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Z e i t s c h r i f t f ü r M a r k e t i n g
absatzwirtschaft.de G1021/Deutschland & Österreich 11,80 € 3  2016
März2016absatzwirtschaftTitel:EthikimMarketingEmployer-BrandingInternationaleMarkenführungBankhausMetzler
Ethik vs. ProfitDie Moraldebatte im Marketing: Schnell Kasse machen –
oder Kunden nachhaltig an Marken binden?
BRIC-Staaten
Wie Markenführung
international gelingt
Employer-Branding
Wer hat den Hut auf:
Marketing oder HR?
Marke Metzler
Das Bankhaus zwischen
Tradition und Moderne
S.13
Alle
Gewinner beim
M
arken-Award 2016
HERAUSGEBER
absatz
wirtschaft 3  201670
Technik,
die beflügelt
Dass Ingenieure mehr können als nur rechnen oder planen,
stellte der VDI ins Zentrum seiner Kampagne. Jetzt wissen
Fußballfans, warum das Stadion ihre Luftsprünge aushält
Autor: Armin Hingst
Wenn 25 000 Menschen auf der
Dortmunder Südtribüne kollektive
Luftsprünge machen, denken sicher
nur sehr wenige an die „Gebrauchs-
tauglichkeit von Bauwerken bei dy-
namischen Einwirkungen“. Das sind
dann entweder Bauingenieure, die
die entsprechende Richtlinie VDI
2038 des Vereins Deutscher Ingeni-
eure (VDI) ohnehin kennen. Oder
interessierte Laien, die sich von der
Frage inspirieren lassen, wie viele
Freudensprünge eigentlich eine
Fankurve verträgt. So alltagsnah
nämlich lauteten die Headlines der
Kampagne des VDI, der damit po-
pulärer machte, welchen Sinn seine
Richtlinien haben.
„Halb voll oder halb leer“ machte
mit dem Hinweis auf die Überprüfung
der Oktoberfest-Maß auf Vorschriften
für Füllstandmessungen aufmerksam.
„Heizkostenabrechnung zu hoch“ wies
auf die Regeln hin, mit denen Gesamt-
verbrauch und andere Betriebskosten
zu kalkulieren sind. Insgesamt 21 Bei-
träge der Reihe zeigten 2015, wie viel
Bedeutung technische Regelwerke für
unseren Alltag haben. Sie waren Teil
einer umfassenden Markenerneuerung
der Ingenieurvereinigung, die vor rund
vier Jahren startete. Der mit mehr als
150 000 Mitgliedern und einer eigenen
Zeitung (den VDI-Nachrichten) dritt-
größte Regelsetzer in Deutschland –
nach dem Deutschen Institut für Nor-
Finalist Bestes Marken-Momentum
absatz
3 2016 wirtschaft 71
FOTOS:THOMASERNSTING/VDI
mung e.V. (DIN) und der Deutschen
Kommission Elektrotechnik Elektronik
Informationstechnik (DKE) – sah Nach-
holbedarf. Nicht nur beim Image, das
als verstaubt wahrgenommen wurde,
sondern gleich beim ganzen Berufs-
stand. „Bis zum Jahr 2029 müssen nach
unseren Berechnungen im Extremfall
700 000 Ingenieure ersetzt werden“,
berichtet Dieter Westerkamp, Bereichs-
leiter Technik und Wissenschaft beim
VDI. Der Verband hatte 2015 zusammen
mit dem Institut der deutschen Wirt-
schaft (IW) in verschiedenen Szenarien
durchgespielt, wie Bevölkerungsdaten
und wirtschaftliche Situation in den
nächsten Jahren zusammenwirken.
Insbesondere die aktuelle Altersstruk-
tur machte den Strategen dabei Sorgen,
denn demnächst gehen viele Ingenieu-
re in den Ruhestand. Dass Nachwuchs-
probleme kommen, war schon im Inge-
nieurmonitor 2010 sichtbar geworden.
Die VDI-Studie stellte fest, dass die da-
mals rund 345 000 Studierenden in den
Ingenieurfächern nicht reichen wür-
den, angesichts der hohen Abbrecher-
quote und des demographischen Wan-
dels. „Die Probleme haben sich seitdem
nicht wesentlich verbessert, auch wenn
unsere Appelle Früchte getragen haben
und bereits mehr Studenten in den ent-
sprechenden Fächern eingeschrieben
sind“, sagt Westerkamp.
Handlungsbedarf sah der VDI nicht
nur dabei, dem Nachwuchs den Inge-
nieurberuf schmackhaft zu machen,
Handlungsbedarf sah er auch beim
Image der Vereinigung. In Interviews
zum Marken-Audit 2010 kam heraus,
„dass der VDI alt und männlich wahrge-
nommen wird und ein unkoordiniertes
Bild abgibt“, sagt Minna-Kaisa Mäki-
nen, Marketingleiterin des VDI. Die
Aufgabe war klar: „Wir wollten den VDI
zukunftsorientierter, innovativer, emo-
tionaler positionieren.“ Um ein derart
umfassendes Ziel mit überschaubarem
Budget erreichen zu können, setzte der
VDI von Anfang an bei der Umsetzung
auf die reichlich vorhandenen eigenen
Kompetenzen und Ressourcen. Für die
Steuerung und strategische Beratung
baute er auf die Hilfe von Agenturen.
Auf die eigene Expertise zu vertrau-
en, war natürlich nicht nur aus Bud-
getgründen, sondern auch inhaltlich
sinnvoll. Denn auch wenn der Marken-
kern erweitert werden sollte, war klar,
dass seine Substanz nicht leiden durfte
– Fach- und Sachkompetenz mussten
erhalten bleiben. Gerade bei den teils
komplexen Themen wäre es daher fahr-
lässig gewesen, die internen Fachleute
nicht einzubinden.
„An Marke und Werten gab es nichts
zu rütteln, die Mission war also, küm-
mert euch um die Vermittlung von In-
halten“, fasst Agenturchef Paetzel die
generelle, stark contentbasierte Kommu-
nikationsstrategie zusammen. Auf dieser
Basis identifizierte das Team aus Agen-
tur und interner Arbeitsgruppe interne
und externe Markenkontaktpunkte und
startete die ersten Maßnahmen – ein di-
gitales Markenhandbuch und ein detail-
liertes Kommunikationskit mit rund tau-
send Dokumenten stattete die internen
Anwender mit Know-how und neuen
Markenelementen aus, 14 Inhouse-Work-
shops ergänzten das. Für die Wirkung in
den Kreis der Mitglieder und in die Öf-
fentlichkeit nutzte das Team den traditi-
onellen Deutschen Ingenieurtag.
Inhaltlich stand das Rollout des
neuen Leitbilds unter dem Motto: „Wir
öffnen der Welt die Augen für die Leis-
tungen der Ingenieure durch Faszinati-
on“. Passend dazu thematisierte das ein
Imagefilm, der mit dem allgemeinen
Vorurteil „Ingenieure können nur rech-
nen und planen und konstruieren“ star-
tete – um dann in spektakulären Bildern
zu münden, die zeigen, dass die techni-
schen Experten eben auch glänzen, sie-
gen, retten, fliegen, beflügeln und sogar
tanzen können. Begleitet wurde die
emotionale Aufladung der Marke VDI
durch viele digitale Markenkontakt-
punkte: Die Facebook-Auftritte wurden
stärker gebündelt, ergänzt durch koor-
dinierte Aktivitäten bei Xing, Youtube
und Twitter. Und mit einem ganz neu-
en Kanal, dem VDI-Blog, fokussierte der
Verein seine neuen, emotionaler erzähl-
ten Inhalte. Etwa einem Themenspe-
cial zur Fußballweltmeisterschaft, das
– ganz ohne FIFA-Sponsoring – durch
interessante Geschichten Ingenieur-
leistungen deutlich macht, wo man sie
nicht auf Anhieb vermutet. Paetzel:
„Wie schafft man es, im Amazonas-Ge-
biet ein Stadion zu bauen?“. Zudem mo-
bilisierte der VDI seine Mitglieder. Seit
2014 sind sie aufgerufen, sich mit der ei-
genen „Ingenieurgeschichte“ zu bewer-
ben. Herausgekommen sind spannende
Kombinationen aus Webstories und Vi-
deos – etwa über den Wirtschaftsinge-
nieurstudenten Julian Dobczinski, der
sich für unerwartete Gastfreundschaft
im kambodschanischen Dschungel mit
der Entwicklung einer regenwaldtaugli-
chen Solaranlage bedankte.
Stories und neue Kampagne ver-
fehlten ihre Wirkung nicht: Dank der
Ingenieurgeschichten hatte der Verein
Kontakt zu rund 5 000 Mitgliedern.
Die WM-Themenspecials hielten die
Webnutzer doppelt so lang auf der
Blog-Website wie zuvor. Ein neu ins
Leben gerufener Whatsapp-Kanal hat
über 1 100 Abonnenten und auch die
anderen digitalen Kanäle werden von
Zehntausenden genutzt. Sogar erste
pekuniär zählbare Erfolge stellen sich
ein: Die Digitalkampagne im Blog zu
den Richtlinien mit den Fragen nach
den Freudensprüngen der Fankur-
ve oder dem Füllstand der Oktober-
fest-Maß hat offenbar nicht nur bei
den Laien gewirkt: Die Verbreitung des
VDI-Regelwerks konnte in den vergan-
genen zwei Jahren um 25 Prozent ge-
steigert werden. Ist eben doch besser,
wenn man versteht, warum das eigene
Stadion nicht auseinanderfällt.
Die Agenturen
Strategie:
Scholz & Friends, Düsseldorf
Digitale Strategie:
Akom360, Düsseldorf
Kreation:
betriebsbereit, Düsseldorf
Wir wollten den VDI
innovativer und emotionaler
positionieren
Emotionen für den VDI: Dieter Wester-
kamp, Bereichsleiter Technik und Wissen-
schaft beim VDI, Marketingleiterin Minna
Kaisa-Mäkinen und André Paetzel, Leiter
Digital Brand Strategy bei der Akom360
Finalist Bestes Marken-Momentum
absatz
wirtschaft 3  201672
FOTOS:VDI
„Unser Ansatz mit den Ingenieurgeschichten greift die
Begeisterung unserer Mitglieder auf, Lösungen zu finden“
Ralph Appel,
Direktor des Vereins
Deutscher Ingenieure
(VDI), geht es um die
Bedeutung der Inge-
nieure für den Tech-
nologiestandort
Herr Appel, Deutsche Ingenieure
gelten oft als eher nüchtern. Wie
passt da der neue emotionale
Ansatz?
RALPH APPEL: Das mit der Nüch-
ternheit ist etwas, was „von draußen“
so erscheint. Tatsächlich aber sind
Ingenieure von der ihnen gestellten
Aufgabe und der Suche nach geeigne-
ten Lösungen begeistert und lassen
schon mal andere Dinge liegen. Umso
größer ist das Gefühl des Erfolgs, die
Lösung für ein technisches Problem
gefunden zu haben. Unser Ansatz mit
den Ingenieurgeschichten nimmt die-
se Begeisterung auf, um ihre Leistun-
gen in der Öffentlichkeit darzustellen.
Wir tun dies mit Beispielen, die gut
verständlich sind.
In der Imagewerbung haben Sie in
erster Linie auf den Ingenieurbe-
ruf abgestellt – warum spielt der
VDI hier keine so große Rolle?
Weil es uns in erster Linie um die In-
genieure im Allgemeinen und unsere
Mitglieder geht. Das Berufsbild von
Ingenieurinnen und Ingenieuren und
die Bedeutung, die ihre Leistungen
für die Gesellschaft haben, sind in der
Bevölkerung stark verankert. Diesen
Umstand haben wir uns zunutze ge-
macht und persönliche Geschichten
über Ingenieure erzählt, statt zu er-
klären, wie der VDI dabei unterstützt,
diese Leistungen zu erbringen. Es
geht darum, die wichtige Arbeit der
Ingenieurinnen und Ingenieure für
den Technologiestandort Deutsch-
land zu verdeutlichen.
Die Zielgruppen „Öffentlichkeit“
und „Ingenieurs-Community“
haben ja ganz unterschiedliche
fachliche Ansprüche …
Die Lösung für diese Herausforderung
bezeichnen wir als „50:50-Ansatz“. In
unserer Kommunikation achten wir
darauf, dass 50 Prozent eines Beitrags
die allgemeine Öffentlichkeit adressie-
ren und 50 Prozent die fachliche Com-
munity. Dabei spielt es keine Rolle,
ob wir den Inhalt einer VDI-Richtlinie
darstellen oder eine Ingenieurge-
schichte erzählen.
Sie wollen unter anderem poten-
ziellen Nachwuchs für den Inge-
nieurberuf interessieren. Welche
Rolle spielen junge Frauen und
junge Menschen aus Migranten­
familien dabei?
Junge Frauen, ja Frauen überhaupt
spielen in den Ingenieurberufen leider
immer noch eine untergeordnete
Rolle. Wir nutzen daher jede Chance
etwa in Form von Aktionen an Schu-
len, Hochschulen oder bei sogenann-
ten Recruitingveranstaltungen. Seit
einigen Jahren gibt es beim VDI sogar
„MINT Role Models“. Das sind junge
und auch erfahrene Frauen, die entwe-
der Ingenieurwissenschaften studie-
ren oder bereits mitten im Berufsleben
sind. Sie werben bundesweit für den
Ingenieurberuf. Klar ist, dass wir auch
aufgrund des demografischen Wan-
dels in Zukunft einen wachsenden
Bedarf an Ingenieuren haben werden.
Herkunft, Geschlecht und Nationalität
spielen deshalb keine Rolle.
Die inhaltsreiche Kommunikation
realisierten Sie mit einem über-
schaubaren Budget – wie hoch war
der Anteil VDI-eigener Ressourcen?
Sehr hoch. Die komplette redaktio-
nelle Arbeit und auch die Umsetzung
in den einzelnen Kanälen wurden
über das Marketingteam unseres Be-
reichs Strategie und Kommunikation
abgewickelt. Inhaltlich unterstützt
werden die Kolleginnen und Kolle-
gen dabei von den Fachabteilungen
im VDI. Alles in allem kann man
sagen: Anteil VDI 75 Prozent – Anteil
Agentur 25 Prozent.
Viel Beteiligung in den sozialen
Medien, höhere Verbreitung von
VDI-Richtlinien, die Resonanz auf
Ihre Aktivitäten kann sich sehen
lassen. Was ist der nächste Schritt?
Gerade ändert sich die Art und Weise,
wie wir leben und arbeiten, durch die
sogenannte „Digitale Transformati-
on“ sehr stark. Wir Ingenieure sind
von dieser Transformation betroffen
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diese aber intensiv mit. Was wir als
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  • 1. Z e i t s c h r i f t f ü r M a r k e t i n g absatzwirtschaft.de G1021/Deutschland & Österreich 11,80 € 3  2016 März2016absatzwirtschaftTitel:EthikimMarketingEmployer-BrandingInternationaleMarkenführungBankhausMetzler Ethik vs. ProfitDie Moraldebatte im Marketing: Schnell Kasse machen – oder Kunden nachhaltig an Marken binden? BRIC-Staaten Wie Markenführung international gelingt Employer-Branding Wer hat den Hut auf: Marketing oder HR? Marke Metzler Das Bankhaus zwischen Tradition und Moderne S.13 Alle Gewinner beim M arken-Award 2016 HERAUSGEBER
  • 2. absatz wirtschaft 3  201670 Technik, die beflügelt Dass Ingenieure mehr können als nur rechnen oder planen, stellte der VDI ins Zentrum seiner Kampagne. Jetzt wissen Fußballfans, warum das Stadion ihre Luftsprünge aushält Autor: Armin Hingst Wenn 25 000 Menschen auf der Dortmunder Südtribüne kollektive Luftsprünge machen, denken sicher nur sehr wenige an die „Gebrauchs- tauglichkeit von Bauwerken bei dy- namischen Einwirkungen“. Das sind dann entweder Bauingenieure, die die entsprechende Richtlinie VDI 2038 des Vereins Deutscher Ingeni- eure (VDI) ohnehin kennen. Oder interessierte Laien, die sich von der Frage inspirieren lassen, wie viele Freudensprünge eigentlich eine Fankurve verträgt. So alltagsnah nämlich lauteten die Headlines der Kampagne des VDI, der damit po- pulärer machte, welchen Sinn seine Richtlinien haben. „Halb voll oder halb leer“ machte mit dem Hinweis auf die Überprüfung der Oktoberfest-Maß auf Vorschriften für Füllstandmessungen aufmerksam. „Heizkostenabrechnung zu hoch“ wies auf die Regeln hin, mit denen Gesamt- verbrauch und andere Betriebskosten zu kalkulieren sind. Insgesamt 21 Bei- träge der Reihe zeigten 2015, wie viel Bedeutung technische Regelwerke für unseren Alltag haben. Sie waren Teil einer umfassenden Markenerneuerung der Ingenieurvereinigung, die vor rund vier Jahren startete. Der mit mehr als 150 000 Mitgliedern und einer eigenen Zeitung (den VDI-Nachrichten) dritt- größte Regelsetzer in Deutschland – nach dem Deutschen Institut für Nor-
  • 3. Finalist Bestes Marken-Momentum absatz 3 2016 wirtschaft 71 FOTOS:THOMASERNSTING/VDI mung e.V. (DIN) und der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) – sah Nach- holbedarf. Nicht nur beim Image, das als verstaubt wahrgenommen wurde, sondern gleich beim ganzen Berufs- stand. „Bis zum Jahr 2029 müssen nach unseren Berechnungen im Extremfall 700 000 Ingenieure ersetzt werden“, berichtet Dieter Westerkamp, Bereichs- leiter Technik und Wissenschaft beim VDI. Der Verband hatte 2015 zusammen mit dem Institut der deutschen Wirt- schaft (IW) in verschiedenen Szenarien durchgespielt, wie Bevölkerungsdaten und wirtschaftliche Situation in den nächsten Jahren zusammenwirken. Insbesondere die aktuelle Altersstruk- tur machte den Strategen dabei Sorgen, denn demnächst gehen viele Ingenieu- re in den Ruhestand. Dass Nachwuchs- probleme kommen, war schon im Inge- nieurmonitor 2010 sichtbar geworden. Die VDI-Studie stellte fest, dass die da- mals rund 345 000 Studierenden in den Ingenieurfächern nicht reichen wür- den, angesichts der hohen Abbrecher- quote und des demographischen Wan- dels. „Die Probleme haben sich seitdem nicht wesentlich verbessert, auch wenn unsere Appelle Früchte getragen haben und bereits mehr Studenten in den ent- sprechenden Fächern eingeschrieben sind“, sagt Westerkamp. Handlungsbedarf sah der VDI nicht nur dabei, dem Nachwuchs den Inge- nieurberuf schmackhaft zu machen, Handlungsbedarf sah er auch beim Image der Vereinigung. In Interviews zum Marken-Audit 2010 kam heraus, „dass der VDI alt und männlich wahrge- nommen wird und ein unkoordiniertes Bild abgibt“, sagt Minna-Kaisa Mäki- nen, Marketingleiterin des VDI. Die Aufgabe war klar: „Wir wollten den VDI zukunftsorientierter, innovativer, emo- tionaler positionieren.“ Um ein derart umfassendes Ziel mit überschaubarem Budget erreichen zu können, setzte der VDI von Anfang an bei der Umsetzung auf die reichlich vorhandenen eigenen Kompetenzen und Ressourcen. Für die Steuerung und strategische Beratung baute er auf die Hilfe von Agenturen. Auf die eigene Expertise zu vertrau- en, war natürlich nicht nur aus Bud- getgründen, sondern auch inhaltlich sinnvoll. Denn auch wenn der Marken- kern erweitert werden sollte, war klar, dass seine Substanz nicht leiden durfte – Fach- und Sachkompetenz mussten erhalten bleiben. Gerade bei den teils komplexen Themen wäre es daher fahr- lässig gewesen, die internen Fachleute nicht einzubinden. „An Marke und Werten gab es nichts zu rütteln, die Mission war also, küm- mert euch um die Vermittlung von In- halten“, fasst Agenturchef Paetzel die generelle, stark contentbasierte Kommu- nikationsstrategie zusammen. Auf dieser Basis identifizierte das Team aus Agen- tur und interner Arbeitsgruppe interne und externe Markenkontaktpunkte und startete die ersten Maßnahmen – ein di- gitales Markenhandbuch und ein detail- liertes Kommunikationskit mit rund tau- send Dokumenten stattete die internen Anwender mit Know-how und neuen Markenelementen aus, 14 Inhouse-Work- shops ergänzten das. Für die Wirkung in den Kreis der Mitglieder und in die Öf- fentlichkeit nutzte das Team den traditi- onellen Deutschen Ingenieurtag. Inhaltlich stand das Rollout des neuen Leitbilds unter dem Motto: „Wir öffnen der Welt die Augen für die Leis- tungen der Ingenieure durch Faszinati- on“. Passend dazu thematisierte das ein Imagefilm, der mit dem allgemeinen Vorurteil „Ingenieure können nur rech- nen und planen und konstruieren“ star- tete – um dann in spektakulären Bildern zu münden, die zeigen, dass die techni- schen Experten eben auch glänzen, sie- gen, retten, fliegen, beflügeln und sogar tanzen können. Begleitet wurde die emotionale Aufladung der Marke VDI durch viele digitale Markenkontakt- punkte: Die Facebook-Auftritte wurden stärker gebündelt, ergänzt durch koor- dinierte Aktivitäten bei Xing, Youtube und Twitter. Und mit einem ganz neu- en Kanal, dem VDI-Blog, fokussierte der Verein seine neuen, emotionaler erzähl- ten Inhalte. Etwa einem Themenspe- cial zur Fußballweltmeisterschaft, das – ganz ohne FIFA-Sponsoring – durch interessante Geschichten Ingenieur- leistungen deutlich macht, wo man sie nicht auf Anhieb vermutet. Paetzel: „Wie schafft man es, im Amazonas-Ge- biet ein Stadion zu bauen?“. Zudem mo- bilisierte der VDI seine Mitglieder. Seit 2014 sind sie aufgerufen, sich mit der ei- genen „Ingenieurgeschichte“ zu bewer- ben. Herausgekommen sind spannende Kombinationen aus Webstories und Vi- deos – etwa über den Wirtschaftsinge- nieurstudenten Julian Dobczinski, der sich für unerwartete Gastfreundschaft im kambodschanischen Dschungel mit der Entwicklung einer regenwaldtaugli- chen Solaranlage bedankte. Stories und neue Kampagne ver- fehlten ihre Wirkung nicht: Dank der Ingenieurgeschichten hatte der Verein Kontakt zu rund 5 000 Mitgliedern. Die WM-Themenspecials hielten die Webnutzer doppelt so lang auf der Blog-Website wie zuvor. Ein neu ins Leben gerufener Whatsapp-Kanal hat über 1 100 Abonnenten und auch die anderen digitalen Kanäle werden von Zehntausenden genutzt. Sogar erste pekuniär zählbare Erfolge stellen sich ein: Die Digitalkampagne im Blog zu den Richtlinien mit den Fragen nach den Freudensprüngen der Fankur- ve oder dem Füllstand der Oktober- fest-Maß hat offenbar nicht nur bei den Laien gewirkt: Die Verbreitung des VDI-Regelwerks konnte in den vergan- genen zwei Jahren um 25 Prozent ge- steigert werden. Ist eben doch besser, wenn man versteht, warum das eigene Stadion nicht auseinanderfällt. Die Agenturen Strategie: Scholz & Friends, Düsseldorf Digitale Strategie: Akom360, Düsseldorf Kreation: betriebsbereit, Düsseldorf Wir wollten den VDI innovativer und emotionaler positionieren Emotionen für den VDI: Dieter Wester- kamp, Bereichsleiter Technik und Wissen- schaft beim VDI, Marketingleiterin Minna Kaisa-Mäkinen und André Paetzel, Leiter Digital Brand Strategy bei der Akom360
  • 4. Finalist Bestes Marken-Momentum absatz wirtschaft 3  201672 FOTOS:VDI „Unser Ansatz mit den Ingenieurgeschichten greift die Begeisterung unserer Mitglieder auf, Lösungen zu finden“ Ralph Appel, Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), geht es um die Bedeutung der Inge- nieure für den Tech- nologiestandort Herr Appel, Deutsche Ingenieure gelten oft als eher nüchtern. Wie passt da der neue emotionale Ansatz? RALPH APPEL: Das mit der Nüch- ternheit ist etwas, was „von draußen“ so erscheint. Tatsächlich aber sind Ingenieure von der ihnen gestellten Aufgabe und der Suche nach geeigne- ten Lösungen begeistert und lassen schon mal andere Dinge liegen. Umso größer ist das Gefühl des Erfolgs, die Lösung für ein technisches Problem gefunden zu haben. Unser Ansatz mit den Ingenieurgeschichten nimmt die- se Begeisterung auf, um ihre Leistun- gen in der Öffentlichkeit darzustellen. Wir tun dies mit Beispielen, die gut verständlich sind. In der Imagewerbung haben Sie in erster Linie auf den Ingenieurbe- ruf abgestellt – warum spielt der VDI hier keine so große Rolle? Weil es uns in erster Linie um die In- genieure im Allgemeinen und unsere Mitglieder geht. Das Berufsbild von Ingenieurinnen und Ingenieuren und die Bedeutung, die ihre Leistungen für die Gesellschaft haben, sind in der Bevölkerung stark verankert. Diesen Umstand haben wir uns zunutze ge- macht und persönliche Geschichten über Ingenieure erzählt, statt zu er- klären, wie der VDI dabei unterstützt, diese Leistungen zu erbringen. Es geht darum, die wichtige Arbeit der Ingenieurinnen und Ingenieure für den Technologiestandort Deutsch- land zu verdeutlichen. Die Zielgruppen „Öffentlichkeit“ und „Ingenieurs-Community“ haben ja ganz unterschiedliche fachliche Ansprüche … Die Lösung für diese Herausforderung bezeichnen wir als „50:50-Ansatz“. In unserer Kommunikation achten wir darauf, dass 50 Prozent eines Beitrags die allgemeine Öffentlichkeit adressie- ren und 50 Prozent die fachliche Com- munity. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir den Inhalt einer VDI-Richtlinie darstellen oder eine Ingenieurge- schichte erzählen. Sie wollen unter anderem poten- ziellen Nachwuchs für den Inge- nieurberuf interessieren. Welche Rolle spielen junge Frauen und junge Menschen aus Migranten­ familien dabei? Junge Frauen, ja Frauen überhaupt spielen in den Ingenieurberufen leider immer noch eine untergeordnete Rolle. Wir nutzen daher jede Chance etwa in Form von Aktionen an Schu- len, Hochschulen oder bei sogenann- ten Recruitingveranstaltungen. Seit einigen Jahren gibt es beim VDI sogar „MINT Role Models“. Das sind junge und auch erfahrene Frauen, die entwe- der Ingenieurwissenschaften studie- ren oder bereits mitten im Berufsleben sind. Sie werben bundesweit für den Ingenieurberuf. Klar ist, dass wir auch aufgrund des demografischen Wan- dels in Zukunft einen wachsenden Bedarf an Ingenieuren haben werden. Herkunft, Geschlecht und Nationalität spielen deshalb keine Rolle. Die inhaltsreiche Kommunikation realisierten Sie mit einem über- schaubaren Budget – wie hoch war der Anteil VDI-eigener Ressourcen? Sehr hoch. Die komplette redaktio- nelle Arbeit und auch die Umsetzung in den einzelnen Kanälen wurden über das Marketingteam unseres Be- reichs Strategie und Kommunikation abgewickelt. Inhaltlich unterstützt werden die Kolleginnen und Kolle- gen dabei von den Fachabteilungen im VDI. Alles in allem kann man sagen: Anteil VDI 75 Prozent – Anteil Agentur 25 Prozent. Viel Beteiligung in den sozialen Medien, höhere Verbreitung von VDI-Richtlinien, die Resonanz auf Ihre Aktivitäten kann sich sehen lassen. Was ist der nächste Schritt? Gerade ändert sich die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, durch die sogenannte „Digitale Transformati- on“ sehr stark. Wir Ingenieure sind von dieser Transformation betroffen – auf der anderen Seite gestalten wir diese aber intensiv mit. Was wir als Ingenieure hierbei tun und warum wir Dinge so tun, wie wir sie tun, wol- len wir klarer transportieren.