1. „Das Beachhouse ist meine Vorstellung des Hampton Looks“,
so Thái Công . Er und seine Models sind im Tennis-Outfit zu
sehen, „da es eine weiße, elitäre Sportart ist – das passt zur
Einrichtung.“ Viele Möbel sind moderne Interpretationen
alter Klassiker. Die Spiegeltische entstammen den 30er, die
Chrom-Lampen den 50er, die Fliegerbox den 40er Jahren.
Zu Gast im Hotel Imaginaire
Exklusiv für HOMES inszenierte sich der
Fotokünstler und Interior-Designer Thái
Công Quách in seinen Hamburger Einrichtungsläden. Seine Selbstportraits
entführen uns in eine glamouröse Welt
zwischen Tradition und Moderne.
Fotos: Thái Công Quách, Produktion und Text: Saskia Bezzenberger
Styling: Alexa Meyer-Schuchardt, Haare & Makeup: www.bjoernkirschner.com
2. 08|09
or drei Jahren begegnete ich Thái Công Quách zum
ersten Mal. Ich produzierte mit ihm eine TV-Homestory
und war beeindruckt von seinem geschmackvollen, opulenten Einrichtungsstil. Damals war er mit der Fotoserie „My
parents in Vietnam“ en vogue, er hatte eine kleine Galerie und
schien seine Berufung als Fotograf gefunden zu haben. Als ich
hörte, dass er inzwischen drei Einrichtungsgeschäfte eröffnet
hat, war ich erstaunt und gespannt und fuhr sofort zum Eppendorfer Weg. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ich
hatte das Gefühl, vor einem Luxus-Boutique-Hotel in St. Germain zu stehen. Sechs riesige, schwarze Eisenamphoren mit
Buchsbäumen flankieren die schwarzen, bodentiefen Holzkassetten-Fenster, wie man es eher aus Paris oder London kennt.
An der Fassade glänzt der Name Thái Công in silbernen Lettern
auf auberginefarbenen Grund. Innen weist ein goldener Kofferwagen den Weg zur Rezeption des „Hotel Imaginaire“ – einem
Hotel, in dem man alles kaufen kann. Alles ist authentisch bis
ins Detail, inklusive Schlüsseltableau und Klingel auf dem Tresen. Durch die „Lobby“ schlendere ich ins Kaminzimmer, ein
Kinderbild des Hausherrn thront auf dem Sims. Brennende
Kerzen verströmen den Duft von Sandelholz, Leder und Citrusfrüchten, chillende Klänge ertönen aus der I-Pod-Anlage, und
die Sessel sehen so bequem aus, dass ich spontan zu Probe sitzen. Dann erscheint Thái Công, und ich spüre sofort, dass er
wichtiger Bestandteil dieser Inszenierung ist. Er ist der galante
Gastgeber, im Anzug mit Einstecktuch, das Streifenhemd ausgestattet mit Initialen und Manschettenknöpfen. Neben ihm der
Weimaraner Coco, der seinem Herrchen in Puncto Eleganz in
nichts nachsteht. Ich bekomme einen Latte macchiato auf
einem silbernen Tablett serviert, und schon sind wir mitten im
Interview. Wie kam es zu der Hotelidee? „Ich gebe den Räumen,
die ich einrichte, gerne ein Thema. Dadurch versteht der Kunde
ohne Erklärung, worum es geht. Und mit dem „Hotel Imaginai-
V
Linke Seite: So verbringt Thái Công am liebsten seine Abende:
Zigarre, Whiskey, gute Gespräche und der Weimaraner Coco
mitten drin. Das Clubhouse im Colonial Style spiegelt eine alte
Tradition, die der Interior-Designer gerne wiederbeleben würde.
Bibliothek und Chesterfield Sofa sind Neuanfertigungen. Links:
Thái Côngs Zitat früher Jahre in New York. Die Lampe ist eine
Neuanfertigung im Art Deco-Stil. Rechts: Stillleben im Colonial
Style – Ventilator und Muranoglas-Vase sind vom Flohmarkt.
re“ habe ich mir einen heimlichen Wunsch erfüllt. Ich liebe
Hotels und wollte schon immer eines einrichten – damit stille
ich meine permanente Reiselust.“
Tennis im Beach House, Drinks in der Bibliothek
Auch die zwei anderen Einrichtungsgeschäfte direkt nebenan
sind je eine Welt für sich. Das „Glamorous Beach House“ erinnert an das Strandhaus in den Hamptons aus dem Film „Was
das Herz begehrt“ mit Jack Nicholson. Weiße Holzbohlen an
Wänden und auf dem Boden, Holzshutter als Raumteiler,
Segelbilder und meerblaue Accessoires lassen keinen Zweifel
aufkommen, dass es sich um ein Haus am Wasser handelt. Im
„Club House“ schließlich fühle ich mich wie bei den Kennedys
privat. In der Bibliothek stehen in Leder gebundene Bildbände
zwischen Zigarrenschachteln und kostbaren Kristallkaraffen mit
Whiskey, und vor meinem geistigen Auge sehe ich Jackie und
John F. auf dem cognacfarbenen Chesterfield-Sofa am Kamin
sitzen.„Wenn Kunden meine Läden betreten, sollen sie in meine
Welt eintauchen und emotional bewegt sein,“ so Thái Công.
„Und wenn ich dann Ihr Zuhause einrichte und sie nach monatelanger Arbeit sagen: Alles sieht so aus, als ob die Möbel immer
3. 10|11
ZU GAST IM HOTEL IMAGINAIRE
Unten links: Eine frühere Fotoproduktion bildet den Rahmen für
die Esstisch-Rarität aus Nussbaumstäbchen, den Schrank aus
den Fifites und den Stuhl aus der Ära Louis Philippe.
Unten rechts: Wie die „Katze auf dem heißen Blechdach“ rekelt
sich Thái Côngs Model auf der von ihm entworfenen Recamiere
mit französischem Bezug. Die Tapete im Chinois-Stil taucht
jeden Raum in eine elegante Abendstimmung.
Rechte Seite: Soirée im Grand Hotel. „Ich war gerade in Paris im
Restaurant „L’avenue“ – die Szene erinnert mich daran.“ Stehund Hängelampen gehören zu Thái Côngs Lieblingsstücken von
Jacques Garcia, der das berühmte Hotel Costes eingerichtet hat
und dessen Kollektion er exklusiv in Hamburg verkauft. Die
Stühle basieren auf eigenem Entwurf.
schon hier gewesen sind, ist es das beste Kompliment, das sie
mir machen können.“ Es ist eine ganz bestimmte Klientel, die
der „Interior-Artist“, wie er manchmal genannt wird, mit seinen
künstlerischen Arrangements ansprechen will: kosmopolitisch,
gebildet und mit sicherem Stilempfinden. „Um meine Inszenierungen zu verstehen, muss man die Klischees kennen und
mögen, die ich kreiere. Doch es ist gar nicht einfach, einen
Raum so zu gestalten, dass das Klischee bedient und trotzdem
Neues geboten wird. Der erste Eindruck muss sein: Ich kenne
das, der zweite: Es wirkt trotzdem zeitgemäß.“ Thái Công fragt,
ob ich noch mit ihm Lunchen möchte. Wir setzen uns draußen
vor das „Hotel Imaginaire“ an einen der hübsch eingedeckten
Tische, und er bestellt verschiedene Vorspeisen vom Thailänder.
Gebracht werden sie – wie sollte es auch anders sein – wieder
formvollendet auf silbernen Tabletts, was sogleich neugierige
Passanten heranlockt, die sich an den Nachbartisch setzen wollen und von Thái Công aufgeklärt werden müssen. Warum er
keine echte Brasserie eröffnen wolle, frage ich ihn. „Ich möchte
selber entscheiden, wer hier vor meinem Laden sitzt. Leute, die
mir nicht gefallen, würden das Gesamtbild zerstören.“ In solchen Momenten spüre ich, dass der charmante 35-jährige auch
eine andere Seite hat. “Manchmal kann ich böse sein. Zum Beispiel wenn Leute anfangen zu handeln. Meine Kunden entscheiden sich bewusst für meine Handschrift und die Qualität meiner Ware. Sie machen keinen Preisvergleich.“ Getreu der Weisheit von Karl Lagerfeld: Stil muss man erst haben, bevor man
ihn sich kaufen kann, scheut er sich nicht, potentielle Käufer
hinaus zu komplementieren, wenn sie sich nicht entsprechend
benehmen.
4. 10|11
ZU GAST IM HOTEL IMAGINAIRE
Der Sexappeal klassischer Eleganz
Der gebürtige Vietnamese, der als 10-jähriger mit seinen Eltern
aus Saigon nach Hamburg kam, wurde eher zufällig zu Hamburgs angesagtestem Interior-Designer. „Ich fand die weißen
Wände in meiner Galerie zu unemotional. Also strich ich sie lila
und stellte ein paar Louis Seize-Sessel dazu. Als die Leute anfingen, sich für die Sessel zu interessieren, kam mir die Idee, meine
Kunst mit Möbeln zu präsentieren, damit sie verständlicher
wird.“ Thái Công nennt seinen Einrichtungsstil klassisch elegant, mit einem Hauch von Trend – das trifft auch auf ihn selbst
zu. Er ist ein sensibler Schöngeist, manchmal exzentrisch – aber
er ist vor allem eins: im Einklang mit sich selbst. Um es mit
Pedro Almodovar zu sagen: „Du bist authentisch, wenn du dich
dem Bild, das du von dir selbst hast, am ähnlichsten wirst.“ Zum
Abschied holt sich Coco noch ein paar Streicheleinheiten ab.
„Nächste Woche feiern wir ihren vierten Geburtstag mit einer
großen Party. Meinen eigenen Geburtstag feiere ich schon lange
nicht mehr,“ bekennt der stolze Hundevater. Ich verlasse die
etwas verrückte, überaus charmante Welt Thái Côngs und freue
mich schon auf ein Wiedersehen im „Hotel Imaginaire“.
„Hotel Imaginaire“ – so der Name von Thái Côngs jüngstem
Interior Coup. Der Laden ist seine Interpretation eines opulenten,
französischen Grandhotels. Tresen, Lampen und Schlüsselkasten
sind selbst entworfen, Klingel und Kofferwagen bezieht er über
einen Hotelaussteller. Sein Portrait fotografierte Giovanni Castell.
Unten: Die Lampe ist ein Eigenentwurf, das Foto vom Hotel
Majestique entstammt der Serie „My parents in Vietnam“.