1. Helaba Volkswirtschaft/Research
Finanzplatz-Fokus 21. Mai 2012
Finanztransaktionssteuer: Eine Lösungs-Chimäre
Autor:
Patrick Franke
• Die Finanztransaktionssteuer gilt vielen als eine Art „Wunderwaffe“, mit der gleich
Telefon: 0 69/91 32-47 38
mehrere wichtige politische Ziele erreicht werden können.
research@helaba.de
• In der Realität würde eine solche Steuer jedoch bestenfalls einen zweitbesten Weg in
Richtung der anvisierten Ergebnisse darstellen. Zum Teil wäre sie sogar kontraproduktiv
und mit erheblichen unerwünschten Nebenwirkungen verbunden.
Redaktion: • Dies heißt nicht, dass die Ziele der Steuer – insbesondere eine verbesserte Finanzmarkt-
Dr. Stefan Mitropoulos
stabilität – verfehlt sind. Ihre aktuelle Popularität in der Politik beruht aber offensichtlich
nicht auf einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse.
Herausgeber:
Die Finanztransaktionssteuer (FTS) – also eine Steuer auf das Handelsvolumen bestimmter Fi-
Dr. Gertrud R. Traud nanzaktiva – ist eine Idee, deren Zeit nun gekommen zu sein scheint. Jahrzehntelang hatte eine
Chefvolkswirt/Leitung Research erstmals im Jahr 1972 von dem Ökonomen James Tobin ins Gespräch gebrachte Steuer auf den
Landesbank Hessen-Thüringen weltweiten Devisenhandel wenig Fürsprecher. Selbst der spätere Vorstoß von Globalisierungskri-
MAIN TOWER tikern, mit Hilfe einer solchen „Tobin-Steuer“ zusätzliche Mittel für die Entwicklungshilfe zu
Neue Mainzer Str. 52-58 generieren, brachte den Stein nicht ins Rollen. Im Gegenteil: Die Tendenz in den Industrieländern
60311 Frankfurt am Main ging lange in die andere Richtung – Deutschland (1991), Frankreich und Italien (beide erst 2008)
Telefon: 0 69/91 32-20 24 haben ihre Börsenumsatzsteuern abgeschafft, in der Schweiz wird seit langem über ihre Abschaf-
Telefax: 0 69/91 32-22 44 fung diskutiert. Noch 2009 – also nach dem Ausbruch der Finanzkrise – war es die offizielle Hal-
tung der deutschen Bundesregierung, dass sie keine Pläne zur Einführung einer Finanztransakti-
onssteuer verfolgt. Wenn überhaupt, so konnte man sich einen solchen Schritt nur auf globaler
Ebene vorstellen.
Dies hat sich mittlerweile grundlegend geändert. Selbst wenn sich innerhalb der EU kein Konsens
für eine solche Steuer finden ließe, geht die Tendenz derzeit dahin, sie notfalls nur in der Eurozone
oder sogar im nationalen Alleingang einzuführen. Ist diese Entwicklung zu begrüßen?
In dieser Publikation überprüfen wir die grundsätzliche Eignung einer Transaktionssteuer, die ihr
zugeteilten Aufgaben zu erfüllen, nennen mögliche Nebenwirkungen und betrachten – am konkre-
ten Beispiel des Vorschlags der EU-Kommission – die möglichen Folgen spezifischer Ausgestal-
tungsmerkmale einer solchen Steuer.
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich „Allzweckwaffe“ Finanzsteuer?
unverbindliche Analysen und Prognosen zu
den gegenwärtigen und zukünftigen Markt-
Die Verfechter einer FTS sehen sie als adäquates Mittel um „auf einen Schlag“ vier politische
verhältnissen. Die Angaben beruhen auf
Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
Ziele zu erreichen. Sie soll:
deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-
lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön- • Steueraufkommen für die öffentliche Hand beschaffen
nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-
nen Angaben dienen der Information. Sie
• die Finanzmarktstabilität erhöhen und zukünftige Krisen verhindern
dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für • die Banken für die Kosten der Finanzkrise zur Kasse bitten
Anlageentscheidungen verstanden werden. • Gerechtigkeit schaffen