1. Fachinfo aus der Landesfrauen-
organisation
Salzburg, 5. Mai 2008
Sind Steuern geschlechtsneutral?
Wie Steuern auf Männer und Frauen unterschiedlich wirken
Warum Steuern gut für Frauen sind
Frauensteuern – Männersteuern
Gendergerechte Steuern
1. Warum Steuern gut für Frauen sind
Steuern sind die wichtigste Finanzquelle für einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat – 2/3 für dessen
Finanzierung kommen in Österreich aus Steuern. Wesentliche Leistungen dienen vor allem Frauen:
• Sozialtransfers sind besonders für Frauen mit niedrigem Einkommen nötig (2/3 aller
EinkommensbezieherInnen im Niedriglohnbereich sind Frauen)
• Öffentlich finanzierte Versorgung mit sozialer Infrastruktur (Bildung, Gesundheit) ist besonders
für Menschen mit geringem Einkommen, somit verstärkt für Frauen, unverzichtbar
• Soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung und Pflege, entlasten vor allem Frauen, da sie
diese Arbeit sonst oft (unbezahlt) erbringen (müssen).
• Frauen arbeiten oft im öffentlichen Bereich – der Sozialstaat ist somit auch Arbeitgeber, mit
annähernd gleichen Löhnen.
Sozialstaatliche, von Steuern finanzierte, Leistungen ermöglichen somit oft eine Erwerbstätigkeit von
Frauen und samt öffentlicher Leistungen eine Existenzsicherung.
2. Frauensteuern – Männersteuern
In Österreich gibt es für EinkommensbezieherInnen Abgabenformen, die die breite Bevölkerung treffen
(Lohnsteuer), Sozialversicherungsbeiträge und Verbrauchssteuern (Umsatzsteuer). Frauen sind oft in
höherem Ausmaß als Männer betroffen, denn wer wenig verdient, zahlt insgesamt betrachtet einen fast
genauso hohen Anteil an Abgaben wie jemand mit einem Spitzengehalt der Einkommensnachteil von
Frauen wirkt sich im Abgabensystem verstärkt negativ aus.
2. Warum ist dies so? Zum Beispiel durch Sozialversicherungsbeiträge! Diese sind keine Steuern im
herkömmlichen Sinn, doch auch sie werden vom Einkommen (vor Berechnung der Lohnsteuer)
abgezogen; Da die Sozialversicherung als fixer Satz von ca. 18 % eingehoben wird, belastet sie
GeringverdienerInnen in deutlich höherem Maß als HöchstverdienerInnen. Ein Teil der SV-Beiträge kann
in Form einer Negativsteuer (110 Euro im Jahr) zurückgefordert werden, wenn das Einkommen unter
der Lohnsteuergrenze (10.000 Euro und darunter) liegt.
Bereits ab einem Einkommen von 333 Euro werden Sozialversicherungsbeiträge eingehoben und ein
niedriges Einkommen wird somit bereits um 1/5 reduziert.
Eine Politik, die mit Schlagworten, wie „Verstärkung des Versicherungsprinzip“ etc wirbt, meint im
Endeffekt eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge, was aus frauenpolitischer Sicht
kontraproduktiv ist.
Eine weitere Steuer, die Frauen und niedrige Einkommen, besonders belastet ist die Umsatzsteuer, da sie
ebenfalls fix ist und Frauen oft das gesamte Einkommen für die Lebenshaltungskosten aufbrauchen.
Lohnsteuern werden von 4-10 Steuerpflichtigen nicht bezahlt ,da ihr Einkommen zu gering ist (2/3
Frauen); Wird eine Entlastung der Lohnsteuerpflichtigen versprochen, ist dies für 800.000 Männer und
Frauen wirkungslos.
Seit 1975 wird in Österreich beinahe konsequent das System der Individualbesteuerung verfolgt – jedes
Familienmitglied besteuert sein Einkommen selbst. Im Gegensatz dazu werden Haushalte in Systemen
der Familienbesteuerung bevorzugt, insbesondere Haushalte in denen Frauen nichts oder nur wenig
verdienen und (meist) der Mann Alleinverdiener ist und sich somit Steuern spart.
Dennoch gibt es auch in Österreich noch besagten Alleinverdienerabsetzbetrag, der dann zum Tragen
kommt, wenn 1 PartnerIn, in 90% der Fälle, die Frau, nichts oder nur bis zu € 6000/Jahr verdient.
Frauenpolitisch ist dies aus 2 Gründen abzulehnen:
• Es ist ein konkreter Anreiz hinsichtlich der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit
• Es hat einen hohen psychologischen Effekt, der dazu führt, dass Frauen oft bewusst einer nicht
existenzsichernden Arbeit nachgehen.
Fakt ist:
• dass durch den AlleinverdienerInnenabsetzbetrag pro Jahr 364 Euro an Steuern gespart werden
können, die dann auf das Konto des Mannes zurückgeführt werden; eine eigenständige
Erwerbstätigkeit der Frau erhöht das Familieneinkommen deutlicher!
• Seit der Steuerreform 2005, wurde der Absetzbetrag zusätzlich um Kinderzuschläge ausgeweitet
(bei einem Kind nun 494 Euro, bei 2 Kindern 669 Eruro, zusätzl. 220 Euro für jedes weitere Kind
• Ein traditionelles Familienbild wird dadurch gefördert – faktisch erhält in der Regel der Mann
eine Steuerbegünstigung, weil seine Frau wenig oder nichts verdient!
• Die Kosten liegen bei ca einer halben Milliarde Euro, die zum Beispiel für eine Ausweitung der
Kinderbetreuungsplätze genützt werden könnte!
3. Unser Ziel, kann also nur die Abschaffung des AlleinverdienerInnenabsetzbetrages sein!!!
3. Gendergerechte Steuern
Neben den Einkommensabhängigen Steuern und den Verbrauchssteuern gibt es auch noch Gewinn und
Vermögenssteuern, die in Österreich sehr niedrig sind. Um den Faktor Arbeit zu entlasten, wäre es
sinnvoll die Einkommen aus Gewinn, Besitz und Vermögen stärker zu belasten. In Österreich entfallen
für diese Art der Steuern nur 0,4 % des BIP, während der EU-Durchschnitt bei 1, 8 % liegt.
Vermögen werden unabhängig von der Höhe mit einem fixen Satz von 25 % belastet. Während
Einkommen nach der Höhe (Spitzensteuersatz 50 %) belastet werden, zahlen Millionäre einen gleichen
Anteil an Steuern wie z.B Pensionistinnen auf ihr Sparbuch; eine progressive Vermögensbesteuerung
(wer mehr Geld hat, zahlt mehr) wäre gerechter;
Um einem gendergerechten Steuersystem näher zu kommen, wäre es auch nötig die Lohnsteuer unter
Einbeziehung der Sozialversicherungsbeiträge neu zu gestalten, denn auch hier werden durch den fixen
Satz Niedrigeinkommen höher belastet als hohe Einkommen.
Der AlleinverdienerInnenabsetzbetrag sollte ganz abgeschafft werden - mit diesem Volumen könnten
untere Einkommen um bis zu € 360/Jahr entlastet werden; das Geld könnte auch in Infrastruktur
(Kinderbetreuungseinrichtungen) investiert werden.
Maßnahmen (Lohn-)steuerlicher Absetzbarkeit sind grundsätzlich kritisch zu hinterfragen, da sie für
Frauen, die oft keine (Lohn)Steuersteuer zahlen, wirkungslos sind. Stattdessen muss dafür gesorgt
werden, dass die Finanzierung öffentlicher Leistungen, wie z.B. Ausbau von Betreuungseinrichtungen,
statt Absetzbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen, geleistet ist.
Ein menschliches Steuersystem kann nur eines sein, dass sowohl Männern als auch Frauen ein
eigenständiges, existenzsicherndes Leben ermöglicht – es Bedarf also noch einiger Veränderungen!
Weitere Infos:
Ingrid.riezler@spoe.at Landesfrauenvorsitzende
(0664)541 44 81
Julia.Rafetseder@spoe.at Landesfrauengeschäftsführerin
(0664)830 44 90