2. Stufenmodell der kognitiven Entwicklung
1) sensu-motorische Phase
2) voroperationale Phase
3) Phase der konkreten Operationen
4) Phase der formalen Operationen
Alle Phasen müssen immer in dieser Abfolge durchlaufen werden, die
nachfolgende Phase baut auf die vorhergehende auf
3. Sensu-motorische Phase (0 - 2 Jahre)
• Grundlagen für die Denkentwicklung werden gelegt
• Erfahrungen mit den Sinnesorganen und mit dem Bewegungsapparat stehen im
Vordergrund der Entwicklung
• Anfang: angeborene Verhaltensweise und Reflexe
• Kreisreaktionen: sich wiederholende Aktivitäten, die vom Kind ausgehen und
interessante Effekte produzieren
4. Sensu-motorische Phase (0 - 2 Jahre)
• Objektkonstanz/Objektpermanenz: „was nicht sichtbar ist, existiert auch nicht!“
diese Auffassung wird mit ca. 8 Monaten überwunden; Fähigkeit, dingliche Umwelt
auch kognitiv zu repräsentieren, ein Abbild im Gedächtnis zu haben
• 8-Monats-Angst (Fremdenangst)
• Kleinkind erwirbt in Auseinandersetzung mit der Umwelt die Konzepte des
Raumes, der Zeit und der Kausalität (Beispiel Flaschensaugen,
„Objektpermanenz“)
5. voroperationale Phase (2 – 7 Jahre)
• Gedanken laufen nach einfachen logischen Regeln ab
• Durch Spracherwerb und die damit verbundenen symbolischen Fähigkeiten
erlangt das Denken eine neue Qualität:
– sich etwas vorstellen können,
– etwas nachahmen können,
– So-Tun-Als-Ob Spiele (Rollenspiel, Fiktionsspiel; z. B. Holzstück – Waffe)
6. voroperationale Phase (2 – 7 Jahre)
• Wahrnehmungseindruck bestimmt das Denken: Zentrierung auf ein Merkmal (z.B.
Reihenbildung, Umschüttversuche, Kneteverformungen)
• Fehlende Riversibilität (Reihe von unterschiedlich langen Stäben ordnen)
• Egozentrismus:
1) die noch unvollständige Unterscheidung zwischen dem Selbst und der Außenwelt
(einschließlich anderer Menschen)
2) die Tendenz, die Welt ausschließlich aus der eigenen Perspektive wahrzunehmen und
zu begreifen (Unfähigkeit der Perspektivübernahme: Kinder im präoperativen Stadium
denken, alle würden das sehen, was sie sehen)
7. Phase der konkreten Operationen
(7 – 11 Jahre)
• Denken folgt komplizierteren Regeln, Wahrnehmungseindruck verliert seine
dominante Rolle
• Konstanzen werden nun als solche erkannt
• Transitivität (Reihenbildung, Seriation)wird jetzt verstanden
• Konzepte der Kompensation und Reversibilität (Vorgänge wie Addition und
Subtraktion) werden erworben
8. Bei der Pendelaufgabe wird Kindern unterschiedlichen Alters die Frage gestellt,
von welchen Faktoren die Frequenz eines Pendels abhänge, von seinem Gewicht
oder von seiner Länge.
Es wird gezeigt, dass ein kurzes, schweres Pendel rasch schwingt und ein langes,
leichtes Pendel langsam schwingt.
Kinder in der präoperationalen Phase:
Betrachtung nur eine der beiden Dimensionen
Sie werden sagen, ein kurzes Pendel schwinge schneller, oder aber sie behaupten, ein
schweres Pendel schwinge schneller.
9. Kinder in der konkret-operationalen Phase:
Kombination mehrere Merkmale
ein kurzes und schweres Pendel schwinge schneller (was ja auch beobachtbar ist)
logische Konjunktion beider Dimensionen
JEDOCH: nicht Lösung des Problems da Gewicht des Pendels nicht relevant ist
Nur die Länge der Schnur ist relevant.
10. Kinder in der formal-operationalen Phase:
Lösung von diesen konkret beobachteten Fällen (kurz/schwer und lang/leicht)
Zwei von vier möglichen Kombinationen der beiden Variablen Gewicht und Länge
Empirische Überprüfung der nicht realisierten Kombinationen der beiden
Dimensionen
langes/schweres Pendel und ein kurzes/leichtes Pendel
11. neue Leistung der Kinder:
Schlussfolgerungen liegt eine systematische Kombination von Variablen zugrunde
aus den gedachten Kombinationsmöglichkeiten Hypothesen ableiten und prüfen
Variablen werden also kontrolliert und isoliert
12. Phase der formalen Operationen
(ab 11 - 12 Jahren)
• auf rein theoretischer Ebene können logische Schlussfolgerungen gezogen
werden, gedanklich können mehrere Merkmale einer Situation systematisch
variiert werden
• Problemsituationen können systematisch analysiert werden, Modelle/Abläufe
können gedanklich durchgespielt werden
13. Überblick über Phasen nach Piaget
1) sensu-motorische Phase (0 – 2)
Erfahrungen mit den Sinnesorganen und dem Bewegungsapparat
2) voroperationale Phase (2 – 7)
Zentrierung auf 1 Merkmal
Egozentrismus
3) Phase der konkreten Operationen
Denken nach komplizierteren Regeln
Tranistivität
4) Phase der formalen Operationen
Abstraktes Denken, Metaperspektive
14. Arbeitsphase
Lest euch beide Fallbeispiele durch und entscheidet euch für einen Fall
Idealerweise sollten zwei nahezu gleichgroße Gruppen entstehen, die sich über den Fall
austauschen
Bearbeitet die Arbeitsaufträge auf den Aufgabenblättern
Zum Abschluss:
Besprecht auch mögliche Kritik am Stufenmodell von Piaget
15. Kritik an Piaget
• Es gibt starke individuelle Unterschiede zwischen Kinder der gleichen Altersstufe
• Es gibt bereichsspezifische Unterschiede: Ein und das gleiche Kind bewältigt
Aufgaben eines Typus für einen Inhaltsbereich aber nicht für einen anderen
Zweifel an der Annahme, dass es qualitative Unterschiede in den
Denkleistungen von Kindern gibt
• für manche Inhaltsbereiche sind Kinder schon sehr früh Experten und bewältigen
komplizierte Aufgaben, die sie bei einem anderen Inhaltsbereich nicht lösen
16. Kritik an Piaget
angeborenes Wissen "Kernwissensthese" (Carey & Spelke, 1994): z. B.
intuitives Physikwissen: Lösen von Balkenwaagen-problemen, Schwerkraft,
Oberflächenbeschaffenheit und – neigung; Kategorienwissen von Säuglingen)
Der Einfluss von Erfahrungen, Bildungsniveau und Kultur wird nicht berücksichtigt
Vernachlässigung sozialer Faktoren (Lernen durch Beobachtung usw.)