2015 GALLER - Wenn der Regenwurm zur Plage wird - Bauernjournal,
Maßnahmen zur Reduktion
Folgende Maßnahmen dienen der Reduktion der
Regenwurmpopulation:
n Schnittgutabfuhr
Wichtig ist, dass auf stark humosen Böden das Mulch- oder
Schnittgut im Spätherbst abgefahren wird. Dadurch wird
das Nahrungsangebot verringert und auch eine Verfilzung
des Bodens (verstärkte
Rohhumusauflage) verhindert.
Ebenso ist die Bekämpfung
der Gemeinen Rispe oder der
wasserhaltenden Moospolster
wichtig.
n Längere Frosteinwirkung
verringert Population
n Austreiben mit Senf- oder
Formaldeyhdlösung
n Saure Düngung
Auf alkalischen Böden führt
eine physiologisch saure
Düngung durch Absenkung
des pH-Wertes auf etwa
5,5 zur Dezimierung der
Regenwürmer, da die Tiere
auf sauren Böden schlechter
gedeihen. Sie bevorzugen einen pH-Wert von 6 bis 7.
n Besandung
Auf Rasen- und Sportflächen
hilft eine jährliche
Besandung mit scharfkantigem, gewaschenem
Quarzsand mit einer Körnung
von 1 bis 2 mm (5 l/m²), da
dies die Schleimhäute der
Würmer austrocknet und
ein Abwandern in tiefere
Schichten bewirkt.
n Branntkalk und
Kalkstickstoff
Bei Problemfällen kann
im Frühjahr auch eine
Behandlung mit Branntkalk
(1.000 bis 1.500 kg/ha) oder
der Einsatz von Kalkstickstoff
(Cyanamidphase) sinnvoll
sein, sobald sich die Würmer
an der Oberfläche (0 bis 15 cm
Tiefe) befinden. Ein Einsatz
von Insektiziden gegen
Regenwürmer ist verboten.
n Bodenbearbeitung
Als mechanische
Bekämpfungsmaßnahme ist
bei verstärkten Schäden eine
intensive Bodenbearbeitung
mit einer anschließenden
Neuansaat die wirksamste
Maßnahme.
Josef GALLER, Grünlandexperte der LK Salzburg stellt diesen Beitrag zur Verfügung;
Ungenutzte Ertragspotentiale im Futterbau Wels 2018 58Folien
GALLER - Wenn der Regenwurm zur Plage wird - Bauernjournal 3 2015
1. Bauernjournal grünland
IV Ausgabe 3/2015
Regenwürmer sind
nützlich und fördern
die Bodenfruchtbarkeit.
Aber selbst beim
Regenwurm gilt, dass
die Dosis entscheidend
ist. Speziell der
eingeschleppte
Schwarzkopfwurm ist
gebietsweise zur Plage
geworden. Wie man
Regenwürmer fördern,
aber auch bei Bedarf
wieder zurückdrängen
kann, schildert
folgender Beitrag.
Dipl.-Hlfl-ing. josef galler
Im Grünland leben je Hekt-
ar bis zu 4 Mill. Würmer, das
sind bis zu 400 Würmer pro
Quadratmeter. Regenwürmer
sind Zwitter, werden zwei bis
acht Jahre alt und paaren sich
vorrangig im Frühjahr. Sie
werden frühestens mit sechs
Monaten geschlechtsreif, was
an der Ausbildung der Gürtel-
manschette erkennbar ist, wo
auch die Kokons mit den Eiern
gebildet werden.
8 GVE Würmer je Hektar
Grünlandböden enthalten nor-
malerweise 2.000 bis 4.000 kg
Regenwürmer pro Hekt-
ar (Ackerböden nur etwa die
Hälfte), was umgerechnet bis
zu acht Großvieheinheiten (Ba-
sis 500 kg LG) bedeutet. Regen-
wurmkot fördert die Dauerhu-
musbildung. Sie ernähren sich
von abgestorbenen Pflanzen-
teilen, Ernterückständen, ver-
rottetem Stallmist, Zwischen-
begrünungen und humusrei-
cher Erde.
Zu tief untergepflügtes Pflan-
zenmaterial verfault hingegen
wegen Sauerstoffmangel ins-
besondere bei verdichteten
Böden. Die Regenwurmröh-
ren bewirken eine gute Durch-
lüftung des Bodens, wodurch
auch der Grobporenanteil er-
höht wird. Regenwürmer sind
auch an der Bildung stabiler
Bodenkrümel beteiligt.
Sie können aber zu tief un-
tergepflügte, d. h. vergrabene
Pflanzenreste, nicht mehr ver-
dauen, wodurch es dann zur
Matratzenbildung kommen
kann.
Arten von Regenwürmern
Bei uns können bis zu 30 ver-
schiedene Regenwurmarten
vorkommen, die vereinfacht in
drei große Gruppen, nämlich
Streubewohner, Flachgräber
und Tiefgräber, unterteilt wer-
den.
In der obersten Streuschicht
leben vor allem im Grünland
und in den Waldböden die
„Streubewohner“ wie der Rot-
bzw. Braunwurm, auch als
Laubfresser bekannt. Sie ver-
hindern durch den Abbau von
Streu- und Mulchschichten
die Bildung einer verstärkten
Rohhumusauflage.
Die „Flachgräber“ wie der Klei-
ne Wiesenwurm oder auch der
Große Ackerwurm kommen in
humosen Mineralböden vor-
rangig in einer Tiefe von 40
cm vor. Sie graben horizontale
Gänge.
„Tiefgräber“ wie der Tauwurm
oder der gebietsweise zur Plage
gewordene Schwarzkopfwurm
können hingegen vertikal bis
in eine Tiefe von 1 bis 3 m vor-
dringen. Auch der Große Wie-
senwurm zählt zu den Tiefgrä-
bern. Sie können verdichtete
Bodenschichten durchbohren
und lockern und den Regenab-
fluss wieder verbessern.
Tiefgräber breiten sich aus
Der Schwarzkopfwurm (Ni-
codrilus nocturnus) kommt wie
der Tauwurm (Lumbricus ter-
restris), auch als Aalwurm oder
Gemeiner Regenwurm bekannt,
als Tiefgräber bevorzugt auf
Lehmböden vor. Regenwürmer
haben weder Augen noch Oh-
ren, sind sehr lichtempfindlich
und reagieren auf jede Erschüt-
terung des Erdbodens. Sie sind
daher auf Dauerweiden deut-
lich weniger vertreten als auf
Wiesen. Ihre Schleimhaut er-
leichtert den Regenwürmern
das Kriechen am Boden und
schützt auch ihre empfindliche
Haut vor Austrocknung.
Der wertvolle Tauwurm kann
bis zu 25 cm lang werden, ist
am vorderen Kopfteil rotbraun
und hat am Ende des vorderen
Körperdrittels eine verdickte,
hell gefärbte Halsmanschet-
te, während der hintere Teil
schwächer pigmentiert ist und
heller erscheint. Der Schwarz-
kopfwurm ist etwas dünner,
vorne am Kopf schwarz und ab
dem Gürtel graubraun gefärbt
(siehe Fotos).
Speziell der problematische
Schwarzkopfwurm, der über
Wurzelballen von Ziersträu-
chern eingeschleppt wurde,
produziert viel Kot und beför-
dert 8 bis 10 cm hohe Kothäuf-
chen an die Erdoberfläche. Da-
durch wird die Bewirtschaf-
tung schwierig bis unmöglich,
weil der Boden weich und glit-
schig wird. Es entstehen ver-
stärkt Trittschäden und Fahr-
spuren und ein Befahren am
Hang ist wegen der Abrutsch-
gefahr gefährlich.
Hauptaktivitätszeit
Die größte Aktivität haben
Tiefgräber im Frühjahr und
Herbst. Sie kommen speziell
nach längeren Regenperio-
den an die Oberfläche, wenn
die Gänge und Röhren über-
flutet werden. Die klebrigen
Kothäufchen an der Boden-
oberfläche bleiben nicht nur
an Schuhen und Traktorreifen
kleben, sondern führen auch
bei der Ernte zu einer enormen
Futterverschmutzung, was zu
hohen Buttersäuregehalten in
Grassilagen und nicht zuletzt
auch zu massiven Euterent-
zündungen führen kann. Der
Starke Grünlandverschmutzung durch den Regenwurmkot Fotos: Galler
SChwarzkopfwurm gefährdet das grünland
Wenn der Regenwurm zur Plage wird
Regenwurmkot
2. Grünland Bauernjournal
Ausgabe 3/2015 V
Einsatz eines Mähaufbereiters
ist nicht mehr möglich. Auch
der Rohaschegehalt im Futter
steigt stark an und dement-
sprechend sinkt der Energie-
gehalt.
Wenn es trocken und warm ist,
ziehen sich die Regenwürmer
in tiefere Bodenschichten zu-
rück und machen einen Som-
merschlaf, da sie sehr emp-
findlich auf direkte Sonnen-
einstrahlung und Hitze reagie-
ren. Im Herbst, wenn es kühler
und feuchter wird, wachen sie
wieder auf und kommen spezi-
ell nach Regen an die Oberflä-
che. Auch im Winter können
sie bei frostfreien Tagen wieder
aktiv werden.
Damit über die Haut ein Sauer-
stoff-Gasaustausch stattfinden
kann, muss die Haut ausrei-
chend Feuchtigkeit aufweisen,
weshalb sich Regenwürmer
vor allem in feuchten Boden-
schichten oder auf taufeuch-
ten Oberflächen aufhalten. Ihr
Körper wird von einem Feuch-
tigkeitsfilm umgeben, wo auch
der Sauerstoff für die Atmung
gelöst wird und dann schließ-
lich ins Blut wandert.
Regenwürmer verdrängen
Flachgründige oder sandig-
schottrige Böden hemmen die
Regenwürmer, da sie aufgrund
ihrer feuchtigkeitsliebenden
Schleimhaut empfindlich auf
Austrocknung sowie auf Säu-
ren oder auf Ammoniak re-
agieren. Die Düngung sowohl
mit schwefelsaurem Ammoni-
ak als auch mit unverdünnter
Dickgülle kann die Würmer
infolge von Ammoniakabga-
sung schädigen und vertrei-
ben, sofern sie sich an der Bo-
denoberfläche befinden. Beim
Verdünnen der Gülle mit Was-
ser auf 1:1 wird hingegen das
leicht flüchtige Ammoniak zu
Ammoniumlauge (Ammoni-
umhydroid) gebunden und
damit wieder neutralisiert.
Bodenbearbeitung
Jede Bodenbearbeitung schä-
digt die Regenwürmer. Eine
Bodenbearbeitung sollte nor-
malerweise nur auf tragfähi-
gen und abgetrockneten Bö-
den erfolgen, wo sich die
Würmer wieder in tieferen
Schichten befinden. Intensive
Bodenbearbeitung, insbeson-
dere der Einsatz einer Fräse,
sollte in den regenwurmakti-
ven Zeiten (März/April und
September/Oktober), wo sich
die Würmer an der Oberfläche
befinden, vermieden werden.
Regenwürmer mögen keine
luftarmen, verdichteten oder
vernässten sowie sauren Bö-
den mit pH-Werten unter 5,5.
Saure Böden hemmen die Re-
genwürmer.
Ackerböden haben infolge der
Bodenbearbeitung einen ge-
ringeren Regenwurmbesatz
als Grünlandböden. Wichtig
für die Ernährung der Regen-
würmer ist ein „Immergrüner
Acker“, d. h. Bracheperioden
sollten vermieden werden.
Bodenbearbeitung, insbeson-
dere mit rotierenden Werkzeu-
gen, schädigt den Regenwurm
am stärksten. Aus einem zer-
schnittenen Regenwurm gibt
es übrigens nicht zwei Wür-
mer, wie das gerne behauptet
wird. Im besten Fall überlebt
der Vorderteil.
Der Pflugeinsatz bewirkt Ver-
lustraten um 25 %, während
bei rotierenden Geräten (Frä-
sen) die Verluste bis auf 70 %
ansteigen.
Regenwürmer pro m²
(n. FiBL, 2013)
Mehrschnittwiesen 250 bis 350
Ackerböden 120 bis 250
Laubwald 150 bis 250
Magerwiesen 30 bis 50
saurer Fichtenwald 10 bis 15
Besatz kontrollieren
Regenwürmer sind Bodenver-
besserer. In Einzelfällen kann
speziell der Schwarzkopfwurm
in Hausgärten, Golfrasen oder
im Dauergrünland zur Plage
werden, da er sich mit unglaub-
licher Inbrunst durchs Erdreich
frisst. Speziell nach Regenperi-
oden kann er sich rasant aus-
breiten. Die Anzahl der Losun-
gen pro Quadratmeter kann auf
30 bis 40 und darüber anstei-
gen. So können sie weit über
100 t Kot pro Hektar verschie-
ben und ablagern.
Austreibung von Würmern
Eine Austreibung von Regen-
würmen zur Auszählung der
Population ist mit Senfsaat
oder einer verdünnten Formal
dehydlösung (0,2- bis 0,4%ig)
möglich, die im Handel, aber
auch in Apotheken (z. B. in
10 %iger Form) erhältlich ist.
Wichtig: 1 l einer 10%igen
Formaldehydlösung, verdünnt
mit 50 l Wasser ergibt eine
Konzentration von 0,2 % bzw.
mit 25 l Wasser, von 0,4 %.
Formaldehyd ist der Trivialna-
me für „Methanol“, welcher als
Grundstoff in verschiedensten
Bereichen der chemischen In-
dustrie (z. B. Kunststoffe, kos-
metische Produkte etc.) einge-
setzt wird.
Alternativ ist auch der Einsatz
einer Senflösung, d. h. einer
gemahlenen Senfsaat oder von
Senfmehl (z. B. Gelbsenf), das
über Nacht in Wasser einge-
weicht wird, möglich.
Auch der Anbau Senf, Dill,
Zwiebel, Paprika oder Chili
führt zur Auswanderung von
Regenwürmern.Schwarzkopfwurm Wiesenwurm
Maßnahmen zur Reduktion
Folgende Maßnahmen die-
nen der Reduktion der
Regenwurmpopulation:
n Schnittgutabfuhr
Wichtig ist, dass auf stark hu-
mosen Böden das Mulch- oder
Schnittgut im Spätherbst ab-
gefahren wird. Dadurch wird
das Nahrungsangebot verrin-
gert und auch eine Verfilzung
des Bodens (verstärkte
Rohhumusauflage) verhindert.
Ebenso ist die Bekämpfung
der Gemeinen Rispe oder der
wasserhaltenden Moospolster
wichtig.
n Längere Frosteinwirkung
verringert Population
n Austreiben mit Senf- oder
Formaldeyhdlösung
n Saure Düngung
Auf alkalischen Böden führt
eine physiologisch saure
Düngung durch Absenkung
des pH-Wertes auf etwa
5,5 zur Dezimierung der
Regenwürmer, da die Tiere
auf sauren Böden schlechter
gedeihen. Sie bevorzugen ei-
nen pH-Wert von 6 bis 7.
n Besandung
Auf Rasen- und Sportflächen
hilft eine jährliche
Besandung mit scharf-
kantigem, gewaschenem
Quarzsand mit einer Körnung
von 1 bis 2 mm (5 l/m²), da
dies die Schleimhäute der
Würmer austrocknet und
ein Abwandern in tiefere
Schichten bewirkt.
n Branntkalk und
Kalkstickstoff
Bei Problemfällen kann
im Frühjahr auch eine
Behandlung mit Branntkalk
(1.000 bis 1.500 kg/ha) oder
der Einsatz von Kalkstickstoff
(Cyanamidphase) sinnvoll
sein, sobald sich die Würmer
an der Oberfläche (0 bis 15 cm
Tiefe) befinden. Ein Einsatz
von Insektiziden gegen
Regenwürmer ist verboten.
n Bodenbearbeitung
Als mechanische
Bekämpfungsmaßnahme ist
bei verstärkten Schäden eine
intensive Bodenbearbeitung
mit einer anschließenden
Neuansaat die wirksamste
Maßnahme.
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