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Standorte 
„Die Mietpreisbremse 
hilft nur den Reichen“ 
Fallbeispiel Dialogue Mapping
Spiegel Online schreibt im November 2013: 
„Union und SPD haben sich bei ihren 
Koalitionsgesprächen auf eine Mietbremse 
geeinigt. Doch das gutgemeinte Projekt 
verfehlt sein Ziel: Statt Wohnraum auch für 
Geringverdiener erschwinglich zu machen, 
werden attraktive Wohnlagen noch stärker 
zum Biotop der Wohlhabenden.“
Die Begründung: 
„Dank der gedeckelten Preise werden die 
Wohnungen in beliebten Lagen nicht mehr 
nur für Top-Verdiener, sondern auch für die 
Schicht darunter viel attraktiver.“ 
Und: 
„Den Zuschlag erhält der solventeste Bieter.“
Stimmt‘s? 
Spontane Einwände: 
• „Vermieter entscheiden sich gar nicht immer für den 
solventesten Mieter.“ 
• „Viele Wohnungen sind aufgrund der Ausstattung für 
Besserverdienende nicht interessant.“ 
• „Die Mietpreisbremse hat nicht nur Effekte auf die 
Neuvermietung, sondern – über den 
Mietpreisspiegel – auch auf die Bestandsmieten.“
Das 
Argument in 
Form einer 
Dialogue 
Map:
• Das Argument wird präsentiert als Einwand auf 
eine These, welche wiederum Auskunft auf eine 
Frage gibt 
• Das Argument operationalisiert die These: aus 
„die Situation ... verbessert/verschlechtert sich“ 
wird „ der Anteil von Geringverdienern im 
Quartier steigt/sinkt“ 
• Das Argument enthält eine Reihe von mehr oder 
weniger offensichtlichen Annahmen. Diese 
werden im Folgenden weiter ausgeführt...
Die Annahmen (1) 
und (2) müssen 
gleichzeitig zutreffen, 
damit das Argument 
funktioniert.
Annahme (2) wird 
durch zwei weitere 
Überlegungen 
gestützt: 
Am Ende der 
Überlegungskette wird 
deutlich, welche Art von 
Beweislasten erbracht 
werden müssen:
Ein Gegenargument 
zur These „Weniger 
stark steigende 
Preise... führen zu 
weniger Chancen...“
Eine weitere Überlegung: 
„Das bisherige Argument bezieht sich 
ausschließlich auf die Entwicklung der 
Preise bei Neuvermietung. Was ist mit 
den Bestandsmieten? Auf diese hat die 
Mietpreisbremse doch auch einen 
Einfluss. Und ist deren Entwicklung 
nicht viel wichtiger als die Höhe der 
Preise bei Neuvermietung?“
Die Überlegung ist eine versteckte 
Voraussetzung im Argument des 
Mietpreisbremsen-Skeptikers!
Die Verdeutlichung der 
verborgenen Annahme im 
Argument des Mietpreisbremsen- 
Skeptikers erlaubt es, einen 
Einwand zu platzieren:
Jedoch: 
„Es mag schon sein, dass steigende 
Bestandsmieten dazu führen, dass Mieter 
ihre Wohnung kündigen müssen. Aber es 
kündigen doch auch Mieter aus ganz anderen 
Gründen! Womöglich sogar noch häufiger. 
Deshalb trifft die Behauptung nicht zu, dass 
die Entwicklung der Bestandsmieten 
wichtiger sei als die Preise für neu vermietete 
Wohnung. “
Die Bedenken machen deutlich: Der Befürworter muss viel 
weitergehende Annahmen schultern, als zuvor dargestellt! 
Es muss heißen: „Nur dann...“. - Darauf folgend ein 
Einwand sowie die Aufforderung, Beweise zu erbringen.
Um zu herauszufinden, ob nun 
die (mutmaßlichen) 
Verdrängungseffekte bei der 
Neuvermietung wichtiger sind 
oder die Auswirkungen von 
steigenden Bestandsmieten, 
ist noch etwas anderes 
relevant:
Eine Beispielrechnung: 
Angenommen, ohne Mietpreisbremse wechseln 
10 % der Mieter jährlich ihre Wohnung. Mit 
Mietpreisbremse (und entsprechend geringem 
Anstieg in den Bestandsmieten) sind es nur 7 %.
Angenommen weiter: Ohne Mietpreis-bremse 
stehen die Chancen für Gering-verdiener, 
bei der Bewerbung auf eine 
Wohnung den Zuschlag zu erhalten, bei 1:5. 
Mit Mietpreisbremse (bedingt durch 
stärkere Konkurrenz) stehen die Chancen 
nur noch bei 1:7.
Das Resultat: Mit Mietpreisbremse 
verliert das Quartier jährlich neun 
Prozent Geringverdiener. Ohne 
Mietpreisbremse verliert es nur 
acht.
Fazit: 
• Selbst dann, wenn der von dem 
Mietpreisbremsen-Skeptiker behauptete 
Mechanismus wirklich greifen sollte, führt dieser 
nur in unter sehr bestimmten Umständen dazu, 
dass der Anteil von Geringverdienern im Quartier 
sinkt (statt steigt). 
• Dass der Mechanismus greift, ist in Anbetracht 
der aufgezeigten Einwände sehr fraglich.
Die Dialogue Map zeigt das 
Resultat im Überblick. Zur 
Verdeutlichung sind Argumente 
der Mietpreisbremsen-Skeptiker 
rot markiert, Argumente der 
Befürworter grün. Das Lupen- 
Zeichen markiert Beweislücken. 
Fehlen Punkte? Gibt es 
Missverständnisse? Auf der Karte 
kann man darauf mit Finger 
zeigen!
Link zu größerer Ansicht hier.
Ralf Grötker 
groetker@explorat.de 
T 030/69 00 18 14 
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"Die Mietpreisbremse hilft nur den Reichen"

  • 1. Standorte „Die Mietpreisbremse hilft nur den Reichen“ Fallbeispiel Dialogue Mapping
  • 2. Spiegel Online schreibt im November 2013: „Union und SPD haben sich bei ihren Koalitionsgesprächen auf eine Mietbremse geeinigt. Doch das gutgemeinte Projekt verfehlt sein Ziel: Statt Wohnraum auch für Geringverdiener erschwinglich zu machen, werden attraktive Wohnlagen noch stärker zum Biotop der Wohlhabenden.“
  • 3. Die Begründung: „Dank der gedeckelten Preise werden die Wohnungen in beliebten Lagen nicht mehr nur für Top-Verdiener, sondern auch für die Schicht darunter viel attraktiver.“ Und: „Den Zuschlag erhält der solventeste Bieter.“
  • 4. Stimmt‘s? Spontane Einwände: • „Vermieter entscheiden sich gar nicht immer für den solventesten Mieter.“ • „Viele Wohnungen sind aufgrund der Ausstattung für Besserverdienende nicht interessant.“ • „Die Mietpreisbremse hat nicht nur Effekte auf die Neuvermietung, sondern – über den Mietpreisspiegel – auch auf die Bestandsmieten.“
  • 5. Das Argument in Form einer Dialogue Map:
  • 6. • Das Argument wird präsentiert als Einwand auf eine These, welche wiederum Auskunft auf eine Frage gibt • Das Argument operationalisiert die These: aus „die Situation ... verbessert/verschlechtert sich“ wird „ der Anteil von Geringverdienern im Quartier steigt/sinkt“ • Das Argument enthält eine Reihe von mehr oder weniger offensichtlichen Annahmen. Diese werden im Folgenden weiter ausgeführt...
  • 7. Die Annahmen (1) und (2) müssen gleichzeitig zutreffen, damit das Argument funktioniert.
  • 8. Annahme (2) wird durch zwei weitere Überlegungen gestützt: Am Ende der Überlegungskette wird deutlich, welche Art von Beweislasten erbracht werden müssen:
  • 9. Ein Gegenargument zur These „Weniger stark steigende Preise... führen zu weniger Chancen...“
  • 10. Eine weitere Überlegung: „Das bisherige Argument bezieht sich ausschließlich auf die Entwicklung der Preise bei Neuvermietung. Was ist mit den Bestandsmieten? Auf diese hat die Mietpreisbremse doch auch einen Einfluss. Und ist deren Entwicklung nicht viel wichtiger als die Höhe der Preise bei Neuvermietung?“
  • 11. Die Überlegung ist eine versteckte Voraussetzung im Argument des Mietpreisbremsen-Skeptikers!
  • 12. Die Verdeutlichung der verborgenen Annahme im Argument des Mietpreisbremsen- Skeptikers erlaubt es, einen Einwand zu platzieren:
  • 13. Jedoch: „Es mag schon sein, dass steigende Bestandsmieten dazu führen, dass Mieter ihre Wohnung kündigen müssen. Aber es kündigen doch auch Mieter aus ganz anderen Gründen! Womöglich sogar noch häufiger. Deshalb trifft die Behauptung nicht zu, dass die Entwicklung der Bestandsmieten wichtiger sei als die Preise für neu vermietete Wohnung. “
  • 14. Die Bedenken machen deutlich: Der Befürworter muss viel weitergehende Annahmen schultern, als zuvor dargestellt! Es muss heißen: „Nur dann...“. - Darauf folgend ein Einwand sowie die Aufforderung, Beweise zu erbringen.
  • 15. Um zu herauszufinden, ob nun die (mutmaßlichen) Verdrängungseffekte bei der Neuvermietung wichtiger sind oder die Auswirkungen von steigenden Bestandsmieten, ist noch etwas anderes relevant:
  • 16. Eine Beispielrechnung: Angenommen, ohne Mietpreisbremse wechseln 10 % der Mieter jährlich ihre Wohnung. Mit Mietpreisbremse (und entsprechend geringem Anstieg in den Bestandsmieten) sind es nur 7 %.
  • 17. Angenommen weiter: Ohne Mietpreis-bremse stehen die Chancen für Gering-verdiener, bei der Bewerbung auf eine Wohnung den Zuschlag zu erhalten, bei 1:5. Mit Mietpreisbremse (bedingt durch stärkere Konkurrenz) stehen die Chancen nur noch bei 1:7.
  • 18. Das Resultat: Mit Mietpreisbremse verliert das Quartier jährlich neun Prozent Geringverdiener. Ohne Mietpreisbremse verliert es nur acht.
  • 19. Fazit: • Selbst dann, wenn der von dem Mietpreisbremsen-Skeptiker behauptete Mechanismus wirklich greifen sollte, führt dieser nur in unter sehr bestimmten Umständen dazu, dass der Anteil von Geringverdienern im Quartier sinkt (statt steigt). • Dass der Mechanismus greift, ist in Anbetracht der aufgezeigten Einwände sehr fraglich.
  • 20. Die Dialogue Map zeigt das Resultat im Überblick. Zur Verdeutlichung sind Argumente der Mietpreisbremsen-Skeptiker rot markiert, Argumente der Befürworter grün. Das Lupen- Zeichen markiert Beweislücken. Fehlen Punkte? Gibt es Missverständnisse? Auf der Karte kann man darauf mit Finger zeigen!
  • 21. Link zu größerer Ansicht hier.
  • 22. Ralf Grötker groetker@explorat.de T 030/69 00 18 14 Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Probetermin: