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Der Gemeinsame Unterricht in Thüringen


Rechtliche Grundlagen
Mit dem Thüringer Schulgesetz und dem Thüringer Förderschulgesetz von 2003 wurde
der Vorrang des Gemeinsamen Unterrichts von Schülern mit und ohne sonderpädagogi-
schem Förderbedarf gesetzlich festgeschrieben. Demnach sollen integrative Formen von
Unterricht und Erziehung in allen Schulformen angestrebt werden. Schüler mit sonderpä-
dagogischem Förderbedarf sollen, soweit möglich, in allgemeinen Schulen (Grundschu-
len sowie Schulen die zum Haupt- und Realschulabschluss, Abitur oder berufsbildenden
Abschlüssen führen) unterrichtet werden. Nur wenn sie dort auch mit Unterstützung
durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste nicht oder nicht ausreichend gefördert
werden können, erfolgt der Unterricht in den Förderschulen.

Förderschwerpunkte
Der Gemeinsame Unterricht kann lernzielgleich oder lernzieldifferent sein. Beim lernziel-
gleichen Unterricht haben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Sehen,
Hören, in der körperlichen und motorischen Entwicklung, der Sprache sowie in der emo-
tionalen und sozialen Entwicklung die Möglichkeit, den gleichen Abschluss zu erreichen
wie ihre Mitschüler ohne sonderpädagogischen Fördebedarf. Im lernzieldifferenten Unter-
richt streben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen und der geisti-
gen Entwicklung im Gemeinsam Unterricht andere Abschlüsse an als ihre Mitschüler oh-
ne sonderpädagogischen Förderbedarf.

Ziel des Gemeinsamen Unterrichts
Im Gemeinsamen Unterricht lernen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu-
sammen mit Schülern der allgemeinen Schulen. Ziel des Gemeinsamen Unterrichts ist
das Erreichen der Lernziele des jeweiligen Bildungsgangs. Ein besonderes Augenmerk der
Pädagogen liegt auf der sozialen Integration der Schüler mit sonderpädagogischem För-
derbedarf. So soll der Gemeinsame Unterricht die gegenseitige Akzeptanz aller Schüler
ermöglichen und den Umgang miteinander fördern.

Umsetzung der UN-Konvention
Im Jahr 2009 hat Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Damit wurde das Recht von
Menschen mit Behinderungen auf inklusive Bildung anerkannt. Deutschland erklärte sich
damit bereit, ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewährleisten.


                                                                                        1
Demnach sollen Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom
Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden.
Vielmehr muss ihnen ein gleichberechtigter Zugang zu einem integrativen, hochwertigen
und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen
ermöglicht werden.

Entwicklung der Schul- und Schülerzahlen
Der demografische Wandel führte zu einem starken Rückgang der Schülerzahlen. So hat
sich die Gesamtschülerzahl in Thüringen seit Mitte der 1990-er Jahre mehr als halbiert
(siehe Tabelle). Stark zurückgegangen ist die Zahl der Grund- und Regelschulen. Die Zahl
der Förderzentren in Thüringen ist seit dem Schuljahr 1994/1995 dagegen nur leicht
rückläufig. Diese Entwicklung ist auch ein Grund, warum der Gemeinsame Unterricht
gestärkt werden muss.

    Jahr        Grundschulen Regelschulen Förderschulen Förderschüler              Schüler
                                                                                 insgesamt
1994/1995             702               396            102            17.088       362.272
2009/2010             467               239            90             10.470       171.185
2010/2011             473               238             89            9.062        173.087
Quelle: TMBWK


Förderschulquote
Die Förderschulquote ist der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf,
die an Förderschulen unterrichtet werden, gemessen an der Gesamtschülerzahl der
allgemein bildenden Schulen. Thüringen gehört im bundesweiten Vergleich zu den
Ländern mit einer sehr hohen Förderschulquote und liegt deutlich über dem
Bundesdurchschnitt, obwohl es in Thüringen nicht mehr Kinder mit Behinderungen gibt
als anderswo. Länder wie Bayern oder Rheinland-Pfalz haben eine deutlich niedrigere
Förderschulquote als Thüringen.

Land                        Thüringen         Bayern         Rheinland-Pfalz   Deutschland
Förderschulquote              6,0 %           4,1 %               3,3 %           4,3 %
Quelle: Statistik der KMK 2010




                                                                                             2
Förderquote
8,2 Prozent der Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 an den allgemein bildenden Schulen
haben sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Förderquote ist unabhängig von der
Schulart, in der die Schüler unterrichtet werden. Ein Vergleich nach Schulamtsbezirken
zeigt, dass es dabei innerhalb Thüringens große Unterschiede gibt. Die Zahlen machen
deutlich, dass die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vor Ort sehr
unterschiedlich gehandhabt wird. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
hat begonnen, diesen Prozess einheitlichen Maßstäben zu unterwerfen. In fünf
Schulamtsbereichen sind in einer Erprobungsphase Qualitätsteams im Einsatz.

Förderquote nach Schulamtsbereichen im Schuljahr 2009/10 (in Prozent)

 1 2,0


                                                                  1 0,5
                                                                                1 0,0
 1 0,0   9,5
                                    8,8
                             8,6                                                        8 ,6
                                                  Thüringe n
  8,0                                                                     7,7
                7,4
                                            7,1
                      6 ,6

  6,0


                                                           4 ,4

  4,0




  2,0




  0,0




Quelle: TMBWK


Integrationsquote
Bei der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf hat Thüringen
großen Nachhol- und Regelungsbedarf. Im Schuljahr 2009/10 lernte nur jeder 5. Schüler
(21,6 Prozent bzw. 2821 Schüler) mit sonderpädagogischem Förderbedarf im
Gemeinsamen Unterricht. Im aktuellen Schuljahr hat sich der Anteil leicht auf 25,5
Prozent erhöht. Große Unterschiede gibt es in den einzelnen Thüringer
Schulamtsbereichen (siehe Grafik). Ursachen dafür liegen unter anderem in der vor Ort
entstandenen Infrastruktur. Gleichzeitig ist es das Ziel des Ministeriums, bei Pädagogen



                                                                                               3
vor Ort und der gesamten schulischen Öffentlichkeit die Identifikation mit dem
Gemeinsamen Unterricht zu stärken.

Integrationsquote nach Schulamtsbereichen im Schuljahr 2009/10

 35,0
                                                   32,9



 30,0


                                                                               25,9
 25,0                                       24,4
                                                                 23,5

               Thüringen
        19,9
 20,0                  18,9                                                           19,2
                              17,9                        18,3
                                     17,1


 15,0



                                                                        10,1
 10,0




  5,0




  0,0




Quelle: TMBWK


Personelle Ausstattung
An den staatlichen Schulen in Thüringen arbeiten 1.848 Förderschullehrer; dies entspricht
1.664      Vollzeitbeschäftigten-Stellen.  Sie    betreuen    12.159     Schüler      mit
sonderpädagogischem Förderbedarf. Davon sind 3.097 Schüler im Gemeinsamen Unter-
richt, 9.062 Schüler lernen an den Förderschulen.

Für 3.097 Schüler im Gemeinsamen Unterricht stehen im laufenden Schuljahr 438 För-
derschullehrer-Vollzeitstellen zur Verfügung.

50 Prozent aller Grund- und Regelschulen, Gymnasien und Gesamtschulen verfügen über
etwa eine halbe Stelle, 13 Prozent über eine oder mehr Vollzeitstellen.




                                                                                             4
Um diese Versorgung weiter zu erhöhen, wird im Schuljahr 2011/2012 zunächst jeder
Grund- und Regelschule unabhängig von der Vorlage eines sonderpädagogischen
Gutachtens pauschal eine halbe Stelle zur sonderpädagogischen Förderung in den
Bereichen Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung zugewiesen.

Darüber hinaus werden weitere Lehrerstunden zur sonderpädagogischen Förderung
vergeben. Die Vergabe erfolgt unter anderem in Abhängigkeit von der Schulgröße und der
Anzahl der Schüler im Gemeinsamen Unterricht.

Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten der Stellenzuweisungen:

 Grundschule               bis 100 Schüler 0,5 VZB
                           ab 100 Schüler 1 VZB
                           ab 200 Schüler mehr als 1 VZB

  Regelschule                bis 80 Schüler 0,5 VZB
                             ab 80 Schüler 1 VZB
                             ab 160 Schüler mehr als 1 VZB
                             ab 320 Schüler mehr als 2 VZB
(VZB = Vollzeitbeschäftigten-Stelle)




Unterstützungsangebote
In allen Schulamtsbereichen Thüringens arbeiten Berater für den Gemeinsamen Unter-
richt. Das sind pro Schulamtsbereich mindestens zwei Lehrer. Zu ihren Aufgaben gehö-
ren unter anderem die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen in den Bereichen
Gemeinsamer Unterricht sowie die Einzelfallbegleitung von Eltern, Schülern und Lehrern.

Darüber hinaus bietet auch das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwick-
lung und Medien Fortbildungsveranstaltungen zum Gemeinsamen Unterricht und zum
Umgang mit Lernschwierigkeiten, Lernstandserhebungen und Diagnostik an. Seit dem
Jahr 2000 waren es insgesamt mehr als 2.500.

Entwicklungsplan
Mit einem Entwicklungsplan beschreiben wir die weitere Entwicklung der Förderzentren
und des Gemeinsamen Unterrichts. Die Förderschulen sollen als regionale und überregi-
onale Kompetenz- und Beratungszentren etabliert werden und somit zur Erhöhung der


                                                                                       5
Integrationsquote beitragen. Darüber hinaus sollen die Förderschullehrer und Sonderpä-
dagogischen Fachkräfte direkt an den allgemeinen Schulen arbeiten. Ob dies über eine
Abordnung oder eine Versetzung erfolgt, ist derzeit in der rechtlichen Prüfung.

Wichtige Vorhaben bis 2015:

zum Schuljahr             Erhöhung der Personalzuweisung im Gemeinsamen Unterricht
2011/2012                 Erstellung einer konkreten Aufgabenbeschreibung für Förder-
                           schullehrer im Gemeinsamen Unterricht
                          Einsatz von Teams zur Qualitätssicherung der Begutachtung in
                           allen Schulamtsbereichen (TQB)

bis 2015                  Erstellung eines Personalentwicklungskonzepts zur fachgerech-
                           ten Bedarfsdeckung der sonderpädagogischen Förderung
                          Erarbeitung von regionalen Entwicklungspläne zur sonderpäda-
                           gogischen Förderung
                          Einheitliche Lehrpläne und Stundentafeln für alle Schüler im
                           Gemeinsamen Unterricht
                          Regionalisierung der Landesfachberater Lernen, Sprache sowie
                           emotionale und soziale Entwicklung




Impressum
Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Werner-Seelenbinder-Straße 7,
99096 Erfurt, E-Mail: presse@tmbwk.thueringen.de; 23. März 2011




                                                                                            6

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Gemeinsamer_Unterricht.pdf

  • 1. Der Gemeinsame Unterricht in Thüringen Rechtliche Grundlagen Mit dem Thüringer Schulgesetz und dem Thüringer Förderschulgesetz von 2003 wurde der Vorrang des Gemeinsamen Unterrichts von Schülern mit und ohne sonderpädagogi- schem Förderbedarf gesetzlich festgeschrieben. Demnach sollen integrative Formen von Unterricht und Erziehung in allen Schulformen angestrebt werden. Schüler mit sonderpä- dagogischem Förderbedarf sollen, soweit möglich, in allgemeinen Schulen (Grundschu- len sowie Schulen die zum Haupt- und Realschulabschluss, Abitur oder berufsbildenden Abschlüssen führen) unterrichtet werden. Nur wenn sie dort auch mit Unterstützung durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste nicht oder nicht ausreichend gefördert werden können, erfolgt der Unterricht in den Förderschulen. Förderschwerpunkte Der Gemeinsame Unterricht kann lernzielgleich oder lernzieldifferent sein. Beim lernziel- gleichen Unterricht haben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Sehen, Hören, in der körperlichen und motorischen Entwicklung, der Sprache sowie in der emo- tionalen und sozialen Entwicklung die Möglichkeit, den gleichen Abschluss zu erreichen wie ihre Mitschüler ohne sonderpädagogischen Fördebedarf. Im lernzieldifferenten Unter- richt streben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen und der geisti- gen Entwicklung im Gemeinsam Unterricht andere Abschlüsse an als ihre Mitschüler oh- ne sonderpädagogischen Förderbedarf. Ziel des Gemeinsamen Unterrichts Im Gemeinsamen Unterricht lernen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu- sammen mit Schülern der allgemeinen Schulen. Ziel des Gemeinsamen Unterrichts ist das Erreichen der Lernziele des jeweiligen Bildungsgangs. Ein besonderes Augenmerk der Pädagogen liegt auf der sozialen Integration der Schüler mit sonderpädagogischem För- derbedarf. So soll der Gemeinsame Unterricht die gegenseitige Akzeptanz aller Schüler ermöglichen und den Umgang miteinander fördern. Umsetzung der UN-Konvention Im Jahr 2009 hat Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Damit wurde das Recht von Menschen mit Behinderungen auf inklusive Bildung anerkannt. Deutschland erklärte sich damit bereit, ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewährleisten. 1
  • 2. Demnach sollen Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden. Vielmehr muss ihnen ein gleichberechtigter Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen ermöglicht werden. Entwicklung der Schul- und Schülerzahlen Der demografische Wandel führte zu einem starken Rückgang der Schülerzahlen. So hat sich die Gesamtschülerzahl in Thüringen seit Mitte der 1990-er Jahre mehr als halbiert (siehe Tabelle). Stark zurückgegangen ist die Zahl der Grund- und Regelschulen. Die Zahl der Förderzentren in Thüringen ist seit dem Schuljahr 1994/1995 dagegen nur leicht rückläufig. Diese Entwicklung ist auch ein Grund, warum der Gemeinsame Unterricht gestärkt werden muss. Jahr Grundschulen Regelschulen Förderschulen Förderschüler Schüler insgesamt 1994/1995 702 396 102 17.088 362.272 2009/2010 467 239 90 10.470 171.185 2010/2011 473 238 89 9.062 173.087 Quelle: TMBWK Förderschulquote Die Förderschulquote ist der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die an Förderschulen unterrichtet werden, gemessen an der Gesamtschülerzahl der allgemein bildenden Schulen. Thüringen gehört im bundesweiten Vergleich zu den Ländern mit einer sehr hohen Förderschulquote und liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt, obwohl es in Thüringen nicht mehr Kinder mit Behinderungen gibt als anderswo. Länder wie Bayern oder Rheinland-Pfalz haben eine deutlich niedrigere Förderschulquote als Thüringen. Land Thüringen Bayern Rheinland-Pfalz Deutschland Förderschulquote 6,0 % 4,1 % 3,3 % 4,3 % Quelle: Statistik der KMK 2010 2
  • 3. Förderquote 8,2 Prozent der Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 an den allgemein bildenden Schulen haben sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Förderquote ist unabhängig von der Schulart, in der die Schüler unterrichtet werden. Ein Vergleich nach Schulamtsbezirken zeigt, dass es dabei innerhalb Thüringens große Unterschiede gibt. Die Zahlen machen deutlich, dass die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vor Ort sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat begonnen, diesen Prozess einheitlichen Maßstäben zu unterwerfen. In fünf Schulamtsbereichen sind in einer Erprobungsphase Qualitätsteams im Einsatz. Förderquote nach Schulamtsbereichen im Schuljahr 2009/10 (in Prozent) 1 2,0 1 0,5 1 0,0 1 0,0 9,5 8,8 8,6 8 ,6 Thüringe n 8,0 7,7 7,4 7,1 6 ,6 6,0 4 ,4 4,0 2,0 0,0 Quelle: TMBWK Integrationsquote Bei der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf hat Thüringen großen Nachhol- und Regelungsbedarf. Im Schuljahr 2009/10 lernte nur jeder 5. Schüler (21,6 Prozent bzw. 2821 Schüler) mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht. Im aktuellen Schuljahr hat sich der Anteil leicht auf 25,5 Prozent erhöht. Große Unterschiede gibt es in den einzelnen Thüringer Schulamtsbereichen (siehe Grafik). Ursachen dafür liegen unter anderem in der vor Ort entstandenen Infrastruktur. Gleichzeitig ist es das Ziel des Ministeriums, bei Pädagogen 3
  • 4. vor Ort und der gesamten schulischen Öffentlichkeit die Identifikation mit dem Gemeinsamen Unterricht zu stärken. Integrationsquote nach Schulamtsbereichen im Schuljahr 2009/10 35,0 32,9 30,0 25,9 25,0 24,4 23,5 Thüringen 19,9 20,0 18,9 19,2 17,9 18,3 17,1 15,0 10,1 10,0 5,0 0,0 Quelle: TMBWK Personelle Ausstattung An den staatlichen Schulen in Thüringen arbeiten 1.848 Förderschullehrer; dies entspricht 1.664 Vollzeitbeschäftigten-Stellen. Sie betreuen 12.159 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Davon sind 3.097 Schüler im Gemeinsamen Unter- richt, 9.062 Schüler lernen an den Förderschulen. Für 3.097 Schüler im Gemeinsamen Unterricht stehen im laufenden Schuljahr 438 För- derschullehrer-Vollzeitstellen zur Verfügung. 50 Prozent aller Grund- und Regelschulen, Gymnasien und Gesamtschulen verfügen über etwa eine halbe Stelle, 13 Prozent über eine oder mehr Vollzeitstellen. 4
  • 5. Um diese Versorgung weiter zu erhöhen, wird im Schuljahr 2011/2012 zunächst jeder Grund- und Regelschule unabhängig von der Vorlage eines sonderpädagogischen Gutachtens pauschal eine halbe Stelle zur sonderpädagogischen Förderung in den Bereichen Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung zugewiesen. Darüber hinaus werden weitere Lehrerstunden zur sonderpädagogischen Förderung vergeben. Die Vergabe erfolgt unter anderem in Abhängigkeit von der Schulgröße und der Anzahl der Schüler im Gemeinsamen Unterricht. Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten der Stellenzuweisungen: Grundschule  bis 100 Schüler 0,5 VZB  ab 100 Schüler 1 VZB  ab 200 Schüler mehr als 1 VZB Regelschule  bis 80 Schüler 0,5 VZB  ab 80 Schüler 1 VZB  ab 160 Schüler mehr als 1 VZB  ab 320 Schüler mehr als 2 VZB (VZB = Vollzeitbeschäftigten-Stelle) Unterstützungsangebote In allen Schulamtsbereichen Thüringens arbeiten Berater für den Gemeinsamen Unter- richt. Das sind pro Schulamtsbereich mindestens zwei Lehrer. Zu ihren Aufgaben gehö- ren unter anderem die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen in den Bereichen Gemeinsamer Unterricht sowie die Einzelfallbegleitung von Eltern, Schülern und Lehrern. Darüber hinaus bietet auch das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwick- lung und Medien Fortbildungsveranstaltungen zum Gemeinsamen Unterricht und zum Umgang mit Lernschwierigkeiten, Lernstandserhebungen und Diagnostik an. Seit dem Jahr 2000 waren es insgesamt mehr als 2.500. Entwicklungsplan Mit einem Entwicklungsplan beschreiben wir die weitere Entwicklung der Förderzentren und des Gemeinsamen Unterrichts. Die Förderschulen sollen als regionale und überregi- onale Kompetenz- und Beratungszentren etabliert werden und somit zur Erhöhung der 5
  • 6. Integrationsquote beitragen. Darüber hinaus sollen die Förderschullehrer und Sonderpä- dagogischen Fachkräfte direkt an den allgemeinen Schulen arbeiten. Ob dies über eine Abordnung oder eine Versetzung erfolgt, ist derzeit in der rechtlichen Prüfung. Wichtige Vorhaben bis 2015: zum Schuljahr  Erhöhung der Personalzuweisung im Gemeinsamen Unterricht 2011/2012  Erstellung einer konkreten Aufgabenbeschreibung für Förder- schullehrer im Gemeinsamen Unterricht  Einsatz von Teams zur Qualitätssicherung der Begutachtung in allen Schulamtsbereichen (TQB) bis 2015  Erstellung eines Personalentwicklungskonzepts zur fachgerech- ten Bedarfsdeckung der sonderpädagogischen Förderung  Erarbeitung von regionalen Entwicklungspläne zur sonderpäda- gogischen Förderung  Einheitliche Lehrpläne und Stundentafeln für alle Schüler im Gemeinsamen Unterricht  Regionalisierung der Landesfachberater Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung Impressum Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Werner-Seelenbinder-Straße 7, 99096 Erfurt, E-Mail: presse@tmbwk.thueringen.de; 23. März 2011 6