdf
Redaktioneller_Artikel.pdfRedaktioneller_Artikel.pdf
Redaktioneller_Artikel.pdf
 

20130102-USAaktuelll.pdf

  • 1. Helaba Volkswirtschaft/Research USA AKTUELL 2. Januar 2013 Fiskalisches Kliff: Absturz verhindert…und nun? AUTOR Patrick Franke Auf den letzten Drücker haben die Verantwortlichen in Washington einen Sturz vom „fiscal cliff“ Telefon: 0 69/91 32-47 38 verhindert. Die Kompromisslösung verhindert, dass die Fiskalpolitik massiv gestrafft wird, was research@helaba.de zu einer Rezession hätte führen können. Allerdings dürfte der Verhandlungsmarathon die Unsi- REDAKTION cherheit erhöht und das Wirtschaftsvertrauen belastet haben. Weitere politische Schritte sind in Dr. Gertrud R. Traud den kommenden Wochen erforderlich, um zu verhindern, dass die US-Regierung an die Schul- HERAUSGEBER denobergrenze stößt bzw. automatische Ausgabenkürzungen Anfang März greifen. Auch die Landesbank mittel- bis langfristige Defizit- und Schuldenproblematik ist mit dieser Entscheidung nicht aus Hessen-Thüringen der Welt. MAIN TOWER Neue Mainzer Str. 52-58 60311 Frankfurt a. Main Telefon: 0 69/91 32-20 24 Telefax: 0 69/91 32-22 44 Das Jahr 2013 beginnt also nicht mit einem vermeidbaren Politikunfall. Buchstäblich am Rande des Abgrunds haben Republikaner und Demokraten doch noch eine (Teil-)Lösung für das selbst- gebastelte Problem „Fiskalisches Kliff“ gefunden. Am Neujahrstag stimmte das von den Republi- kanern kontrollierte Repräsentantenhaus einer vorher vom mehrheitlich demokratischen Senat verabschiedeten Gesetzesvorlage zu. Präsident Obama kündigte an, das Gesetz zu unterzeichnen und flog dann wieder nach Hawaii zurück, wo er wegen den Verhandlungen über das „fiskalische Kliff“ seinen Weihnachtsurlaub unterbrochen hatte. Damit ist zwar das unmittelbare Problem erst einmal vom Tisch. Aber der neue Kongress, der am 3. Januar seine Arbeit aufnimmt, wird sich schon auf kurze Sicht wieder mit dem Thema Fiskalpoli- tik beschäftigen müssen, denn nicht alle drängenden Fragen sind beantwortet. Was sieht der Kompromiss im Einzelnen vor?  Einkommensteuer: Die unter George Bush 2001 und 2003 verabschiedeten Steuersen- kungen, die in den vergangenen Jahren mehrfach verlängert wurden, werden nun dauer- haft festgeschrieben. Allerdings wird bei Haushalten mit einem zu versteuernden Ein- kommen von mehr als $450.000 in Zukunft ein höherer Spitzensteuersatz von 39,6 % (bisher: 35 %) fällig. Auch werden für Haushalte mit hohen Einkommen die Möglichkeiten eingeschränkt, steuermindernde Tatbestände geltend zu machen. Bei diesen Haushalten werden Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne zudem ab sofort mit 20 % statt wie bis- Die Publikation ist mit größter her mit 15 % besteuert. Die jährliche Anpassung der Alternative Minimum Tax (AMT) ent- Sorgfalt bearbeitet worden. fällt in Zukunft, da sie inflationsindexiert wird. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegen-  Erbschaftssteuer: Der Steuersatz für große Vermögen steigt von 35 % auf 40 %. wärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die An- gaben beruhen auf Quellen,  Automatische Kürzung der diskretionären Staatsausgaben: Zunächst verschoben die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Voll- von Anfang Januar auf Anfang März 2013. ständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr überneh- men können. Sämtliche in  Verlängerte Anspruchsdauer auf Arbeitslosenunterstützung: Läuft nicht wie geplant dieser Publikation getroffe- nen Angaben dienen der In- schon Ende 2012 aus, sondern erst Ende 2013. formation. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfeh- lung für Anlageentscheidun- Hinzu kommen Verlängerungen von Steuernachlässen für Unternehmen, eine Entlastung für Emp- gen verstanden werden. fänger der staatlichen Medicare-Leistungen (Krankenversicherung für Rentner) und Steuersubven- tionen im Energiesektor. Insgesamt erhöht das Paket das Defizit im laufenden Fiskaljahr verglichen mit der Basisprojektion HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA 1
  • 2. USA AKTUELL des Congressional Budget Office (CBO) um rund 330 Mrd. Dollar (2 % am Bruttoinlandsprodukt). In den kommenden zehn Jahren fallen die Defizite um fast 4 Billionen Dollar höher aus. Die Basis- projektion beruhte auf der Annahme, dass alle temporären Maßnahmen wie geplant zum Jahres- wechsel ausgelaufen wären und dass die eigentlich gesetzlich vorgesehenen automatischen Aus- gabenkürzungen auch gegriffen hätten. Nächste Baustelle: Schuldenobergrenze Ausgeklammert aus diesem Paket wurde das Thema Schuldenobergrenze. Die Verschuldung der Bundesregierung hat bereits im Dezember die nominal fixierte Obergrenze erreicht, was den Fi- nanzminister zu buchhalterischen Tricks zwingt. In einigen Wochen wird der durch diese Maßnah- men eröffnete Spielraum aber ausgeschöpft sein, die Schuldengrenze wird bindend. Um eine Zah- lungsunfähigkeit der US-Regierung zu vermeiden, muss der Kongress die Grenze bis dahin an- passen. Eine Zustimmung zu einem solchen Schritt werden die Republikaner aber wohl von Zuge- ständnissen der Demokraten hinsichtlich Einschnitten bei den sozialen Sicherungssystemen ab- hängig machen. Sollte im Rahmen einer solchen Anpassung der Schuldenobergrenze nicht auch das Thema „au- tomatische Ausgabenkürzung“ geklärt werden, so sind die nun für Anfang März vorgesehenen linearen Einschnitte bei den Ausgaben eine weitere Baustelle, die es in den kommenden Wochen dringend zu bearbeiten gilt. Kaum jemand im Kongress will diese Kürzungen, die insbesondere beim Verteidigungshaushalt, der einen erheblichen Anteil der „diskretionären“ Ausgaben aus- macht, drastisch ausfallen würden. Konjunkturelle Wirkung: Etwas weniger dämpfend Das nun verabschiedete Paket unterscheidet sich von unseren Annahmen primär in zwei Punkten: Erstens nimmt die steuerliche Belastung für die reichsten Haushalte mehr zu als unterstellt. Zwei- tens erhalten Arbeitslose mehr Transfers. Die Einkommensteuerbelastung für die Bezieher hoher Einkommen steigt unter dem Kompromiss etwas mehr als wir angenommen hatten. Dies dürfte jedoch aufgrund der hohen Sparneigung dieser Haushalte nur einen geringen Einfluss auf den privaten Konsum haben. Hinzu kommt, dass die Steuerzahler die Auswirkungen zum Teil erst bei der Steuererklärung für 2013, d.h. Anfang 2014, spüren werden. Der Effekt im Kalenderjahr 2013 dürfte tatsächlich durch die zusätzlichen Transfers bei der Arbeitslosenversicherung (laut CBO im laufenden Jahr rund 30 Mrd. Dollar oder 0,2 % der verfügbaren Einkommen) mehr als ausgegli- chen werden. Per Saldo ist die konjunkturelle Wirkung des Pakets relativ zu unserer Prognose also tendenziell positiver. Keine größere Der temporär abgesenkte Beitrag zur Rentenversicherung steigt – wie von uns erwartet – ab Ja- Abweichung nuar 2013 wieder auf sein normales Niveau. Dies kostet die Haushalte aufs Jahr hochgerechnet rund 90 Mrd. Dollar (0,7 % der verfügbaren Einkommen) und dürfte den privaten Konsum im ers- ten Quartal dämpfen. Da die Zukunft der automatischen Ausgabenkürzungen nach dem 1. März offen ist, bleibt hier Spielraum für Überraschungen. Sollten die Einschnitte bei den Ausgaben ganz oder weitgehend ausbleiben, wäre unsere Prognose für die Ausgaben des Bundes 2013 zu konservativ. Wir rech- nen bisher mit einem realen Anstieg um weniger als 1 %. Kommen die Kürzungen, die eigentlich für den Januar geplant waren, aber nun in vollem Umfang Anfang März, wäre im zweiten Quartal mit einer spürbar schwächeren Staatsnachfrage zu rechnen, als wir in unserer Prognose unterstellt haben. Entsprechend könnte sich die Gesamtnachfrage unter diesem Gesichtspunkt besser oder schlechter entwickeln als von uns prognostiziert. Aus politischen Gründen ist aber davon auszuge- hen, dass die Ausgabenkürzungen eher gestreckt oder abgemildert werden. Schließlich dürfte die anhaltende Debatte über die zunächst ausgeklammerten Themen – Schul- dengrenze und Ausgabenkürzungen – in den kommenden Wochen noch zu anhaltend erhöhter HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA 2
  • 3. USA AKTUELL Unsicherheit führen, was die wirtschaftliche Aktivität tendenziell dämpft. Per Saldo sehen wir je- doch derzeit keinen Anlass, unsere Wachstumsprognose von 2 % bis 2½ % für das Jahr 2013 zu ändern. Defizite und Schuldenstand: Auf mittlere Sicht nicht genug Der nun erreichte Kompromiss lässt – verglichen mit unserem Basisszenario – ein in geringem Umfang höheres Defizit für das laufende Jahr erwarten (Schaubild). Dies setzt jedoch voraus, dass die Ausgabenkürzungen im März in vollem Umfang greifen – denn das hat das CBO bei seiner Analyse unterstellt. Sollte dies abgemildert werden, würde das Defizit für 2013 noch etwas höher ausfallen. Verglichen mit dem CBO-Basisszenario und dem Alternativszenario „Alles wird verlän- gert“ liegt der Kompromiss etwa in der Mitte. Eine mittel- bis langfristige Tragfähigkeit ist damit nicht erreicht, denn der Schuldenstand der Bundesregierung würde weiter deutlich zunehmen, statt – zumindest relativ zum Bruttoinlandsprodukt – zu sinken. Kompromiss der Mitte: Immer noch zu hohe Defizite Haushaltsdefizit des Bundes, Mrd. Dollar (Fiskaljahre) 0 0 -200 CBO-Basisszenario -200 -400 -400 -600 -600 CBO-Schätzung zum -800 Helaba Kompromiss -800 -1000 -1000 CBO-Alternative "Alles wird verlängert" -1200 -1200 -1400 -1400 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research Steigende Schuldenlast Der Schuldenstand der öffentlichen Hand liegt – einschließlich der untergeordneten Gebietskör- perschaften – bereits bei über 100 % der jährlichen Wirtschaftsleistung. Verbindlichkeiten der Bun- desregierung machen den Löwenanteil dieser Schulden aus, wobei die Behandlung der Agencies (Fannie Mae und Freddie Mac) und der von der staatlichen Rentenversicherung gehaltenen Staatsanleihen ausschlaggebend für die genaue Zahl ist. Die von der Öffentlichkeit gehaltenen Schuldtitel des Bunds erreichten Ende September 2012 ein Volumen von gut 70 % des Bruttoin- landsproduktes. Vor diesem Hintergrund bleibt offen, wie die Rating Agenturen den Kompromiss bewerten werden und ob er als ausreichend angesehen wird, um einen potenziellen Downgrade der Kreditwürdigkeit zu vermeiden. Zwar hat die politische Führung zunächst Handlungsfähigkeit bewiesen. Die Eini- gung erst im letzten Moment, die ausgeklammerten Sachfragen und die ungelöste Problematik der langfristigen Schuldentragfähigkeit sprechen jedoch dafür, dass der Druck auf die US-Regierung aufrechterhalten bleibt. Hinsichtlich Fragen wie den nötigen Reformen in den sozialen Sicherungs- systemen und einer Erhöhung der – noch immer – strukturell zu niedrigen Steuereinnahmen blei- ben die Politiker in Washington die Antworten nach wie vor schuldig.% HELABA VOLKSWIRTSCHAFT/RESEARCH · 2. JANUAR 2013 · © HELABA 3