In Deutschland verlagert sich die Diskussion bei der Breitbandversorgung immer mehr auf die Breitbandversorgung des ländlichen Raumes, da der städtische und dichtbesiedelte Raum gut versorgt ist. Dafür sorgt die Konkurrenz von T-Com, Kabelnetzbetreibern und alternativen Carriern wie Hansenet, NetCologne, Versatel, Arcor und anderen. Auf dem Lande ist man einsam und allein. Hier spielt die Musik der Zukunft. Der Beitrag zeigt, welche Lösungen möglich sind, wo schon wasgetan wird und auch wie man den Sprung zur Wirtschaftlichkeit schaffen kann.
1. 100 MBit/s aufs Land
Helmut Haag
TE Consult, Herderstr. 2, 52445 Titz
h.haag@te-consult.net
Zusammenfassung: In Deutschland verlagert sich die Diskussion bei der Breitbandversorgung immer mehr
auf die Breitbandversorgung des ländlichen Raumes, da der städtische und dichtbesiedelte Raum gut
versorgt ist. Dafür sorgt dir Konkurrenz von T-Com, Kabelnetzbetreibern und alternativen Carriern wie
Hansenet, NetCologne, M“net, Versatel, Arcor und anderen. Auf dem Lande ist man einsam und allein. Hier
spielt die Musik der Zukunft. Der Beitrag zeigt, welche Lösungen möglich sind, wo schon was getan wird und
auch wie man den Sprung zur Wirtschaftlichkeit schaffen kann.
1. Einführung
Die Diskussion in Deutschland auf dem Gebiet der 2. Technik
Breitbandkommunikation verlagert sich mehr zur
Breitbandversorgung des ländlichen Raumes [1-5]. Die Techniken, die eingesetzt werden können, um
Die Aussage des Breitbandatlas und der meisten Kunden auf der letzten Meile versorgen zu können,
Politiker sowie der T-Com, dass gerade mal 3 % lassen sich grob in Funktechnik und
der Gemeinden oder auch der Bevölkerung keinen leitergebundene Technik unterteilen. Eine weitere
Breitbandzugang hat, wird vor dem Hintergrund, Unterteilung lässt sich noch zwischen
dass die Definition für Breitband bereits bei 384 Verbindungsnetz und Anschlussnetz treffen. Im
kBit/s beginnt, doch recht problematisch. Jeder der folgenden werden zuerst die Techniken für die
letzte Meile und anschließend die für das
Verbindungsnetz dargestellt und bewertet.
2.1 Funktechniken
2.1.1 WiMAX
Die WiMAX-Technik wird seit vielen Jahren
genormt und erprobt. In Deutschland wurden Ende
2006 die Frequenzen für 56 Mio. € versteigert.
„Gewonnen“ haben damals die DBD, Clearwire
und Inquam Broadband bundesweite Lizenzen,
MGM und Televersa Online kamen regional zum
Zuge [6]. Beworben hatten sich anfangs über 100
Bild 1: Entwicklung der Gesellschaftsformen Interessenten. Was ist seither geschehen? Wenig!
sich ein bißchen in der Materie auskennt, wird
bestätigen, dass man von einer Datenautobahn erst
ab 8 oder 16 MBit/s sprechen kann, dann heute im
Zeichen von Web 2.0 aber auch gleich in beiden
Richtungen. So ausgerüstet sind max. 50 % der
Kunden. Alles darunter hat eher was mit Feldweg
als mit Autobahn zu tun, also wohl gerade richtig
für das Land. Der Unterschied zwischen den
Anforderungen von Privatkunden – jung und alt –
und Geschäftskunden ist dabei noch garnicht
berücksichtigt. Dabei steigt die Bedeutung der
Informationstechnik in unserer Zeit stark an (Bild
1).
Bild 2: Prinzip WiMAX
2. kommen kann. Auch dies soll im Pilotprojekt
Dabei ließe sich WiMAX schnell aufbauen und untersucht werden. Immerhin wurde auf der
man könnte weite Landstriche schnell mit ein Weltfunkkonferenz WRC 07 im November 2007 in
bisschen Breitband versorgen. WiMAX ist ein Genf beschlossen, dass der obere Teil der UHF-
shared media, es müssen sich also alle gerade Frequenzen (790 bis 862 MHz) ab 2015 weltweit
aktiven Teilnehmer in eine Summenbandbreite von (in einigen Regionen auch bereits früher) zur
20 bis max. 50 MBit/s teilen (Bild 2). Dies kann zu Nutzung durch Mobilfunk freigegeben wird. Dieser
den aktiven Zeiten, also zwischen 17:00 und 20:00 Zeitplan ist nicht gerade dazu angetan, eine
h recht eng werden, wenn sich 100 Teilnehmer das schnelle Nutzung für die Versorgung des
teilen. Hier ist es in Gewerbegebieten nicht ganz so ländlichen Raumes zu erreichen.
eng, wenn sich diese Bandbreite 15 oder 20 Firmen
teilen müssen. Hier liegt auch der größere Nutzen, 2.1.3 Mobilfunk
da die Anschlusslängen für Kabel durch die Der Mobilfunk bietet immer eine Lösung. Aber
Grundstücksgrößen 5 bis 10x länger sind als bei man sollte nie vergessen, dass der
Wohngebäuden. Aber auch da ist der Ausbau nur Mobilfunkstandard für sich bewegende Teilnehmer
schleppend. entwickelt wurde, während es hier um die
Versorgung stationärer Teilnehmer geht, also der
2.1.2 Digitale Dividende Standard viele Parameter enthält, die für die
Mit dem Aufbau von DVB-T, dem digitalen Versorgung des ländlichen Raumes irrelevant sind.
Rundfunk für TV und Rundfunk, werden große Sicher wäre auch auf dem Land HSDPA möglich,
Teile des bislang für die terrestrische Verbreitung aber wenn er noch nicht einmal in den
benötigten und benutzten Frequenzspektrums frei. Ballungsgebieten zum Standard geworden ist, wird
Der Rundfunk nutzte bislang 56 MHz im VHF- die Versorgung auf dem Land noch lange auf sich
Band (174 bis 230 MHz) und 392 MHz im UHF- warten lassen. Die geringe Anschlussdichte
Band (470 bis 862 MHz). Die Verbesserung der zusammen mit einer kurzen Reichweite führt zu
Spektrumseffizienz durch DVB-T ist enorm, in wenigen Teilnehmern in einer Zelle. Gut für den
einem analogen 5 MHz-TV-Kanal können 6 bis 8 Teilnehmer, schlecht für den Netzbetreiber. Das
digitale TV-Kanäle untergebracht werden. Dieser würde sich sofort auf die Tarifgestaltung auswirken
Gewinn an Frequenzspektrum bei unverändert und unattraktiv werden. Flatrates, wie sie der
übertragenem Programmvolumen wird gemeinhin Breitbandkunde erwartet, wird es nicht geben.
als „Digitale Dividende“ bezeichnet. Die EU-
Kommission schätzt diesen Gewinn auf über 300 2.1.4 WLAN
MHz [7]. Die Frequenzen im UHF-Band sind für Sicher erscheint WLAN auf den ersten Blick sehr
eine Flächenversorgung am besten geeignet. Die attraktiv. Wenn man schon auf jedem Flughafen, in
guten Signalausbreitungseigenschaften machen die vielen Hotels, in Firmen und auch zu Hause
flächendeckende Infrastruktur kostengünstig und WLAN anwendet, warum dann nicht auch in der
sorgen für eine gute Inhouse-Versorgung. Der Fläche. Viele Desktops, alle Laptops haben eine
Vorteil der niedrigen Trägerfrequenz im Vergleich WLAN-Schnittstelle, damit wird das
zu UMTS und WiMAX lässt größere Radien von Teilnehmerendgerät einfach, bzw. ist schon
bis zu einigen 10 km zu. Bei diesen Frequenzen ist vorhanden. Aber die Übertragungstechnik ist nicht
außerdem keine Sichtverbindung notwendig und dafür ausgelegt, ein flächenmäßig großes Gebiet
die Empfangsantennen auf der Teilnehmerseite von einigen qkm zu versorgen. Dann sind die
sind Zimmerantennen und keine Dach- oder Empfangs- und Sendeteile im Rechner nicht mehr
Fensterantennen. Das europaweit erste Pilotprojekt ausreichend. Hier wird also eine ganz neue
dieser Art wird in Wittstock (am Autobahnkreuz Übertragungstechnik installiert werden müssen.
Wittstock/Dosse) auf dem Weg von Berlin nach Welchen Einfluss dies auf die Tarife haben wird
Hamburg von der MABB durch T-Mobile kann man sich leicht vorstellen, wenn heute in
durchgeführt [8]. 50 Teilnehmer sollen Hotels immer noch Preise von 5 € pro 30 min zu
angeschlossen werden. Problematisch ist aber u. U. zahlen sind.
die Tatsache, dass auf diesen Frequenzen weiterhin
TV- und Rundfunksignale übertragen werden und 2.1.5 Satellit
es so zu gegenseitiger Beeinflussung und Störung
3. Breitband per Satellit kann prinzipiell überall waren. Es gab keine Möglichkeit, andere
genutzt werden. Voraussetzung ist eine Teilnehmer zu erreichen.
Satellitenschüssel, meist noch zusätzlich zur TV- Ab 1881 entstanden Telefonzentralen, in denen
Schüssel. Der Rückkanal kann entweder das verschiedene Teilnehmer durch manuelles
Telefon- oder Mobilfunknetz sein (Bild 3) oder der Umstecken miteinander verbunden werden
Rückkanal kann auch über Satellit realisiert werden konnten. Die Vermittlung lief über Personen („dem
[9]. Fräulein vom Amt“), denen der Anrufer den
gewünschten Teilnehmer nannte.
1892 wurde eine selbstständige Vermittlungsstelle
erfunden, die ab 1908 in den Ortsnetzen und ab
1923 in den Fernvermittlungsstellen eingesetzt
wurde [10].
Das bis etwa 1990 vorherrschende Telefonnetz
bestand aus einzelnen Leitungen, die analoge
Bild 3: Satelliten-„DSL“ mit Rückkanal über ISDN Tonsignale übertragen konnten und deren
Bandbreite dabei auf den Frequenzbereich von 300
Der Aufwand für die Installation ist also recht bis 3400 Hz begrenzt war. Seit etwa 1980 wurde
hoch, was sich auf die Kosten auswirkt. Auch sollte das analoge Fernsprechnetz zu einem digitalen
nicht vergessen werden, dass die Laufzeiten Dienste integrierenden Universalnetz (ISDN)
erheblich sind und somit Echtzeitanwendungen ausgebaut, über das nicht nur der Telefondienst
nicht möglich sind. Wenn die Zahl der Nutzer stark abgewickelt wird, sondern auch das Internet.
steigt, dann kommt die Kapazität des Astra2, dem Die Kabel aus den Anfängen unterscheiden sich
einzigen Satelliten, der auf Westeuropa zeigt, an nur wenig von heutigen neuen Cu-Kabeln,
seine Grenzen und es stellt sich wieder das lediglich Isolierung, Leiterdurchmesser und
Problem des shared media. Auch führt die Mantelmaterial haben sich geändert.
exzessive Nutzung des Satelliten-„DSL“ zu Während für das Telefonieren die Kabelparameter
Schüsselsalat (Bild 4). wie Dämpfung, Widerstand und Nebensprechen
auch bis 8 km und mehr ausreichen, sind einer
breitbandigen Übertragung schnell Längengrenzen
gesetzt. Daher kann das Leitungsnetz für DSL nur
bis etwas 4 km genutzt werden. Alles, was weiter
entfernt liegt kann nicht mit Breitband bzw. DSL
versorgt werden. Auch wenn man die aktiven
DSLAMs in die vorhandenen KVz setzten würde,
wäre das Problem der Versorgung des DSLAM mit
Bandbreite nur gewährleistet, wenn von der
Vermittlung zum KVz eine breitbandige
Verbindung, eben ein Glasfaserkabel verlegt wäre.
Bild 4: Schüsselsalat Dies ist nur da mit „vertretbarem“ Aufwand
möglich, wo heute schon Leerrohre verlegt sind,
2.2 Leitungsgebundene Technik also leider auch nicht auf dem Land. Hinzu kommt
noch, dass die T-Com in der Vergangenheit die
Hier muss zwischen der schon vorhandenen Zahl der Vermittlungsstellen drastisch reduziert
Infrastruktur wie Telefonnetz, Kabelnetz und hat, also die Anschlusslängen verlängert hat, was
OPAL auf der einen Seite und einem neu zu das Längenproblem weiter verschärft. Heute hat
installierenden Leitungsnetz unterschieden werden. die T-Com fast alle Vermittlungsstellen mit
DSLAMs ausgerüstet. Damit können auch alle
2.2.1 DSL über Cu-Doppelader alternativen Carrier, die sich der Infrastruktur der
Die Installation des Netzes aus Cu- T-Com bedienen und nur die HVt’n mit eigenen
Doppeladerkabeln begann 1877. Am Beginn Kabeln anschließen, nicht mehr erreichen.
standen Leitungen, durch die jeweils zwei
Telefonapparate direkt miteinander verbunden 2.2.2 Kabel-TV-Netz
4. Mit dem Kabelfernsehnetz, welches in den 80er Das Glasfasernetz ist das einzige Netz, welches
Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtet wurde, allen gegenwärtigen und zukünftigen
steht zwar ein breitbandiges Netz zur Verfügung, Anwendungen gerecht wird. Leider existiert es
aber die Frequenzen werden für TV und Hörfunk (noch) nicht. Eine gemischte Ring-Stern-Struktur
genutzt. Durch die Konzeption des Netzes als mit Faserverbindungen zu jedem Teilnehmer,
Baumnetz, muss hier die Bandbreite zwischen allen mindestens zu jedem Gebäude, muss das Ziel sein.
Teilnehmern geteilt werden. Die errichteten Netze Alles andere springt zu kurz.
haben teilweise Clustergrößen von 5.000 Geeignet ist ein Leerrohrnetz für die Verlegung
Teilnehmern und mehr. Die verfügbare Bandbreite von Micro- und Nano-Kabeln. Aktive
von vielleicht 100 MBit/s müssen sich bei einer Komponenten gibt es nur in festen Gebäuden und
Anschlussdichte von nur 20 % also 1.000 nicht in Outdoorgehäusen. Bei der Neuverlegung
Teilnehmer teilen, da bleibt für jeden einzelnen der Glasfaserkabel hat der ländliche Bereich
nicht viel übrig. Also muss auch dieses Netz endlich auch mal Vorteile. Die Grabekosten, die ca.
80 % der Kosten der passiven Infrastruktur in
Ballungsgebieten ausmachen, sinken im ländlichen
Bereich auf ein Drittel bis ein Viertel, wodurch die
gesamten Kosten für die passive Infrastruktur auf
40 % gegenüber den Ballungsgebieten sinken und
damit bei doppelter durchschnittlicher
Bild 5: Modernes, rückkanalfahiges BK-Netz
Anschlusslänge die Kosten pro Teilnehmer auf
umgebaut werden. Es muss in allen Teilen dem Land 20 % günstiger sind als in der Stadt.
rückkanalfähig gemacht werden, das Baumnetz
muss in eine Sternnetz gewandelt werden, die Neben diesem Anschlussnetz muss natürlich auch
Cluster müssen drastisch (Faktor 10 und mehr) die zweite Meile, also die Verbindung vom
verkleinert werden und die neuen Nodes müssen Anschlussbereich, also der Gemeinde, zum
mit Glasfaserkabel angebunden werden, also Internetknoten, dem Anschluss an die große, weite
System- und Infrastrukturkosten (Bild 5). Das lohnt Welt, dem Web 2.0, geschaffen werden. Die alte
sich für die NE3-Betreiber nur dort, wo hohe Cu-Doppelader reicht nicht mehr aus. Natürlich ist
räumliche Dichte und der eigene Kundenzugang hier Richtfunk möglich, wenn man nicht buddeln
besteht. Durch das Privatisierungsmodell des will. Aber der Richtfunk erfordert mehr oder
damaligen Postministers Schwarz-Schilling ist dies weniger hohe Masten und die Bandbreite ist auf
fast nirgends der Fall. einige STM-1-Verbindungen beschränkt. Wo es für
den Anfang ausreicht, ist es ab etwa 5 bis 8 km
2.2.3 Stromnetz billiger als eine neue Glasfasertrasse. Liegen
Um die Aufzählung der Netze und Möglichkeiten Leerrohre, dann ist Glas immer billiger und auch
komplett zu machen, darf das Stromnetz mit seinen breitbandiger.
in jedes Haus und jede Wohnung führenden Kabeln
nicht vergessen werden. Leider sind Leiter, 3. Strategie
Isolierung, Verseilung und Schirmung nicht für die
hochfrequente Übertragung ausgelegt, sondern für Wie kommt man nun schnell zu einem schnellen
die Hochspannungsübertragung. Das setzt Anschluss?
Reichweite und Frequenzbandbreite enge Grenzen, Die Strategie jeder Kommune muss es sein, den
auch wenn auf dem Land die Bevölkerungsdichte Breitbandanschluss in der Stadt oder der Gemeinde
geringer als in der Stadt ist. Aber dafür ist die über Glasfaser zu realisieren. Auch der Anschluss
Anschlusslänge größer. Dazuhin ist auch dies Netz jeden Gebäudes muss letztendlich über Glasfaser
ein Baumnetz und die Bandbreite müssen sich also erfolgen und nicht zuletzt muss auch der Anschluss
viele Kunden teilen. Dies gilt für den Bereich der der Wohnung über Glasfaser erfolgen. Erst in der
ersten Meile, anders kann und sieht es im Haus Wohnung bietet sich der Übergang auf ein anderes
selbst aus. Hier kann PLC eine sinnvolle Medium, z. B. POF (Polymeroptische Faser) an.
Alternative zu LAN und WLAN sein. Aber eine schnelle und damit wirtschaftliche
Lösung hat in jedem Fall Priorität.
2.2.4 Glasfaserkabelnetz
5. Deshalb sollte jede Gemeinde oder Kreis dafür • enthält eine Übersicht der wie und mit
Sorge tragen, dass beim Bau einer Straße bzw. welchen Breitbanddiensten versorgten
beim Aufreißen einer Straße oder eines Gebieten,
Bürgersteigs Leerrohre mitverlegt werden. Damit • dokumentiert die gegenwärtige und
aber keine falschen Rohre verlegt werden, zukünftig erwartete Anschlussdichte.
Ist dieser Plan erarbeitet, dann können bei allen
Baumaßnahmen auf dem Gemeindegebiet
entsprechende Maßnahmen ergriffen werden und
Leerrohre verlegt werden. Alle Neubaugebiete,
seinen es Wohn- oder Gewerbegebiete werden
grundsätzlich mit einem Leerrohrsystem
erschlossen. Heute ist es technisch und auch
wirtschaftlich vertretbar, Neubaugebiete
ausschließlich mit einem Glasfasernetz zu
erschließen. Dies gilt insbesondere, wenn neben
(IP)-Telefon und Internet auch (IP)TV über das
Netz angeboten wird. Die Diskussion über die
Satellitenschüssel auf den Balkons entfällt, denn
nun ist jedes Programm aus jedem Satelliten in das
Netz einspeisbar.
Die Realisierung dieses Masterplans ist natürlich in
wenigen Monaten oder Jahren zu realisieren.
Deshalb muss es ein Übergangsszenario geben.
Dieses Szenario kann so aussehen, dass
• da wo bereits ein Netzbetreiber (T-Com
oder ein anderer) die Versorgung von
Bild 6: Typische Landgemeinde mit knapp 9.000 EW mindestens 4 MBit/s anbietet, wird nichts
getan
empfiehlt es sich für den Kreis und die Kommune,
• wo durch Nachfragebündelung und –
im Vorfeld einen Masterplan (Bild 6) für das zu
stimulierung die Anschlussdichte so hoch
versorgenden Gebiet zu erstellen. Dieser
wird, dass sich für einen Anbieter in
Masterplan
bestehender Technik ein Anschluss lohnt,
• enthält die Lage der Verbindungen
wird dies forciert
zwischen den Orten und Ortsteilen,
• wo die Nachfrage und geographische
• enthält die Lage der vorhandenen
Verteilung so ungünstig ist, dass trotz
Leerrohre und deren Eigentümer,
Nachfragestimulierung ein wirtschaftlicher
• enthält die vorbeiführenden Betrieb nicht möglich ist, muss über eine
Glasfaserkabel anderer Netzbetreiber und Förderung nachgedacht werden.
Carrier’s Carrier, In keinem Fall sollte die Kommune als
• enthält die geplante Lage der Netzbetreiber oder als Infrastrukturbetreiber
Knotenpunkte für die Zuführung und die auftreten. Dies sollte Privaten überlassen bleiben.
der Verteiler im Anschlussgebiet, Natürlich sind Public Private Partnerships möglich.
• enthält eine genaue Aufschlüsselung von Dabei ist aber darauf zu achten, dass sich bei den
Wohn- und Gewerbegebiete, die Lage der Netzbetreibern und Diensteanbietern ein
Banken und Sparkassen, die diskriminierungsfreier Wettbewerb ausbilden kann.
Liegenschaften der Kommune und der
kommunalen Betriebe einschließlich der 4. Kosten und Finanzierung
des Energieversorgers,
• weist auch geplante neue Gewerbe- und Im ländlichen Raum ist in weiten Teilen kein
Wohngebiete aus, wirtschaftlicher Betrieb von Breitbanddiensten
möglich, deshalb ist hier auch die Unterversorgung
gegeben. Nur eine gemeinsame Aktion von
6. Öffentlicher Hand, Netzbetreiber und Leerrohrnetz zumindest teilweise auf die
Diensteanbieter sowie von den Teilnehmern an Erschließungskosten umlegen. Diese Kosten
Breitbanddiensten kann eine Situation würden sich dadurch pro qm um 1 € erhöhen, bei
herbeiführen, die es einem nach Mitverlegung nur um 0,50 €. Bei einem
betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten tätigen Einfamilienhaus würde dies die Gesamtkosten von
Unternehmen gestattet, in die Breitbandversorgung etwa 500 €, also um ca. 2 ‰ erhöhen und bei
einzusteigen. Mietshäusern würde die Kosten um weniger als 1 €
120 pro qm steigen.
Mit dieser Vorleistung kann ein Netzbetreiber und
100
Teilnehmer Diensteanbieter bei einer Anschlussdichte von 60
Aktive Komp
80
Kabelnetz % TV und 30 % IP/TV einen positiven Business
Tiefbau
Plan vorlegen. Dabei ist festzustellen, dass nur das
60 Triple Play Angebot zu einem erfolgreichen
%
Modell führt.
40
Die Kommune kann sich in Form einer Public
Private Partnership einbringen und den auf sie
20
entfallenden Ertrag in den weiteren Ausbau des
0
Leerrohrnetzes stecken. Auch die durch die
o.Mitverleg. m.Mitverl.
Triple Play (100%)
o.Mitverleg. m.Mitverl.
Triple Play (60%)
o.Mitverleg.
IP/Tel (30%)
m.Mitverl. o.Mitverleg. m.Mitverl.
TV (60%)
Bundesregierung und die Länder einsetzende
Förderung des ländlichen Raumes mit 141 Mio. €
Bild 7: Investitionskosten (Capex) für den Aufbau von
Breitbandglasfasernetzen für die nächsten 3 Jahre kann hier Initialzündung
120%
liefern.
120%
Subv. SetTop Revenue TV
100% Revenue IP/T
IP Dienste
100% Revenues
TV Dienste Kosten
Profit
Opex Kabel
80% OPEX IP/T 80%
OPEX TV
60%
60%
40%
40%
20%
20%
0%
Triple Play (60%) IP/Tel (30%) TV (60%)
0%
Triple Play (60%) IP/Tel (30%) TV (60%)
-20%
Bild 8: Betriebskosten für Breitbandnetze (Opex) Bild 9: Profitabilität verscheidener Netzmodelle auf
dem Land
Eine Abschätzung der Kosten für eine Gebiet mit
ca. 10.000 Bewohnern zeigt, dass die
Investitionskosten bei 750 bis 1.000 € pro
5. Ausblick
angeschlossener Wohneinheit (WE) (Bild 7), je
Die Politik hat erkannt, dass dem ländlichen Raum
nach unterstellter Anschlussrate, liegen. Ähnliche
für den Ausbau von Breitbanddiensten und –netzen
Zahlen liegen für Amsterdam vor [11]. Die
Aufmerksamkeit und Förderung zuteil werden
Betriebskosten inkl. Zinsen, Abschreibung und
muss. Das Volk begehrt auf. Es werden in naher
Únterhalt liegen bei 130 bis 230 € pro Jahr und
Zukunft zahlreiche Piloten gestartet werden, denen
angeschlossene WE je nach genutzten Diensten,
der Regelausbau folgt. Auch die Ballungsgebiete in
also nur IP/Telefon oder TV oder komplettes Triple
ihren Randzonen haben ein Bandbreitedefizit, auch
Play (Bild 8). Bei Monatsentgelten von 10 € für nur
hier werden vergleichbare Modelle greifen. Der
TV bis 29 € für Triple Play ist damit kein Staat zu
Glasfaserausbau wird ganz von selbst zu
machen (Bild 9).
Bandbreiten von 100 MBit/s, und zwar up- und
Für eine Kostenbeteiligung müsste die Öffentliche downlink, führen. Alle Erfahrungen der
Hand, also die Kommunen, den Tiefbau und das Vergangenheit haben gezeigt, dass die zur
7. Verfügung gestellte Bandbreite genutzt werden
wird. Der nächste Engpass im Übertragungnetz ist
also programmiert. Aber hier werden Kurzbiographie des Autors:
Marktmechanismen zum Ausbau der Infrastruktur Dipl.-Phys. Helmut Haag
führen. (60) hat nach dem Studium
an der TU Stuttgart in
6. Literatur verschiedenen Firmen der
Kabelindustrie und der
[1] Haag, H., Wege zu mehr Breitbandversorgung nachrichtentechnischen In-
in Deutschland, ITG-Fachbericht 189/2005, dustrie in Entwicklung,
Berlin, S. 25ff. Produktion, Montage und
[2] Haag, H., Lösungen und Dienste für BTTH, Vertrieb an verantwort-
ITG-Fachbericht 190/2005, Köln, S. 109ff. licher Stelle gearbeitet. Seit
[3] Haag, H., FTTH-Aufrüstung in einer Anfang 2005 ist er selbständig und betreibt ein
Altbausiedlung, ITG-Fachbericht 204/2007, Ingenieurbüro für Beratung, Vertrieb und
Köln, S. 45ff. Gutachten auf dem Gebiet der
[4] Langer, T., The broadband market in Telekommunikationsinfrastruktur. Dabei liegt ihm
Germany, Snapshot of the status quo and der ländliche Raum besonders am Herzen. Helmut
perspectives, FTTH Council Europe Haag hat über Jahrzehnte in nationalen und
Conference 2008, Paris internationalen Normungsgremien mitgearbeitet,
[5] Netland, B., Defending broadband market hält etliche Patente und zeichnet für zahlreiche
shares in a highly competitive market. Veröffentlichungen.
Introduction of FTTH in Norway, FTTH
Council Europe Conference 2008, Paris
[6] Versteigerung von Wimax-Lizenzen bringt 56
Millionen Euro, heise online, 15.12.06.
[7] Neumann, K.-H., Die Digitale Dividende –
Oder können wir zugunsten des Randfunks auf
Wirtschaftswachstum verzichten?, WIK
Newsletter Nr. 69/2007, Bad Honnef
[8] MABB, Projekt im ländlichen Raum
Brandenburgs, 2008
[9] DSL über Satellit, DSLWEB Magazin, 2008
[10] Wikipedia
[11] Witzki, A., FTTH in Amsterdam, Funkschau
14/2008, S.31