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20130111-Irland.pdf
- 1. Helaba Volkswirtschaft/Research
LÄNDERFOKUS 11. Januar 2013
Update Irland: Über den grünen Klee
AUTOR
Patrick Franke Zum Jahresbeginn ist die irische Regierung an den Rentenmarkt zurückgekehrt und befindet
Telefon: 0 69/91 32-47 38
sich damit auf gutem Weg, den bis Ende des Jahres geplanten vollen Ausstieg aus dem finan-
research@helaba.de
ziellen Hilfsprogramm zu schaffen. Irland hat zudem im ersten Halbjahr den Vorsitz im Europäi-
REDAKTION schen Rat und dürfte diese Position nutzen, um für zusätzliche Hilfe der Partner bei den Bank-
Dr. Stefan Mitropoulos
schulden zu werben. Unter den Problemländern hebt sich Irland nach wie vor positiv ab: Wäh-
HERAUSGEBER rend andere Regierungen ihre Defizitziele regelmäßig anpassen mussten, hat Irland sein Ziel
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
wohl auch 2012 wieder übererfüllt. Aus Sicht derer, die einen harten Spar- und Reformkurs für
Leitung Research den einzig gangbaren Weg aus der Krise halten, ist Irland das Paradebeispiel dafür, dass die-
ser funktionieren kann.
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58 2013: Gelungener Auftakt am Kapitalmarkt
60311 Frankfurt a. Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44 Das irische Finanzministerium hat am 8. Januar eine Anleihe mit Fälligkeit im Jahr 2017 im Um-
fang von 2,5 Mrd. Euro aufgestockt. Dies war – von einer Auktion im August 2012 und einigen
nicht-öffentlichen Platzierungen abgesehen – die erste Emission einer länger laufenden Anleihe,
seitdem das Land im Herbst 2010 „unter den Rettungsschirm geschlüpft ist“. Im Gegensatz zum
August 2012 fand die Emission diesmal nicht als Auktion, sondern als syndizierte Platzierung zu
einem festen Preis statt. Die Überzeichnungsquote lag bei knapp drei, also war die Nachfrage
nach den Anleihen fast dreimal so hoch wie das Angebot. Laut Schuldenmanagementagentur
NTMA gingen 87 % des Volumens an ausländische Anleger, mehrheitlich aus Großbritannien. Die
Zinskosten lagen bei 3,3 %, was von Notenbankgouverneur Honohan als „übertrieben hoch“ ein-
gestuft wurde. Er kritisierte, die Märkte würden die Reform- und Konsolidierungsfortschritte Irlands
nicht ausreichend würdigen. Zum Vergleich: Die Mittel des Hilfsfonds ESFS, die Irland zur Verfü-
gung gestellt worden sind, muss das Land derzeit mit durchschnittlich 3,5 % verzinsen. Im Gegen-
satz zu den Griechen kommt Irland bisher nicht in den Genuss großzügiger Zinsnachlässe und
Zahlungsstundung seitens der Geberländer.
Der Zins auf die neuen Anleihen liegt mit 3,3 % zwar rund 300 Basispunkte über der aktuellen
Rendite vergleichbarer deutscher Anleihen. Das absolute Niveau ist aber für Irland – historisch
betrachtet – ziemlich niedrig. Im 5-Jahresbereich zum Beispiel lagen die Zinsen für Staatsanleihen
Die Publikation ist mit größter dort nur an den Tiefpunkten des Zinszyklus 2003 und 2005 für kurze Zeit spürbar unter 3 %.
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und Historisch hohe Zinsdifferenz, aber recht niedrige Zinsen
Prognosen zu den gegen- Rendite fünfjähriger irischer Staatsanleihen, % Zinsdifferenz zu Deutschland, Prozentpunkte
wärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die An- 18 18
gaben beruhen auf Quellen,
16 16
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Voll- 14 14
ständigkeit oder Aktualität wir 12 12
aber keine Gewähr überneh- 10 10
men können. Sämtliche in Rendite (LS)
dieser Publikation getroffe-
8 8
nen Angaben dienen der In- 6 6
formation. Sie dürfen nicht 4 4
als Angebot oder Empfeh-
2 2
lung für Anlageentscheidun- Zinsdif f erenz (RS)
gen verstanden werden. 0 0
-2 -2
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
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- 2. LÄNDERF OKUS
Ab 2014 soll sich die Regierung in Dublin wieder komplett am Kapitalmarkt finanzieren. Einschließ-
lich Geldmarktpapieren müssen laut Finanzministerium bis Dezember brutto 2013 nur rund 6,6
Mrd. Euro aufgenommen werden, bevor dann 2014 wieder größere Volumen zu stemmen sind.
Um einen gewissen Puffer für 2014 aufzubauen, hat die NTMA angekündigt, 2013 Anleihen im
Volumen von insgesamt rund 10 Mrd. Euro zu begeben. Mit der ersten Emission ist davon nun
bereits ein Viertel „im Kasten“. Angesichts des noch immer hohen Haushaltsdefizits und der stei-
genden Schuldenlast haben viele Beobachter jedoch nach wie vor Zweifel, ob die vollständige
Rückkehr an den Kapitalmarkt bis Ende des Jahres gelingen kann. Wenn konjunkturelle Enttäu-
schungen und die mit ihnen verbundenen Belastungen für den Haushalt ausbleiben, wird der Fo-
kus in den kommenden Monaten auf der Frage liegen, ob es den Iren gelingt, einen Teil der Bank-
schuldenlast zu vergemeinschaften und so die Tragfähigkeit der Staatsschulden zu verbessern.
Ratsvorsitz und Fortschritte bei der europäischen Bankenaufsicht
Hoffnung auf Hilfe der Mit dem Jahreswechsel hat die irische Regierung den Vorsitz im Europäischen Rat übernommen
Partnerländer und kann so größeren Einfluss als gewöhnlich auf die Agenda der EU-Gipfel nehmen. Sie dürfte
dies vor allem nutzen, um die Bankenunion voranzutreiben. Irland verspricht sich von schnellen
Fortschritten beim Aufbau einer gemeinsamen Bankenaufsicht zügige Entlastung bei den Mitteln,
die der irische Staat aufgenommen hat, um seine Banken zu rekapitalisieren. Nach IWF-
Schätzungen waren dies 2009-2011 gut 60 Mrd. Euro. Hinzu kommen noch potenzielle Belastun-
gen aus der staatlichen Bankengarantie von 2008, der nationalen „Bad Bank“ NAMA und der ver-
staatlichten Anglo-Irish Bank (heute IBRC), für deren Verluste letztlich die irischen Steuerzahler
haften. Offenbar gab es im vergangenen Jahr Zusagen seitens der Partner in der Eurozone, dass
der dauerhafte Hilfsmechanismus ESM nicht nur für zukünftige Bankenrekapitalisierungen ange-
zapft werden kann, sondern auch rückwirkend für Altlasten, so genannte „legacy debts“. Da man-
che Äußerungen, auch aus Deutschland, aber darauf hindeuten, dass man sich von dieser Inter-
pretation zwischenzeitlich wieder etwas entfernt hat, wirbt die irische Regierung seit längerem
dafür, Irland solle als Primus unter den Programmländern mit einer teilweisen Übernahme der
Bankbeihilfen durch den ESM (d.h. durch die Steuerzahler aller Euroländer) belohnt werden. Die
irische Regierung ist dabei hin- und hergerissen zwischen einer Dramatisierung der eigenen finan-
ziellen Situation, um politischen Druck auf die Partnerländer auszuüben, damit diese bei der Frage
der Altschulden Entgegenkommen zeigen, und dem Wunsch, die aktuelle Lage nicht durch zu
pessimistische Aussagen zu verschlimmern. Das Vertrauen der Anleger hat sich seit dem Höhe-
punkt der Krise zwar massiv verbessert – dies wird auch im rückläufigen Target-II-Saldo Irlands bei
der EZB deutlich – ob es aber dabei bleibt, steht auf einem anderen Blatt.
Schuldenstand: Zusätzliche Hilfe willkommen! Die (graduelle) Rückkehr des Vertrauens
Staatsschulden in % des BIP („general government“) Target-II-Saldo Irlands im Eurosystem, Mrd. Euro
140 140 20 20
Andere 0 0
120 120
IBRC -20 -20
100 100
Promissory -40 -40
80 Note 80
-60 -60
60 60 -80 -80
Anleihen
40 40 -100 -100
IWF -120 -120
20 20
EU -140 -140
0 0
2012 2013 2013 mit €24Mrd. vom -160 -160
ESM für die Banken 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Haushaltziel 2012 wohl übererfüllt
So ist das Defizit im öffentlichen Haushalt in Irland auch im europäischen Vergleich noch immer
sehr hoch. Für 2012 lag das Ziel für den Gesamtstaat bei 8,6 % am Bruttoinlandsprodukt (BIP).
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- 3. LÄNDERF OKUS
Dies wurde – nach den jetzt vorliegenden Informationen des Finanzministeriums – wohl klar unter-
schritten. Je nachdem wie hoch das Wachstum im Q4 ausfällt, dürfte das Defizit im Jahr 2012 bei
8 % bis 8,2 % am BIP liegen. Im Gegensatz zu Spanien und Griechenland hat Irland seine Ziele
also nicht anpassen müssen, sondern sogar übererfüllt. Auch mit den Fortschritten bei sonstigen
Reformzusagen hat sich die Troika aus IWF, EU-Kommission und EZB sehr zufrieden gezeigt. Als
einziges Krisenland hat Irland zudem eine wachsende Wirtschaft – zumindest wenn man den er-
folgreichen Exportsektor mitzählt. Die Einkaufsmanagerindizes lagen zur Jahreswende nicht nur im
Dienstleistungssektor, sondern auch in der Industrie klar im Expansionsbereich – in der Eurozone
eine Ausnahmeerscheinung. Im abgelaufenen Jahr wuchs die irische Wirtschaft wohl im Schnitt
um rund ½ %, für 2013 rechnen wir mit einem Anstieg des realen BIP um 1½ %.
Gute Stimmung trotz Rezession in der Eurozone Hohe Zinslast
Einkaufsmanagerindizes Irland Haushaltsdefizit des Staates, % am BIP
65 65 35 35
Dienstleistungssektor
60 60 30 30
55 55 25 Bankenhilf en 25
50 50 20 Zinsen 20
Verarbeitendes
45 Gewerbe 45 15 Primärdef izit 15
40 40 10 10
35 35 5 5
0 0
30 30
2008 2009 2010 2011 2012 2013
2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
* 2012 geschätzt, 2013 IWF-Prognose
Haushalt 2013: Mehr Ausgabenkürzungen, höhere Steuern
Dabei dämpft der Anfang Dezember vorgestellte Haushalt für 2013 erneut die Konjunktur. Das
„Sparvolumen“ wird mit insgesamt 3,5 Mrd. Euro angesetzt, wobei 2,25 Mrd. Euro über niedrigere
Ausgaben und 1,25 Mrd. Euro über höhere Steuern und Abgaben zu Stande kommen sollen. Auf
der Einnahmeseite stehen die Einführung einer neuen wertabhängigen Grundsteuer (500 Mio.
Euro), höhere Kapitalertragsteuern (50 Mio. Euro) und die stärkere Besteuerung von Alkohol und
Tabak (200 Mio. Euro) sowie von Kraftfahrzeugen (150 Mio. Euro) im Vordergrund. Trotz dieser
Maßnahmen rechnet die Regierung noch mit einem Defizit von 7,5 % am BIP und einem Schul-
denstand von 121 % am BIP. Um das Ziel eines Defizits von unter 3 % am BIP im Jahr 2015 zu
erreichen, sind für 2014 und 2015 zusätzliche Einschnitte von 3,1 Mrd. und 2 Mrd. Euro geplant.
Gedämpfter Preisauftrieb Insgesamt hat die Regierung im Budget für 2013 die indirekten Steuern weniger als erwartet ange-
hoben. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass der Preisauftrieb geringer ausfällt. Damit wird bei
den Teuerungsraten 2013 der Abstand zum Durchschnitt der Eurozone eher noch größer sein als
wir bislang prognostizieren (Irland: 1,9 %, Eurozone: 2,2%). Dies erleichtert Lohnzurückhaltung
seitens der irischen Arbeitnehmer und verbessert so die Kostensituation der dortigen Unternehmen
im internationalen Wettbewerb tendenziell weiter.
Belohnung für den Musterschüler?
Es kann sein, dass diese Anstrengungen ausreichen, damit Irland die Krise überwinden kann. Für
Lob aus dem Ausland, auch wenn es noch so lautstark ausfällt, kann man sich aber nichts kaufen.
So war es nicht zuletzt die EZB, die auf die volle Bedienung der vorrangigen Anleihen irischer
Banken gepocht hat. Insofern kann sich die Eurozone einer gewissen Mitverantwortung nicht ent-
ziehen. Es ist daher wahrscheinlich, dass man den Iren in der Frage der Bankschulden ein Stück
weit entgegenkommen wird. Dies dürfte allerdings eine Form annehmen, die keine Rechtsgrundla-
ge für ähnliche retroaktive Hilfe in anderen Ländern begründet – um den Preis einer Sonderlösung,
welche die Übersichtlichkeit und Berechenbarkeit der Krisenpolitik nicht gerade erhöht.
H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 1 . J A N U A R 2 0 1 3 · © H E L A B A 3