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1  sur  7
Helaba Volkswirtschaft/Research



                                                   USA aktuell                                                                                        30. März 2012




                                                   Wahlen 2012: Bahn frei für den Sparkurs?
                                      Autor:

                        Patrick Franke
                                                            Am 6. November wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten
             Tel.: 0 69/91 32-47 38
                                                            Mindestens ebenso wichtig wird sein, welche Partei die Mehrheit im Kongress erringt
              research@helaba.de
                                                            Trotz hoher Unsicherheit über den Wahlausgang bleibt ein Sparkurs in der Finanzpolitik
                                                             das wahrscheinlichste Szenario für 2013
                                                            Dies wird eine Zinswende der Fed im kommenden Jahr überflüssig machen
                              Redaktion:

            Dr. Stefan Mitropoulos
                                                                                                    Richard Carlson: “A Zombie has no will of his own. You see
                                                                                                    them sometimes, walking around blindly with dead eyes, follow-
                                                                                                    ing orders, not knowing what they do, not caring.”
                          Herausgeber:
                                                                                                    Bob Hope: “You mean like Democrats?”
               Dr. Gertrud R. Traud                                                                                       Aus dem Film The Ghost Breakers (1940)
Chefvolkswirt/Leitung Research

Landesbank Hessen-Thüringen
                                                   Der Graben, der die politischen Lager in Washington derzeit trennt und der die – eigentlich von
                        MAIN TOWER
                                                   fast allen Politikern als notwendig akzeptierte – Haushaltskonsolidierung bisher verhindert hat, ist
         Neue Mainzer Str. 52-58
                                                   nichts Neues. Zwar tobt in Amerika aktuell eine Art „Kulturkampf“ zwischen den Demokraten
        60311 Frankfurt am Main
                                                   von Präsident Obama und den republikanischen Anhängern der „Tea Party“. Aber schon vor sieb-
       Telefon: 0 69/91 32-20 24
                                                   zig Jahren, mit dem Demokraten Roosevelt im Weißen Haus, konnte ein erfolgreicher Komiker
       Telefax: 0 69/91 32-22 44
                                                   wie Bob Hope offenbar hoffen, mit einem solchen beißenden Spott beim Publikum zu punkten.
                                                   Die heutige Situation stellt also eher eine quantitative als eine qualitative Veränderung des politi-
                                                   schen Klimas dar. Ob die Kompromissfähigkeit in der amerikanischen Politik tatsächlich nachhal-
                                                   tig gelitten hat, wird sich nach den Wahlen im November zeigen. Ihr Ausgang kann auf vielen
                                                   Gebieten Auswirkungen haben, von der Regulierung der Finanzmärkte über die Handels- und
                                                   Wechselkurspolitik bis zur Frage, ob Ben Bernanke 2014 noch einmal als Fed-Chairman nominiert
                                                   wird. In dieser Publikation fokussieren wir auf ein recht eng gefasstes Thema: den Ausblick für die
                                                   Fiskalpolitik im kommenden Jahr. Diese wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Kon-
                                                   junktur haben. Sie ist zudem ein wichtiger Einflussfaktor für die Entscheidung der Fed, zu wel-
                                                   chem Zeitpunkt sie aus der extrem expansiven Geldpolitik auszusteigen beginnt.

                                                   Ohne Sparkurs keine Stabilisierung der Schuldenquote
                                                   Staatsschulden („Federal debt held by the public“), % am Bruttoinlandsprodukt

                                                    120                                                                                                           120

                                                    100                                                                                                           100
                                                                                                                                     CBO
        Die Publikation ist mit größter Sorgfalt     80                                                                              Alternativ-Szenario          80
bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich
  unverbindliche Analysen und Prognosen zu           60                                                                                                           60
   den gegenwärtigen und zukünftigen Markt-
     verhältnissen. Die Angaben beruhen auf          40                                                                                                           40
    Quellen, die wir für zuverlässig halten, für
                                                                                                                                   Istwerte und
 deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua-      20                                                                            CBO-Basisprojektion            20
 lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön-
 nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe-        0                                                                                                          0
     nen Angaben dienen der Information. Sie               1940      1950          1960         1970          1980         1990        2000        2010    2020
 dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für
                                                   Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research. Szenarien des Congressional Budget Office: siehe S. 7
  Anlageentscheidungen verstanden werden.
USA aktuell




                                       6. November 2012: Mitt Romney gegen Barack Obama

                                       Aus heutiger Sicht ist Mitt Romney der wahrscheinlichste republikanische Präsidentschaftskandi-
                                       dat. Er hat zwar bislang nur 535 der 1.144 erforderlichen Stimmen für den Nominierungsparteitag
                                       im August zusammen (Stand 29. März). Wenn größere Überraschungen ausbleiben, sollte Romney
                                       aber den deutlichen Vorsprung vor seinen verbliebenen Mitbewerbern verteidigen können. Damit
                                       erhöht sich tendenziell die Wahrscheinlichkeit, dass es den Republikanern gelingt, Barack Obama
                                       abzulösen. Laut Umfragen hat Romney unter den Kandidaten die besten Chancen, den Amtsinha-
                                       ber zu schlagen.

                                       Wie groß diese Chancen nun eingeschätzt werden, variiert sehr stark. In der jüngsten Gallup-
                                       Umfrage vom Februar war Romney in der „Sonntagsfrage“ sogar an Obama vorbeigezogen. Ande-
      Kein klarer Favorit im
                                       re Umfragen (z.B. von NBC/Wall Street Journal) sehen hingegen den Amtsinhaber rund fünf Pro-
   Rennen um die Präsi-
                                       zentpunkte vorne. Elektronische Futuresmärkte wie Intrade oder Iowa Electronic Markets (IOM)
                 dentschaft
                                       deuten darauf hin, dass die dort aktiven Spekulanten Präsident Obama derzeit ebenfalls die besse-
                                       ren Chancen einräumen. Die absolute Wahrscheinlichkeit seiner Wiederwahl wurde laut IOM
                                       zuletzt bei rund 60 % gesehen. 1

                                       Bis zum Wahltag im November kann noch viel passieren. Wenn politische Überraschungen aus-
                                       bleiben, wird die konjunkturelle Lage eine wichtige Rolle spielen. Verbessert sich die Lage am
                                       Arbeitsmarkt weiter wie zuletzt, kommt dies dem amtierenden Präsidenten zu gute. Sollte im
                                       Herbst hingegen erneut über einen „double dip“ diskutiert werden, würde dies die Kritik am öko-
                                       nomischen Management der Obama-Administration verstärken. Belastet wird die Stimmung aktu-
                                       ell durch das teure Benzin. Ein landesweiter Preis von vier Dollar pro Gallone gilt als Schmerz-
                                       grenze. 2

                                       In unserem Basis-Szenario gehen wir von einem graduellen Rückgang der Arbeitslosigkeit in den
                                       kommenden Monaten aus. Von daher würden wir an der ökonomischen Front keine starken Impul-
                                       se für oder gegen Barack Obama erwarten. Auch das Prognosemodell von Ray C. Fair von der
                                       Yale University, der sich seit Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Wahlausgängen und wirt-
                                       schaftlichen Daten beschäftigt, sieht auf der Basis der aktuellen Konjunkturprognosen keine ein-
                                       deutigen Signale für den November.

Kein klarer Favorit bei den Umfragen                                                    Amtsinhaberbonus hilft Obama
Stimmenanteil in hypothetischer Wahl („Sonntagsfrage“), %                               Implizite Wahrscheinlichkeit auf Basis von Futures, Monatsendstände, %

 51                                                                           51          70                                                                     70
                                                                                                                  Demokratischer Präsident
 50                                                          Romney           50          60                                                                     60

 49                                                                           49          50                                                                     50

 48                                                                           48          40                                                                     40
 47                                                                           47                                                     Republikanischer
                                                                                          30                                                                     30
                                                                                                                                     Präsident
 46                                                       Obama               46
                                                                                          20                                                                     20
 45                                                                           45
                                                                                          10                                                                     10
 44                                                                           44
       Mitte Aug Mitte Sep Mitte Okt   Anfang Mitte Dez Ende Jan Mitte Feb                 0                                                                     0
                                        Dez                                                    Jul-11 Aug-11 Sep-11 Okt-11 Nov-11 Dez-11 Jan-12 Feb-12 Mrz-12

Quellen: Gallup, Helaba Volkswirtschaft/Research                                        Quellen: Iowa Electronic Market, Helaba Volkswirtschaft/Research




                                       1
                                           Dies weicht vom erwarteten Anteil der abgegebenen Stimmen deutlich ab, da der Präsident nicht direkt, sondern von
                                       Wahlmännern gewählt wird, so dass sogar ein Wahlsieg mit weniger als 50 % der Stimmen möglich ist.
                                       2
                                           Wegen unterschiedlicher Umweltauflagen und Steuersätze unterscheiden sich die Benzinpreise von Staat zu Staat.




                                       Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                                      2
USA aktuell




                     Mehr als nur Präsidentschaftswahlen

                     Am 6. November wählen die Amerikaner nicht nur den Präsidenten, sondern auch einen neuen
                     Kongress und 13 Gouverneure in den Einzelstaaten. Darüber hinaus stehen auf der Ebene der
                     Kommunen und Einzelstaaten zahlreiche weitere Wahlen und Volksabstimmungen an. Für die
                     Finanzmärkte sind, neben der Frage, ob Barack Obama eine zweite Amtszeit erhält, primär die
                     Mehrheitsverhältnisse im Kongress von Interesse.

                     Im aktuellen, 112. Kongress, haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit in der unteren
                     Kammer, dem Repräsentantenhaus. Von den insgesamt 435 Abgeordneten stellen sie derzeit 242,
                     verglichen mit 190 Demokraten. Im Senat, der Kammer, in der jeder der 50 US-Staaten mit zwei
                     Sitzen vertreten ist, stellen die Demokraten mit 51 Senatoren die Mehrheit. Hinzu kommt, dass
                     zwei unabhängige Senatoren in der Regel mit den Demokraten abstimmen und im Fall eines
                     Stands von 50:50 der Senatspräsident (der US-Vizepräsident, aktuell der Demokrat Joe Biden) die
                     entscheidende Stimme hat.

                     Geteilte Macht im aktuellen Kongress
                     Sitzverteilung im 112. Kongress

                                        Repräsentantenhaus (435 Sitze)                              Senat (100 Sitze)
                                            vakant 3                                                           Unabhängige
                                                                                                                      2


                                                                                                                             Demokraten
                                                                Demokraten
                                                                                                                                51
                                                                   190



                                                                                     Republikaner
                                                                                         47
                      Republikaner
                          242




                     Quellen: Office of the Clerk, Helaba Volkswirtschaft/Research



                     Für den Gesetzgebungsprozess ist jedoch im Senat eine zweite Schwelle wichtig: die Marke von
                     60 Stimmen. Die sind nämlich erforderlich, um eine sogenannte „cloture“ herbeizuführen, also
Einfache Mehrheit
                     eine Debatte zu beenden. Die Senatsregeln sehen die Möglichkeit eines „filibuster“ vor, d.h. jeder
      reicht nicht
                     Senator kann die Abstimmung über einen Gesetzesentwurf theoretisch unbegrenzt verzögern.
                     Wenn jedoch mindestens 60 Senatoren dafür stimmen, die Debatte zu beenden, kann eine Ab-
                     stimmung erzwungen werden. Diese Regelungen unterstreichen den föderalen Charakter der USA,
                     indem sie den Vertretern der Einzelstaaten ein weitgehendes Vetorecht einräumen – unabhängig
                     von der Größe des Staates. Aus Sicht der Gründerväter der Vereinigten Staaten war der Senat
                     zudem als ein Ort der bedächtigen Beratung und als konstitutionelle Bremse für die eher stürmi-
                     schen Reformer im Repräsentantenhaus gedacht.

                     Im November werden alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und 33 Senatoren ge-
                     wählt. Von diesen 33 Sitzen im Senat werden derzeit 23 von Demokraten (einschl. Unabhängige)
                     und nur zehn von Republikanern gehalten. Die Demokraten müssen also 2012 mehr Sitze verteidi-
                     gen als die Republikaner. Dies ist ein Handicap. Die Vergangenheit zeigt zudem, dass Amtsinha-
                     ber, die sich zur Wiederwahl stellen, nur schwer zu schlagen sind. Daher ist interessant, wie viele
                     Abgeordnete der zwei Parteien diesmal nicht wieder antreten. In beiden Häusern des Kongresses
                     haben die Republikaner hier den Vorteil: Jeweils mehr Repräsentanten und Senatoren aus der
                     demokratischen Partei haben angekündigt, sich diesmal nicht mehr zur Wahl zu stellen.




                     Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                            3
USA aktuell




Nachteil: Demokraten                                                             Republikanische Kongressmehrheit erwartet
Zahl der Abgeordneten, die sich nicht der Wiederwahl stellen                     Implizite Wahrscheinlichkeit auf Basis von Futures, %

 45                                                                   45           80                                                                   80
 40                                                                   40           75                                                                   75

 35                                                                   35           70                                                                   70
                                                                                              Demokraten verlieren
                                                                                   65         Mehrheit im Senat                                         65
 30                                                                   30
                                                                                   60                                Republikaner behalten              60
 25                             Republikaner                          25
                                                                                   55                                oder erhöhen Mehrheit              55
 20                                                                   20                                             im Haus
                                                                                   50                                                                   50
 15                                                                   15
                                                                                   45                                                                   45
 10                                                                   10           40                                                                   40
                                Demokraten
  5                                                                   5            35                                                                   35
  0                                                                   0            30                                                                   30
                Repr.-Haus                         Senat                                Ende Nov     Ende Dez        Ende Jan    Ende Feb    Ende Mrz

Quellen: Wikipedia, Helaba Volkswirtschaft/Research                              Quellen: Iowa Electronic Market, Bloomberg, Helaba Volkswirt-
                                                                                 schaft/Research



                                  Politische Beobachter gehen daher davon aus, dass die republikanische Partei wohl ihre bestehen-
                                  de Mehrheit im Repräsentantenhaus halten oder ausbauen wird. Im Senat spricht einiges dafür,
                                  dass die Republikaner Sitze hinzugewinnen. Wenn sie in den sechs Staaten, die von Analysten
                                  übereinstimmend als „toss-ups“ (sehr ungewisser Wahlausgang) bezeichnet werden, ihre beiden
                                  Senatssitze verteidigen und alle vier Demokraten schlagen, würden sie auf 51 Sitze kommen.
                                  Selbst wenn der Vizepräsident weiterhin ein Demokrat bleiben sollte, würde dies für eine knappe
                                  Mehrheit reichen. Eine „Supermehrheit“ von 60 oder mehr Sitzen, mit der man die Vorstellungen
                                  der Demokraten weitgehend ignorieren könnte, ist hingegen wenig realistisch.

                                  Da der Kongress über das Haushaltsrecht verfügt, gehen finanzpolitische Initiativen in der Regel
                                  vom Parlament und nicht von der Regierung aus. Die Mehrheitsverhältnisse im Kongress werden
                                  deshalb einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Steuer- und Ausgabenpolitik haben.

                                  Welche Konstellation bringt was?

                                  Die Erfahrungen aus den neunziger Jahren, als dem demokratischen Präsidenten Clinton nach
                                  1994 eine republikanische Kongressmehrheit gegenüberstand, sind auf die heutige Situation nur
                                  bedingt anwendbar. Ein wichtiger Unterschied ist die kategorische Ablehnung von Steuererhöhun-
                                  gen durch die Republikaner: 236 der 242 Abgeordneten im Haus und 40 der 47 Senatoren haben
                                  die „Tax Pledge“ der Lobby-Organisation „Americans for Tax Reform“ unterzeichnet. Darin ver-
                                  pflichten sie sich, jede Erhöhung der Grenzsteuersätze der Einkommensteuer abzulehnen und dem
                                  Abbau von Steuervergünstigungen nur zuzustimmen, wenn gleichzeitig die Steuersätze gesenkt
                                  werden. Darüber hinaus ist die Haushaltslage gemessen am Schuldenstand aktuell deutlich
                                  schlechter als vor zwanzig Jahren. Hohe zukünftige Belastungen aus den staatlichen Gesundheits-
                                  und Rentensystemen drohen. Das Zeitfenster für die nötigen Maßnahmen ist daher relativ klein –
                                  je länger man abwartet, umso drastischer und unpopulärer müssen zukünftige Eingriffe ausfallen.

                                  Am wenigsten gespart würde wohl in einem (unwahrscheinlichen) Szenario, in dem Barack Oba-
                                  ma wiedergewählt wird und es in seinem Gefolge den Demokraten gelingt, die Mehrheit im Kon-
Kein Appetit aufs Sparen
                                  gress zurückzugewinnen. Trotz Widerstands der Republikaner könnte Obama dann wohl seinen
      bei den Demokraten
                                  wiederholt vorgeschlagenen Plan umsetzen, und die Empfänger hoher Einkommen stärker belas-
                                  ten. Gleichzeitig wären aber auf verschiedenen Gebieten Mehrausgaben zu erwarten. Insgesamt
                                  gesehen hat die demokratische Partei in den letzten Jahren keinerlei Bereitschaft zu einem Spar-
                                  kurs gezeigt. Solange der Rentenmarkt und/oder die Rating-Agenturen den Druck auf die USA
                                  nicht erhöhen, würde in diesem Szenario die Konsolidierung wohl auf den Sankt-Nimmerleins-
                                  Tag verschoben. Das Beispiel Japan zeigt, dass es im Zweifelsfall für die Regierung immer einfa-
                                  cher ist, noch ein bisschen mehr Schulden zu machen.




                                  Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                                  4
USA aktuell




                                  Sollten hingegen die Republikaner auf ganzer Front siegen, wären Steuererhöhungen in jeglicher
                                  Form wohl zunächst vom Tisch. Dafür wäre aber mit vergleichsweise kräftigen Einschnitten bei
                                  den Ausgaben zu rechnen – wobei zu bedenken ist, dass die Demokraten im Senat voraussichtlich
                                  noch immer über eine „Sperrminorität“ verfügen würden.

                                  Die Konstellation „Romney im Weißen Haus, demokratischer Kongress“ ist wesentlich unwahr-
                                  scheinlicher als eine Fortsetzung des Status Quo. Wenn Barack Obama wieder gewählt würde und
                                  die Republikaner ihre Mehrheit im Haus verteidigen oder ausbauen und vielleicht sogar die Kon-
                                  trolle im Senat übernehmen, würde die Blockadepolitik der vergangenen Jahre in eine neue Runde
                                  gehen. Die beste Hoffnung, dieses Patt zu durchbrechen, birgt ironischerweise eine Hinterlassen-
                                  schaft von George W. Bush.

Massiver negativer Schock – ganz automatisch                                     Vollbremsung für die Konjunktur voraus?
Beitrag zur Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos 2012/13, Mrd.$ *       Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos (Bund), % am BIP*

 450                                                                  450          3,5                                                             3,5

 400                                                                  400          3,0                                                             3,0
                         Autom. Ausgabenkürzung
 350                                                                  350                                Einnahmen
                                                                                   2,5                                                             2,5
 300                           Rentenbeitrag                          300
                                                                                   2,0                                                             2,0
 250                                                                  250

 200                                                                  200          1,5                                                             1,5

 150                             Bush-                                150          1,0                                                             1,0
                             Steuersenkungen
 100                                                                  100          0,5                  Aus-                                       0,5
  50                                                                  50                                gaben
                                                                                   0,0                                                             0,0
   0                                                                  0                       1968/69           1986/87   2009/10       2012/13

Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research                                    Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research
* nach geltendem Recht. Siehe Text.                                              * 2012/13: Annahmen siehe Text.




                                  „Taxmaggedon“: Sparkurs mit Autopilot

                                  Die in den Jahren 2001 und 2003 unter Präsident Bush verabschiedeten umfangreichen Steuersen-
                                  kungen wurden aus haushaltsrechtlichen Gründen zeitlich beschränkt. Die meisten Entlastungen
                                  sollten eigentlich schon Ende 2010 auslaufen. In einem Kompromiss zwischen Präsident Obama
                                  und den Republikanern im Kongress wurde dieser Termin dann in letzter Minute auf Ende 2012
                                  vertagt. Nach aktueller Rechtslage springen die Grenzsteuersätze der Einkommensteuer zu diesem
                                  Zeitpunkt nach oben, die bevorzugte Besteuerung von Wertzuwächsen bzw. Kapitalerträgen endet
                                  und die Erbschaftssteuer steigt massiv an. Das überparteiliche Congressional Budget Office (CBO)
                                  schätzt, dass dies die Steuerbelastung im Jahr 2013 um fast 250 Mrd. Dollar (rund 10% der gesam-
                                  ten Einnahmen des Bundesstaates einschließlich Rentenversicherung) erhöhen würde. Gleichzeitig
                                  steht zum Januar die Normalisierung der vorübergehend gesenkten Rentenbeiträge an.

                                  Hinzu kommen noch die 2013 drohenden automatischen Ausgabenkürzungen. Diese gehen auf
                                  einen Beschluss des Kongresses vom Sommer 2011 zurück, mit dem eine Kommission beauftragt
          Zu viel Sparen
                                  wurde, Sparvorschläge zu unterbreiten. Da sich deren Mitglieder nicht auf gemeinsame Vorschlä-
             birgt Risiken
                                  ge einigen konnten, greifen nun automatische Einschnitte. Insgesamt würde sich der kontraktive
                                  fiskalische Impuls damit im kommenden Jahr auf fast 3 % des Bruttoinlandsproduktes summieren.
                                  Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass wirtschaftliche Verwerfungen bei einem so scharfen
                                  Sparkurs sehr wahrscheinlich sind. Selbst weniger ambitioniertes Sparen hat die US-Wirtschaft
                                  schon an den Rand der Rezession gebracht. Seit dem Ende des Koreakrieges gab es nur ein Jahr
                                  (1968/69), in dem das strukturelle Defizit in einem vergleichbaren Maße gesenkt wurde – und
                                  damals sparte sich die US-Regierung in eine Rezession. 1987 folgte auf die Konsolidierung ein
                                  Crash am Aktienmarkt. Und selbst die weniger umfangreiche Konsolidierung 2009/2010 – im




                                  Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                              5
USA aktuell




                   Grunde nur das Auslaufen des Konjunkturpakets – reichte aus, um die US-Wirtschaft Anfang 2011
                   stagnieren zu lassen, wobei der kräftige Ölpreisanstieg und die Katastrophe in Japan „geholfen“
                   haben.

                   Die spannende Frage ist, wie sich dieser drohende „automatische Sparkurs“ auf die politische
                   Diskussion auswirken wird. Politisch bietet diese Konstellation Spielraum für eine neue Runde im
                   Spiel „Chicken“, in dem Kongress und Präsident klaren Auges auf eine Katastrophe zusteuern, in
                   der Erwartung, der jeweils andere würde schon rechtzeitig einlenken. Auf die Spitze getrieben
                   wurde dies im vergangenen Sommer, als die Schuldenobergrenze erreicht wurde und eine Zah-
                   lungsunfähigkeit der US-Regierung erst in letzter Minute verhindert wurde. Die Demokraten
                   könnten diesmal versuchen, die Republikaner zu zwingen, einer kleineren, auf „die Reichen“ be-
                   schränkten Steuererhöhung zuzustimmen, um einen Großteil der Steuersenkungen zu „retten“.
                   Andererseits könnten die Republikaner politisch punkten, indem sie ihre Bereitschaft, die Steuer-
                   senkung „dauerhaft“ fortzuschreiben mit der Ablehnung der Demokraten kontrastieren und auf die
                   nennenswerten konjunkturellen Risiken hinweisen, die sich dadurch ergeben.

                   Letztlich ist das wahrscheinlichste Szenario, dass die Rentenbeiträge tatsächlich wie derzeit vorge-
                   sehen Anfang 2013 normalisiert werden. Darüber hinaus dürfte man sich jedoch erneut auf eine
Rezessionsgefahr
                   temporäre und recht umfassende Verlängerung der Bush-Steuersenkungen einigen, um dem neuen
                   Kongress (und dem neuen Präsidenten?) die Möglichkeit zu geben, ab Januar 2013 die mittel- bis
                   langfristigen Weichen zu stellen. Für weitergehende Kompromisse erscheinen die Positionen der
                   beiden Parteien zu weit auseinander. Die kategorische Ablehnung höherer Steuern seitens der
                   Republikaner ist für die Demokraten ebenso wenig akzeptabel, wie es für die Republikaner die
                   demokratische Verweigerungshaltung im Hinblick auf Einschnitte bei den Leistungsgesetzen ist.
                   Letztlich kann eine Totalblockade auf der einen oder anderen Seite nicht ganz ausgeschlossen
                   werden. In diesem Szenario wäre wegen des fiskalischen Schocks für Anfang 2013 wohl sogar mit
                   einer Rezession zu rechnen. 3

                   Helaba-Prognose: Recht ambitionierter Sparkurs nach der Wahl

                   In unserem Basis-Szenario haben wir unterstellt, dass es zu diesem „worst case“ nicht kommt.
                   Stattdessen basiert unsere Prognose für 2013 auf der Annahme, dass die Fiskalpolitik im Jahres-
                   verlauf im Umfang von gut 1½ % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gestrafft wird. Dies ist noch
                   immer am oberen Rand dessen, was in der Vergangenheit mit einer weiter expandierenden Wirt-
                   schaft vereinbar war. Dabei dürften sowohl Ausgabenkürzungen wie Einnahmeverbesserungen
                   eine Rolle spielen, aber diese Aufteilung ist aus konjunktureller Sicht weniger wichtig als die
                   absolute Größenordnung der Konsolidierung. Damit soll die Diskussion um die Möglichkeit einer
                   „expansionary consolidation“ in akademischen Kreisen nicht ausgeblendet werden. Die Aussage 4,
                   dass eine Konsolidierung, die sich stärker auf Ausgabenkürzungen stützt als auf Steuererhöhun-
                   gen, das Wachstum weniger belastet, bleibt kontrovers. Ein zentraler Punkt ist wohl, ob es der
                   Regierung gelingt, trotz Sparkurs die Stimmung von Verbrauchern und Finanzmärkten zu stabili-
                   sieren. Die Kritik, vergangene Erfahrungen mit Phasen von „expansionary consolidation“ seien auf
                   die USA gar nicht anwendbar, weil sie kein kleines, offenes Land seien, das über Abwertung und
                   Außenhandel wachsen kann, trifft hingegen nicht zu. Die empirischen Ergebnisse deuten vielmehr
                   darauf hin, dass das äußere Umfeld (Wechselkurs, Auslandsnachfrage) zwar die Kosten der Kon-
                   solidierung beeinflusst, aber nicht den optimalen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhö-
                   hungen.


                   3
                       Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass der Kongress diesen Effekt dämpft, indem man für die neue Legislaturperi-
                   ode schnelle Abhilfe verspricht. Theoretisch könnten die Steuersätze dann nach zwei Monaten auf dem höheren Niveau
                   wieder gesenkt werden.
                   4
                       Siehe z.B. Alesina/Ardagna (2009), Large Changes in Fiscal Policy: Taxes Versus Spending, NBER Working Paper
                   No. 15438.




                   Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                                 6
USA aktuell




                                 Die Unsicherheit über die Höhe der so genannten „Multiplikatoren“ ist allerdings trotz diverser
                                 Studien zu diesem Thema hoch. Wie stark verändert sich das BIP, wenn der Staat 100 Mrd. Dollar
                                 weniger ausgibt oder die Steuern in dieser Größenordnung erhöht? Um mehr als 100 Mrd. Dollar?
                                 Um weniger? In unserer Prognose haben wir einen durchschnittlichen Multiplikator von 1 unter-
                                 stellt. Angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse ist wohl davon auszugehen, dass ein un-
                                 angemessen hoher Beitrag von der Einnahmeseite wenig wahrscheinlich ist und der Schwerpunkt
                                 eher bei niedrigeren Staatsausgaben liegen dürfte. Allerdings wird allein der höhere Rentenbeitrag
                                 2013 für die privaten Haushalte eine zusätzliche Belastung von fast 100 Mrd. Dollar bringen.

                                 Trotz der Verbesserung seit 2009 ist ein vergleichsweise hoher Anteil des US-Defizits strukturell,
                                 d.h. selbst bei einer andauernden konjunkturellen Erholung wird es nicht viel mehr schrumpfen.
     Strukturelles Defizit
                                 Für 2013 haben wir einen zyklisch bedingten Defizitrückgang von rund 0,5 % des BIP unterstellt,
 macht Sparkurs unaus-
                                 so dass sich das Gesamtdefizit von rund 7 % des BIP 2012 auf 5 % 2013 verringern sollte. Dies
                weichlich
                                 ist höher als die 3,7 % in der aktuellen Basis-Projektion des CBO vom Januar 2012, aber dort wird
                                 zwangsläufig geltendes Recht unterstellt, also auch dass die Bush-Steuersenkungen per Ende des
                                 Jahres komplett auslaufen. Im Alternativ-Szenario (u.a. auf Basis verlängerter Steuersenkungen
                                 und ohne automatische Ausgabenkürzung) kommt das CBO hingegen auf ein Defizit von 6,2 %.
                                 Dieses Szenario führt jedoch zu einer weiter steigenden Schuldenquote (siehe Schaubild, S. 1).

                                 Ohne den unterstellten negativen fiskalischen Impuls würde die US-Wirtschaft 2013 deutlich kräf-
                                 tiger wachsen als die von uns erwarteten 2 %. Im Jahresdurchschnitt wäre wohl ein Zuwachs beim
                                 realen BIP von 3 bis 4 % zu erwarten. Der Spardruck auf der Ebene der untergeordneten Gebiets-
                                 körperschaften lässt nach, der Bausektor beginnt sich langsam zu erholen, der Schuldenabbau der
                                 privaten Haushalte befindet sich 2012 schon im fünften Jahr. Die Kreditvergabe der Banken steigt
                                 bereits wieder.

Harter Sparkurs, aber keine Vollbremsung                                        Wer spart am meisten?
Erwartetes US-Haushaltsdefizit 2013, % des BIP                                  Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos 2009-2013*, Prozentpunkte


                                                                                          UK
      IWF-Prognose
                                                                                       Japan

     CBO-Alternative
                                                                                     Spanien

                                                                                       Italien
 CBO-Basisprojektion

                                                                                 Deutschland
    Helaba-Prognose
                                                                                        USA

                       0     1    2      3       4     5      6       7                          -1   0      1       2       3       4       5       6

Quellen: CBO, IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research                              Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research
                                                                                * IWF-Schätzung/Prognose, Fiscal Monitor Update vom Januar 2012



                                 „Policy Mix“: Ohne Sparkurs Zinswende der Fed 2013

                                 Sollte sich die Politik wider Erwarten auch 2013 nicht zu einem Sparkurs durchringen können,
                                 wäre daher im kommenden Jahr eigentlich mit einer geldpolitischen Wende der Fed zu rechnen.
                                 Die Fed hat zwar angekündigt, man wolle aus heutiger Sicht die Zinsen erst gegen Ende 2014
                                 erhöhen. Dies beruht jedoch auf bestimmten Annahmen der FOMC-Mitglieder hinsichtlich der
                                 wirtschaftlichen Entwicklung und unter anderem über die zukünftige Fiskalpolitik. Es ist davon
                                 auszugehen, dass eine Mehrheit der Geldpolitiker für 2013 einen mehr oder weniger ambitionier-
                                 ten Sparkurs unterstellt hat. Der dämpfende Effekt der zu erwartenden Konsolidierung auf die
                                 Konjunktur macht eine Zinserhöhung 2013 überflüssig. Sollte das Szenario eintreten, dass die
                                 oben genannten automatischen Steuer- und Ausgabenveränderungen in vollem Umfang greifen,
                                 wäre sogar denkbar, dass die Fed mit zusätzlichen expansiven Maßnahmen gegensteuern könnte.




                                 Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba                                                                7

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  • 1. Helaba Volkswirtschaft/Research USA aktuell 30. März 2012 Wahlen 2012: Bahn frei für den Sparkurs? Autor: Patrick Franke  Am 6. November wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten Tel.: 0 69/91 32-47 38  Mindestens ebenso wichtig wird sein, welche Partei die Mehrheit im Kongress erringt research@helaba.de  Trotz hoher Unsicherheit über den Wahlausgang bleibt ein Sparkurs in der Finanzpolitik das wahrscheinlichste Szenario für 2013  Dies wird eine Zinswende der Fed im kommenden Jahr überflüssig machen Redaktion: Dr. Stefan Mitropoulos Richard Carlson: “A Zombie has no will of his own. You see them sometimes, walking around blindly with dead eyes, follow- ing orders, not knowing what they do, not caring.” Herausgeber: Bob Hope: “You mean like Democrats?” Dr. Gertrud R. Traud Aus dem Film The Ghost Breakers (1940) Chefvolkswirt/Leitung Research Landesbank Hessen-Thüringen Der Graben, der die politischen Lager in Washington derzeit trennt und der die – eigentlich von MAIN TOWER fast allen Politikern als notwendig akzeptierte – Haushaltskonsolidierung bisher verhindert hat, ist Neue Mainzer Str. 52-58 nichts Neues. Zwar tobt in Amerika aktuell eine Art „Kulturkampf“ zwischen den Demokraten 60311 Frankfurt am Main von Präsident Obama und den republikanischen Anhängern der „Tea Party“. Aber schon vor sieb- Telefon: 0 69/91 32-20 24 zig Jahren, mit dem Demokraten Roosevelt im Weißen Haus, konnte ein erfolgreicher Komiker Telefax: 0 69/91 32-22 44 wie Bob Hope offenbar hoffen, mit einem solchen beißenden Spott beim Publikum zu punkten. Die heutige Situation stellt also eher eine quantitative als eine qualitative Veränderung des politi- schen Klimas dar. Ob die Kompromissfähigkeit in der amerikanischen Politik tatsächlich nachhal- tig gelitten hat, wird sich nach den Wahlen im November zeigen. Ihr Ausgang kann auf vielen Gebieten Auswirkungen haben, von der Regulierung der Finanzmärkte über die Handels- und Wechselkurspolitik bis zur Frage, ob Ben Bernanke 2014 noch einmal als Fed-Chairman nominiert wird. In dieser Publikation fokussieren wir auf ein recht eng gefasstes Thema: den Ausblick für die Fiskalpolitik im kommenden Jahr. Diese wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Kon- junktur haben. Sie ist zudem ein wichtiger Einflussfaktor für die Entscheidung der Fed, zu wel- chem Zeitpunkt sie aus der extrem expansiven Geldpolitik auszusteigen beginnt. Ohne Sparkurs keine Stabilisierung der Schuldenquote Staatsschulden („Federal debt held by the public“), % am Bruttoinlandsprodukt 120 120 100 100 CBO Die Publikation ist mit größter Sorgfalt 80 Alternativ-Szenario 80 bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu 60 60 den gegenwärtigen und zukünftigen Markt- verhältnissen. Die Angaben beruhen auf 40 40 Quellen, die wir für zuverlässig halten, für Istwerte und deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktua- 20 CBO-Basisprojektion 20 lität wir aber keine Gewähr übernehmen kön- nen. Sämtliche in dieser Publikation getroffe- 0 0 nen Angaben dienen der Information. Sie 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research. Szenarien des Congressional Budget Office: siehe S. 7 Anlageentscheidungen verstanden werden.
  • 2. USA aktuell 6. November 2012: Mitt Romney gegen Barack Obama Aus heutiger Sicht ist Mitt Romney der wahrscheinlichste republikanische Präsidentschaftskandi- dat. Er hat zwar bislang nur 535 der 1.144 erforderlichen Stimmen für den Nominierungsparteitag im August zusammen (Stand 29. März). Wenn größere Überraschungen ausbleiben, sollte Romney aber den deutlichen Vorsprung vor seinen verbliebenen Mitbewerbern verteidigen können. Damit erhöht sich tendenziell die Wahrscheinlichkeit, dass es den Republikanern gelingt, Barack Obama abzulösen. Laut Umfragen hat Romney unter den Kandidaten die besten Chancen, den Amtsinha- ber zu schlagen. Wie groß diese Chancen nun eingeschätzt werden, variiert sehr stark. In der jüngsten Gallup- Umfrage vom Februar war Romney in der „Sonntagsfrage“ sogar an Obama vorbeigezogen. Ande- Kein klarer Favorit im re Umfragen (z.B. von NBC/Wall Street Journal) sehen hingegen den Amtsinhaber rund fünf Pro- Rennen um die Präsi- zentpunkte vorne. Elektronische Futuresmärkte wie Intrade oder Iowa Electronic Markets (IOM) dentschaft deuten darauf hin, dass die dort aktiven Spekulanten Präsident Obama derzeit ebenfalls die besse- ren Chancen einräumen. Die absolute Wahrscheinlichkeit seiner Wiederwahl wurde laut IOM zuletzt bei rund 60 % gesehen. 1 Bis zum Wahltag im November kann noch viel passieren. Wenn politische Überraschungen aus- bleiben, wird die konjunkturelle Lage eine wichtige Rolle spielen. Verbessert sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter wie zuletzt, kommt dies dem amtierenden Präsidenten zu gute. Sollte im Herbst hingegen erneut über einen „double dip“ diskutiert werden, würde dies die Kritik am öko- nomischen Management der Obama-Administration verstärken. Belastet wird die Stimmung aktu- ell durch das teure Benzin. Ein landesweiter Preis von vier Dollar pro Gallone gilt als Schmerz- grenze. 2 In unserem Basis-Szenario gehen wir von einem graduellen Rückgang der Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten aus. Von daher würden wir an der ökonomischen Front keine starken Impul- se für oder gegen Barack Obama erwarten. Auch das Prognosemodell von Ray C. Fair von der Yale University, der sich seit Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Wahlausgängen und wirt- schaftlichen Daten beschäftigt, sieht auf der Basis der aktuellen Konjunkturprognosen keine ein- deutigen Signale für den November. Kein klarer Favorit bei den Umfragen Amtsinhaberbonus hilft Obama Stimmenanteil in hypothetischer Wahl („Sonntagsfrage“), % Implizite Wahrscheinlichkeit auf Basis von Futures, Monatsendstände, % 51 51 70 70 Demokratischer Präsident 50 Romney 50 60 60 49 49 50 50 48 48 40 40 47 47 Republikanischer 30 30 Präsident 46 Obama 46 20 20 45 45 10 10 44 44 Mitte Aug Mitte Sep Mitte Okt Anfang Mitte Dez Ende Jan Mitte Feb 0 0 Dez Jul-11 Aug-11 Sep-11 Okt-11 Nov-11 Dez-11 Jan-12 Feb-12 Mrz-12 Quellen: Gallup, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Iowa Electronic Market, Helaba Volkswirtschaft/Research 1 Dies weicht vom erwarteten Anteil der abgegebenen Stimmen deutlich ab, da der Präsident nicht direkt, sondern von Wahlmännern gewählt wird, so dass sogar ein Wahlsieg mit weniger als 50 % der Stimmen möglich ist. 2 Wegen unterschiedlicher Umweltauflagen und Steuersätze unterscheiden sich die Benzinpreise von Staat zu Staat. Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 2
  • 3. USA aktuell Mehr als nur Präsidentschaftswahlen Am 6. November wählen die Amerikaner nicht nur den Präsidenten, sondern auch einen neuen Kongress und 13 Gouverneure in den Einzelstaaten. Darüber hinaus stehen auf der Ebene der Kommunen und Einzelstaaten zahlreiche weitere Wahlen und Volksabstimmungen an. Für die Finanzmärkte sind, neben der Frage, ob Barack Obama eine zweite Amtszeit erhält, primär die Mehrheitsverhältnisse im Kongress von Interesse. Im aktuellen, 112. Kongress, haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit in der unteren Kammer, dem Repräsentantenhaus. Von den insgesamt 435 Abgeordneten stellen sie derzeit 242, verglichen mit 190 Demokraten. Im Senat, der Kammer, in der jeder der 50 US-Staaten mit zwei Sitzen vertreten ist, stellen die Demokraten mit 51 Senatoren die Mehrheit. Hinzu kommt, dass zwei unabhängige Senatoren in der Regel mit den Demokraten abstimmen und im Fall eines Stands von 50:50 der Senatspräsident (der US-Vizepräsident, aktuell der Demokrat Joe Biden) die entscheidende Stimme hat. Geteilte Macht im aktuellen Kongress Sitzverteilung im 112. Kongress Repräsentantenhaus (435 Sitze) Senat (100 Sitze) vakant 3 Unabhängige 2 Demokraten Demokraten 51 190 Republikaner 47 Republikaner 242 Quellen: Office of the Clerk, Helaba Volkswirtschaft/Research Für den Gesetzgebungsprozess ist jedoch im Senat eine zweite Schwelle wichtig: die Marke von 60 Stimmen. Die sind nämlich erforderlich, um eine sogenannte „cloture“ herbeizuführen, also Einfache Mehrheit eine Debatte zu beenden. Die Senatsregeln sehen die Möglichkeit eines „filibuster“ vor, d.h. jeder reicht nicht Senator kann die Abstimmung über einen Gesetzesentwurf theoretisch unbegrenzt verzögern. Wenn jedoch mindestens 60 Senatoren dafür stimmen, die Debatte zu beenden, kann eine Ab- stimmung erzwungen werden. Diese Regelungen unterstreichen den föderalen Charakter der USA, indem sie den Vertretern der Einzelstaaten ein weitgehendes Vetorecht einräumen – unabhängig von der Größe des Staates. Aus Sicht der Gründerväter der Vereinigten Staaten war der Senat zudem als ein Ort der bedächtigen Beratung und als konstitutionelle Bremse für die eher stürmi- schen Reformer im Repräsentantenhaus gedacht. Im November werden alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und 33 Senatoren ge- wählt. Von diesen 33 Sitzen im Senat werden derzeit 23 von Demokraten (einschl. Unabhängige) und nur zehn von Republikanern gehalten. Die Demokraten müssen also 2012 mehr Sitze verteidi- gen als die Republikaner. Dies ist ein Handicap. Die Vergangenheit zeigt zudem, dass Amtsinha- ber, die sich zur Wiederwahl stellen, nur schwer zu schlagen sind. Daher ist interessant, wie viele Abgeordnete der zwei Parteien diesmal nicht wieder antreten. In beiden Häusern des Kongresses haben die Republikaner hier den Vorteil: Jeweils mehr Repräsentanten und Senatoren aus der demokratischen Partei haben angekündigt, sich diesmal nicht mehr zur Wahl zu stellen. Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 3
  • 4. USA aktuell Nachteil: Demokraten Republikanische Kongressmehrheit erwartet Zahl der Abgeordneten, die sich nicht der Wiederwahl stellen Implizite Wahrscheinlichkeit auf Basis von Futures, % 45 45 80 80 40 40 75 75 35 35 70 70 Demokraten verlieren 65 Mehrheit im Senat 65 30 30 60 Republikaner behalten 60 25 Republikaner 25 55 oder erhöhen Mehrheit 55 20 20 im Haus 50 50 15 15 45 45 10 10 40 40 Demokraten 5 5 35 35 0 0 30 30 Repr.-Haus Senat Ende Nov Ende Dez Ende Jan Ende Feb Ende Mrz Quellen: Wikipedia, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: Iowa Electronic Market, Bloomberg, Helaba Volkswirt- schaft/Research Politische Beobachter gehen daher davon aus, dass die republikanische Partei wohl ihre bestehen- de Mehrheit im Repräsentantenhaus halten oder ausbauen wird. Im Senat spricht einiges dafür, dass die Republikaner Sitze hinzugewinnen. Wenn sie in den sechs Staaten, die von Analysten übereinstimmend als „toss-ups“ (sehr ungewisser Wahlausgang) bezeichnet werden, ihre beiden Senatssitze verteidigen und alle vier Demokraten schlagen, würden sie auf 51 Sitze kommen. Selbst wenn der Vizepräsident weiterhin ein Demokrat bleiben sollte, würde dies für eine knappe Mehrheit reichen. Eine „Supermehrheit“ von 60 oder mehr Sitzen, mit der man die Vorstellungen der Demokraten weitgehend ignorieren könnte, ist hingegen wenig realistisch. Da der Kongress über das Haushaltsrecht verfügt, gehen finanzpolitische Initiativen in der Regel vom Parlament und nicht von der Regierung aus. Die Mehrheitsverhältnisse im Kongress werden deshalb einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Steuer- und Ausgabenpolitik haben. Welche Konstellation bringt was? Die Erfahrungen aus den neunziger Jahren, als dem demokratischen Präsidenten Clinton nach 1994 eine republikanische Kongressmehrheit gegenüberstand, sind auf die heutige Situation nur bedingt anwendbar. Ein wichtiger Unterschied ist die kategorische Ablehnung von Steuererhöhun- gen durch die Republikaner: 236 der 242 Abgeordneten im Haus und 40 der 47 Senatoren haben die „Tax Pledge“ der Lobby-Organisation „Americans for Tax Reform“ unterzeichnet. Darin ver- pflichten sie sich, jede Erhöhung der Grenzsteuersätze der Einkommensteuer abzulehnen und dem Abbau von Steuervergünstigungen nur zuzustimmen, wenn gleichzeitig die Steuersätze gesenkt werden. Darüber hinaus ist die Haushaltslage gemessen am Schuldenstand aktuell deutlich schlechter als vor zwanzig Jahren. Hohe zukünftige Belastungen aus den staatlichen Gesundheits- und Rentensystemen drohen. Das Zeitfenster für die nötigen Maßnahmen ist daher relativ klein – je länger man abwartet, umso drastischer und unpopulärer müssen zukünftige Eingriffe ausfallen. Am wenigsten gespart würde wohl in einem (unwahrscheinlichen) Szenario, in dem Barack Oba- ma wiedergewählt wird und es in seinem Gefolge den Demokraten gelingt, die Mehrheit im Kon- Kein Appetit aufs Sparen gress zurückzugewinnen. Trotz Widerstands der Republikaner könnte Obama dann wohl seinen bei den Demokraten wiederholt vorgeschlagenen Plan umsetzen, und die Empfänger hoher Einkommen stärker belas- ten. Gleichzeitig wären aber auf verschiedenen Gebieten Mehrausgaben zu erwarten. Insgesamt gesehen hat die demokratische Partei in den letzten Jahren keinerlei Bereitschaft zu einem Spar- kurs gezeigt. Solange der Rentenmarkt und/oder die Rating-Agenturen den Druck auf die USA nicht erhöhen, würde in diesem Szenario die Konsolidierung wohl auf den Sankt-Nimmerleins- Tag verschoben. Das Beispiel Japan zeigt, dass es im Zweifelsfall für die Regierung immer einfa- cher ist, noch ein bisschen mehr Schulden zu machen. Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 4
  • 5. USA aktuell Sollten hingegen die Republikaner auf ganzer Front siegen, wären Steuererhöhungen in jeglicher Form wohl zunächst vom Tisch. Dafür wäre aber mit vergleichsweise kräftigen Einschnitten bei den Ausgaben zu rechnen – wobei zu bedenken ist, dass die Demokraten im Senat voraussichtlich noch immer über eine „Sperrminorität“ verfügen würden. Die Konstellation „Romney im Weißen Haus, demokratischer Kongress“ ist wesentlich unwahr- scheinlicher als eine Fortsetzung des Status Quo. Wenn Barack Obama wieder gewählt würde und die Republikaner ihre Mehrheit im Haus verteidigen oder ausbauen und vielleicht sogar die Kon- trolle im Senat übernehmen, würde die Blockadepolitik der vergangenen Jahre in eine neue Runde gehen. Die beste Hoffnung, dieses Patt zu durchbrechen, birgt ironischerweise eine Hinterlassen- schaft von George W. Bush. Massiver negativer Schock – ganz automatisch Vollbremsung für die Konjunktur voraus? Beitrag zur Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos 2012/13, Mrd.$ * Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos (Bund), % am BIP* 450 450 3,5 3,5 400 400 3,0 3,0 Autom. Ausgabenkürzung 350 350 Einnahmen 2,5 2,5 300 Rentenbeitrag 300 2,0 2,0 250 250 200 200 1,5 1,5 150 Bush- 150 1,0 1,0 Steuersenkungen 100 100 0,5 Aus- 0,5 50 50 gaben 0,0 0,0 0 0 1968/69 1986/87 2009/10 2012/13 Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: CBO, Helaba Volkswirtschaft/Research * nach geltendem Recht. Siehe Text. * 2012/13: Annahmen siehe Text. „Taxmaggedon“: Sparkurs mit Autopilot Die in den Jahren 2001 und 2003 unter Präsident Bush verabschiedeten umfangreichen Steuersen- kungen wurden aus haushaltsrechtlichen Gründen zeitlich beschränkt. Die meisten Entlastungen sollten eigentlich schon Ende 2010 auslaufen. In einem Kompromiss zwischen Präsident Obama und den Republikanern im Kongress wurde dieser Termin dann in letzter Minute auf Ende 2012 vertagt. Nach aktueller Rechtslage springen die Grenzsteuersätze der Einkommensteuer zu diesem Zeitpunkt nach oben, die bevorzugte Besteuerung von Wertzuwächsen bzw. Kapitalerträgen endet und die Erbschaftssteuer steigt massiv an. Das überparteiliche Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass dies die Steuerbelastung im Jahr 2013 um fast 250 Mrd. Dollar (rund 10% der gesam- ten Einnahmen des Bundesstaates einschließlich Rentenversicherung) erhöhen würde. Gleichzeitig steht zum Januar die Normalisierung der vorübergehend gesenkten Rentenbeiträge an. Hinzu kommen noch die 2013 drohenden automatischen Ausgabenkürzungen. Diese gehen auf einen Beschluss des Kongresses vom Sommer 2011 zurück, mit dem eine Kommission beauftragt Zu viel Sparen wurde, Sparvorschläge zu unterbreiten. Da sich deren Mitglieder nicht auf gemeinsame Vorschlä- birgt Risiken ge einigen konnten, greifen nun automatische Einschnitte. Insgesamt würde sich der kontraktive fiskalische Impuls damit im kommenden Jahr auf fast 3 % des Bruttoinlandsproduktes summieren. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass wirtschaftliche Verwerfungen bei einem so scharfen Sparkurs sehr wahrscheinlich sind. Selbst weniger ambitioniertes Sparen hat die US-Wirtschaft schon an den Rand der Rezession gebracht. Seit dem Ende des Koreakrieges gab es nur ein Jahr (1968/69), in dem das strukturelle Defizit in einem vergleichbaren Maße gesenkt wurde – und damals sparte sich die US-Regierung in eine Rezession. 1987 folgte auf die Konsolidierung ein Crash am Aktienmarkt. Und selbst die weniger umfangreiche Konsolidierung 2009/2010 – im Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 5
  • 6. USA aktuell Grunde nur das Auslaufen des Konjunkturpakets – reichte aus, um die US-Wirtschaft Anfang 2011 stagnieren zu lassen, wobei der kräftige Ölpreisanstieg und die Katastrophe in Japan „geholfen“ haben. Die spannende Frage ist, wie sich dieser drohende „automatische Sparkurs“ auf die politische Diskussion auswirken wird. Politisch bietet diese Konstellation Spielraum für eine neue Runde im Spiel „Chicken“, in dem Kongress und Präsident klaren Auges auf eine Katastrophe zusteuern, in der Erwartung, der jeweils andere würde schon rechtzeitig einlenken. Auf die Spitze getrieben wurde dies im vergangenen Sommer, als die Schuldenobergrenze erreicht wurde und eine Zah- lungsunfähigkeit der US-Regierung erst in letzter Minute verhindert wurde. Die Demokraten könnten diesmal versuchen, die Republikaner zu zwingen, einer kleineren, auf „die Reichen“ be- schränkten Steuererhöhung zuzustimmen, um einen Großteil der Steuersenkungen zu „retten“. Andererseits könnten die Republikaner politisch punkten, indem sie ihre Bereitschaft, die Steuer- senkung „dauerhaft“ fortzuschreiben mit der Ablehnung der Demokraten kontrastieren und auf die nennenswerten konjunkturellen Risiken hinweisen, die sich dadurch ergeben. Letztlich ist das wahrscheinlichste Szenario, dass die Rentenbeiträge tatsächlich wie derzeit vorge- sehen Anfang 2013 normalisiert werden. Darüber hinaus dürfte man sich jedoch erneut auf eine Rezessionsgefahr temporäre und recht umfassende Verlängerung der Bush-Steuersenkungen einigen, um dem neuen Kongress (und dem neuen Präsidenten?) die Möglichkeit zu geben, ab Januar 2013 die mittel- bis langfristigen Weichen zu stellen. Für weitergehende Kompromisse erscheinen die Positionen der beiden Parteien zu weit auseinander. Die kategorische Ablehnung höherer Steuern seitens der Republikaner ist für die Demokraten ebenso wenig akzeptabel, wie es für die Republikaner die demokratische Verweigerungshaltung im Hinblick auf Einschnitte bei den Leistungsgesetzen ist. Letztlich kann eine Totalblockade auf der einen oder anderen Seite nicht ganz ausgeschlossen werden. In diesem Szenario wäre wegen des fiskalischen Schocks für Anfang 2013 wohl sogar mit einer Rezession zu rechnen. 3 Helaba-Prognose: Recht ambitionierter Sparkurs nach der Wahl In unserem Basis-Szenario haben wir unterstellt, dass es zu diesem „worst case“ nicht kommt. Stattdessen basiert unsere Prognose für 2013 auf der Annahme, dass die Fiskalpolitik im Jahres- verlauf im Umfang von gut 1½ % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gestrafft wird. Dies ist noch immer am oberen Rand dessen, was in der Vergangenheit mit einer weiter expandierenden Wirt- schaft vereinbar war. Dabei dürften sowohl Ausgabenkürzungen wie Einnahmeverbesserungen eine Rolle spielen, aber diese Aufteilung ist aus konjunktureller Sicht weniger wichtig als die absolute Größenordnung der Konsolidierung. Damit soll die Diskussion um die Möglichkeit einer „expansionary consolidation“ in akademischen Kreisen nicht ausgeblendet werden. Die Aussage 4, dass eine Konsolidierung, die sich stärker auf Ausgabenkürzungen stützt als auf Steuererhöhun- gen, das Wachstum weniger belastet, bleibt kontrovers. Ein zentraler Punkt ist wohl, ob es der Regierung gelingt, trotz Sparkurs die Stimmung von Verbrauchern und Finanzmärkten zu stabili- sieren. Die Kritik, vergangene Erfahrungen mit Phasen von „expansionary consolidation“ seien auf die USA gar nicht anwendbar, weil sie kein kleines, offenes Land seien, das über Abwertung und Außenhandel wachsen kann, trifft hingegen nicht zu. Die empirischen Ergebnisse deuten vielmehr darauf hin, dass das äußere Umfeld (Wechselkurs, Auslandsnachfrage) zwar die Kosten der Kon- solidierung beeinflusst, aber nicht den optimalen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhö- hungen. 3 Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass der Kongress diesen Effekt dämpft, indem man für die neue Legislaturperi- ode schnelle Abhilfe verspricht. Theoretisch könnten die Steuersätze dann nach zwei Monaten auf dem höheren Niveau wieder gesenkt werden. 4 Siehe z.B. Alesina/Ardagna (2009), Large Changes in Fiscal Policy: Taxes Versus Spending, NBER Working Paper No. 15438. Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 6
  • 7. USA aktuell Die Unsicherheit über die Höhe der so genannten „Multiplikatoren“ ist allerdings trotz diverser Studien zu diesem Thema hoch. Wie stark verändert sich das BIP, wenn der Staat 100 Mrd. Dollar weniger ausgibt oder die Steuern in dieser Größenordnung erhöht? Um mehr als 100 Mrd. Dollar? Um weniger? In unserer Prognose haben wir einen durchschnittlichen Multiplikator von 1 unter- stellt. Angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse ist wohl davon auszugehen, dass ein un- angemessen hoher Beitrag von der Einnahmeseite wenig wahrscheinlich ist und der Schwerpunkt eher bei niedrigeren Staatsausgaben liegen dürfte. Allerdings wird allein der höhere Rentenbeitrag 2013 für die privaten Haushalte eine zusätzliche Belastung von fast 100 Mrd. Dollar bringen. Trotz der Verbesserung seit 2009 ist ein vergleichsweise hoher Anteil des US-Defizits strukturell, d.h. selbst bei einer andauernden konjunkturellen Erholung wird es nicht viel mehr schrumpfen. Strukturelles Defizit Für 2013 haben wir einen zyklisch bedingten Defizitrückgang von rund 0,5 % des BIP unterstellt, macht Sparkurs unaus- so dass sich das Gesamtdefizit von rund 7 % des BIP 2012 auf 5 % 2013 verringern sollte. Dies weichlich ist höher als die 3,7 % in der aktuellen Basis-Projektion des CBO vom Januar 2012, aber dort wird zwangsläufig geltendes Recht unterstellt, also auch dass die Bush-Steuersenkungen per Ende des Jahres komplett auslaufen. Im Alternativ-Szenario (u.a. auf Basis verlängerter Steuersenkungen und ohne automatische Ausgabenkürzung) kommt das CBO hingegen auf ein Defizit von 6,2 %. Dieses Szenario führt jedoch zu einer weiter steigenden Schuldenquote (siehe Schaubild, S. 1). Ohne den unterstellten negativen fiskalischen Impuls würde die US-Wirtschaft 2013 deutlich kräf- tiger wachsen als die von uns erwarteten 2 %. Im Jahresdurchschnitt wäre wohl ein Zuwachs beim realen BIP von 3 bis 4 % zu erwarten. Der Spardruck auf der Ebene der untergeordneten Gebiets- körperschaften lässt nach, der Bausektor beginnt sich langsam zu erholen, der Schuldenabbau der privaten Haushalte befindet sich 2012 schon im fünften Jahr. Die Kreditvergabe der Banken steigt bereits wieder. Harter Sparkurs, aber keine Vollbremsung Wer spart am meisten? Erwartetes US-Haushaltsdefizit 2013, % des BIP Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos 2009-2013*, Prozentpunkte UK IWF-Prognose Japan CBO-Alternative Spanien Italien CBO-Basisprojektion Deutschland Helaba-Prognose USA 0 1 2 3 4 5 6 7 -1 0 1 2 3 4 5 6 Quellen: CBO, IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: IWF, Helaba Volkswirtschaft/Research * IWF-Schätzung/Prognose, Fiscal Monitor Update vom Januar 2012 „Policy Mix“: Ohne Sparkurs Zinswende der Fed 2013 Sollte sich die Politik wider Erwarten auch 2013 nicht zu einem Sparkurs durchringen können, wäre daher im kommenden Jahr eigentlich mit einer geldpolitischen Wende der Fed zu rechnen. Die Fed hat zwar angekündigt, man wolle aus heutiger Sicht die Zinsen erst gegen Ende 2014 erhöhen. Dies beruht jedoch auf bestimmten Annahmen der FOMC-Mitglieder hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung und unter anderem über die zukünftige Fiskalpolitik. Es ist davon auszugehen, dass eine Mehrheit der Geldpolitiker für 2013 einen mehr oder weniger ambitionier- ten Sparkurs unterstellt hat. Der dämpfende Effekt der zu erwartenden Konsolidierung auf die Konjunktur macht eine Zinserhöhung 2013 überflüssig. Sollte das Szenario eintreten, dass die oben genannten automatischen Steuer- und Ausgabenveränderungen in vollem Umfang greifen, wäre sogar denkbar, dass die Fed mit zusätzlichen expansiven Maßnahmen gegensteuern könnte. Helaba Volkswirtschaft/Research · 30. März 2012· © Helaba 7