2011 wird die Weltbevölkerung die Sieben-Milliarden-Marke knacken. Dei Mehrheit der Menschen lebt dann in sogenannten "aufstrebenden Märkten". Die Allianz Studie erklärt die Aussichten für mögliche Investmentstrategien.
Allianz Life North America – Rethinking What’s Ahead in Retirement
Allianz Studie: Demografische Zeitenwende
1. Analysen & Trends: Zukunftssicherung
Demografische
Zeitenwende
Innerhalb von nur 100 Jahren hat sich die
Weltbevölkerung auf 7 Milliarden Menschen
vervierfacht.
3. Analysen & Trends
Inhalt
4 Weltbevölkerung übersteigt 7 Milliarden
4 Der Großteil der Weltbevölkerung lebt in
wirtschaftlichen Schwellenländern
6 Sinkende Geburtenraten führen
zu rückläufigem Bevölkerungswachstum
8 Die Weltbevölkerung altert in doppelter
Hinsicht
11 Die Bevölkerungspyramiden beginnen
Kopf zu stehen
Impressum
Allianz Global Investors
Kapitalanlagegesellschaft mbH
Mainzer Landstraße 11–13
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Kapitalmarktanalyse
Hans-Jörg Naumer (hjn), Dennis Nacken (dn), Stefan Scheurer (st),
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3
4. Analysen & Trends
Demografische Zeitenwende
Innerhalb von nur 100 Jahren hat sich die Weltbevölkerung
auf 7 Milliarden Menschen vervierfacht.
man bedenkt, dass zuvor zwischen dem
Gastbeitrag Überschreiten der 500-Millionen-Marke um
das Jahr 1500 und der Verdoppelung auf
Bei dieser Analyse handelt es sich um 1 Milliarde Menschen in der ersten Hälfte
einen Gastbeitrag von Frau Dr. Michaela des 19. Jahrhunderts mehr als 300 Jahre ver-
Grimm. Frau Dr. Grimm ist Mitarbeiterin gingen.
im Team von Group Economic Research &
Corporate Development bei der Allianz SE. Der Großteil der Weltbevölkerung lebt in
wirtschaftlichen Schwellenländern
Die meisten Menschen leben in Asien. Der
Kontinent zählt laut Angaben der UN in
diesem Jahr rund 4,2 Milliarden Bewohner;
Weltbevölkerung übersteigt 7 Milliarden davon leben mehr als die Hälfte in China
(1,3 Milliarden Menschen) und in Indien
Im Herbst dieses Jahres wird der 7-milliardste (1,2 Milliarden Menschen). An zweiter und
Erdenbürger geboren werden. Noch nie an dritter Stelle stehen Afrika mit einer Bevöl-
zuvor haben so viele Menschen gleichzeitig kerung von gegenwärtig rund 1 Milliarde
auf unserem Planeten gelebt. Innerhalb von und Lateinamerika mit rund 600 Millionen
nur 100 Jahren hat sich damit die Weltbevöl- Menschen. Drei Viertel der Menschheit leben
kerung nicht zuletzt dank der Verbesserung somit in sogenannten Entwicklungs- und
der Ernährungslage und der hygienischen Schwellenländern. Europas Bedeutung ist
Standards von 1,65 Milliarden Menschen aus demografischer Sicht in den letzten
auf nun 7 Milliarden vervierfacht. Diese Ent- 100 Jahren hingegen deutlich geschrumpft;
wicklung ist umso bemerkenswerter, wenn nur noch jeder zehnte Erdbewohner lebt
Die Weltbevölkerung hat sich in den letzten 100 Jahren vervierfacht
10.000
Weltbevölkerung (in Mio.)
8.000
6.000
4.000
2.000
0
0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 2000
Jahr
Quelle: UN Population Division.
4
5. Asien nach wie vor bevölkerungsreichster Kontinent
Verteilung der Weltbevölkerung um 1900 Verteilung der Weltbevölkerung 2011
8%
5% 15 %
5%
9%
1,7 Mrd. 57 % 7,0 Mrd. 60 %
5%
25 %
11 %
Asien
Europa
Afrika
Südamerika
Quelle: UN Population Division. Nordamerika
heute auf dem alten Kontinent, vor rund der UN den 8-milliardsten Erdenbürger 1
Vgl. UN Population
100 Jahren war es noch jeder vierte1. Daher ist begrüßen dürfen, danach dürfte es dann Division: The World at Six
die Wahrscheinlichkeit, dass der 7-milliardste aber 18 Jahre dauern, bis die nächste Milliar- Billion, S. 4.
Erdenbürger in einem der Schwellenlän- dengrenze erreicht ist. Gegen Ende des Jahr-
der geboren wird, relativ hoch. So dürften hunderts, um 2082, werden aller Voraussicht 2
Vgl. UN Population
nach Schätzungen der UN allein in Indien nach mehr als 10 Milliarden Menschen auf Division, World Population
dieses Jahr rund 26,5 Millionen und in China unserem Planeten leben – und damit doppelt Prospects, 2008 Revision.
18,6 Millionen Kinder auf die Welt kommen; so viele wie 1986. Die größer werdenden Zeit-
in der Europäischen Union hingegen insge- abstände veranschaulichen einen seit einigen 3
Vgl. UN Population
samt nur 4,4 Millionen2. Jahren zu beobachtenden Trend: Die Wachs- Division, World Population
tumsrate der Weltbevölkerung ist rückläufig; Prospects, 2010 Revision.
Auf absehbare Zeit wird die Weltbevölkerung seit dem Höchststand von 2,1 % im Jahr 1968
also weiter wachsen. Schon Mitte des nächs- ist sie auf 1,1 % im letzten Jahr gesunken3.
ten Jahrzehnts werden wir laut Voraussagen
5
6. Analysen & Trends
Asien wird bevölkerungsreichster Kontinent bleiben
6.000
5.000
Gesamtbevölkerung (in Mio.)
4.000
3.000
2.000
1.000
0
Afrika Asien Europa Nordamerika Lateinamerika Ozeanien
2010 2030 2050
Quelle: UN Population Division, World Population Prospects, 2010 Revision.
Regional betrachtet gibt es mit Blick auf Sinkende Geburtenraten führen zu rück-
die Bevölkerungsdynamik jedoch deutliche läufigem Bevölkerungswachstum
Unterschiede: Während sich die Bevölkerung
in Afrika bis Mitte des Jahrhunderts voraus- Ursache hierfür ist vor allem die Entwick-
sichtlich mehr als verdoppeln wird und Asien lung der Geburtenraten: Im weltweiten
um 2050 rund 1 Milliarde Menschen mehr Durchschnitt hat sich die Geburtenrate in
zählen dürfte, wird sie in Europa langfristig den letzten 60 Jahren von durchschnittlich
4
Vgl. UN Population zurückgehen. In den USA hingegen dürfte die 5,0 Kindern pro Frau auf 2,5 halbiert. Die
Division, World Population Bevölkerung weiterhin auf dann gut 403 Milli- Tatsache, dass es dabei erhebliche regionale
Prospects, 2010 Revision. onen Einwohner ansteigen4. Unterschiede gibt, ist hinlänglich bekannt. Die
höchsten Geburtenraten werden nach wie vor
in Afrika verzeichnet; heute bringt dort eine
Geburtenraten in allen Weltregionen rückläufig
8
Durchschnittliche Zahl von Kinder pro Frau, nach Region
7
6
5
4
3
2
1
1950 1970 1990 2010 2030 2050
Afrika Welt Asien Lateinamerika Nordamerika Australien/Neuseeland Europa Reproduktionsfaktor
Quelle: UN Population Division, World Population Prospects, 2010 Revision.
6
7. Frau im Schnitt 4,4 Kinder zur Welt. In Europa, verschiedenen afrikanischen Ländern, auch
dem Kontinent mit den derzeit niedrigsten wenn die Ausgangssituationen verschieden
Geburtenraten weltweit, ist die durchschnitt- sind: So wird manchem hierzulande noch
liche Geburtenrate hingegen auf nur noch in Erinnerung sein, dass Großmutter oder
1,6 Kinder pro Frau gesunken und liegt seit Großvater aus kinderreichen Familien stam-
1975 sogar unter der für den Erhalt einer men; denn um 1900 lag die durchschnittliche
Population notwendigen Rate von 2,1. Die Geburtenrate pro Frau in Deutschland noch
stärksten Rückgänge verzeichneten – nicht bei 4,2 Kindern und 1935 bei 2,2. Nach Ende
zuletzt aufgrund der Ein-Kind-Politik Chinas des Zweiten Weltkriegs stieg sie bis Mitte der 5
Vgl. UN Population
– Asien und Lateinamerika, wo die Geburten- Neunzehnhundertsechzigerjahre wieder auf Division, World Population
raten im selben Zeitraum von 6,0 bzw. 5,8 auf 2,6 Kinder an, seitdem ist sie jedoch rückläu- Prospects, 2010 Revision.
2,2 und 2,3 Kinder pro Frau gefallen sind5. fig und liegt seit 1970 unterhalb des Repro-
duktionsfaktors von 2,1. Welche Rolle dabei
Welche Einflussfaktoren im Einzelnen für die verbesserten Bildungsmöglichkeiten von
das Geburtenverhalten in einer Bevölkerung Frauen gespielt haben dürften, zeigt ein Blick
maßgeblich sind, ist Gegenstand zahlreicher in das Afrika von heute: So liegt zum Bei-
Untersuchungen. Die Erklärungen sind viel- spiel die durchschnittliche Geburtenrate im
fältig und die Umkehr der Entwicklung ist Tschad, wo nur gut 20 % der Frauen lesen und
schwierig, wie die nur von mäßigem Erfolg schreiben können, bei 6,3 Kindern, während
gekrönten Maßnahmen der deutschen eine Frau in Südafrika, wo die Alphabetisie-
Geburtenraten und Wohlstand sind negativ korreliert
Geburtenraten und BIP pro Kopf, 2010
8
7
Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau
6
5
4
3
2
1
0
0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000
BIP pro Kopf, in US-Dollar
Quellen: UN Population Division, World Population Prospects, 2008 Revision, IWF.
Bundesregierung zur Erhöhung der Gebur- rungsquote von Frauen knapp 90 % beträgt,
tenraten zeigen. Fest steht, dass die durch- im Schnitt nur 2,5 Kinder bekommt6.
schnittliche Kinderzahl mit der Verbesserung Damit korrespondiert auch die Tatsache,
des allgemeinen Lebensstandards und dem dass es einen negativen Zusammenhang
steigenden Bildungsniveau der Frauen sinkt. zwischen allgemeinem Wohlstandsniveau
Dazu genügen ein Blick in die Geschichte und der durchschnittlichen Geburtenrate
und der Vergleich der Geburtenraten in gibt: Offensichtlich gilt, je höher der Lebens-
6
Vgl. UNESCO und UN Population Division. In Deutschland zum Beispiel sind im früheren Bundesgebiet von den Frauen im
Alter zwischen 40 und 75 Jahren 26 % derjenigen mit hohem Bildungsabschluss kinderlos, während dies nur auf 16 % der
Frauen mit mittlerem Bildungsniveau und 11 % derjenigen mit niedrigem Bildungsniveau zutrifft. Vgl. Statistisches Bundesamt,
Mikrozensus 2008. Neue Daten zur Kinderlosigkeit in Deutschland, Wiesbaden 2009, S. 27.
7
8. Analysen & Trends
standard einer Gesellschaft, desto niedriger
die Zahl der Kinder. So hat laut UN Niger, das Es besteht ein negati-
mit einem durchschnittlichen Bruttoinlands- ver Zusammenhang
produkt von umgerechnet 287 Euro pro Kopf
zwischen allgemeinem
im Jahr 2010 zu den 10 ärmsten Ländern der
Welt zählte, die höchste Geburtenrate welt- Wohlstandsniveau und
weit: Eine Frau bringt dort im Durchschnitt Geburtenraten
7,0 Kinder zur Welt. In Luxemburg hingegen,
laut IWF-Statistik mit 82.020 Euro das Land
mit dem weltweit höchsten BIP pro Kopf, lag
die durchschnittliche Geburtenrate 2010 bei
nur 1,7 Kindern. Vor diesem Hintergrund ist
davon auszugehen, dass die Geburtenraten
im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung bei
steigendem Wohlstand auch in den Schwel-
lenländern künftig weiter zurückgehen wer- Jahren um knapp 30 Jahre von 39,9 Jahren auf
den. 69,6 Jahre zugenommen hat.
Die Weltbevölkerung altert in doppelter Mit einem Plus von 11 gewonnenen Jahren
Hinsicht fiel der Anstieg in besagtem Zeitraum in
Europa und Nordamerika weitaus schwächer
Die Auswirkungen des Rückgangs der Gebur- aus. Der langsamere Zuwachs begann hier
tenraten auf die Entwicklung der Gesamtbe- jedoch von einem weitaus höheren Niveau:
völkerung wird allerdings durch den Anstieg Im Jahr 1950 hatte der durchschnittliche
der Lebenserwartung gedämpft. Seit 1950 hat Europäer bereits eine Lebenserwartung von
die weltweite durchschnittliche Lebenserwar- 64,5 Jahren bei Geburt. Denn einen ähnlich
tung bei Geburt um 4,6 Monate pro Jahr von großen Sprung in puncto Lebenserwartung
45,4 auf 68,2 Jahre zugenommen. Höhere wie die Asiaten hatten die Europäer bereits in
Lebensstandards, verbesserte hygienische den Jahrzehnten zuvor gemacht: In Deutsch-
Bedingungen und medizinischer Fortschritt land zum Beispiel lag die durchschnittliche
haben maßgeblich dazu beigetragen. Am Lebenserwartung eines Jungen bei Geburt
stärksten fiel der Anstieg der Lebenserwar- um 1900 noch bei 44,8 Jahren, die eines Mäd-
tung in Asien aus, wo sie in den letzten 60 chens bei 48,3 Jahren. 1950 betrug sie dann
Deutlicher Anstieg der Lebenserwartung
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt
100
80
60
Jahre
40
20
0
Welt Australien/ Nordamerika Europa Lateinamerika Asien Afrika
Neuseeland
1950 1980 2010 2030 2050
Quelle: UN Population Division, World Population Prospects, 2010 Revision.
8
9. Der Anstieg der Lebenserwartung hat sich in den letzten 100 Jahren beschleunigt
Lebenserwartung bei Geburt, 1760–2010
80
70
60
50
in Jahren
40
30
20
10
1950 1970 1990 2010 2030 2050
Jahre
Schweden (1760-1899) Schweden (1900-2010) Japan USA Deutschland Schweiz
Quelle: Human Mortality Database (HMD)
bereits 64,6 bzw. 68,5 Jahre7. Ein Baby, das Lebenserwartung eines Neugeborenen welt- 7
Vgl. Bundesamt für
heute geboren wird, hat als Junge eine durch- weit bei 75 Jahren liegen, wobei es aufgrund Statistik: Sterbetafeln
schnittliche Lebenserwartung von 77,3 und des unterschiedlichen Entwicklungsstands 1901/1910 und Sterbe-
als Mädchen eine von 82,5 Jahren8. der Länder nach wie vor deutliche Unter- tafeln 1949/1951.
schiede geben wird: So dürfte zum Beispiel
Wenn auch die Annahmen über die Auswir- ein Neugeborenes in Deutschland eine 8
Vgl. Bundesamt für Statis-
kungen des sich wandelnden Lebensstils auf Lebenserwartung von über 84 Jahren haben, tik: Sterbetafeln 2007/2009.
die Lebenserwartung auseinandergehen und in Japan dürfte sie bei 87 Jahren, in Brasilien
die Frage, ob es eine absolute Obergrenze für bei 79 Jahren und in Nigeria bei 64 Jahren lie-
die menschliche Lebenserwartung gibt, nach gen. Während dieser Anstieg in den Entwick-
wie vor ungeklärt ist, sind sich die Demogra- lungsländern vor allem dem Rückgang der
fen darin einig, dass die durchschnittliche Kindersterblichkeit geschuldet sein wird, wird
Lebenserwartung weiter ansteigen wird. in den Industrieländern und in den meisten
In 30 Jahren dürfte die durchschnittliche Schwellenländern die Zunahme der Lebens-
erwartung in höheren Altern der Treiber sein.
9
10. Analysen & Trends
9
Vgl. Human Mortality Lag die durchschnittliche fernere Lebens- Lebenserwartung im Alter von 65 um 2050
Database. erwartung bei Renteneintritt im Alter von bei 21,6 Jahren und in China bei 18,7 Jahren
65 zum Beispiel in Japan 1950 noch bei liegen10.
10
Vgl. UN Population 11 Jahren, beträgt sie heute knapp 22 Jahre9.
Division, World Population Bis Mitte des Jahrhunderts dürfte sie auf Weltweit wird sich die Zahl der Über-65-Jäh-
Prospects, 2008 Revision. 24 Jahre angestiegen sein. In der Schweiz rigen dadurch bis 2050 nahezu verdreifachen
dürfte sie dann bei 23,7 und in Deutschland und von gegenwärtig rund 530 Millionen
Anstieg der Lebenserwartung in höheren Altern
Fernere Lebenserwartung im Alter 65
25
20
15
in Jahren
10
5
1875 1900 1925 1950 1975 2000 2025 2050
Jahre
Japan Schweden Frankreich Schweiz USA England und Wales Deutschland Australien
Quellen: UN Population Division, HMD.
bei knapp 22 Jahren liegen. Auch in den auf 1,5 Milliarden ansteigen. Davon werden
11
Vgl. UN Population heutigen Schwellenländern wie Südkorea allein in China 330 Millionen leben, das damit
Division, World Population oder China wird der dritte Lebensabschnitt mehr Einwohner im Rentenalter haben wird
Prospects, 2010 Revision. länger werden: In Südkorea dürfte die fernere als ganz Europa zusammen, welches dann
voraussichtlich 193 Millionen Über-65-Jährige
zählen wird. Darüber hinaus werden weltweit
Die durchschnittliche 402 Millionen dieser Über-65-Jährigen zu den
Lebenserwartung bei Hochbetagten zählen, d. h. 80 Jahre und älter
sein11. Letztlich altert die Weltbevölkerung
Renteneintritt wird auf damit doppelt: Zum einen sinken die Gebur-
über 20 Jahre steigen. tenraten und damit die Zahl der Neugebo-
renen, wodurch die Gesellschaft als Ganzes
altert, und zum anderen wird der Einzelne
immer älter.
10
11. Die Bevölkerungspyramiden beginnen pro Frau liegen, wird dieses Bild in den nächs-
Kopf zu stehen ten Jahrzehnten mehr und mehr einer Urne
gleichen, da hier die Bevölkerung nicht nur
Bildlich gesprochen verwandelt sich die altert, sondern auch schrumpft. Exemplarisch
Alterspyramide der Weltbevölkerung damit hierfür stehen Japan, das bereits heute die
immer mehr zu einer Bevölkerungsglocke, die älteste Bevölkerung der Welt hat und seit
für eine zwar noch wachsende, aber alternde einigen Jahren rückläufige Bevölkerungszah-
Gesellschaft steht. In vielen Industrieländern, len aufweist, und Italien, das in Europa zu den
wo die Geburtenraten seit Jahrzehnten unter- Ländern mit den niedrigsten Geburtenraten
halb der Reproduktionsrate von 2,1 Kindern zählt.
Die Bevölkerungspyramide wird zur Glocke und zur Urne
Italien, 1970 Japan, 1970
100 100
90 90
53,4 Mio. 104,4 Mio.
80 80
70 70
60 60
50 50
40 40
30 30
20 20
10 10
0 0
Männer Frauen Männer Frauen
Italien, 2010 Japan, 2010
100 100
60,1 Mio.
90 90 127,0 Mio.
80 80
70 70
60 60
50 50
40 40
30 30
20 20
10 10
0 0
Männer Frauen Männer Frauen
Italien, 2050 Japan, 2050
100 100
57,1 Mio. 101,7 Mio.
90 90
80 80
70 70
60 60
50 50
40 40
30 30
20 20
Quelle: UN Population
10 10
Division, World Population
0 0
Prospects, 2008 Revision.
Männer Frauen Männer Frauen
11
12. Analysen & Trends
Damit stellt sich immer mehr die Frage, wie noch nicht in ausreichendem Maße etabliert
wir in einer zunehmend alternden Gesell- sind und die Einzelnen nicht über die finanzi-
schaft leben werden. Mit an oberster Stelle ellen Mittel verfügen, um privat vorzusorgen.
steht dabei ganz profan die Frage nach der
künftigen Finanzierung des dritten Lebensab- Dass der demografische Wandel nicht nur
schnitts. Dies gilt insbesondere für Länder mit ein Phänomen und eine Herausforderung in
einem umlagefinanzierten Sozialsystem, in den Industrieländern ist, veranschaulicht die
dem die jüngeren Generationen im erwerbs- Entwicklung der Altersquotienten in den ver-
fähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren die schiedenen Weltregionen. Aufgrund des star-
Renten und die Gesundheitsausgaben der ken Rückgangs der Geburtenraten in Asien
älteren Generation durch laufende Beiträge und Lateinamerika in den letzten Jahrzehnten
finanzieren. Auch wenn erwiesenermaßen wird die Bevölkerung dort künftig weitaus
die Zahl der in Gesundheit verbrachten rascher altern als in Europa oder Nordame-
Lebensjahre in der Vergangenheit ebenfalls rika. Bis Mitte des Jahrhunderts wird sich der
zugenommen hat, sind in den Industrielän- Altersquotient in diesen Regionen nahezu
dern heute die wenigsten über der Alters- verdreifacht haben, d. h., dass in Asien und
grenze von 65 oder 68 erwerbstätig. Je mehr Lateinamerika künftig knapp 30 Über-65-Jäh-
sich die Relation von Personen im Rentenalter rige auf 100 Personen im erwerbsfähigen
zu denen im erwerbsfähigen Alter jedoch Alter kommen werden. Vor diesem Hinter-
verschlechtert, desto schwieriger wird die grund stehen die politisch Verantwortlichen
Finanzierung über einen impliziten Gene- in vielen Schwellenländern nun vor der Auf-
rationenvertrag. Dies gilt übrigens nicht nur gabe, innerhalb weniger Jahre ein tragfähiges
für staatliche Systeme, sondern auch für die Sozialsystem aufzubauen, das in absehbarer
informelle Unterstützung durch Familienan- Zeit auch einer alternden Gesellschaft gerecht
gehörige. Vor diesem Hintergrund stellt die wird. In den meisten EU-Staaten haben die
Alterung der Bevölkerung auch in Schwel- Regierungen in den letzten Jahren bereits
lenländern wie China eine Herausforderung auf die demografischen Herausforderungen
dar, da einerseits tradierte Familienstrukturen reagiert und Rentenreformen auf den Weg
mehr und mehr wegbrechen – in China gebracht, deren Kern eine Verringerung des
spricht man in Folge der Ein-Kind-Politik umlagefinanzierten staatlichen Leistungsni-
bereits vom 1-2-4-Problem, d. h., auf 1 (Ein- veaus und ein Ausbau der privaten kapitalge-
zel)Kind kommen 2 Eltern und 4 Großeltern –, deckten Altersvorsorge ist.
während andererseits die staatlichen Systeme Dr. Michaela Grimm
Die Altersquotienten steigen weltweit
Altersquotienten*, 2010–2050
50
45
40
35
30
Prozent
25
20
15
10
5
Welt Afrika Asien Europa Nordamerika Lateinamerika Ozeanien
2010 2030 2050
* Bevölkerung im Alter 65 und älter in Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64.
Quelle: UN Population Division, World Population Prospects, 2010 Revision.
12
13. Weitere Literatur von der Kapitalmarktanalyse:
Welt im Wandel Zukunftssicherung – Demografie – Renten
→ Entscheidende Einblicke in eine Welt im Wandel → Geldvermögen
→ Turning Point: 10 Thesen zum richtigen Investieren → Sparen – aber richtig!
in der Zeitenwende → Zeitwertkonten - Innovative Kapitalanlage unter
→ Wachstumsländer Berücksichtigung der Flexi-II-Vorgaben
→ Brasilien: Local Hero – Global Winner → Mittelstands-Studie
→ Asien im Aufbruch – Gravitationszentrum des → Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz und
21. Jahrhunderts Versorgungsverpflichtungen
→ Der sechste Kondratieff – Wohlstand in langen Wellen → Zukunft sichern mit betrieblicher Altersversorgung
→ Betriebliche Altersversorgung für Führungskräfte
Chinas neue Epoche des Wachstums → Ausfinanzieren von Pensionsverpflichtungen
→ Chinas Sorge: die Inflation
→ Die zaghafte Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts Verhaltensökonomie – Behavioral Finance
→ China Fokus – In den Fußstapfen Japans → Überliste dich selbst!
→ Tiger und Drache → Aktives Management
→ China Fokus – Arbeitskräftemangel
SRI – Sustainability – ESG
→ Wachstumsland China
→ Rendite ohne Reue
→ Rendite ohne Reue reloaded
Knappe Ressourcen
→ Fokus: Am Golde hängt doch alles? → Nachhaltig – verantwortungsvoll – themenbasiert
→ Megatrend: Knappe Ressourcen
Risikomanagement & Advanced Return
→ Advanced Return-Strategien im Niedrigzinsumfeld
Strategie und Taktik
→ Advanced Return-Strategien
→ Dividendentitel – eine attraktive Ergänzung fürs Depot!
→ Neue Zoologie des Risikomanagements der Kapitalanlage
→ Is small beautiful?
→ Fokus: Omegafaktor
→ Wissen: Alpha bis Vola
→ Schwarzer Schwan
→ Master-KAG
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Hans-Jörg Naumer
Leiter Kapitalmarktanalyse, Allianz Global Investors
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