Dr. Oliver Scheytt, Dr. Michael Zimmermann: Qualitätsmanagement in Kultureinrichtungen
1. Planung und Steuerung D 3.1
Evaluation und Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement in
Kultureinrichtungen
Dr. O. Scheytt, Dr. M. Zimmermann
Der Beitrag gibt einen Überblick über die im Kulturmanagement anwendbaren Qualitätsmanage-
ment-Systeme. Anhand konkreter Beispiele werden verschiedene Qualitätskriterien erläutert. Die
Orientierung auf die Kunden sowie die Entwicklung und Optimierung von Prozessen werden als
wesentliche Elemente herausgearbeitet.
Gliederung Seite
1. Der gesellschaftliche Hintergrund des Qualitätsmanagement-Konzeptes 2
2. Standards nach DIN EN ISO 9000 bis 9004 3
3. Qualitätsmanagement und Zertifizierung 4
4. Total Quality Management und European Foundation for
Quality Management 6
5. Leistungsvergleiche 10
5.1 Vergleichssysteme und Leistungsindikatoren 10
5.2 Der Bibliotheksindex BIX 11
6. Qualitätsbegriff, Kundenorientierung und Kundengruppen 12
6.1 Qualitätsbegriff und -kategorien 12
6.2 Qualitätskriterien aus Kundensicht 14
6.3 Kundengruppen 14
7. Qualitätsmanagement in Kultureinrichtungen 16
7.1 Die Kundenorientierung 17
7.2 Output (Leistung) und Outcome (Wirkung) 17
7.3 Standardisierung 17
8. Chancen und Grenzen von Qualitätsmanagement-Konzepten in
öffentlichen Verwaltungen 18
9. Schlussbemerkung 20
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2. D 3.1 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
1. Der gesellschaftliche Hintergrund des
Qualitätsmanagement-Konzeptes
Neue Leitungs- und Managementformen, wie sie nicht zuletzt mit dem
Begriff „Qualitätsmanagement“ gefasst werden, gehen von der indus-
triellen Produktion aus. Sie haben inzwischen auf den Dienstleistungs-
sektor und auf die öffentlichen Verwaltungen übergegriffen.
In der Industrie galt über Jahrzehnte eine immer tiefere Arbeitsteilung
als Hauptprinzip effizienter Organisation. Horizontale Arbeitsteilung
im Sinne feinerer Zerlegung von Arbeitsaufgaben erlaubt es, angelern-
te Arbeitskräfte rasch produktiv einzusetzen und ihre Leistung zu kon-
trollieren. Funktionale Arbeitsteilung machte es in der Industrie au-
ßerdem möglich, qualifizierte Arbeitskräfte optimal zu nutzen, hohe
Spezialisierungseffekte zu erzielen und den Produktionsablauf im
Interesse von Kostensenkung und fortschreitender Mechanisierung
bzw. Automatisierung transparenter zu gestalten.
Qualitätsmanagement Seit den 1980er-Jahren hat jedoch die Erkenntnis an Raum gewonnen,
als strategische Option dass eine tief gestaffelte Arbeitsteilung nur unter bestimmten makro-
ökonomischen und technischen Bedingungen effizient ist. Turbulente-
re Märkte, die wachsende internationale Konkurrenz und der Zwang
zu beschleunigter Innovation erfordern auch in stärkerem Maße fle-
xible Unternehmensstrategien. Zahlreichen, inzwischen vorgeschlage-
nen und erprobten, jedoch durchaus noch nicht allgemein durchgesetz-
ten Organisationskonzepten sind deshalb 4 Prinzipien gemeinsam:
4 Prinzipien • Abbau von Hierarchien;
• eine zumindest partielle Rücknahme der funktionalen Arbeitstei-
lung mit Dezentralisierung von Verantwortung und Entscheidungs-
kompetenz und Bildung kleinerer teilautonomer Leistungseinhei-
ten;
• stark erhöhte Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten
in diesen dezentralen Strukturen;
• Managementformen und Leitungsstrukturen, die dem stärker parti-
zipatorischen und dezentralen Charakter der Arbeit Rechnung tra-
gen („partizipative Projektsteuerung“) und deren Qualität in Er-
gebnis und Prozess ins Zentrum rücken.
Verwaltungsinnovation Qualitätsmanagement ist inzwischen auch als Element von Verwal-
tungsinnovation zu sehen. Mit dem „Neuen Steuerungsmodell“ haben
sich insbesondere für die Kommunen Gestaltungsspielräume eröffnet,
die zu mehr Kostenbewusstsein und Bürgernähe führen sollen.
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3. Planung und Steuerung D 3.1
Evaluation und Qualitätsmanagement
Die herkömmliche Verwaltung folgte durch Regel-, Aufgaben- und
Finanzvorgaben stark einer Innensicht (Input-Orientierung). Ihre Stär-
ke lag in der Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit. In Ergänzung die-
ser bisherigen Praxis wird heute ein Wirtschaftlichkeitsnachweis über
das Ergebnis des eigenen Handelns (Output-Orientierung) verlangt,
sowie eine Produktbeschreibung und die Kenntnis dessen, was bei den
Bürgern Akzeptanz findet (Kundenorientierung).
Die Verwaltung verpflichtet sich nun gegenüber der Politik, Produkte Zielvereinbarungen, die
im Rahmen eines vereinbarten Finanzrahmens zu erstellen. Hierzu auf Qualität abzielen
werden Leistungsverträge abgeschlossen. Zu der Orientierung am
Output und am Kunden tritt als weiteres Element „neuer Steuerung“
das „Kontraktmanagement“, die aktive Gestaltung der Beziehungen
zwischen den an Steuerung und Management beteiligten Akteuren.
Die zwischen den Vertragsparteien ausgehandelten Rahmenziele sind
für den projektierten Zeitraum festgeschrieben und an eine Budgetie-
rung gekoppelt, welche die Zuwendungen an die einzelnen Einrich-
tungen für die Vertragslaufzeit festlegt. Das bedeutet einerseits, dass
den kommunalen Einrichtungen für mehrere Jahre höhere Planungssi-
cherheit und größerer Spielraum für eigene Entscheidungen gewährt
wird; andererseits ist die Vertragserfüllung an definierte Qualitätskrite-
rien gebunden.
2. Standards nach DIN EN ISO 9000 bis 9004
In der Industrie gingen wichtige Impulse von der Normenreihe DIN
EN ISO 9000 bis 9004 aus. Die Aktivitäten zur Qualitätssicherung
sollten nicht mehr nur der Fehlersuche und damit faktisch der Endkon-
trolle überlassen bleiben, sondern in alle Geschäftsbereiche der Unter-
nehmen integriert werden. DIN EN ISO 9000 bis 9004 wurde Anfang
der 1980er-Jahre eingeführt, 1987 ins Deutsche übersetzt und 1994
weitgehend revidiert.
Ansatzpunkt dieser Normenreihe ist die Darlegung eines Qualitätssys-
tems. Den Kunden soll dokumentiert werden, dass ein Unternehmen
Qualitätsanforderungen festgelegt hat und sie auf rationelle Weise
erfüllt.
Wesentliches Merkmal von DIN EN ISO 9000 ff. ist die Standardisie- Qualitätshandbuch
rung. Voraussetzung für eine Beurteilung gemäß dieser Normenreihe
ist ein Qualitätshandbuch, das nicht unbedingt in gedruckter Form
vorliegen muss, sondern auch in einer Intranet-Fassung geführt wer-
den kann. Es soll die betrieblichen Abläufe transparenter machen und
berücksichtigt vor allem folgende Elemente:
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4. D 3.1 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
• Beschreibung des Leitbilds der Einrichtung und der Qualitätsziele;
• Beschreibung der Aufgaben und Verantwortungsbereiche;
• Beschreibung der qualitätsrelevanten Tätigkeiten und Prozesse;
• Beschreibung der Vorgabe- und Nachweisdokumente, die zugrunde
liegen.
Ursprünglich für die Industrie entwickelt, umfassen die Normen die
Anwendungsleitfäden 9000 bis 9004. Sie beziehen sich auf Bereiche
wie Design, Entwicklung, Produktion, Montage und Kundendienst bis
hin zur Endprüfung.
Leitfaden und Modelle DIN EN ISO 9000 ist Leitfaden zur Auswahl und Anwendung der
Normenreihe, DIN EN ISO 9001 bis 9003 enthalten 3 verschiedene
Normierungen und Modelle zur Darlegung des Qualitätsmanage-
ments, DIN EN ISO 9004-1 und DIN ISO 9004-2 sind Leitfäden zur
Einführung von Qualitätsmanagement-Systemen. Der Schwerpunkt
liegt hier auf der Verbesserung betriebsinterner Strukturen und auf der
Prozessqualität. Die Qualitätselemente der DIN EN ISO 9000 ff. sol-
len möglichst vollständig jene Bereiche eines Unternehmens bzw.
einer Institution erfassen, an denen sich Qualität bzw. Qualitätsdefizite
festmachen lassen. Das reicht von der „Verantwortung der Leitung“
über „Schulung“ und „Marketing“ bis zu „Korrektur- und Vorbeuge-
maßnahmen“, die Wege zum Erkennen und Vermeiden von Fehlern
darlegen sollen.
3. Qualitätsmanagement und Zertifizierung
DIN EN ISO 9000 ff. DIN EN ISO 9000 bis 900-1 ermöglichen eine Zertifikation. Ein Zer-
tifikat gilt als imagefördernd, es ermöglicht Vergleiche und wird bis-
weilen als eine Art „Entreebillett“ für öffentliche Ausschreibungen
angesehen. Dabei wird, dies ist zu betonen, nicht das jeweilige Pro-
dukt bzw. die Dienstleistung geprüft. Es geht vielmehr um den Nach-
weis, dass der Betrieb ein Qualitätssicherungssystem eingeführt hat.
Zertifizierungsverfahren Ausgangspunkt einer Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff. ist die
Definition von Qualitätsanforderungen und der Art ihrer Erfüllung im
Qualitätshandbuch. Die Zertifizierung dient dem Nachweis, dass das
Qualitätsmanagement einer Organisation von einer kompetenten und
neutralen Stelle auf seine Funktionsfähigkeit geprüft ist und kontinu-
ierlich überwacht wird. Eine Zertifizierung darf nur durch anerkannte
Zertifizierungsstellen erfolgen. Da es in Deutschland aber kein staatli-
ches Institut zur Akkreditierung von Zertifizierungsstellen gibt, bleibt
die Entwicklung dem Markt überlassen.
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