Dr. I.S. Krestinsky
Bismarck und das Deutsche
Kaiserreich (1871 – 1918)
Der Weg zur Einigung Deutschlands
Gründung des deutschen Kaiserreichs
Problemkomplexe
1. Der Lebenslauf Bismarks
2. Bismarks Einigungskriege und die
Reichsgründung 1871
3. die Innenpolitik Bismarks
4. die Außenpolitik Bismarks
Otto von Bismark: Der Reichsgründer
• 1832 – 1835: Jura-Studium in Göttingen und Berlin
• 1849 – 1852: Abgeordneter des Preußischen Landtages
• 1851 – 1859: Preußischer Gesandter bei der
Bundesversammlung in Frankfurt
• 1851 – 1859: Preußischer Gesandter in St. Petersburg
• 1867 – 1871: Kanzler und Außenminister des Norddeutschen
Bundes
• 1863 – 1890: Preußischer Ministerpräsident, seit 1871:
Kanzler und Außenminister des Deutschen Reichs
• 1890 – 1898: Alterssitz in Friedrichsruh
- wirkungsvolle Verbindung „Wilhelm I. + Bismark“
- Bismark als Ultrakonservativer / Monarchist
Drei Einigungskriege Bismarks
1. Deutsch-Dänischer Krieg von 1863 (Folge: Annexion der
Herzogtümer Schleswig und Holstein vom Deutschen Bund)
2. Deutscher Krieg von 1866 / Schlacht bei Königgrätz –
kriegerische Auseinandersetzung des Deutschen Bundes mit
dem Königreich Preußen um den Vormachtstatus. Folgen:
Förmliches Wegdrängen Österreichs aus künftiger deutscher
Geschichte / Kleindeutsche Lösung der deutschen Frage;
Auflösung des DB, Gründung des Norddeutschen Bundes –
der Vorstufe zum geeinten Deutschland (Erinnerungsort: die
Siegessäule in Berlin).
3. Deutsch-Französischer Krieg 1870 / Schlacht bei Sedan
(Folgen: Einigung der Nation im Kampf gegen einen Feind,
Beitritt süddeutscher Staaten zum NDB)
• Die Reichsgründung 1871 (Zweites Reich, Deutsches
Kaiserreich)
Norddeutscher Bund (1866 – 1871)
• Nach dem Deutschen Krieg von Bismarck 1866 geschaffener
Bundesstaat (kein Staatenbund) aus Preußen und weiteren
22 Mittel- und Kleinstaaten nördlich der Mainlinie.
• Zwischenstufe zur Entstehung des Deutschen Reiches unter
der Vorherrschaft Preußens.
• Der König von Preußen saß dem Bund vor, ihm unterstellt
leitete der Bundeskanzler die Exekutive.
• Zu Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs 1870 schlossen
sich auch die süddeutschen Staaten außer Österreich dem
Bund an, der ab sofort Deutsches Reich hieß.
• Seine Verfassung wurde in wesentlichen Teilen zur
Reichsverfassung von 1871.
Deutschland und Frankreich
• Ständige Rivalen
• Gründung des DR auf dem Rücken des besiegten
Frankreich, ein „Geburtsfehler“, Demütigung
Frankreichs, Feier der Reichsgründung = Siegesfeier
über Frankreich (dazu: Annexion der Territorien
(Elsaß-Lothringen), hohe Kriegsentschädigung)
• Stichwort: Emser Depesche
• Einigung der Nation im Krieg gegen Franzosen
(Süddeutsche Staaten + NDB) (dazu: Millionenspende
an Ludwig II. aus Bayern)
• Proklamation des Reichs im Spiegelsaal des Versailles
am 18. Januar 1871
Besonderheiten der Reichgründung „von oben“
• Paulskirche: geeinter Nationalstaat mit
konstitutioneller parlamentarischer Monarchie
• Kaiserreich: Einigung ohne Beteiligung des
Parlaments, ein souveräner Gründungsakt der
Fürsten und der Militärs; von nun wurde die Einigung
nicht mit dem Volk assoziiert, sondern mit dem
Obrigkeitsstaat, mit dem Kanzler von Blut und Eisen,
der zum Schmied der deutschen Einheit.
• Der nationale Traum der Demokraten wurde von
einem genialen und skrupellosen Junker mit
vorurteillosen Intellekt und feudalen Instinkten
verwirklicht.
Bismarksche Reichsverfassung
• Kaiser – Chef des Reichs.
• Reichskanzler und Ministerpräsident – dem Kaiser
verantwortlich, von ihm ernannt und entlassen (nicht vom
Parlament). Es gab also keine vor dem Parlament
verantwortliche Regierung.
• Es gab einen Bundesrat als Ländervertretung und einen
Reichstag, der in freier, geheimer und direkter Wahl
gewählt wurde.
• Das Parlament – Versammlung ideologischer Clubs, die
nur ihre Meinungen äußern durften.
• Die Verfassung verhinderte, dass die Parteien ihr
Rollenspiel als Regierungspartei und Opposition lernten
und Erfahrungen mit dem Regierungsapparat sammelten.
Die verspätete Nation und die Innenpolitik Bismarks
• Verspätete Staatsgründung und verspätete
Teilnahme an der kolonialen Aufteilung der Welt.
• Anfang der erfolgreichen Aufholjagd als Folge mit
Freigabe aller Ressourcen in den Gründerjahren:
1. Die rapide Industrialisierung stärkte die Wirtschaft
und schuf aber Industrieproletariat – das deutsche
erste Wirtschaftswunder.
2. Das führte zur Gründung der Arbeiterparteien: 1875
vereinigte sich der Allgemeine Deutsche
Arbeiterverein mit der Sozialdemokratischen Partei
A. Bebels und K. Liebknechts zur SPD.
3. Bismark reagierte mit Peitsche von staatlichen
Verfolgungen und Verboten (Sozialistengesetz) und
dem Zuckerbrot einer fortschrittlichen
Sozialgesetzgebung (Kranken-, Unfall-,
Rentenversicherung für Arbeiter). Er behandelte die
Liberalen genauso wie die Sozialdemokraten, denen
er die Peitsche des autoritären Staates mit dem
Zuckerbrot des Nationalismus versüßt hatte.
4. Rapide Modernisierung von Recht, Post, Eisenbahn,
Währungssystem, Verkehrsnetz und allgemeiner
Infrastruktur. Das Wirtschaftswachstum war
zeitweise schneller als das der USA.
Außenpolitik Bismarks
• Deutschlands Gewicht nahm rapide zu.
• Friedlicher Charakter der Außenpolitik Bismarks
• Aufrechterhaltung der Isolation Frankreichs, da
es unversöhnlich war.
• Entwicklung einer verstrickten Außenpolitik mit
komplizierten Bündnissen europäischer Mächte,
die es ihnen unmöglich machte, gegeneinander
und vor allem gegen Deutschland Krieg zu führen.
Fazit
• Auf der einen Seite stehen die Schaffung einer modernen
Volksvertretung sowie der Beginn des Sozialstaats mit
Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung. Auf der anderen
Seite kämpft Bismarck gegen Sozialdemokratie und
katholische Kirche / Katholische Zentrumspartei
(Kulturkampf). Die äußere Einigung glückte dem Kanzler
Bismarck – die innere verzögerte er.
• „Der Lotse geht von Bord“, schreibt und zeichnet eine
englische Zeitung. Abschied eines Mannes, der in seiner Ära
Gegensätzliches vereinte. Er war der Konservative, der den
modernen deutschen Nationalstaat schuf. Die äußere
Vereinigung ist ihm geglückt, die innere hat er verzögert. Das
von ihm geschaffene Reich, seine Nachfolger werden es
verspielen.
Zitate / geflügelte Wörter
• Politik ist die Kunst des Möglichen.
• Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden
die großen Fragen der Zeit entschieden – sondern
durch Eisen und Blut.
• So lange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine
Kolonialpolitik. Wir haben eine Flotte, die nicht
fahren kann, und wir dürfen keine verwundbaren
Punkte in fernen Weltteilen haben, die den
Franzosen als Beute zufallen, sobald es losgeht.
• Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der
Welt; und diese Gottesfurcht ist es schon, die uns
den Frieden lieben und pflegen lässt.
• Seien Sie außer Sorge: Nach Canossa gehen wir nicht,
weder körperlich noch geistig! (s. Kulturkampf)
• Es wird bei uns Deutschen mit wenig so viel Zeit
totgeschlagen, wie mit Bier trinken.
• Offenheit verdient immer Anerkennung.
• Революции замышляются гениями,
осуществляются фанатиками, а их результатами
пользуются подлецы.
• Если Вы хотите построить социализм, выберите
страну, которую не жалко.
• Если сегодня не строить школы, то завтра
придется строить тюрьмы.
• Никогда ничего не замышляйте против России,
потому что на каждую вашу хитрость она
ответит своей непредсказуемой глупостью.
• Не надейтесь, что единожды
воспользовавшись слабостью России, вы
будете получать дивиденды вечно. Русские
всегда приходят за своими деньгами. И когда
они придут — не надейтесь на подписанные
вами иезуитские соглашения, якобы вас
оправдывающие. Они не стоят той бумаги, на
которой написаны. Поэтому с русскими стоит
или играть честно, или вообще не играть.
• Русские долго запрягают, но быстро едут.
Begriffe
• Helmuth Graf von Moltke, Dänischer Krieg,
Deutscher Krieg, Schlacht bei Königgrätz, Rotes
Kreuz, e Siegessäule, Norddeutscher Bund, Napoleon
III., Emser Depesche, Ludwig II. und seine Schlösser,
Deutsch-Französischer Krieg, Schlacht bei Sedan,
Elsaß-Lothringen, Alfred Krupp, Deutscher Kaiser /
Kaiser von Deutschland, r Großherzog Friedrich I. von
Baden, Kaiserhymne „Heil dir im Siegerkranz“, r
Reichstag, „Gründerjahre“, erstes deutsches
Wirtschaftswunder, s Sozialistengesetz, r
„Kulturkampf“