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Zum Wohl. Die Pfalz.
Von den Wurzeln
des Weingeschmacks

N     amen sind Nachrichten, heißt es im Journalismus – doch bei
     manchen Namen rätseln viele, was sich dahinter verbirgt.
„Terroir“ ist so ein Wort. Viele haben es schon gehört, viele gebrau-
chen es – und jeder versteht etwas anderes darunter. Klar ist: Mit dem
Ort, auf dem der Rebstock wurzelt, hat „Terroir“ zu tun, kommt die
Bezeichnung doch vom lateinischen „terra“ für Erde oder Boden.
Wer aber den Grund-Lagen des Pfälzer Weingeschmacks nachspürt,
muss neben der Gesteinsart jede Menge anderer Standort-Faktoren
ins Kalkül ziehen. Das Klima im Großen und im Kleinen etwa, Hang-
ausrichtung und -neigung, Wasserspeichervermögen und nicht zuletzt
die Arbeit des Winzers.
D     ie Winzer im Burgund führten den Begriff „Terroir“ ein. Sie woll-
     ten die Eigenarten ihre über Jahrhunderte hinweg kultivierten,
kleinteiligen Weinbergslagen hervorheben – und sich gegenüber den
großflächigen Standard-Weinen aus den Tafelwein-Gebieten oder aus
Übersee abgrenzen. Die Herkunft als Qualitätsgarant und Marketing-
Instrument liegt vielen Pfälzer Winzern ebenfalls am Herzen. Denn
auch in der Pfalz wird seit Römerzeiten Weinbau betrieben und
die Vielfalt der Böden ist ein Grund für die Geschmacksvielfalt des
Pfälzer Weins. Riesling ist Riesling ist eben Unsinn.


W     eil aber das frankophone Wörtchen oft überstrapaziert wird,
     spricht mancher Pfälzer Winzer lieber vom Weinberg statt vom
„Terroir“. Und wir beschränken uns in diesem Führer bei unserem
Ausflug zu den Wurzeln des Weingeschmacks nicht nur auf den
Boden, sondern erläutern auch andere Eigenarten der terra palatina.
Das Mysterium Wein ist eben mehr als eine Standort-Frage.
Was die Alpen
mit dem Pfälzer Wein verbindet

D     ass die Pfalz einst bayrisch war, wissen viele. Dass indes der
     Pfälzer Wein seine geschmackliche Vielfalt den Alpen verdankt,
wissen die wenigsten. Schon bei der Entstehung des Rheingrabens
waren die Alpen wesentlich beteiligt. Vereinfacht gesagt, entstand der
Rheingraben, weil die Alpen mit ihrem Gewicht auf den Erdman-
tel drückten und ihn aufwölbten. Die Erdkruste dehnte sich, ihre
Schollen brachen ein und bildeten einen Graben, der heute von
Basel bis Mainz reicht. Spuren der Initialzündung dieses Prozesses
– der sich in mehren Phasen über viele Millionen Jahre hinzog –
sind noch bei Forst zu entdecken. Dort stieg vor 53 Millionen
Jahren an den Rissen und Spalten der Erdkruste Magma auf
und hinterließ den Pechsteinkopf mit seinem erkalteten Basalt-
gestein. Vier Millionen Jahre später begann sich der Rheingraben
zu senken, später drang das Meer in den Graben vor und sorgte
für kalkreiche Ablagerungen. Es folgte eine längere Ruhephase,
das Meer verlandete allmählich. Vor etwa fünf Millionen Jahren
begann der letzte Akt. Die Alpen stiegen zum Hochgebirge auf
und wurden dabei um siebzig Kilometer nordwärts geschoben.
Dadurch übten sie auf den Rheingraben eine Schubkraft aus,
die weitere Verwerfungen nach sich zog. Am Grabenbruch wurde
das Unterste nach oben gekehrt. Und so freuen sich die Winzer am
Haardtrand heute über eine erstaunliche Vielfalt an Gesteinen und
Böden.
Roter Sandstein

Allgegenwärtig in Pfälzer Natur- und
Kulturdenkmälern: Roter Sandstein

S   eien es die Felsentürme in der Südpfalz
    oder die kunstvollen Toreinfahrten der
Winzerhäuser, seien es die Pfälzer Burgen oder
                                                    sandstein seine rötliche Färbung. Dort, wo
                                                    heißes Thermalwasser das Eisen herauslöst
                                                    und das Gestein bleicht, entsteht die gelbliche
Kirchen wie der Speyerer Dom: Roter Sand-           Variante. Das gleichzeitige Vorkommen von
stein ist allgegenwärtig in den Natur- und          rotem und gelblichem Buntsandstein gehört zu
Kulturdenkmälern der Pfalz - und zugleich der       den geologischen Besonderheiten der Pfalz. Für
solide Untergrund, auf dem der Pfälzerwald          die Winzer bieten die sonnenverwöhnten Lagen
ruht. Das Gestein ist vor 250 Millionen Jahren      mit ihren zwar nährstoffarmen und trockenen,
entstanden, als urzeitliche Flüsse in einer sonst   aber die Wärme gut speichernden Sandstein-
trockenen Wüstenlandschaft ihre Sedimente           böden eine gute Grundlage für besondere
ablagerten. Eisenoxide verleihen dem Bunt-          Spitzenweine. Die Trauben reifen hier früher.
Im Geschmack stechen die Weine dieser Stand-
orte durch ihre prägnante Säure hervor. Zum
charakteristischen Aromenspektrum gehören
Zitrone, Grapefruit und ein mineralischer Ton.
Die meisten Buntsandsteinlagen finden sich
am Haardtrand, wo der Pfälzerwald langsam
in die Hügellandschaft ausläuft. Um an den
steilen Hängen Weinbau zu betreiben, mussten
die Menschen erst Terrassen anlegen. Weil
solche Rebflächen schwieriger zu bearbeiten      Roter Sandstein
sind, wurden im Laufe der Zeit viele Parzellen   Erdzeitalter:          Buntsandstein
aufgegeben. Inzwischen werden manche wieder      Entstehungsalter:      ca. 250 – 235 Millionen Jahre
kultiviert.                                      Beschaffenheit:        steinige Sandböden, sauer,
                                                                        geringes Nährstoffangebot,
                                                                        trocken, gute Erwärmbarkeit
                                                 Lagen:                 Birkweiler Taschberg,
                                                                        St. Martiner Kirchberg
                                                 Fläche in der Pfalz:   550 ha = 5,5 km²
Rheinkies | Rheinsand

Wie Vater Rhein dem Wein hilft:
Rheinkies und -sand

W      er heute durch Weisenheim am Sand
       schlendert, fühlt sich meist sicher in
seiner Haut. Ganz anders sieht die Situation
                                                   schwemmen der Ur-Rhein und andere Flüsse
                                                   Sand und Kies in den Rheingraben. Auch
                                                   später, in den Kaltzeiten des Pleistozäns, lagert
vor einigen hunderttausend Jahren aus.             der Fluss immer wieder Sand- und Kiesschich-
In der Altsteinzeit gibt es weder Riesling noch    ten ab und Stürme wehen den Sand zu Dünen
Portugieser, aber es gibt den Säbelzahntiger,      zusammen. Ortsnamen wie Weisenheim am
eine mächtige Raubkatze mit Furcht erregen-        Sand weisen darauf hin, dass Sand- und Kies-
den Eckzähnen und 300 Kilo Kampfgewicht.           böden in der Pfalz weit verbreitet sind. Auch
Die ersten Säbelzahntiger tauchen in der Pfalz     bei Neustadt, rund um Bad Dürkheim und
bereits vor 10 Millionen Jahren im tropischen      unterhalb von Deidesheim sind die Böden
Tertiär auf. In dieser erdgeschichtlichen Epoche   von Sand und Kies durchsetzt.
Auf der leicht erwärmbaren Erde reifen die
Trauben früh, die Weine geraten dicht, mit
einer milden, abgerundeten Säure. Rieslinge
aus Deidesheimer Lagen wie etwa dem Herr-
gottsacker oder Kieselberg mit ihren leichten
Sandböden sind üppig und verbreiten am
Gaumen ein geschmeidiges Mundgefühl.
Bei den Rieslingen stehen Aromen von grünem
Apfel, Grapefruit und blumigem Duft im
Vordergrund. Sie sind ein hervorragender
                                                Sand | Kies
Begleiter für den Pfälzer Spargel.              Erdzeitalter:          Tertiär und Quartär
                                                Entstehungsalter:      ca. 5 Mio. Jahre bis 12.000 Jahre
                                                Beschaffenheit:        teils kiesige Sandböden und
                                                                       sandige Lehmböden, sauer bis
                                                                       neutral, geringes bis ausreichendes
                                                                       Nährstoffangebot, geringe bis
                                                                       ausreichende Wasserversorgung,
                                                                       mittlere Erwärmbarkeit
                                                Lagen:                 Deidesheimer Grainhübel, Hohen-
                                                                       morgen, Kalkofen, Kisselberg,
                                                                       Mußbacher Johannitergraben
                                                Fläche in der Pfalz:   5.200 ha = 52 km²
Kalkstein

Die Riffe des Rheingrabens sorgen
für üppigen Geschmack: Kalk

V    or 20 bis 25 Millionen Jahren schmeckt die
    Pfalz weder nach Wein noch nach Kasta-
nien. In der Luft liegt stattdessen ein mariti-
                                                  schließlich so hoch werden, dass sie die seichten
                                                  Meeresbereiche vom tieferen Meer des Rhein-
                                                  grabens abschneiden. Lagunen bilden sich, in
mer Salzgeruch. Nachdem im Miozän von             denen das Meerwasser allmählich verdampft.
Süden ein tropisches Meer in den Rheingraben      Zurück bleibt Kalkschlamm, der sich wie die
vorgedrungen ist, setzen sich Algen auf dem       Riffkalke zu Kalkstein verfestigt. So bröselig
Meeresboden fest und bilden dort ausgedehnte      und spröde dieses natürliche Sediment auch
Kolonien. Sie siedeln sich bevorzugt an der       anmutet, für den Wein bewirkt Kalk erfreuli-
seichten Kante des Rheingrabenbruchs an und       cherweise genau das Gegenteil: Seine warmen
bilden dort mächtige, weiße Riffe. Unaufhör-      basenreichen Böden verleihen den Aromen
lich wachsen so die Pfälzer Kalkriffe, bis sie    weiche Noten. In Kallstadt etwa – der Name
deutet es an – stehen die Reben auf purem Kalk-
steinboden. Die krümeligen, kreidigen Böden
bringen satte und schwere Weine hervor, die
mit herrlich seidigen, üppigen Geschmacks-
nuancen von Mango, Pfirsich, Honigmelone
und Karamell überzeugen. Weitere Pfälzer
Weinlagen mit kalkreichem Untergrund sind
der Schweigener Sonnenberg, die Kleine Kalmit
bei Ilbesheim, die Heiligenkirche in Bocken-
heim oder der Königsbacher Idig.
                                                  Kalkstein
                                                  Erdzeitalter:          Miozän
                                                  Entstehungsalter:      ca. 30 – 25 Millionen Jahre
                                                  Beschaffenheit:        steinige, teils tonige Lehmböden,
                                                                         sehr kalkreich, hohes Nährstoff-
                                                                         angebot, ausreichende Wasser-
                                                                         versorgung, gute Erwärmbarkeit
                                                  Lagen:                 Godramsteiner Münzberg,
                                                                         Königsbacher Idig,
                                                                         Bockenheimer Heiligenkirche
                                                  Fläche in der Pfalz:   650 ha = 6,5 km²
Löss

Segensreicher Sturm
im Weinglas: Löss

S   teinig, öde und lebensfeindlich erstreckt sich
    in den Kaltzeiten des Pleistozän die Tundra
über weite Teile von Mitteleuropa. Auch in der
                                                     als Segen. In der Zwischenzeit hat sich auf
                                                     dem bis zu 15 Meter dicken Löss eine Pflanzen-
                                                     decke gebildet. Sie sorgt dafür, dass der Boden
Pfalz herrscht kein Wohlfühl-Klima. Eisige           nicht weiter fortgeweht wird. Löss bildet einen
Stürme blasen riesige Staubwolken über Hun-          idealen Ackergrund. Laien können ihn daran
derte von Kilometern durch die Landschaft.           erkennen, dass sich Hohlwege und steile Bö-
Kein Wunder, dass die Jäger und Sammler der          schungen in die Weinberge eingegraben haben.
Eiszeit das Weite suchen und aus den Flussregi-      Die fetten, fruchtbaren Krumen können viel
onen fortziehen. Viele Jahrtausende später, als      Wasser speichern und liefern hervorragende
der kalkreiche Gesteinsstaub längst zu Boden         Erträge, der einst so lästige Staub des Löss ist
gesunken ist, erweisen sich die Staubstürme          heute ein Segen für die Landwirtschaft.
In den Weinbergen standen bis vor wenigen
Jahren auf Löss bevorzugt Rotweinsorten,
inzwischen wird hier auch Riesling angebaut.
Der Kalkanteil sorgt dafür, dass die Säure gut
abgepuffert wird. Weine, die auf Löss wachsen,
sind kraftvoll angelegt, alle Aromen kommen
gut zum Tragen. Die nährstoffreichen Böden
bringen nachhaltige, füllige Weine hervor, die
sich gut als Speisebegleiter eignen. Auch der
Riesling gerät hier vollmundiger und harmo-
                                                 Löss
nischer in der Säure als anderswo.               Erdzeitalter:          Pleistozän
                                                 Entstehungsalter:      ca. 300.000 – 15.000 Jahre
                                                 Beschaffenheit:        leichte Schluff- und Lehmböden,
                                                                        kalkreich, hohes Nährstoffange-
                                                                        bot, sehr gute Wasserversorgung,
                                                                        mittlere Erwärmbarkeit
                                                 Lagen:                 Ruppertsberger Reiterpfad,
                                                                        Gimmeldinger Mandelgarten,
                                                                        Kirrweiler Mandelberg
                                                 Fläche in der Pfalz:   14.700 ha = 147 km²
Weinaromen und ihre
tiefgründigen Differenzierungen

I  n vielen Dingen lässt sich über Geschmack streiten – doch dass
   der Stein den Wein entscheidend prägt, ist wissenschaftlich
belegt. Eine Neustadter Forschergruppe hat es am Beispiel des Ries-
lings nachgewiesen. Ein auf Basalt gewachsener Riesling mundet
nachweislich fruchtiger und aromenreicher als ein Riesling vom
Buntsandstein – während letzterer mit einer mineralischeren Säure
glänzt. Gleichzeitig weisen Weine, die auf dem gleichen Ausgangs-
gestein, aber in weit entfernt liegenden Regionen wurzeln, erstaun-
liche Parallelen auf. In anderen Worten: Der Boden, aus dem die
Pflanze Wasser, Nährstoffe und indirekt auch Luft und Wärme
bezieht, prägt die Aromen des Weins stärker als manch anderer
Standort-Faktor.
D     ie Fähigkeit des Menschen, Gerüche zu differenzieren, ist
      enorm. Bis zu 1000 Aromastoffe können Menschen unterschei-
den, erfahrene Parfümeure sogar bis zu 4000. Die intensiv geschul-
ten Tester, die für die Neustadter Wissenschaftler arbeiten, müssen
bei der so genannten „Deskriptiven Analyse“ gut zwei Dutzend
verschiedene Geruchs- und Geschmacksattribute erkennen und ihre
Intensität auf einer Punkteskala bewerten. Ihre Ergebnisse sind er-
staunlich: Beweisen sie doch, dass ein rheinhessischer Riesling aus
dem Flonborner Feuerberg und ein Pfälzer Riesling von der Kleinen
Kalmit bei Ilbesheim bis auf Nuancen gleich riechen, vorausgesetzt,
sie werden im Keller gleich ausgebaut. Dabei liegen die Wachstums-
Orte 60 Kilometer weit auseinander in zwei verschiedenen Anbauge-
bieten. Einzige Gemeinsamkeit ist die Gesteinformation, auf der sie
gewachsen sind: der Kalkstein.
Goldberg und Gerümpel:
Pfälzer Lagennamen und ihre Bedeutung

V    on wegen Schall und Rauch: Die Lagennamen auf vielen Pfäl-
    zer Weinflaschen, sind nichts Flüchtig-Beliebiges, sondern bild-
hafte Fingerzeige. Dahinter verbergen sich interessante Geschichten
über die Größe, Besitzverhältnisse oder den Boden. Beim „Fuchs-
loch“ in Hochdorf-Assenheim oder den „Eschbacher Hasen“ ist klar,
dass sich hier gewisse Tiere wohl fühlten. Daneben inspirieren
auch Pflanzen die Namensgebung, etwa beim „Kastaniengarten“
in Edenkoben, der „Mandelhöhe“ in Maikammer, dem „Kastani-
enbusch“ in Birkweiler oder dem „Kirschgarten“ in Erpolzheim. In
anderen Fällen sind Topographie, Klima oder wie beim „Schäwer“
in Burrweiler (mundartlich von Schiefer) und dem „Kreidkeller“
in Kallstadt die Bodenbeschaffenheit namensgebend. Südhänge
werden gerne als „Sonnenberg“ bezeichnet, besonders fruchtbare
Böden als „Goldberg“. Häufig wurden die Weinberge nach den Ei-
gentümern benannt. So waren der „Mönchspfad“ in Siebeldingen,
das „Kirchenstück“ in Forst oder der „Pfaffengrund“ in Diedesfeld
früher in geistlichem Besitz. Der Name Wachenheimer „Gerümpel“
dagegen geht – wie der des Forster Ungeheuers – vermutlich auf
den Familiennamen des ehemaligen Besitzer Grympel von Bechtols-
heim zurück, könnte aber ebenso eine Anspielung auf die krümelige
Bodenbeschaffenheit sein. Manchmal aber versagt die Deutung.
Denn wer will heute noch klären, ob der frühere Weinbergsbesitzer
des Ellerstädter „Dickkopp“ wirklich ein sturer Typ gewesen ist?
Überliefert ist lediglich, dass er Hermichin Kopp hieß.
Wie der Pfälzerwald
dem Pfälzer Wein nutzt

A  uch die Pfälzer haben ihren Föhn. Er ist zwar nur ein Hauch
   des bekannten Alpenphänomens, dafür aber dem Weinbau
äußerst zuträglich – und dem Pfälzerwald zu verdanken. Denn der
Mittelgebirgskamm des größten zusammenhängenden deutschen
Waldgebietes fungiert wie ein Regenfänger. Beim Aufsteigen über
den Mittelgebirgshöhen kühlen die feuchten Luftmassen ab. Da die
Luft nach oben hin nicht nur kühler, sondern auch dünner wird,
kann sie weniger Wasserdampf speichern. Sie muss Wasser abge-
ben, also regnet es über dem Pfälzerwald. Beim Absinken über dem
Rheingrabenbruch erwärmt sich die trockene Luft wieder und kann
mehr Wasser speichern.
S   o passiert es häufig, dass sich am Haardtrand eine helle, trockene
    Föhnstraße erstreckt, während es weiter westlich in Strömen gießt.
Damit trägt der Pfälzerwald dazu bei, dass die Pfalz mit bis zu
2000 Stunden Sonnenschein pro Jahr eine der wärmsten und
trockensten Regionen Deutschlands ist, kurzum, ein Klima herrscht,
das dem Wein zugute kommt.


D      aneben hat aber jeder Weinberg sein eigenes, morphologisch be-
       dingtes Kleinklima. Es wird zum Beispiel von der Hangneigung
und Himmelsrichtung beeinflusst oder der Nähe eines Taleinschnittes
des Pfälzerwalds. So variieren etwa die Intensität der Sonnenein-
strahlung, die Häufigkeit von Frost und die lokalen Windverhältnisse.
Dieses Kleinklima ist für die Entwicklung der Trauben und die Wein-
stilistik oft entscheidender als die Großwetterlage.
Sie möchten mehr wissen
Impressum                                               über Stein und Wein in der Pfalz?

Herausgeber: Pfalzwein e.V.                             In Kürze erscheint bei          ein informativer
Martin-Luther-Straße 69                                 Bildband zum Thema, herausgegeben von der
67433 Neustadt an der Weinstraße                        Pfalzwein e. V. Das großformatige, fadengehef-
Telefon: 0 63 21. 91 23-28                              tete Hardcover-Buch mit geprägtem Titel und
Fax: 0 63 21. 1 28 81                                   Lesebändchen enthält auf etwa 100 Seiten viele
info@zum-wohl-die-pfalz.de                              interessante Informationen über die wichtigsten
www.pfalzwein.de · www.pfalz.de                         Pfälzer Böden, Lagennamen, Klima, Sensorik
Texte: Bettina Winterfeld                               und vieles mehr. Bestellungen: Pfalzwein, Verlag
                                                        und Buchhandel: ISBN 978-3-89857-250-7
Fotos: ad lumina / Robert Dieth / Helmut Duden-
höffer / Faber & Partner / fotolia / Ohliger-Thomas /
Pfalz.Marketing / Plöger Medien / Inge Weber
Karten und Beratung:
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Prof. Ulrich Fischer, DLR Rheinpfalz
Gesamtherstellung: Plöger Medien GmbH
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terra palatina - Von den Grund-Lagen des Pfälzer Weins.pdf

  • 1. Zum Wohl. Die Pfalz.
  • 2. Von den Wurzeln des Weingeschmacks N  amen sind Nachrichten, heißt es im Journalismus – doch bei manchen Namen rätseln viele, was sich dahinter verbirgt. „Terroir“ ist so ein Wort. Viele haben es schon gehört, viele gebrau- chen es – und jeder versteht etwas anderes darunter. Klar ist: Mit dem Ort, auf dem der Rebstock wurzelt, hat „Terroir“ zu tun, kommt die Bezeichnung doch vom lateinischen „terra“ für Erde oder Boden. Wer aber den Grund-Lagen des Pfälzer Weingeschmacks nachspürt, muss neben der Gesteinsart jede Menge anderer Standort-Faktoren ins Kalkül ziehen. Das Klima im Großen und im Kleinen etwa, Hang- ausrichtung und -neigung, Wasserspeichervermögen und nicht zuletzt die Arbeit des Winzers.
  • 3. D  ie Winzer im Burgund führten den Begriff „Terroir“ ein. Sie woll- ten die Eigenarten ihre über Jahrhunderte hinweg kultivierten, kleinteiligen Weinbergslagen hervorheben – und sich gegenüber den großflächigen Standard-Weinen aus den Tafelwein-Gebieten oder aus Übersee abgrenzen. Die Herkunft als Qualitätsgarant und Marketing- Instrument liegt vielen Pfälzer Winzern ebenfalls am Herzen. Denn auch in der Pfalz wird seit Römerzeiten Weinbau betrieben und die Vielfalt der Böden ist ein Grund für die Geschmacksvielfalt des Pfälzer Weins. Riesling ist Riesling ist eben Unsinn. W  eil aber das frankophone Wörtchen oft überstrapaziert wird, spricht mancher Pfälzer Winzer lieber vom Weinberg statt vom „Terroir“. Und wir beschränken uns in diesem Führer bei unserem Ausflug zu den Wurzeln des Weingeschmacks nicht nur auf den Boden, sondern erläutern auch andere Eigenarten der terra palatina. Das Mysterium Wein ist eben mehr als eine Standort-Frage.
  • 4. Was die Alpen mit dem Pfälzer Wein verbindet D  ass die Pfalz einst bayrisch war, wissen viele. Dass indes der Pfälzer Wein seine geschmackliche Vielfalt den Alpen verdankt, wissen die wenigsten. Schon bei der Entstehung des Rheingrabens waren die Alpen wesentlich beteiligt. Vereinfacht gesagt, entstand der Rheingraben, weil die Alpen mit ihrem Gewicht auf den Erdman- tel drückten und ihn aufwölbten. Die Erdkruste dehnte sich, ihre Schollen brachen ein und bildeten einen Graben, der heute von Basel bis Mainz reicht. Spuren der Initialzündung dieses Prozesses – der sich in mehren Phasen über viele Millionen Jahre hinzog – sind noch bei Forst zu entdecken. Dort stieg vor 53 Millionen Jahren an den Rissen und Spalten der Erdkruste Magma auf
  • 5. und hinterließ den Pechsteinkopf mit seinem erkalteten Basalt- gestein. Vier Millionen Jahre später begann sich der Rheingraben zu senken, später drang das Meer in den Graben vor und sorgte für kalkreiche Ablagerungen. Es folgte eine längere Ruhephase, das Meer verlandete allmählich. Vor etwa fünf Millionen Jahren begann der letzte Akt. Die Alpen stiegen zum Hochgebirge auf und wurden dabei um siebzig Kilometer nordwärts geschoben. Dadurch übten sie auf den Rheingraben eine Schubkraft aus, die weitere Verwerfungen nach sich zog. Am Grabenbruch wurde das Unterste nach oben gekehrt. Und so freuen sich die Winzer am Haardtrand heute über eine erstaunliche Vielfalt an Gesteinen und Böden.
  • 6. Roter Sandstein Allgegenwärtig in Pfälzer Natur- und Kulturdenkmälern: Roter Sandstein S eien es die Felsentürme in der Südpfalz oder die kunstvollen Toreinfahrten der Winzerhäuser, seien es die Pfälzer Burgen oder sandstein seine rötliche Färbung. Dort, wo heißes Thermalwasser das Eisen herauslöst und das Gestein bleicht, entsteht die gelbliche Kirchen wie der Speyerer Dom: Roter Sand- Variante. Das gleichzeitige Vorkommen von stein ist allgegenwärtig in den Natur- und rotem und gelblichem Buntsandstein gehört zu Kulturdenkmälern der Pfalz - und zugleich der den geologischen Besonderheiten der Pfalz. Für solide Untergrund, auf dem der Pfälzerwald die Winzer bieten die sonnenverwöhnten Lagen ruht. Das Gestein ist vor 250 Millionen Jahren mit ihren zwar nährstoffarmen und trockenen, entstanden, als urzeitliche Flüsse in einer sonst aber die Wärme gut speichernden Sandstein- trockenen Wüstenlandschaft ihre Sedimente böden eine gute Grundlage für besondere ablagerten. Eisenoxide verleihen dem Bunt- Spitzenweine. Die Trauben reifen hier früher.
  • 7. Im Geschmack stechen die Weine dieser Stand- orte durch ihre prägnante Säure hervor. Zum charakteristischen Aromenspektrum gehören Zitrone, Grapefruit und ein mineralischer Ton. Die meisten Buntsandsteinlagen finden sich am Haardtrand, wo der Pfälzerwald langsam in die Hügellandschaft ausläuft. Um an den steilen Hängen Weinbau zu betreiben, mussten die Menschen erst Terrassen anlegen. Weil solche Rebflächen schwieriger zu bearbeiten Roter Sandstein sind, wurden im Laufe der Zeit viele Parzellen Erdzeitalter: Buntsandstein aufgegeben. Inzwischen werden manche wieder Entstehungsalter: ca. 250 – 235 Millionen Jahre kultiviert. Beschaffenheit: steinige Sandböden, sauer, geringes Nährstoffangebot, trocken, gute Erwärmbarkeit Lagen: Birkweiler Taschberg, St. Martiner Kirchberg Fläche in der Pfalz: 550 ha = 5,5 km²
  • 8. Rheinkies | Rheinsand Wie Vater Rhein dem Wein hilft: Rheinkies und -sand W er heute durch Weisenheim am Sand schlendert, fühlt sich meist sicher in seiner Haut. Ganz anders sieht die Situation schwemmen der Ur-Rhein und andere Flüsse Sand und Kies in den Rheingraben. Auch später, in den Kaltzeiten des Pleistozäns, lagert vor einigen hunderttausend Jahren aus. der Fluss immer wieder Sand- und Kiesschich- In der Altsteinzeit gibt es weder Riesling noch ten ab und Stürme wehen den Sand zu Dünen Portugieser, aber es gibt den Säbelzahntiger, zusammen. Ortsnamen wie Weisenheim am eine mächtige Raubkatze mit Furcht erregen- Sand weisen darauf hin, dass Sand- und Kies- den Eckzähnen und 300 Kilo Kampfgewicht. böden in der Pfalz weit verbreitet sind. Auch Die ersten Säbelzahntiger tauchen in der Pfalz bei Neustadt, rund um Bad Dürkheim und bereits vor 10 Millionen Jahren im tropischen unterhalb von Deidesheim sind die Böden Tertiär auf. In dieser erdgeschichtlichen Epoche von Sand und Kies durchsetzt.
  • 9. Auf der leicht erwärmbaren Erde reifen die Trauben früh, die Weine geraten dicht, mit einer milden, abgerundeten Säure. Rieslinge aus Deidesheimer Lagen wie etwa dem Herr- gottsacker oder Kieselberg mit ihren leichten Sandböden sind üppig und verbreiten am Gaumen ein geschmeidiges Mundgefühl. Bei den Rieslingen stehen Aromen von grünem Apfel, Grapefruit und blumigem Duft im Vordergrund. Sie sind ein hervorragender Sand | Kies Begleiter für den Pfälzer Spargel. Erdzeitalter: Tertiär und Quartär Entstehungsalter: ca. 5 Mio. Jahre bis 12.000 Jahre Beschaffenheit: teils kiesige Sandböden und sandige Lehmböden, sauer bis neutral, geringes bis ausreichendes Nährstoffangebot, geringe bis ausreichende Wasserversorgung, mittlere Erwärmbarkeit Lagen: Deidesheimer Grainhübel, Hohen- morgen, Kalkofen, Kisselberg, Mußbacher Johannitergraben Fläche in der Pfalz: 5.200 ha = 52 km²
  • 10. Kalkstein Die Riffe des Rheingrabens sorgen für üppigen Geschmack: Kalk V  or 20 bis 25 Millionen Jahren schmeckt die Pfalz weder nach Wein noch nach Kasta- nien. In der Luft liegt stattdessen ein mariti- schließlich so hoch werden, dass sie die seichten Meeresbereiche vom tieferen Meer des Rhein- grabens abschneiden. Lagunen bilden sich, in mer Salzgeruch. Nachdem im Miozän von denen das Meerwasser allmählich verdampft. Süden ein tropisches Meer in den Rheingraben Zurück bleibt Kalkschlamm, der sich wie die vorgedrungen ist, setzen sich Algen auf dem Riffkalke zu Kalkstein verfestigt. So bröselig Meeresboden fest und bilden dort ausgedehnte und spröde dieses natürliche Sediment auch Kolonien. Sie siedeln sich bevorzugt an der anmutet, für den Wein bewirkt Kalk erfreuli- seichten Kante des Rheingrabenbruchs an und cherweise genau das Gegenteil: Seine warmen bilden dort mächtige, weiße Riffe. Unaufhör- basenreichen Böden verleihen den Aromen lich wachsen so die Pfälzer Kalkriffe, bis sie weiche Noten. In Kallstadt etwa – der Name
  • 11. deutet es an – stehen die Reben auf purem Kalk- steinboden. Die krümeligen, kreidigen Böden bringen satte und schwere Weine hervor, die mit herrlich seidigen, üppigen Geschmacks- nuancen von Mango, Pfirsich, Honigmelone und Karamell überzeugen. Weitere Pfälzer Weinlagen mit kalkreichem Untergrund sind der Schweigener Sonnenberg, die Kleine Kalmit bei Ilbesheim, die Heiligenkirche in Bocken- heim oder der Königsbacher Idig. Kalkstein Erdzeitalter: Miozän Entstehungsalter: ca. 30 – 25 Millionen Jahre Beschaffenheit: steinige, teils tonige Lehmböden, sehr kalkreich, hohes Nährstoff- angebot, ausreichende Wasser- versorgung, gute Erwärmbarkeit Lagen: Godramsteiner Münzberg, Königsbacher Idig, Bockenheimer Heiligenkirche Fläche in der Pfalz: 650 ha = 6,5 km²
  • 12. Löss Segensreicher Sturm im Weinglas: Löss S teinig, öde und lebensfeindlich erstreckt sich in den Kaltzeiten des Pleistozän die Tundra über weite Teile von Mitteleuropa. Auch in der als Segen. In der Zwischenzeit hat sich auf dem bis zu 15 Meter dicken Löss eine Pflanzen- decke gebildet. Sie sorgt dafür, dass der Boden Pfalz herrscht kein Wohlfühl-Klima. Eisige nicht weiter fortgeweht wird. Löss bildet einen Stürme blasen riesige Staubwolken über Hun- idealen Ackergrund. Laien können ihn daran derte von Kilometern durch die Landschaft. erkennen, dass sich Hohlwege und steile Bö- Kein Wunder, dass die Jäger und Sammler der schungen in die Weinberge eingegraben haben. Eiszeit das Weite suchen und aus den Flussregi- Die fetten, fruchtbaren Krumen können viel onen fortziehen. Viele Jahrtausende später, als Wasser speichern und liefern hervorragende der kalkreiche Gesteinsstaub längst zu Boden Erträge, der einst so lästige Staub des Löss ist gesunken ist, erweisen sich die Staubstürme heute ein Segen für die Landwirtschaft.
  • 13. In den Weinbergen standen bis vor wenigen Jahren auf Löss bevorzugt Rotweinsorten, inzwischen wird hier auch Riesling angebaut. Der Kalkanteil sorgt dafür, dass die Säure gut abgepuffert wird. Weine, die auf Löss wachsen, sind kraftvoll angelegt, alle Aromen kommen gut zum Tragen. Die nährstoffreichen Böden bringen nachhaltige, füllige Weine hervor, die sich gut als Speisebegleiter eignen. Auch der Riesling gerät hier vollmundiger und harmo- Löss nischer in der Säure als anderswo. Erdzeitalter: Pleistozän Entstehungsalter: ca. 300.000 – 15.000 Jahre Beschaffenheit: leichte Schluff- und Lehmböden, kalkreich, hohes Nährstoffange- bot, sehr gute Wasserversorgung, mittlere Erwärmbarkeit Lagen: Ruppertsberger Reiterpfad, Gimmeldinger Mandelgarten, Kirrweiler Mandelberg Fläche in der Pfalz: 14.700 ha = 147 km²
  • 14. Weinaromen und ihre tiefgründigen Differenzierungen I n vielen Dingen lässt sich über Geschmack streiten – doch dass der Stein den Wein entscheidend prägt, ist wissenschaftlich belegt. Eine Neustadter Forschergruppe hat es am Beispiel des Ries- lings nachgewiesen. Ein auf Basalt gewachsener Riesling mundet nachweislich fruchtiger und aromenreicher als ein Riesling vom Buntsandstein – während letzterer mit einer mineralischeren Säure glänzt. Gleichzeitig weisen Weine, die auf dem gleichen Ausgangs- gestein, aber in weit entfernt liegenden Regionen wurzeln, erstaun- liche Parallelen auf. In anderen Worten: Der Boden, aus dem die Pflanze Wasser, Nährstoffe und indirekt auch Luft und Wärme bezieht, prägt die Aromen des Weins stärker als manch anderer Standort-Faktor.
  • 15. D ie Fähigkeit des Menschen, Gerüche zu differenzieren, ist enorm. Bis zu 1000 Aromastoffe können Menschen unterschei- den, erfahrene Parfümeure sogar bis zu 4000. Die intensiv geschul- ten Tester, die für die Neustadter Wissenschaftler arbeiten, müssen bei der so genannten „Deskriptiven Analyse“ gut zwei Dutzend verschiedene Geruchs- und Geschmacksattribute erkennen und ihre Intensität auf einer Punkteskala bewerten. Ihre Ergebnisse sind er- staunlich: Beweisen sie doch, dass ein rheinhessischer Riesling aus dem Flonborner Feuerberg und ein Pfälzer Riesling von der Kleinen Kalmit bei Ilbesheim bis auf Nuancen gleich riechen, vorausgesetzt, sie werden im Keller gleich ausgebaut. Dabei liegen die Wachstums- Orte 60 Kilometer weit auseinander in zwei verschiedenen Anbauge- bieten. Einzige Gemeinsamkeit ist die Gesteinformation, auf der sie gewachsen sind: der Kalkstein.
  • 16. Goldberg und Gerümpel: Pfälzer Lagennamen und ihre Bedeutung V  on wegen Schall und Rauch: Die Lagennamen auf vielen Pfäl- zer Weinflaschen, sind nichts Flüchtig-Beliebiges, sondern bild- hafte Fingerzeige. Dahinter verbergen sich interessante Geschichten über die Größe, Besitzverhältnisse oder den Boden. Beim „Fuchs- loch“ in Hochdorf-Assenheim oder den „Eschbacher Hasen“ ist klar, dass sich hier gewisse Tiere wohl fühlten. Daneben inspirieren auch Pflanzen die Namensgebung, etwa beim „Kastaniengarten“ in Edenkoben, der „Mandelhöhe“ in Maikammer, dem „Kastani- enbusch“ in Birkweiler oder dem „Kirschgarten“ in Erpolzheim. In anderen Fällen sind Topographie, Klima oder wie beim „Schäwer“ in Burrweiler (mundartlich von Schiefer) und dem „Kreidkeller“
  • 17. in Kallstadt die Bodenbeschaffenheit namensgebend. Südhänge werden gerne als „Sonnenberg“ bezeichnet, besonders fruchtbare Böden als „Goldberg“. Häufig wurden die Weinberge nach den Ei- gentümern benannt. So waren der „Mönchspfad“ in Siebeldingen, das „Kirchenstück“ in Forst oder der „Pfaffengrund“ in Diedesfeld früher in geistlichem Besitz. Der Name Wachenheimer „Gerümpel“ dagegen geht – wie der des Forster Ungeheuers – vermutlich auf den Familiennamen des ehemaligen Besitzer Grympel von Bechtols- heim zurück, könnte aber ebenso eine Anspielung auf die krümelige Bodenbeschaffenheit sein. Manchmal aber versagt die Deutung. Denn wer will heute noch klären, ob der frühere Weinbergsbesitzer des Ellerstädter „Dickkopp“ wirklich ein sturer Typ gewesen ist? Überliefert ist lediglich, dass er Hermichin Kopp hieß.
  • 18. Wie der Pfälzerwald dem Pfälzer Wein nutzt A uch die Pfälzer haben ihren Föhn. Er ist zwar nur ein Hauch des bekannten Alpenphänomens, dafür aber dem Weinbau äußerst zuträglich – und dem Pfälzerwald zu verdanken. Denn der Mittelgebirgskamm des größten zusammenhängenden deutschen Waldgebietes fungiert wie ein Regenfänger. Beim Aufsteigen über den Mittelgebirgshöhen kühlen die feuchten Luftmassen ab. Da die Luft nach oben hin nicht nur kühler, sondern auch dünner wird, kann sie weniger Wasserdampf speichern. Sie muss Wasser abge- ben, also regnet es über dem Pfälzerwald. Beim Absinken über dem Rheingrabenbruch erwärmt sich die trockene Luft wieder und kann mehr Wasser speichern.
  • 19. S o passiert es häufig, dass sich am Haardtrand eine helle, trockene Föhnstraße erstreckt, während es weiter westlich in Strömen gießt. Damit trägt der Pfälzerwald dazu bei, dass die Pfalz mit bis zu 2000 Stunden Sonnenschein pro Jahr eine der wärmsten und trockensten Regionen Deutschlands ist, kurzum, ein Klima herrscht, das dem Wein zugute kommt. D aneben hat aber jeder Weinberg sein eigenes, morphologisch be- dingtes Kleinklima. Es wird zum Beispiel von der Hangneigung und Himmelsrichtung beeinflusst oder der Nähe eines Taleinschnittes des Pfälzerwalds. So variieren etwa die Intensität der Sonnenein- strahlung, die Häufigkeit von Frost und die lokalen Windverhältnisse. Dieses Kleinklima ist für die Entwicklung der Trauben und die Wein- stilistik oft entscheidender als die Großwetterlage.
  • 20. Sie möchten mehr wissen Impressum über Stein und Wein in der Pfalz? Herausgeber: Pfalzwein e.V. In Kürze erscheint bei ein informativer Martin-Luther-Straße 69 Bildband zum Thema, herausgegeben von der 67433 Neustadt an der Weinstraße Pfalzwein e. V. Das großformatige, fadengehef- Telefon: 0 63 21. 91 23-28 tete Hardcover-Buch mit geprägtem Titel und Fax: 0 63 21. 1 28 81 Lesebändchen enthält auf etwa 100 Seiten viele info@zum-wohl-die-pfalz.de interessante Informationen über die wichtigsten www.pfalzwein.de · www.pfalz.de Pfälzer Böden, Lagennamen, Klima, Sensorik Texte: Bettina Winterfeld und vieles mehr. Bestellungen: Pfalzwein, Verlag und Buchhandel: ISBN 978-3-89857-250-7 Fotos: ad lumina / Robert Dieth / Helmut Duden- höffer / Faber & Partner / fotolia / Ohliger-Thomas / Pfalz.Marketing / Plöger Medien / Inge Weber Karten und Beratung: Dr. Ernst-Dieter Spies, LGB Rheinland-Pfalz Prof. Ulrich Fischer, DLR Rheinpfalz Gesamtherstellung: Plöger Medien GmbH Altes Schulhaus Gräfenhausen · 76855 Annweiler Telefon: 0 63 46. 96 33 0 · www.ploeger-medien.de Gefördert durch: