1. Rechtsanwalt Vietnam Oliver Massmann
Die neuen ÖPP Gesetze in Vietnam: Werden bankfähige Projekte
wahrscheinlicher?
Überblick über die öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) im Vietnamesischen Recht
In der Vergangenheit musste die Infrastrukturentwicklung Vietnams darum kämpfen das sie mit der
wirtschaftlichen Weiterentwicklung und dem Bevölkerungswachstum Schritt hält. Die Statistiken sagen
vorraus, dass Vietnam innerhalb es Zeitraums von 2011 bis 2020 ca. 170 Milliarden US $ an Investitionen
für die Infrastruktur benötigt, während dessen das staatliche Budget eingeschränkt ist. Die staatlichen
Ressourcen und öffentlichen Funds (ODA – „official development assistance“) machen nur ungefähr die
Hälfte dessen aus was eigentlich benötigt wird.
In dieser Situation sind die ÖPP die bestmögliche Lösung für Vietnam. Andere Länder haben es versucht
und es mittlerweile geschafft erfolgreiche Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und der
Privatwirtschaft zu schaffen. Die grundsätliche Idee besteht darin das beide Seiten sich die Arbeit teilen und
dadurch Synergieeffekte entstehen. Dabei steuert die öffentliche Hand Kunden bzw. Nutzer, Land sowie
andere Anreize, wie zum Beispiel Steuererleichterungen bei, wohingegen der private Sektor Technologie,
Kapital und die Erfahrung effizient zu arbeiten mit einbringt.
Vietnam hat bis dato mehrere rechtliche Rahmenbeingungen im Bezug auf ÖPP geschaffen die meist für
BOT-Projekte (Build, Operate, Transfer; deutsch: Bauen, Betreiben, Übertragen) golten, welche seit 1997
unter der Verfügung Nr.1998/ND-CP vom 15. August 1998 (Verordnung Nr.62) für inländische Investoren
und Verordnung Nr. 77-CP vom 18 Juni 1997 (Verordnung Nr. 77) für ausländische Investoren eingesetzt
werden dürfen. 2009 hat die vietnamesische Regierung die Verordnung Nr. 108/2009/ND-CP (Verordnung
Nr.108) erlassen um das BOT-Modell zu regulieren. BT- ("Build-Transfer") und BOT-Projekte wurden durch
die Verordnung Nr. 24/2011/ND-CP (Verordnung Nr.24) von 2011 vereinfacht. Des weiteren ist
Erwähnenswert das 2010 ein Pilot-Programm unter der Entscheidung Nr. 71/2010/QD-TTg (Entscheidung
Nr.71) vom 9. November 2010 vom Premier Minister selbst initiiert wurde.
Vietnam modifiziert die ÖPP-Gesetzgebung
Seit dem Pilot-Programm von 2011 wurde kein weiteres ÖPP-Projekt unter diesen Gesetzen unterzeichnet.
Im Vergleich zu anderen südost-asiatischen Ländern sind ausländische Investitionen in Vietnam nur sehr
gering. Die aktuelle ÖPP-Gesetzgebung schafft es nicht Vietnam für ausländischen Investitionen in Bezug
auf ÖPP attraktiv zu machen. Ganz allgemein, die Verordnung Nr. 71, als Hauptverordnung, stellt nur ein
generelles Gerüst zur Verfügung und ist zu weit auslegbar für BOT-Projekte.
Es ist schwierig in Vietnam Anleger und Kreditgeber für ÖPP Projekte zu finden, meist geschuldet dem
geringen Willen der Regierung Zusagen zu erteilen in Bezug auf zugrunde liegenden Probleme wie geringe
Löhne oder der Zahlungsbereitschaft; Risiken von Investitionen in Infrastrukturprojekte; und langwierige
Regierungsverfahren. Vietnam fehlt es am staatlichen Willen Finanzierungslücken zu überbrücken und
ÖPP-Projekte zu unterstützen, welche eine großen wirtschaftlichen Vorteil bringen könnten aber auch
eventuell nicht tragfähig sein könnten.
In Vietnam fehlt es ganz klar an einem gesetzlichen Rechtsrahmen, welcher dabei hilft die staatliche Macht
in Bezug auf ÖPP zu limitieren - solange werden ÖPP-Projekte in Vietnam nicht gefördert.
Um mit dieser Situation umzugehen ist Vietnam dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ÖPP zu
verbessern, mit dem Ziel Investitionen in „Infrastruktur-Projekte“ neu zu beleben („Neues ÖPP Recht“).
Anfang Januar 2015 hat das Ministerium für Planung und Investitionen (MPI) einen entgültigen Entwurf für
eine ÖPP-Verordnung vorgestellt welche die Verordnungen Nr. 71 und 108 („Neuester ÖPP-Entwurf“) im
Falle einer Ratifizierung ersetzen würde.
In diesem Beitrag möchten wir uns auf die Analyse einiger kritischer Fragen konzentrieren, welche in Bezug
auf die Verordnung Nr. 71 auftauchen und klären weshalb die ÖPP-Projekte nicht profitabel sind und
untersuchen ob der „Neueste ÖPP-Entwurf“ Vietnam näher an bankfähige Projekte bringen kann oder nicht.
Warum ist die aktuelle ÖPP-Gesetzgebung nicht bankfähig?
2. In einem ÖPP-Projekt ist die Finanzierbarkeit eine Sache der öffentlichen Hand, der Privatwirtschaft und der
Kreditgeber. Ganz einfach gesagt, ein Projekt wird als bankfähig angesehen, wenn die Kreditgeber willig
sind es zu finanzieren. Der Begriff der „bankfähigkeit“ wird meist im Zusammenhang mit ÖPP Projekten
genutzt und bezieht sich in erster Linie darauf, dass man den Bedingungen und Anforderungen der
Kreditgeber gerecht wird, denn ohne deren finanziellen Unterstützung kann ein ÖPP-Projekte nicht
fortgesetzt werden.
Kreditgeber sind primär daran interessiert, dass ihr Kapital abgesichert ist und das es die Möglichkeit gibt in
den Vertrag einzutreten sowie die Möglichkeit haben nicht vertragsgemäß handelnde Parteien aus dem
Vertrag auszuschließen mit der Möglichkeit Eigenkapital während und nach der Errichtung zu transferieren.
Da die Kreditgeber Standardanforderungen haben um ihre Rechte zu sichern, zum Beispiel
Grundpfandrecht an den Anteilen oder alternative Garantien, falls sie ein ÖPP-Projekt finanzieren, muss ein
ÖPP-Vertrag wasserdicht sein und ungeachtet aller Eventualitäten muss es möglich sein die Kreditgeber
auszubezahlen.
Wie bereits erwähnt, die aktuellen ÖPP-Regulierungen in Vietnam führen nicht dazu das ÖPP-Projekte,
wenn sie einmal angefangen haben, bankfähig werden und sie ziehen weder Inverstoren an noch
Kreditinstitute was uns zu den Hauptproblemen führt, wie zum Beispiel des limitierten Eintrittsrechts des
Kreditgebers, Garantien von ausländischen Währungen, die Nutzung von ausländischen
Rechtsvorschriften, die Möglichkeit der staatlichen Unterstützung und Garantien.
UEintrittsrechte
Der bisherige Entwurf der ÖPP-Verordnung hat als Voraussetzung, dass alle Bedingungen, Verfahren und
Inhalte welche von Kreditgebern ausgeübt werden können vorher von der dafür zuständigen staatlichen
Agentur genehmigt werden müssen. Allerdings gibt es keine Definition bezüglich der autorisierten
staatlichen Agentur und deren Genehmigungsverfahren. Es bleibt also fraglich ob der unterzeichnete
Vertrag zwischen dem Investor und dem Staat unter den Anwenungsbereich dieser Genehmigungspflicht
fällt. Eine solche Anforderung schränkt das Recht der Kreditgeber ein und macht ein ÖPP-Projekt nicht
bankfähig.
UAusländische Währungsgarantien
Die meisten Infrastrukturprogramme in Vietnam sind solche die ihre Produktion in vietnamesischen Dong
verkaufen müssen während in langfristigen Finanzierungsprogramen nur in ausländischer Währung
gehandelt wird. Das bereitet die größte Hürde für die Bankfähigkeit von ÖPP-Projekten. Weiterhin sehen
die gegenwärtigen ÖPP-Regularien keine staatlichen Garantien vor zum Beispiel dass der Wechselkurs
gleich bleibt in Bezug auf Dong zu Dollar, und das die Verfügbarkeit und Umtauschbarkeit zum Dollar
sichergestellt werden könnte. Das Fehlen solcher Garantien macht die Projekte wiederum nicht bankfähig.
UGeltendes Recht
Das anwendbare Recht ist ein weiters Problem der Bankfähigkeit. Momentan ist bei staatlich finanzierten
Projekten die Rechtswahl meist vietnamesisches Recht. Vietnamesisches Recht wird zwar meistens
angewendet, trotzdem ist der Gesetzgebungsrahmen im nicht vergleichbar mit anderen Rechtssystemen,
wie zum Beispiel England. Die limitierten rechtlichen Möglichkeiten geben Kreditgebern nicht die Sicherheit
die sie brauchen um Kapital in diese Projekte fließen zu lassen.
UBeleihung von Land
Nach vietnamesischen Recht werden Investoren davon befreit Pacht oder sonstige Gebühren für
Grundstücke zu zahlen. Trotzdem erlaubt das „Land Recht“ keine Hypothek auf Land welches nicht
vollständig abgezahlt ist. Diese Einschränkung wird derart interpretiert, dass ÖPP-Projekte unterschieden
werden zwischen denen, bei denen Eigentum am Land besteht und denen bei denen das Land gemietet
werden muss. Für letzteres ist ein Bank-Darlehn dann weitaus unattraktiver und des weiteren muss die
Hypothek welche aufgenommen wird noch von den zuständigen staatlichen Stellen genehmigt werden.
Neues ÖPP-Recht in Vietnam: Richtiger Schritt zu bankfähigen Projekten?
Nach den Erfahrungen der ADB (Asian Development Bank) muss der Staat sich für eine größere Reform
bereit machen, wenn ÖPP-Projekte erfolgreich abgeschlossen werden sollen. Es muss sichergestellt
werden, dass die Privatwirtschaft eine Möglichkeit hat mitzuentscheiden. Weiterhin muss der Staat sich
stärker an die Verträge binden und ÖPP-Projekte bei der Planung und bei einer erfolgreichen Umsetzung
unterstützen, inklusive einer Analyse den eigentlichen Werte. Es bedarf außerdem einer Bündelung von
Ressourcen damit die kritische Masse erreicht wird und es eine gewisse Beständigkeit gibt in den
Versuchen und der Zurverfügungstellung von finanzieller Unterstützung. Das beinhaltet, jedoch nicht
abschließend, staatliche Maßnahmen um Mehr-Jahres-Verträge abzuschließen, kreditfeste
3. Unterstützungen und verantwortungsvolles Management der steuerlichen Verpflichtungen der jeweiligen
ÖPP.
Aus dem Inhalt des „Neuester ÖPP-Entwurfs“ kann man entnehmen, dass die Meinungen von
internationalen Ratgebern, multilateralen Einrichtungen, Spendern und Wirtschaftsverbänden einen
positiven Einfluss auf die Entwurfe gehabt haben und die Regierung sich aktiv darum bemüht mit diesem
Entwurf zukünftige ÖPP-Projekte bankfähig zu machen.
Erwähnenswert ist, dass frühere Limitierungen für staatliche Beteiligungen entfernt worden sind. Anstelle
dessen bietet das Neue ÖPP-Recht dem Staat eine Beteiligung welche je nach finanzieller Beteiligung am
jeweiligen Projekt variiert, sofern es von der staatlichen Behörde genehmigt wird. Diese Entwicklung ist
bemerkenswert und spiegelt das Engagement der vietnamesischen Regierung, den Privaten Sektor zu
unterstützen in den Versuch die vietnamesische Infrastruktur zu verbessern, wider.
Der „Neuester ÖPP-Entwurf“ stärkt die Eintrittsrecht der Kreditgeber durch den Wegfall der Genehmigung
durch staatliche Behörden. Es biete dem Kreditgeber mehr Möglichkeiten sein Kapital zu schützen, indem
der Kreditgeber die Kontrolle hat nicht vertragsgemäß handelnde Vertragspartner aus dem Vertrag zu
entlassen. Trotzdem bedarf es auch in diesem Entwurf weiterhin der staatlichen Kontrolle damit der Vertrag
zustande kommt, dieses Merkmal ist jedoch verhandelbar. Da eine solche Voraussetzung die
Vertragsunterzeichnung verhindern kann, können die Vertragsparteien keinen Vertrag abschließen ohne
eine klare Antwort seitens der staatlichen Behörde.
Nach dem „Neuesten ÖPP-Entwurf“ bleibt vietnamesisches Recht weiterhin das anwendbare Recht, aber
wenn es sich um ausländische Rechtsanwendungen handeln sollte, kann dies auch vereinbart werden. Der
Entwurf macht deutlich wann Projektverträge nach ausländischem Recht behandelt werden sollen,
vorwiegend in Fällen in denen eine ausländische Partei und eine staatliche Agentur involviert sind.
Ausländisches Schiedsgericht kann vereinbart werden, wenn es sich um Fälle handelt, bei denen ein
ausländischer Investor beteiligt ist oder aber auch bei staatlich-gestützten Garantieverträgen. Der Entwurf
bestimmt außerdem dass Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht entschieden werden sollen, wenn der
Vertrag dies vorsieht und es sich um eine finanzielle Streitigkeit handelt und das ausländische
Schiedsgericht anerkennt, dass in Vietnam geurteilt wird und dieses Urteil auch in Vietnam vollstreckt
werden soll. Diese Entwicklung ist einer früheren Diskussion geschuldet, welche sich um die Anerkennung
und Umsetzung ausländischer Schiedsgerichte drehte in Bezug auf das Fehlen von „finanziellen
Streitigkeiten“ im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung in Bezug auf Anerkennung und Umsetzung.
Gleichzeitig gewährt der „Neueste ÖPP-Entwurf“ dem Kreditgeber das Recht, Immobilien,
Landnutzungsrechte und Handelsrecht auf Projektanlagen zu verpfänden. Weiterhin wird garantiert, dass
das Land während der gesamten Laufzeit in der es für das Projekt genutzt wird, auch nur für dieses genutzt
wird, selbst wenn der Kreditgeber von seinem Eintrittsrecht gebrauch macht. Die Voraussetzung, dass eine
staatliche Behörde zustimmen muss in Bezug auf die Hypothek wurde entfernt. Diese neue Entwicklung ist
sehr positiv für die Investoren und die Kreditgeber und damit auch für die Bankfähigkeit. Nichtdestotrotz,
der „Neueste ÖPP-Entwurf“ gibt nur Garantien in Bezug auf die Hypothek welche mit der Nutzung des
Landes verknüpft ist und dem damit verbundenen Zivil Recht Vietnams - es wird jedoch nicht auf das Recht
eingewirkt inwiefern Gebühren oder Mieten zu zahlen sind. Der Entwurf sollte dieses Problem beinhalten,
da eine positive Lösung sich in diesem Zusammenhang auch positiv auf die Bankfähigkeit auswirken
würde.
Ein anderer wichtiger Faktor in Bezug auf die Bankfähigkeit ist die ausländische Währungsgarantie bzw.
Devisengarantie. Einerseits garantiert der Staat eine Balance zwischen der ausländischen Währung und
der Landeswährung und ist der Ansicht, die Geldnachfrage in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und
sozialen Situation gerecht zu werden. Anderseits gibt es keine Garantie auf stabile Wechselkurse. In der
Realität sieht es so aus, dass der Staat versucht die ausländische Währungen so gering wie möglich zu
halten. Diese Limitierung verhindert gemeinsam mit der normalen Fluktuation und einer möglichen
rückläufigen Währung, dass das Projekt voran kommt. Ein Beispiel aus Kasachstan kann als
Verdeutlichung genommen werde um aufzuzeigen was passiert, wenn es keine Währungsgarantie gibt. Die
kasachstanische Regierung hat sich bereit erklärt für den Wertverlust aufzukommen, wenn der tenge
(Kasatansche Währung) unter fünf Prozent seines Wertes während des Erlaubniszeitraumes fällt. Das ist
ein wichtiger Ansatzpunkt, da in Kasachstan die Währung eher instabil ist und die Zentral Bank früher oder
später einen Verlust von ca. 19% erwartet. Das bedeutet, wenn die Regierung Garantien verhindern unter
dem Neuen ÖPP-Recht, dann wird das bei den Investoren mehr Befürchtungen hervorbringen und somit
Projekte verhindern. Es ist in diesen Fällen schwer für den Investor zu sehen, ob das Projekt das Risiko
auch wirklich wert ist.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der „Neueste ÖPP-Entwurf“ gut ausgearbeitet ist und mit diesem
kommt Vietnam dem Ziel näher, bankfähige ÖPP-Projekte zu verwirklichen. Insbesondere da dieser
4. Entwurf keine Limitierung bzgl. der maximalen staatlichen Beteiligung vorsieht – das ist ein wahrer
Durchbruch. Wenn alle diese Entwürfe wirklich in das geltende Recht implementiert werden, hätte das zur
Folge, dass das ÖPP-Recht deutlich verjüngt wird. Unterdessen verabschiedet die Regierung Massnahmen
welche die Verwirklichung von ÖPP-Projekten erleichtern. Die Regierung hat vor kurzem eine Aufstellung
veröffentlicht welche alle ausländischen Investoren aufzählt, welche versprochen haben in die Entwicklung
zu investieren.
In der Realität kommt es jedoch wie immer auf die Qualität der Umsetzung an.
Bitte wenden Sie sich an den Autor Oliver Massmann, wenn Sie Fragen haben. Herr Oliver Massmann
ist Generaldirektor von Duane Morris Vietnam.
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