Input im Rahmen des GPA-djp Seminars "Schuldenmythen und Fiskalpakt - Demokratieabbau in Krisenzeiten" mit Betriebsratsmitgliedern am 14.06.2012, mehr Informationen: http://blog.gpa-djp.at/bildung/2012/05/23/seminar-schuldenmythen-und-fiskalpakt-demokratieabbau-in-krisenzeiten/
2. Österreich
• Österreich
– Niedrige Arbeitslosenquote
– Leistungsbilanzüberschuss
– Bislang politische Stabilität (bis 2013?)
– Steigender Wohlstand –gute KV-Politik der
Gewerkschaften
– Schuldenstand (in Relation zum BIP) besser als im Euro-
Raum
– Aber stark gestiegene Neuverschuldung und
Gesamtschuldenstand
– Risken im Finanzsektor
– Gefahr für kleine offene Volkswirtschaft durch
sparbedingte Rezession in Europa
– In ganz Europa müssen hohe strukturelle Defizite von
3,3% im EUR Raum auf 0,5% reduziert werden.
2
6. Verschuldung
• Verschuldung ist kein Ergebnis des
Sozialstaates, oder dass wir in
Österreich über unsere Verhältnisse
gelebt hätten
• Bis zum Ausbruch der Finanzkrise
wurde die öffentliche Verschuldung in
Relation zum BIP gesenkt.
• Banken- und Finanzkrise wurde zu
Staatsschuldenkrise umgedeutet
6
7. Legendenbildung
• „Wir sind alle vom Sozialstaat verwöhnt.“, Veit Sorger, IV-
Präsident, 29. 10. 2010
• „In Wahrheit haben alle über ihre Verhältnisse gelebt, wir
alle haben Mitschuld daran.“ Karlheinz Kopf, ÖVP-
Klubobmann im NR, 27. 5. 2010
• "Der Sozialstaat hat ausgedient", sagt hingegen Barbara
Kolm vom Hayek Instituts. "In den letzten Jahren ist der
Sozialstaat einfach zu groß geworden, man hat
unreflektiert ausgegeben, ohne darüber nachzudenken.“,
10.6.2010
7
8. Ausbau des Sozialstaates durch Abgaben finanziert,
nicht durch Verschuldung
46
42
Abgabenquote
38
34
Sozialquote
30
26
22
18
70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10
Sozialausgaben bis 1989 laut W IFO, ab 1990 laut ESSOS
Q: Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz,
Statistik Austria, WIFO.
8
13. Kosten der Bankenpakete
• Im Bankenrettungstopf des Bundes sind nur noch
EUR 4 Mrd. (von EUR 15 Mrd.)
• Fekter: Kommunalkredit könnte auch noch EUR 1
Mrd. brauchen (wenn Griechenland insolvent wird)
(Standard 3.3.2012)
– EUR 1 Mrd. Partizipationskapital bei Volksbanken AG kann man
jetzt 70% abschreiben.
– Kommunalkredit bislang EUR 4,6 Mrd.
– EUR 1,55 Mrd. Hypo Alpe Adria
– ÖVAG und Hypo keine Verzinsung (Dividenden) und
Rückzahlungen
– Nettokosten Bankenpaket 2008-2012: 3,675 Mrd. EUR
• Nach dem kleinen Glücksspiel sollte auch das große
Glücksspiel verboten werden!
13
14. Übermütig?
• Treichl, 14.11. 2011:
• „Unsere Politiker sind zu blöd und zu feig (. . .) und
zu unverständig (. . .)", erklärte der Erste-Bank-Chef.
Und sie hätten "von der Wirtschaft keine Ahnung".
• Wer mit fremden Geld arbeitet und eine
Staatsgarantie hat, kann leicht mutig sein
• Treichl im September 2010
"Wir haben in Österreich in den vergangenen Jahren
ein hohes Ausmaß an kriminellen Aktivitäten in der
Finanzdienstleistung erlebt", konstatiert Treichl bei
einer von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG
veranstalteten Podiumsdiskussion in Wien. Und: "Wir
müssen uns vorwerfen, dass wir davon schon lange
gewusst haben. Da hat es viele Jahre schon massiv
gestunken."
14
15. Risken durch Banken ist zu
reduzieren - Damoklesschwert
• Schuldenbremse nützt nichts, wenn
jede Bank gerettet wird.
– Trennung klassisches Bankgeschäft vom
Investmentbanking. Sonst gefährden Risken
die Einlagen!
– Bankinsolvenzrecht einführen
– Keine Spekulation mit geliehenem Geld – für
Wetten 100% Eigenkapitalunterlegung
vorschreiben
15
17. Gute und schlechte Schulden
• Schulden sind notwendig
– in Wirtschaftskrise stabilisiert Verschuldung die
Nachfrage und die Wirtschaft
– Schulden mit denen langfristige Investitionen finanziert
werden, machen die Gesellschaft reicher
(Infrastrukturausbau). Diesen Schulden steht auch ein
Vermögen gegenüber
• Schlechte Schulden:
– Wenn laufende Ausgaben nicht durch Einnahmen
gedeckt werden können => massive Abhängigkeit der
Staaten von der Bereitschaft der Finanzmärkte diesen
Finanzmittel zu leihen.
– Wenn sich Staaten massiv verschulden, um Institute zu
kaufen, die Milliardenlöcher sind.
17
18. Verluste vergesellschaften
Gewinne privatisieren
– „Im Sozialismus wurden die Betriebe erst
verstaatlicht und dann heruntergewirtschaftet. Im
Kapitalismus wurden die Betriebe erst
heruntergewirtschaftet und dann verstaatlicht.“
– Asymmetrie: profitable Betriebe privatisiert,
systemrelevante herabgewirtschaftete gefährdete
Betriebe verstaatlicht. Der Staat als Bad Bank.
– Asymmetrie: Solange es Gewinne gibt, fließen die an
die privaten Eigentümer, sobald es existenzgefährdende
Verluste gibt tragen die die SteuerzahlerInnen.
18
21. Deregulierung
• Blinder Glaube an sich selbst regulierende Märkte
• Deregulierung der Finanzmärkte
• Deregulierung der Finanzmärkte
– Abbau von Kapitalverkehrskontrollen - Kapital wurde international
enorm mobil.
– Unter den Staaten entstand ein Wettbewerb, um Kapital mit günstiger
Besteuerung und attraktiven Rahmenbedingungen (=wenig
Regelungen) anzulocken.
• Zulassung neuer Finanzprodukte: Der Finanzsektor
entwickelte jede Menge hochkomplexer Finanzprodukte, an
denen vor allem er selbst verdiente.
• Finanzinstitute werden unterschiedlich stark reguliert und
beaufsichtigt => Es folgte eine Regulierungsflucht in den
Schattenbanksektor und in Steuer- und Regulierungsoasen
• Aufsichtbehörden operieren national, Finanzinstitute
grenzüberschreitend. Das macht eine effektive Ausfischt
schwierig bis unmöglich.
21
22. Shareholder value
• Ausrichtung der Unternehmenspolitik an der
Maximierung des Unternehmenswertes
(in Aktienkurs gemessen)
• Kurzfristdenken – Quartalsdaten
• Kurze Verträge von Managern
• Stock Options – Managereinkommen maßgeblich von
Höhe der Aktienkurse abhängig – verleiten zum Eingehen
von exzessiven Risken. Wenn Kurs steigt enorme Boni,
wenn Kurs sinkt, wird Option nicht eingelöst
• Zu Lasten Beschäftigter – langfristiger
Unternehmenspotenziale:
je mehr Gewinn an Aktionäre ausgeschüttet desto weniger
für Investitionen, Innovationen
• Überzogene Erwartungen auf Finanzmärkten –
Bilanzmanipulationen
22
23. Exzessive Risken eingegangen
• 1999 Glass-Steagall-Act aufgehoben.
– Gesetz aus 1933 trennte die Geschäftsbanken, die die
Einlagen der Kunden verwalten und Kredite vergeben
von den riskanten Geschäften der Investmentbanken.
– In der Folge konnten Banken mit den Einlagen der
breiten Bevölkerung spekulieren.
• 2004 Börsenaufsicht SEC überlässt den
Investmentbanken mit wieviel Eigenkapital
sie ihre Geschäften unterlegen wollen.
– Nach Bestimmung aus 1975 galt ein Verhältnis 1:12. Bei
Merrill Lynch stieg dieses Verhältnis („Leverage“) auf
1:40
23
24. Goldman Sucks
• FTD 28.1.2011: „Als es nicht mehr genügend Hypotheken
zum Verbriefen gab, fing vor allem Goldman Sachs an,
"synthetische CDOs" zu entwickeln.
• CDOs wurden gestückelt und in neue CDOs verpackt, die
sich damit grenzenlos produzieren ließen. Solange die
Häuserpreise stiegen, lief das Geschäft - und viele wurden
sehr reich damit.“
• Goldman Sachs begann aber auch, Milliarden auf das
Platzen der Blase zu wetten und trotzdem weiter
hypothekenbasierte Produkte zu verkaufen.
• "Lasst uns die Sachen aggressiv vertreiben, denn es wird
sehr gute Möglichkeiten geben, wenn der Markt in noch
größeren Stress gerät, und wir wollen das auszunutzen",
schrieb Goldmans Finanzchef David Viniar in einer E-Mail.
Seine Mitarbeiter schimpften, dass sie "Müll vertreiben".
24
28. Realwirtschaftliche
Krisenursachen
• Die Ursachen der Finanzkrise kann man nicht nur in
den Finanzmärkten suchen
• Die Neoliberale Politik führte zu Umverteilung nach
oben =>
• Beschränkung der Massenkaufkraft => beschränkt
rentable Realinvestitionen
• Unternehmen setzen vermehrt auf Übernahmen als
auf organisches Wachstum
• Unternehmen „investieren“ auch auf Finanzmärkten
– große Rolle der Finanzergebnisse
• Reiche Individuen legen ihr Vermögen an den
Finanzmärkten an
• Schieflage der Verteilung führte zur Umlenkung des
Gewinnstrebens auf die Finanzmärkte
28
29. Zunahme der Ungleichheit
Lohnquote n s e it 1960
80,0
75,0
70,0
E 15
U
E 16 ink W-Dtl
U
Deutschland
65,0 Westdeutschland
Österreich
USA
Japan
60,0
55,0
50,0
0
3
6
9
2
5
8
1
4
7
0
3
6
9
2
5
8
1
6
6
6
6
7
7
7
8
8
8
9
9
9
9
0
0
0
1
9
9
9
9
9
9
9
9
9
9
9
9
9
9
0
0
0
0
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
2
2
2
2
Que lle . AM ECO Date nbank
29
30. Ungleichheit USA
zunehmende Ungleichheit
Anteil des Einkommens des reichsten Prozents der
Bevölkerung
In den USA
erreichte die
Ungleichheit vor der
jetzigen Finanzkrise
dieselbe Höhe wie
vor den
Weltwirtschaftskrise
in den 1930er
Jahren
Hier sieht man den
Anteil des
Einkommens des
reichsten Prozents
der Bevölkerung
Aus The Global Financial Crisis and After: A New Capitalism?, Luiz Carlos
Bresser-Pereira,
30
31. USA: Anstieg der Ungleichheit
im Vergleich
Die Zunahme
der
Ungleichheit
ist besonders
in den USA
dramatisch
verlaufen –
wieder
gemessen am
Einkommensa
nteil des
reichsten
Prozents der
Bevölkerung
31
32. Von der Verteilungs- zur Wirtschaftskrise
• Polarisierung der Verteilung:
– Die fallenden Lohnquoten beschränken die Kaufkraft und Nachfrage
breiter Schichten der Bevölkerung.
– Darauf reagierten verschiedene Wirtschaften unterschiedlich:
– 1) kreditgetriebenes Wachstumsmodell (USA, GB, Südeuropa).
Das Schuldenwachstum ersetzt das Lohnwachstum als
Konsummotor. Das funktioniert aber nicht lange und ist nicht
nachhaltig aufrechtzuerhalten.
– 2) exportorientiertes Wachstumsmodell (Deutschland, Japan,
China). Die mäßige Inlandsnachfrage wird durch Nachfrage aus dem
Ausland ersetzt. Das Wachstum hängt von den Exporten ab.
– Beide Wachstumsstrategien hängen voneinander ab!
– Es können Exportweltmeister wie Deutschland nur deshalb
Außenhandelsüberschüsse erzielen, wenn sich andere Länder
verschulden und mehr importieren als sie selbst exportieren.
– Daher kann es keinen Ausweg darstellen, wenn jetzt “alle“ dem
deutschen Modell folgen wollen und über höhere Wettbewerbsfähigkeit
wachsen wollen.
– Gleichzeitiges Sparen in ganz Europa, insb. In den Defizitländern
untergräbtw auch das Wachstum in den Überschussländern
– Es können nicht alle Wirtschaften mehr exportieren als importieren.
– In der Summe gleichen sich Exporte und Importe aus.
32
35. Gesamteinschätzung
• Verhältnis Einnahmen zu Ausgaben 39: 61
• Großteils also eine ausgabenseitige
Konsolidierung
– Volumen: 4 Mrd. 2013 steigend auf über 9 Mrd. 2016
• Einnahmen sind teilweise unsicher:
– Finanztransaktionssteuer
– Abkommen mit der Schweiz
• Ziel Defizit 2012 unter 3% des BIP zu
senken und 2016 einen Budgetüberschuss
zu erzielen. Geht nicht: Wegen ÖVAG
Rettung Budget 2012 um EUR 700 Mio.
höher
35
36. Gesamteinschätzung
• Einnahmeseitigen Maßnahmen sind großteils
verteilungspolitisch sinnvoll
• Aber Schwerpunkt auf Ausgaben
– Dämpfungen bei den Bezügen öffentlich
Bediensteter und den Pensionen
– Wenige schwere Härten (außer
Tätigkeitsschutz)
36
37. Gesamteinschätzung
• Effekte auf Wirtschaft und Beschäftigung
– Reduktion der Nachfrage um EUR 1,9 Mrd.
bzw. 0,6% des BIP
• Wachstumsdämpfung von 0,15% pro Jahr
• Beschäftigungseinbußen werden kumuliert
auf 9.000 bis 10.000 Personen pro Jahr
geschätzt
37
38. Es ginge auch anders und besser
• Verteilungspolitisch und
wirtschaftspolitisch besser wären:
• höhere vermögensbezogene
Steuereinnahmen-
– das senkt nicht die Masseneinkommen
und hat kaum einen negativen Effekt auf
Kaufkraft und Konjunktur
• Nulllohnrunden und geringere
Pensionserhöhungen führen zu einer
Kaufkraftsenkung
38
39. Was wurde verhindert/
Was kommt nicht:
• Rein ausgabenseitige Konsolidierung
• Privatisierung von öffentlichem Eigentum
• Anhebung des Frauenpensionsalters, Anhebung des
Regelpensionsalters,
• Aufhebung des Verlustdeckels in der Pensionsberechnung
• Verschlechterung bei Tagesdiäten, Kürzung des
Verkehrsabsetzbetrages, bei freiwilligen Abfertigungen
• Anhebung der Mehrwertsteuer und anderer Massensteuern
• Beschränkung der Notstandshilfe mit 4 Jahren Bezug
• Streichung des Arbeitslosengeldes in der ersten Woche
• Erhöhung des KV-Beitrages für PensionistInnen
• Nulllohnrunde für PensionistInnen
39
40. Einnahmeseitige Maßnahmen
• Steuererhöhungen
- Besteuerung von Vermögenseinkommen (Streichung Spekulationsfrist
bei Immobilien, Umwidmungsabgabe)
- Spitzenverdiener (befristeter Zuschlag zu Einkommenssteuer)
- SV-Beiträge (Anhebung Höchstbeitragsgrundlage Besserverdiener,
Ältere, Selbständige, Bauern), Auflösungsabgabe
- Reform Gruppenbesteuerung
- Agrardiesel (Streichung MöSt Rückvergütung bei Bauern und ÖBB)
- Vorwegbesteuerung Pensionskassen – verteilungspolitisch bedenklich
- Solidarbeitrag zur Stabilitätsabgabe
40
41. Ausgabenkürzungen
- Nulllohnrunde, Aufnahmestopp öffentlicher Dienst
- Pensionsanpassung unter der Inflationsrate
- Strengere Voraussetzungen Korridorpension, Tätigkeitsschutz
ab 60 statt 57 Jahren, Umstellung auf das Pensionskonto.
– Prämienkürzung Zukunftsvorsorge, Bausparen
- Ermessensausgaben, Förderungen
- Reduktion öffentlicher Investitionen
- Noch heuer Rehab statt Rente
41
42. Einschätzung
• Marterbauer: Volumen halb so hoch wie im Durchschnitt
der EU-Länder
• Nachfrage- und Beschäftigungseffekte
- 2012: gering
- 2013ff merklich, Durchschnitt: 0,15% BIP
- besonders dämpfend: Pensionen,
öffentlicher Dienst, Investitionen
• Verteilungseffekte
- horizontal: Versuch alle Gruppen einzubeziehen
- vertikal: zu geringe Beteiligung höchster Einkommen und der mächtigen
Reichen
42
43. Was noch fehlt
• Welche Maßnahmen sind noch ungeklärt?
− Gesundheitsreform, Finanztransaktionssteuer,
Förderungen, Verwaltungsreform, Länder/Gemeinden
• Was fehlt?
- Allgemeine Vermögensteuer, Erbschafts- und
Schenkungssteuer
- Strukturreformen (föderale Strukturen,
Abgabenstrukturreform)
- Stabilisierung des Bankensystems
43
44. Einschätzung
• Einfluss der Gewerkschaften wahrnehmbar:
– NoGos von ÖGB/AK berücksichtigt
– Offensivmaßnahmen (zB Verlängerung Pflegefonds,
Mittel für Arbeitsmarktpolitik)
– Es wurden viele Dinge verhindert, die die AN massiv
getroffen hätten
– Einnahmeseitigen Maßnahmen hätte ohne ÖGB anders
ausgesehen
– Keine Privatisierungen
• Aber Hauptlast schultern trotzdem
ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen
44
46. • Während wir in Österreich als
Gewerkschaften erfolgreich sind
– gute KV-Abschlüsse
– Erfolgeiche Gestaltung und Einflussnahme auf
sozialpolitische Maßnahmen
• Werden in Europa die Kulissen verschoben
– “Deutsche“ Krisenlösung a la Brüning 1930 in der EU via
Fiskalpakt und Troika-Diktat in Ländern, die Mittel aus
dem ESM bekommen.
– Krise der EUR-Zone wird nur als Krise der
Staatsfinanzen gesehen. Völlig verkürzte und einseitige
Analyse und „falsche“ Therapie, die nicht funktionieren
kann.
46
47. Sixpack – und Fiskalpakt
• Verschärfung Stabilitäts- und Wachstumspakt
(Sixpack)
– Jährlich muss die Verschuldung um 1/20 der Differenz
zum Zielwert von 60% abgebaut werden.
– Ausgabenregel: das Ausgabenwachstum darf die
mittelfristige Wachstumsrate des BIP nicht übersteigen (außer
Kompensation durch Einnahmen) sonst drohen für Euroländer
Sanktionen (verzinste Einlage mit 0,2% des BIP).
– Bei Feststellung von Ungleichgewichten empfehlen Europ.
Kommission und Rat Maßnahmen, die bei sonstigen
Sanktionen umzusetzen sind.
– Aussprechung von Sanktionen nach umgekehrter Mehrheit,
d.h. allein die Kommission hat das Recht gegeben Sanktionen
zu verhängen (es müsste eine qualifizierte Mehrheit der
Mitgliedsstaaten dies ablehnen)
47
48. Marktkonforme Demokratie
• Was im Sixpack noch nicht durchgesetzt wurde, steht nun im
Fiskalpakt!
– Verschärfte Defizitregel: Budgetziel für strukturelles Defizit von 1% auf max.
0,5% reduziert.
– Auch Einleitung des Defizitverfahrens erfolgt nach dem Prinzip der umgekehrten
Mehrheit
• Fiskalpakt = Versteinerung neoliberaler Politik
• Völkerrechtlicher Vertrag, ausserhalb des EU-Rechts, OHNE
Kündigungs/Ausstiegsmöglichkeit
• Automatischer Korrekturmechanismus ist in nationalstaatliches
Recht einzuführen.
– Allein die Kommission soll festlegen, wie dieser Mechanismus gestaltet sein soll
– Parlamente werden umgangen
• UNMÖGLICHE ZIELE
• Konjunkturunabhängig pro Jahr 1/20 der (zu hohen)
Verschuldung (Schulden in Relation zum BIP) abzubauen ist
unmöglich!!!!
– Bei 100% Staatsverschuldung – konjunkturunabhängig pro Jahr ein Sparpaket
von 2% des BIP
• Man kann rabiat Sparen - aber dann sinkt auch das BIP
• (Griechenland 2007-12: -18%) –
• Folge: Staatsschuldenquote steigt
48
49. Probleme
• Gegenseitige Unterstützung verlangt auch Verpflichtungen
der Schuldner
• ABER
– nicht Aushöhlung der Demokratie in Ländern die sich nicht mehr auf
den Märkten refinanzieren können
– Völlig einseitige neoliberale Krisenlösung - Sparen als einzige Antwort
=> zum Scheitern verurteilt
– Kein Ende des Steuerwettbewerbs (Mindest-KöSt)
– Keine Finanztransaktionssteuer
– Keine Eurobonds
– Keine Entkoppelung der Staatsfinanzierung von den Finanzmärkten
durch EZB als Käufer von Staatsanleihen
• Aber die Banken konnten sich 2 mal unlimitiert um 1% Zinsen refinanzieren.
– Troika-Diktat: Irland kann bei 12,5% KöSt-Satz bleiben
– Griechenland muss Mindestlöhne um 22% bzw. 32<% für junge AN
kürzen, Griechenland muss privatisieren, Griechenland muss Renten
kürzen
• Eine derartigen Politik wird die EU zerstören.
49
50. Was sollte getan werden?
• Europäische Solidarität verlangt
Koordinierung und eine Politik, die
Wachstum ermöglicht
– Finanztransaktionssteuer
– Die Konsolidierung der Haushalte verlangt ein
Ende von Steuerdumping und
Steuerwettbewerb
– Eurobonds würden Attacken der Finanzmärkte
auf einzelne Staaten unmöglich machen
– Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit
– Öffentliche Investitionen
50
51. Keynesianismus
• Keynes: Denken in Zusammenhängen.
• Wenn Unternehmen sparen – soll Staat
mehr Geld ausgeben als er einnimmt
• Wenn Staat, Unternehmen und Haushalte
alle zu sparen beginnen => bricht die
wirtschaftliche Aktivität ein
51
52. Keynesianismus
• Denken in Zusammenhängen: antizyklische
Budgetpolitik
• Aiginger WIFO: „großartige Erfindung“ wider
den Hausverstand
• Wenn es schlecht geht, darf man nicht wie der
Privathaushalt mehr sparen, sondern muss mehr
ausgeben.
• geniale Erkenntnis, denn man kann nicht
aus den Regeln der Privathaushalte
Schlussfolgerungen für die
Wirtschaftspolitik ableiten.
52
54. Lohnsenkungen Anfang 2012 in
Griechenland
• Troika (EZB, IWF, Europ. Kommission) verlangt
Senkungen der Mindestlöhne – umgesetzt am März
2012
• der gesetzliche Mindestlohn für Arbeitnehmer bis 25 Jahre
in allen Branchen und Berufen wurde global von 751 EUR
auf 511 Euro brutto pro Monat gesenkt. (-32%)
• Beschluss 28.2.: für Arbeitnehmer bis 25 Jahren
Außerkraftsetzung aller Branchentarifverträge und
kollektiven Tarifvereinbarungen
• Für die übrigen Arbeitnehmer beträgt dagegen die
entsprechende Senkung des Grundlohns des Nationalen
Manteltarifvertrag 22% (= 586 Euro brutto im Monat)
54
55. Und wie geht es weiter?
EU und IWF: Löhne um weitere
15% senken
55
56. Gesetzliche Mindestlöhne auf Basis des nationalen Manteltarifvertrags in Griechenland
Bruttobezüge vor dem neuen Bruttobezüge nach dem neuen
Dienst- Memorandum für Memorandum für
jahre
Ledige Verheiratete Ledige Verheiratete
0–3 751,39 € 826,53 € 586,08 € 644,69 €
3–6 813,98 € 889,12 € 634,40 € 693,50 €
6–9 887,98 € 963,12 € 692,62 € 751,23 €
9 und
961,97 € 1.037,11 € 760,34 € 808,94 €
mehr
http://www.griechenland-blog.gr/2012/senkung-der-mindestloehne-in-griechenland-ab-maerz-2012/6926/
56
57. Interne Abwertung - Aushebelung
der Tarifverträge
• Umsturz des Allgemeinen Nationalen
Manteltarifvertrags, in spätestens 15
Monaten wird auch die Gesamtheit der
Branchentarifverträge gekippt
– die Löhne auf die Mindestgrenzen gedrückt werden.
• Moratoriums betrifft auch höheren Löhne.
– ausdrücklich angeführt, dass die in Kraft stehenden
Tarifverträge obligatorisch innerhalb eines Jahres, also
spätestens im Februar 2013 auslaufen werden.
– Nach weiteren drei Monaten wird dann folglich – sofern
es keinen neuen Tarifvertrag geben wird – die
Verhandlung auf persönlichem Niveau erfolgen
57
60. Aktuelle
Konjunkturentwicklung EU
• Schwere Rezession in EU-Ländern (07-12):
Griechenland -18%
Irland - 9%
Estland - 7%
Portugal - 6%
Spanien - 4%
Deutschland + 3%
Österreich + 4%
60
61. Folgen dieser „marktkonformen Demokratie“
– wie weit wollen sie noch gehen?
• Arbeitslosigkeit steht bei 22 Prozent.
• Jugendarbeitslosigkeit 50%
• Seit Beginn der Wirtschaftskrise haben in Griechenland fast
900.000 Menschen ihren Job verloren.
• BIP-Rückgang 2007 – 2012: 18%
• Anstieg der unkontrollierten Prostitution in Athen um über 1500
Prozent - Anstieg der sexuell übertragenen Krankheiten, Anstieg
der HIV-Infektionen um 62,7% 2011
• In Griechenland und speziell in Athen breiten sich die Fälle
rassistischer Gewalt gegenüber Immigranten auch auf Bezirke
außerhalb des Zentrums aus
• Unterernährte Kinder in den Schulen - Griechenland verteilt
Lebensmittelmarken an Schüler
• drakonische Spar- und Steuermaßnahmen in Griechenland treiben
immer mehr Bürger in die Schuldenfalle und somit
hunderttausende Familien in die völlige Verarmung
61
62. Raus aus der neoliberalen Sackgasse
• Neoliberale Politik zerstört vor unseren
Augen die Gesellschaft
– Rückkehr von Massenelend in Teilen Europas
• Gewerkschaften müssen für ein anderes
Europa kämpfen.
• Rabiate Sparpolitik und Schuldenabbau
– ohne Finanztransaktionssteuer,
– ohne Mindestkörperschaftssteuern,
– ohne Entmachtung der Finanzmärkte bei der
Staatenfinanzierung
• kann nicht funktionieren.
62