Soziale Medien im Unternehmen--ein rechtsfreier Raum?
1. Soziale Medien im
Unternehmen—ein
rechtsfreier Raum?
Universität Karlsruhe
ZAR/IIWR Vorlesungsreihe „Internetrecht“
Karlsruhe, 2.2.2012
Dr. Hellmuth Broda
Dr. Hellmuth Broda Consulting, Basel
2. Facebook, YouTube, Twitter und Co.
im Unternehmen: Segen oder Fluch?
Mitmachen?
Abschalten?
http://blog.p2pfoundation.net/incubating-the-social-web/2010/10/25/simondseconoart-smal
Abb. Titelseite: wynnsolutions.com
3. Übersicht
● Soziale Medien—Begriffsbestimmung
● Sinnhaftigkeit
● Chancen und Risiken
● Nutzung
● Kommerzialisierung und Monetarisierung
● Rechtliche Implikationen
● Gesellschaftliche und geschäftliche
Implikationen
● Ausblick
5. Nicht mehr aus den Nachrichten
wegzudenken . . .
(Photo: Reuters)
http://zunguzungu.wordpress.com/2011/01/28/egypt/
http://sunstarcreative.ca/wp-content/uploads/2011/03/FB-revolution.jpg
6. Ur- und Frühgeschichte Social Media
Precursors to Social Media
Usernets
Bulletin Board Systems
richmanramblings.blogspot.com
Online Services (CompuServe et al)
Lifestreaming and Lifecasting
IRC, ICQ, Instant Messaging
Other Major Social Networks Ustream.tv
Early Social Networks
Niche Social Networks Justin.tv
Dating Sites
Ning FriendFeed
Forums
Company-Sponsored Social Networks Other Lifestreaming Sites
Six Degrees
Media Sharing Social Media Concerns and
AsianAvenue, MiGente, BlackPlanet
Photobucket Criticism
LiveJournal
Flickr Social Media Used by Stalkers
World of Warcraft / MMORPGS
YouTube Social Media Used by Child Predators
Major Advances in Social
Revver Privacy Concerns
Networking
Social News and Bookmarking The Role of Social Media in Pop
Friendster
Culture
Hi5 Delicious
Zitiert nach: Cameron Chapman The
LinkedIn Digg history and evolution of social
media
MySpace Reddit
Facebook Real Time Updates (http://www.webdesignerdepot.com/
2009/10/the-history-and-evolution-
Twitter, Posterous, Tumblr of-social-media/)
10. Was ist „Enterprise 2.0?“
● Gezielter Einsatz von „web 2.0“ (=Social Media)-Technologien
im Unternehmen—Die „Association for Information and Image
Management“ (AIIM) sagt:
„Enterprise 2.0 is a system of web based technologies that provide
– Rapid and agile collaboration
– Information sharing
– Emergence and integration capabilities
– While extending the enterprise“
● Einsatz von YouTube für Unternehmens-
kommunikation intern und extern
● Aufbau interner „Facebooks“ (Nestlé)
● Crowdsourcing (Dissertationsanalyse
zu Guttenberg)
flipthemedia.com
11. Enterprise 2.0 Technologien
● Search ● Kollaboratives Planen
● Links ● Ideen-Banken
● Authoring (Blogs, Wikis) ● Mash-ups
● Foren ● Soziale Intra-Netze
● Tags und Bookmarks (Einfangen des „tacit
● User recommendations knowledge“)
● Abonnement von
● Überführen der
Notifikationen (RSS) offiziellen
Firmendokumente in
Wikis (Shell)
en.tahitipresse.pf
14. Soziale Medien im Unternehmen
1. Sinnhaftigkeit, Chancen & Risiken
ahier.blogspot.com
15. Einsatz von Social Media
● Vom Telefon zum Zivilfunk
● Zusätzlicher Distributionskanal
→ Dialog mit dem Kunden
● Migros (CH): >100 (!) neue MA für
Social Media
● „Coolness“ findet ihren Weg hinaus
● Chance ortsbezogener Dienste
● Aber: >50% → Verbot der Nutzung
am Arbeitsplatz
16. Evolution der Neuen Medien
● Social Media ≈ e-Mail; Fax; Telefon
● Firmen ohne Telefon: nicht in Gelben Seiten
● Verbote wie seinerzeit bei Telefon / Fax / e-Mail www.graumarktinfo.de
● > 1 Milliarde Menschen (>70% der Internet-Population) auf
Social Media
● 64% der Social Media-Nutzer folgen einer Marke
● Hauptaktivitäten: fragen, diskutieren, beschweren,
vergleichen, empfehlen, loben; vertrauen
● Wachstum: 14% # Internet users ww 2010
● 152 Mio Blogs 2010; 88.8 Mio Domänen
● $4.26 Bio Social Media Marketing 2011 (eMarketer)
17. SWOT-Überlegungen
Stärken Schwächen
– Schneller Informationsfluss – Schon wieder ein anderes
Tool?
– Transparente Kommunikation
mit Kunden – Andere teuer gekaufte IT-
Lösungen werden obsolet
– Einfache, intuitive, skalierende
Informationsablage – Management dieser Umgebung
unklar
– Einfacher Einstieg, Barriere-
arm – Informationen verstreut
– Motivation der Mitarbeiter – Zu „demokratisch“?
Chancen Gefahren
– Steigerung von Produktivität – Geheimhaltung wird
und Innovation ausgehebelt
– Unterstützt die – Compliance wird umgangen
Zusammenarbeit über – „Need to Know“ wird „Good to
Abteilungs- und auch
Know“
Firmengrenzen (in
Projekten) – Firmenkultur ist in Wahrheit
noch ganz anders
– Einbeziehen des Kunden in
Formulieren des Angebots – Passt nicht zur Corporate IT
27. Soziale Netze in Unternehmen—Beispiele
Quelle: Experton Technology Strategies Research Note 3/2009
Blogs – Accenture setzt Weblogs auf den firmeneigenen Webseiten ein, um in
bestimmten Bereichen wie Technologie, Kommunikation und Karriere Ideen zu
sammeln.
RSS Feeds und Podcasts – kommen z.B. in der Mayo-Klinik (öffentliche
Informationen und Leitlinien), bei IBM (Hilfe für Entwickler) und Accenture
(Mitarbeiterschulungen) zum Einsatz.
Crowd Sourcing – Addison Avenue, eine Kreditgenossenschaft, bietet auf Basis von
SuggestionBox.com eine „Suggestion Box“, also einen „Briefkasten“ für Ideen und
Vorschläge, auf der Website an, um Ideen der Mitglieder zu sammeln. Auch Firmen wie
H&R Block, JCPenney und Reebok nutzen solche Möglichkeiten.
Bookmarks – Adobe speichert über den beliebten Anbieter Delicious Bookmarks zu
Produktanleitungen. Michael Pranikoff von PR Newswire gibt anderen Personen seine
Links frei.
FaceBook etc. – AT&T-Fans können über ihre Accounts Informationen über AT&T
Produkte und Services anderen zur Verfügung stellen. Weitere Beispiele: T-Mobile, The
Nielsen Company und die Bank of America; sie kommunizieren über Clearspace mit
ihren Kunden.
28. Soziale Netze in Unternehmen—
Beispiele (Forts.)
Widgets – Über solche Komponenten werden bestimmte Features und Möglichkeiten
in die eigene Website eingebunden. Coca Cola bewirbt mit einem “Coke Bubble”
Widget seine Produkte.
Mashups – Fidelity Investments arbeitet mit einer anderen frühen Komponente des
SN. Mashups kombinieren scheinbar nicht zusammenhängende Informationen in einer
Webseite, um so eine neue, aufschlussreiche Sicht auf Informationen zu bieten.
Virtual World – Als eines der ersten Unternehmen nutzt Linden Labs die virtuelle Welt
von Second Life für den Informations- und Ideenaustausch mit Kunden und
Mitarbeitern.
Photo Sharing – Großunternehmen wie Kodak, Quicken und Rubbermaid nutzen
Flickr, um auf Events hinzuweisen und ihre Produkte und Services zu bewerben.
Video Sharing – Videos sind bei Nutzern besonders beliebt. YouTube hat einen neuen
Kommunikationsstrom eröffnet, der von Privatpersonen und Unternehmen
gleichermaßen genutzt wird.
Wikis – Werden in vielen Firmen zur Informationserfassung und -weitergabe
eingesetzt. So hält beispielsweise T-Mobile über ein Wiki Schulungen für Nutzer des
Sidekick- Produkts ab.
31. Monetarisierung von Social Media
● Markenbewusstsein, Leumund und Vertrauen
● Integration des Kunden
● Spezialangebote
● Anzeigen-/ Informationskampagnen
● Branding in Apps
● 36% der Social Media-Nutzer positiv über Brands
● Filiale in Facebook
● Virtuelle Währungen, virtuelle Geschenke
● Kundenbindung durch „Co-Creation“ und Einbeziehen
Quellen: inc.com, laurelpapworth.com
33. Soziale Medien verändern unser
Arbeitsumfeld
33
‘Enterprise Social, the most important SW category in a decade that
no enterprise can afford to ignore’ –
Ted Schlein Kleiner Perkins Caufield & Beyers Quelle: TallyFox
38. Beim Twittern an Fremdleser
denken!
Spiegel Online vom
31.1.12:
Bryan hatte Wochen vor
Abflug getwittert, er
würde "Amerika
zerstören" und "Marilyn
Monroe ausbuddeln."
39. Problemzonen
● Mobbing, Diffamierung, üble Nachrede (Problem an
Schulen)
● Trademark- und Copyright-Verletzungen
● Urheberrecht (Intellectual Property)
● Fremde Persönlichkeits-, Datenschutz- und
Markenrechte
● Firmengeheimnisse
● Falsche Identitäten
● Gefälschte Profile
● „Fakes“ an Bewertungsportalen
40. Problemzonen
●
Viele „Social Media“-Nutzer publizieren fröhlich, ohne die
rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen
●
Recht am eigenen Bild wird weiträumig verletzt
●
Sind rechtliche Rahmenbedingungen an das Internet
anzupassen?
●
Das Internet (und die Social Media) hören nicht an der
Landesgrenze auf
●
Datenaggregation in Blogs, RSS etc.
●
Haftung von Plattformbetreibern für „netzgenerierte
Inhalte“
●
Weitere (notwendige) rechtliche Auseinandersetzungen mit
Facebook und Plugins
41. Integration und Mitverantwortung
statt Verbote?
●
Technische Hindernisse nur bedingt tauglich
●
Schlaue Mitarbeiter: Smartphone
●
Regelungen über Arbeitsvertrag und Mitverantwortung
●
Social Media Guidelines und Policies schaffen Klarheit
●
Integration der Mitarbeiter in Entscheidungswege durch
Foren, Wikis
●
Internes und externes Blog der Geschäftsführung
●
Beobachten, was über die Firma gebloggt und getwittert
wird
●
Verschwimmen des „Intern“ gegen „Extern“
●
Chance der projektweisen Zusammenarbeit
mit anderen Firmen
a2xconsulting.com
●
„Coopetition“ im globalen Maßstab
43. Soziale Medien im Unternehmen
5. Kulturelle und Business-Implikationen
http://jamesbrauer.com/mission-and-vision/
44. Die Schlacht der CIOs gegen Facebook et al
● 82 Prozent der IT Security-Administratoren sind davon überzeugt,
dass Social Networking, Internet- Applikationen und Widgets die
Sicherheitslage ihrer Organisationen signifikant verschlechtert
haben
● Für die Anwender von Web 2.0-Applikationen steht Sicherheit
offensichtlich erst an zweiter Stelle
● Wachsende Anzahl und zunehmende
Raffinesse von Sicherheitsbedrohungen
● 50 Prozent der Befragten sehen eine
starke Notwendigkeit in der Reduzierung
von Sicherheitsrisiken, die mit der
Nutzung von Internet-Applikationen und
Widgets einhergehen Quelle: ng.mil
Studie "Web 2.0-Sicherheit am Arbeitsplatz" des amerikanischen Ponemon Instituts
45. Social Media werden die
Firmenkultur nachhaltig verändern
● Firmenkultur := Erfolg oder Misserfolg der Social Media
● Intern vor Außeneinsatz
● „Walk the Talk“
● → Interne Prozesse
● 4 Tage Genehmigungsprozess für Tweet?
● Social Media sind da → also adaptieren?
● Mitverantwortung statt Kontrolle
● Verknüpfung zu CSR (Corporate Social Responsibility)
● Beim „Gutes Tun“ Community integrieren
●
Social Media ⇔ Firmenziele
●
Mitarbeiter ⇔ Firmenziele
● Arabischer Frühling → Corporate Frühling?
46. Änderung des Umfeldes
(„Human Digital Alignment“)
● Digital Hopeless – nur unter Strafandrohung
● Digital Recluse – Computer zu Hause verboten
● Digital Refugee – Einsatz wider Willen. Druckt alles aus
● Digital Immigrant – Potential vorhanden
● Digital Native – kennt weder Schreibmaschine noch Wahlscheiben-
Telefon
● Digital Explorer – probiert alles aus
● Digital Innovator – neue Werk-
zeuge
● Digital Addict – Entzugs-
erscheinungen
47. Verschiebung der Alterspyramide
Eher, als man denkt Bald Heute
Digital Explorers Natives Immigrants
Refugees
Ihre Mitarbeiter und Kunden von morgen sind Digital Natives!
50. Soziale Medien im Unternehmen
6. Ausblick
http://a3pnu.blog.com/page/2/
http://blog.p2pfoundation.net/incubating-the-social-
web/2010/10/25/simondseconoart-small
http://blog.p2pfoundation.net/incubating-the-social-web/2010/10/25/simondseconoart-small
51. Nutzen des Enterprise 2.0 Einsatzes
● Erhöhte Ergonomie für die Nutzer (intuitiv, partizipativ)
● Einsatz von RSS um Mitarbeiter auf dem Laufenden zu halten
● Kollaboration funktions- statt hierarchie-fokussiert
● Vereinfachter Einbezug der Partner und Kunden
● Verbesserte Kundenbeziehung durch Interaktion
Beispiel: British Telecom – Btpedia:
● Zentrales Blogging für alle
● Podcasting
● Soziales Netz
● Tag Clouds
54. Innovatives Mobile-App-Netzwerk
rettet Leben bei Herzstillstand
● Bei Herzstillstand Defibrillation
nur in den ersten 5 min erfolgreich
● Erste Hilfe kommt oft erst nach 15 min
● Allein in der Schweiz 8000 Betroffene pro Jahr
●
'Smilia Emergency Network' (→ http://smilia.net) vernetzt freiwillige „First
Responders“ mit intelligenten web 2.0-Smart Phone Apps,
● Der momentanen Standort der Helfer wird ermittelt
● Auf einer Karte der App wird der nächstgelegenen Defibrillator-Standort
und der Standort des Patienten angezeigt
● Erstellung eines Defibrillatoren-Registers (on-line Datenbank)
● Plan: 500‘000 First Responders werden in der Schweiz bis 2016
ausgebildet und vernetzt
● Finanziert durch Gönner, operativ ab Mai 2011
→ Erste-Hilfe-Crowdsourcing
55. Folgerungen
● Soziale Medien werden aus unseren Unternehmen nicht mehr
wegzudenken sein
● Kommunikation wird immer rascher
● Soziale Medien erfordern die enge Zusammenarbeit von
Business, IT-Security, HR, PR/Kommunikation
● Reputation wird Chefsache und
muss gemanagt werden
● Facebook, Blogs, Twitter & Co.
müssen Teil der Krisenkom-
munikation werden
● Enterprise 2.0 wird, wenn richtig
eingesetzt, unsere Unternehmen
stärken
56. Empfehlungen
● Wegen der unterschiedlichen Zuständigkeiten oft nur sehr langsam und
schwierig mit internen Kräften umsetzbar
● Klare interne Richtlinien für den Einsatz von Enterprise 2.0 sind unabdingbar
● Suchen Sie sich einen Partner mit breiter Erfahrung und sehen Sie, dass die
folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
– Führungspersönlichkeit mit visionärem Denken und Verständnis für das
Business (Führung)
– Bereitstellung von finanziellen Mitteln und wichtigen Mitarbeitern
(Ressourcierung)
– Projekt, das sich auf den Gewinn, Umsatz oder Kosten auswirkt
(Relevanz)
– Fähigkeit, ein kleines Projekt zu definieren und dabei zu bleiben
(Persistenz)
– Verkauft den Projekterfolg an die Kollegen (Marketing)
● Alle 5 Charakteristiken müssen zutreffen, damit das Projekt ein Erfolg wird. Eine
zweite Chance wird es oft nicht mehr geben.
Nach: Dr. Bjorn Tuft,
"SOA und Web 2.0 -- Wen kümmert's"
Experton Group Monthly 7/2010
57. Weitere Lektüre (subjektive Wahl)
● Symantec Whitepaper: Social Networking: Brave New World or Revolution from Hell?
http://www.messagelabs.com/whitepaper/ML_SocialNetworking_WP_0208.pdf
● Ponemon Institute Research Report: Web 2.0 Security in the Workplace
● WaveCrest Computing: Social Networking or Social Not-Working – www.wavecrest.net
● Clean Cut Media: Social Media Statistics Video – Growth & Impact.
www.cleancutmedia.com/internet/
● IFTTT: Das Internet für sich arbeiten lassen.
http://netzwertig.com/2011/02/08/ifttt-das-internet-fuer-sich-arbeiten-lassen/
● „Erst zuhören, dann handeln“. http://www.internetworld.de/Nachrichten/Technik/
Praxistipps/Social-Media-Monitoring-Tools-zum-
Mithoeren-29519.html
● Web 2.0, Social Media & Recht. Weblawg von Rechtsanwalt Dr. Carsten Ulbricht
(http://www.rechtzweinull.de/)
59. Besten Dank für Ihre
Aufmerksamkeit
Zeit für die Diskussion!
Dr. Hellmuth Broda
Dr. Hellmuth Broda Consulting, Basel
hb@hellmuthbroda.com http://www.internationalpeaceandconflict.org/profile/RaghdaElHalawany?
http://hellmuthbroda.com xg_source=activity
http://ponderingtechnology.wordpress.com
Folien unter: www.hellmuthbroda.com/downloads/
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