Dorothee Starke: Sponsoring durch mittelständische Unternehmen in der Region
1. F 3.16
Sponsoring durch mittelständische Unternehmen in
der Region
Dorothee Starke
Seit gut 20 Jahren kommt keine Kultureinrichtung mehr um das Thema Sponsoring herum. Zu-
nächst wurden die neuen Allianzen beargwöhnt, manch eine Partnerschaft, die heute viel beachtet
wird, wurde damals eher verachtet. Doch inzwischen ist deutlich geworden, dass sinnvolle Konzep-
te von beiderseitigem Nutzen sein können und aus dem Dialog mit der Wirtschaft nicht selten neue
Dimensionen für gemeinsame Projekte erwachsen können. Unternehmerische Kulturförderung in
der Region, Partnerschaften zwischen mittelständischen Unternehmen und kleineren regionalen
Kulturinstitutionen gewinnen jedoch mehr und mehr an Bedeutung. Im Folgenden sollen neuen
Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufgezeigt werden sowie Best-Practice-Beispiele.
Gliederung Seite
1. Ausgangssituation 2
2. Die Situation in Städten bis 200.000 Einwohnern 3
3. Schulung des Führungsnachwuchses 4
3.1 Motivation für positive Sponsoringentscheidungen 4
3.2 ArtsFund Associates Program, Seattle 5
3.3 Board Leadership Training Program 6
4. Einbindung von Mitarbeitern 7
4.1 Matching gifts – Arbeitnehmerprogramme 7
4.2 Mitarbeitermotivation 10
5. Presse und Medien 11
5.1 Förderer des Monats 11
6. Institutionelle Initiativen 12
6.1 KulturKontakte 12
7. Schlussfolgerung 15
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2. F 3.16 Finanzierung und Förderung
Private Kulturförderung
1. Ausgangssituation
Großprojekte im Mittel- Welche Bedeutung Sponsoring heutzutage hat, zeigen die zahllosen
punkt des Interesses Veröffentlichungen, die zu dem Thema erschienen sind, und die Viel-
zahl der angebotenen Fortbildungsveranstaltungen. Doch ein ent-
scheidender Mangel ist bei aller Informationsfülle zu bemerken: In
den allermeisten Fällen wird die Aufmerksamkeit auf große, finanz-
kräftige Unternehmen und deren Kooperationen mit überregional wir-
kenden Kultureinrichtungen gelenkt.
Man stelle sich also einen fortbildungswilligen Kulturschaffenden –
etwa den Leiter eines regionalen Stadttheaters oder des Heimatmuse-
ums – auf einer der zahlreichen Veranstaltungen zum Thema Kultur-
sponsoring vor. In der Regel werden dort großartige Beispiele von
Sponsoringpartnerschaften erläutert, wie z. B. das Siemens Art Pro-
gramm, das Engagement von Beiersdorf oder der GASAG. Dem ste-
hen an kulturellen Institutionen z. B. die Bayerische Staatsoper oder
die Schirn Kunsthalle gegenüber. Die Übertragbarkeit auf regionale
Verhältnisse ist sehr begrenzt!
Versucht oben benannter Einrichtungsleiter nun nach einer solchen
Tagung, die Anregungen in der eigenen eher kleinen Stadt umzuset-
zen, liegt es nahe, sich auch dort zunächst an große Unternehmen der
Stadt zu wenden. Dort erhält er indes höchstwahrscheinlich die Aus-
kunft, dass das Unternehmen bundesweit oder weltweit operiere und
kein Interesse daran habe, sich vor der eigenen Haustür zu engagieren.
Die Werbemöglichkeiten, die die regionale Einrichtung zu bieten hat,
seien begrenzt und uninteressant und die paar hundert oder tausend
Besucher (resp. Kontakte) brächten diesem Unternehmen wenig. Die
Arbeit der Institution sei zwar grundsolide, aber weder innovativ noch
spektakulär. Die Kunden des Unternehmens seien wiederum andere
Unternehmen und befänden sich nicht hier in der Stadt.
Wendet sich unsere Versuchsperson nun nach dieser Erfahrung an den
heimischen Mittelstand, so können die Reaktionen von schierem Ent-
setzen über totales Unverständnis bis hin zu höflichem Nichtreagieren
und Aussitzen ausfallen. Jahrelange Freundschaften aus Schützenvereinen
oder Serviceclubs werden so innerhalb kürzester Zeit zunichte gemacht!
Besseres Verständnis Tatsächlich ist es so, dass immer noch großer Erklärungsbedarf
wecken herrscht zwischen den kleineren und mittleren – keinesfalls aber un-
bedeutenden – öffentlichen Kultureinrichtungen und der mittelständi-
schen Unternehmerschaft. Gerade auf regionaler Ebene kann die Zu-
sammenarbeit zwischen Kultur und Wirtschaft äußerst fruchtbringend
und für beide Seiten beflügelnd sein. Eine Chance, die nicht vertan
werden sollte, da hier großes Potential schlummert. Es ist an der Zeit,
ein verstärktes Augenmerk auf diesen Aspekt der unternehmerischen
Kulturförderung zu legen. Es gilt zu informieren und Unsicherheiten
und Ängste abzubauen – deren eine z. B. heißt, Kultursponsoring wäre
immer mit hohen Summen verbunden.
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3. Finanzierung und Förderung F 3.16
Private Kulturförderung
Die im Folgenden geschilderten Beispiele stammen aus praktischer Beispielstädte Bremer-
Tätigkeiten am Theater im Fischereihafen (TiF) in Bremerhaven und haven und Hameln
am Theater Hameln sowie im Seattle Children’s Theatre. Besonders
das 1997 gegründete TiF ist als GmbH auf die Unterstützung der regi-
onalen Wirtschaft angewiesen. Es war von Anfang an als Teil eines
touristischen Konzepts geplant und die Finanzierung sollte zu ca. 20%
bei der ansässigen Wirtschaft akquiriert werden. Aber auch das Thea-
ter Hameln als städtischer Regiebetrieb kommt – wie fast alle öffentli-
chen Theater – nicht mehr ohne Sponsoren aus. Bei diesen beiden
Städten handelt es sich um keine Metropolen, sondern um Städte wie
sie die Mehrzahl der deutschen Landschaft ausmachen. Städte, die
eine Fülle an Theatern, Museen, Galerien, Orchestern vorhalten und
die damit die Basis der kulturellen Infrastruktur bilden.
2. Die Situation in Städten bis 200.000
Einwohnern
Um die Bedeutung regionaler Kulturförderung zu untermauern, seien
hier zunächst einige Daten aufgeführt.
Betrachten wir die deutsche Theaterlandschaft, so ergibt sich folgen- Beeindruckende Zahlen
des Bild. Laut Statistik des Deutschen Bühnenvereins sind in Städten
und Gemeinden unter 200.000 Einwohnern aufgeführt:1
Anzahl öffentl. Theater, Privattheater und Orchester: 171
Anzahl Besucher in der Spielzeit 2007/2008: 10.565.263
Anzahl Veranstaltungen: 40.818
Tab. F 3.16-1 Deutsche Theaterlandschaft in Zahlen
Für die Museen in Städten und Gemeinden mit bis zu 200.000 Ein-
wohnern ergibt sich für das Jahr 2009 folgendes Bild:2
Anzahl der Museen: 5.428
Anzahl der Besuche: 61.994.784
Anzahl der Ausstellungen: 7.365
Tab. F 3.16-2 Deutsche Museumslandschaft in Zahlen
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4. F 3.16 Finanzierung und Förderung
Private Kulturförderung
Bedeutung für Das sind durchaus beeindruckende Zahlen. Dabei ist einerseits zu
kulturelle Bildung und bedenken, welche Bedeutung gerade dem regionalen Stadtmuseum
Integrationsfunktion oder dem Stadttheater z. B. hinsichtlich kultureller Bildung zufällt,
andererseits auch welchen integrativen Stellenwert diese Institutionen
für die urbane Gesellschaft besonders kleinerer Städte haben. Nicht
zuletzt definiert sich das städtische Bürgertum auch heute noch vielfach
über Mitgliedschaften im Kunstverein oder im Theaterförderverein.
Zusätzliches Personal In derartigen Kultureinrichtungen gibt es selten einen Sponsoringbe-
für Sponsoring ist selten auftragten, meist wird diese Aufgabe von der Leitung oder vom Pres-
sereferat mit übernommen. An Stellenaufstockungen ist seit Jahren
kaum zu denken, eher an Reduzierungen, was bedeutet, dass ein im-
mer wichtiger werdendes Thema lediglich mit den vorhandenen Res-
sourcen bearbeitet werden kann. Denn auch wenn immer wieder be-
tont wird, dass Sponsoring nur das „Sahnehäubchen“ darstellt und
natürlich nicht den Grundbedarf abdecken kann, so rechnen die
Kommunen doch mittlerweile ganz unverhohlen mit diesen Geldern
aus der Privatwirtschaft und messen den Erfolg ihrer Einrichtungslei-
ter längst nicht mehr nur an Zuschauer- oder Besucherzahlen, sondern
auch an den akquirierten Geldern und daran, wie die Führung der Kul-
turinstitution die öffentlichen Kassen durch ihr Einfaltsreichtum und
ihr Engagement entlasten.
Im Folgenden werden konkrete Beispiele aufgezeigt, die zum Abbau
noch immer vorhandener Ressentiments beitragen können.
3. Schulung des Führungsnachwuchses
3.1 Motivation für positive Sponsoringentscheidungen
Persönliches Interesse In der jüngst erschienenen Studie des Arbeitskreises Kultursponsoring
ist bei kleineren Unter- (AKS)3 zur unternehmerischen Kulturförderung fällt bei der Frage
nehmen wichtiger nach der Motivation für Kulturförderung folgendes auf: Die Gewich-
tung ist in fast allen Bereichen bei den nach „sehr groß – groß – mittel
– klein“ eingeteilten Unternehmen sehr dicht beieinander – ob nun die
Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung oder die Imagepflege als
Motivation abgefragt wird. Allerdings fällt
auf, dass persönliches Interesse als Motiva-
tionsgrund bei den kleinen Unternehmen
erheblich häufiger benannt wird als bei den
anderen, was sich in den konkreten Prozent-
zahlen folgendermaßen widerspiegelt: Kleine:
Persönliches Interesse ist bei kleineren Unterneh- 21%, Mittlere: 14%, Groß: 6%, Sehr groß:
men einer der Hauptgründe für Kulturförderung 3%.
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