Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Fischer: Der unbefristete Arbeitsvertrag. Prüfkriterien hinsichtlich Muss und Soll des Vertrags
1. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
Der unbefristete Arbeitsvertrag
Prüfkriterien hinsichtlich Muss und Soll des Vertrags
Herrmann J. Fischer
Autor zum Thema „Kultur und Recht“
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Das „Muss“ beim unbefristeten Vertrag des abhängig
beschäftigten Künstlers 2
2.1 Name und Anschrift der Vertragsparteien 2
2.2 Zeitpunkt des Beginns der Vertragsbeziehungen 3
2.3 Der Arbeitsort 3
2.4 Beschreibung der Tätigkeit der Künstlerin bzw. des Künstlers 3
2.5 Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit des Arbeitsentgeltes 4
2.6 Die Arbeitszeit 5
2.7 Die Dauer des Erholungsurlaubs 5
2.8 Kündigungsfristen 6
2.9 Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen 6
3. Das „Soll“ beim unbefristeten Vertrag des abhängig
beschäftigten Künstlers 7
3.1 Probezeit 7
3.2 Nebentätigkeit 7
3.3 Arbeitsverhinderungen und Erkrankung 8
3.4 Schriftform 8
Der vorliegende Beitrag dient als Leitfaden für den Abschluss eines unbefristeten
Arbeitsvertrages zwischen Kultureinrichtung und Künstler. Er führt auf, welche
Regelungen die Parteien treffen müssen und sollten. Für Detail-Fragen wird auf
die Beiträge D 2.1, D 3.1 und D 3.2 verwiesen.
L
7.3
S. 1
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2. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
1. Einleitung
Insbesondere im Kulturbereich zeichnen sich Arbeitsverträge, die Künstlerinnen
und Künstler mit der Unternehmer- und Veranstalterseite abschließen, durch ein
hohes Maß an Individualität und Unübersichtlichkeit der Inhalte aus. Dies mag
man als Zeichen von Kreativität deuten, zumeist ist es aber Ausdruck eigener
Interessendurchsetzung bzw. Dokumentation von Unsicherheit. Der nachfolgende
Beitrag will dazu anregen, vor dem Abschluss von Verträgen einen Check mit
dem Ziel vorzunehmen, ob alle notwendigen Inhalte vereinbart wurden und auch
ihren Niederschlag im Vertrag gefunden haben.
2. Das „Muss“ beim unbefristeten Vertrag
des abhängig beschäftigten Künstlers
Wird kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, hat der Arbeitgeber nach
dem Nachweisgesetz (NachwG), das für alle Arbeitnehmer, mit Ausnahme der
Aushilfs-Arbeitsverhältnisse von höchstens einem Monat, Anwendung findet,
spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses
die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Nieder-
schrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Gleiches gilt für
spätere Änderungen, §§ 2, 3 NachwG. Zu den wesentlichen Vertragsbedingungen
zählen die nachfolgend aufgeführten Inhalte, die „Muss-Inhalte“.
2.1 Name und Anschrift der Vertragsparteien
Während der Unternehmer Wert darauf legen wird, dass z. B. im Falle der Ver-
pflichtung einer Künstler-Gruppe die Mitglieder dieser Gruppe Vertragspartner
und damit aufgeführt werden, liegt das Interesse der Künstler-Seite in der Regel
darin, die präzis beschriebene Arbeitgeber-Bezeichnung, seine Rechtspersönlich-
keit und die Anschrift des Vertragspartners im Text wiederzufinden. Hiervon
hängen u. a. Fragen der Haftung und Bonität ab. Nicht zuletzt ist auch für die
Führung eines evtl. Rechtsstreites von Bedeutung, die Parteien des Verfahrens
präzise benennen zu können.
Vertrag zwischen der X-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ______
Anschrift _______________
und der Künstlergruppe X in der Besetzung __________________________
L vertreten durch___________
7.3 Anschrift _______________
S. 2
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3. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
2.2 Zeitpunkt des Beginns der Vertragsbeziehungen
Mit diesem notwendigen Vertragsinhalt soll jedweder Streit über den Beginn der
gegenseitigen Verpflichtungen ausgeschlossen werden. Dies lässt keine unbe-
stimmten Zeitbegriffe wie „Winterhalbjahr“ und dergleichen zu.
Die Künstlerin/Der Künstler_______ wird mit Wirkung ab _______ als _______
eingestellt.
2.3 Der Arbeitsort
Besteht Klarheit zwischen den Vertragsparteien darüber, wo jeweils der Künstler
eingesetzt werden soll, ist dieser Arbeitsort konkret in den Vertrag aufzunehmen.
Eine Änderung des Einsatzortes ist nur im gegenseitigen Einverständnis möglich.
Ist hingegen bei Vertragsschluss noch nicht absehbar, ob weitere Arbeitsorte in
Betracht kommen, oder will sich der Arbeitgeber in jedem Falle vorbehalten, die
Künstler auch z. B. an anderen – nicht konkret bezeichneten – Spielstätten einzu-
setzen, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Passus zu formulieren. Dies ver-
setzt den Arbeitgeber in die Lage, im Wege des so genannten Direktionsrechtes
einseitig einen anderen Arbeitsort zuzuweisen. Hierbei spielen allerdings Zumut-
barkeitserwägungen eine Rolle – z. B. keine einseitige Versetzungsmöglichkeit
von Flensburg nach Konstanz –, so dass insofern das Direktionsrecht seine Gren-
zen findet. Legt die Künstlerin / der Künstler Wert darauf, solche „Zumutbar-
keitsrisiken“ auszuschließen, sind weitergehende Versetzungen von seiner Ein-
willigung abhängig zu machen.
Arbeitsort ist bzw. Arbeitsorte sind _______.
Der Arbeitgeber behält sich vor, die Künstlerin / den Künstler bei betrieblicher
Notwendigkeit auch an anderen Arbeitsorten innerhalb _______ (zum Beispiel
der Stadt oder des Bundeslandes) einzusetzen. Weitergehende Versetzungen be-
dürfen der Einwilligung der Künstlerin / des Künstlers.
2.4 Beschreibung der Tätigkeit der Künstlerin bzw.
des Künstlers
Im Regelfall wird man es im Kulturbereich mit einer typisierenden Beschreibung
der Tätigkeit des Künstlers wie z. B. Schauspieler bewenden lassen können, so
dass sich insofern keine weitere Problematik ergibt. Je nach Interessenlage emp-
fiehlt es sich jedoch, die zu erbringende Tätigkeit detailliert zu beschreiben. L
7.3
So kann das Künstler-Interesse darin bestehen, eine möglichst konkrete Darle- S. 3
gung der Aufgabenstellung vorzunehmen, da hierdurch das Direktionsrecht des
Arbeitgebers eingeschränkt wird. Je präziser die Festlegung im Vertrag, desto
weniger vermag der Arbeitgeber eine einseitige Änderung vorzunehmen und ist
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4. L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
folglich auf eine Übereinkunft oder das Instrumentarium einer Änderungskündi-
gung angewiesen. Im Falle einer längeren Beschäftigung ändern sich erfahrungs-
gemäß vertragliche Aufgabenstellungen. Dann führt eine ausführliche und kon-
kretisierte Tätigkeitsbeschreibung zu einer gewissen Inflexibilität. Ähnlich ver-
hält es sich z. B. bei der Übernahme von Filmrollen, da es häufig zu Drehbuch-
änderungen kommt, die auch das jeweilige Rollenprofil betreffen können. Im
Sinne einer ausgewogenen Berücksichtigung der Kunstfreiheit von Künstlern und
Arbeitgebern erscheint insoweit eine „Mittellinie“ angeraten.
Die Künstlerin / Der Künstler wird als _______ eingestellt.
Zu ihren / seinen Aufgaben gehören insbesondere:
___________________________________________
___________________________________________
___________________________________________
Der Künstlerin / Dem Künstler kann grundsätzlich auch ein anderer Aufgabenbe-
reich übertragen werden, sofern die Abweichung gegenüber den oben festgelegten
Aufgaben nicht wesentlich und nach Kenntnissen und Fähigkeiten zumutbar ist.
2.5 Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit
des Arbeitsentgeltes
Die Zahlung der Vergütung, die für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit geschuldet
wird, ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers. Tätigkeiten, die über die Vertragsver-
pflichtungen hinausgehen, sind damit mit dem Arbeitsentgelt nicht abgedeckt. Hier
bedarf es entweder einer Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien oder es greift
die gesetzliche Fiktion des § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein, die bei feh-
lender Einigung von einer Vergütungspflicht nach üblichen Maßstäben ausgeht.
Enthält die Vergütung mehrere Bestandteile, sind sie im Einzelnen im Vertrag
aufzuführen, so dass die Zusammensetzung des Entgelts keinen Anlass zu Zwei-
feln gibt. Dabei sind vielfältige Varianten denkbar, die jeweils eigenständige
Rechtsfolgen haben. So kann sich zum Beispiel die Vergütung aus einem Grund-
betrag und einer freiwillig gezahlten Zulage zusammensetzen, die wiederum je
nach Formulierung seitens des Arbeitgebers widerrufbar ist und bei Erhöhungen
der Grundvergütung angerechnet werden kann. Es kann auch eine Pauschalzah-
lung vereinbart werden, die beispielsweise Überstundenleistungen oder sonstige
zusätzliche Leistungen abdeckt. Wenn in dieser Hinsicht kein absolutes Missver-
hältnis der Höhe der Pauschale gegenüber den zu erbringenden Zusatztätigkeiten
L besteht, ist dies grundsätzlich zulässig.
7.3
S. 4 Gewährt der Arbeitgeber Sonderzahlungen wie zusätzliches Urlaubsgeld oder ein
volles oder Teile eines 13. Monatsgehaltes (Weihnachtsgeld), muss dies sowie die
Fälligkeit im Vertrag niedergeschrieben werden.
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