Lansnicker, Schwirtzek: Private Arbeitsvermittlung durch Künstleragenturen – Vertragsmuster mit Erläuterungen
L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
Private Vermittlung durch
Künstleragenturen – Vertragsmuster mit
Erläuterungen
Dr. Frank Lansnicker
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungs- und Arbeitsrecht
Thomas Schwirtzek
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Agenturvertrag 3
§ 1 Gegenstand des Vertrages 3
§ 2 Vergütung 5
§ 3 Pflichten der Agentur 8
§ 4 Pflichten des Vertragspartners 8
§ 5 Werbliche Unterlagen, Auslagen 9
§ 6 Vollmacht 10
§ 7 Dauer des Vertrages, Kündigung 10
§ 8 Besondere Vereinbarungen 11
§ 9 Schlussbestimmungen 11
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S. 1
18 Kultur & Recht Januar 2003
L Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten
L7 Allgemeine Verträge
1. Einleitung
Der Agenturvertrag hat nach der letzten Änderung des SGB III und der hierauf basie-
renden Neuregelung für die private Arbeitsvermittlung zum 27. März 2002 weiter an
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Bedeutung gewonnen . Bislang war die Schriftform für den Agenturvertrag nicht zwin-
gend; lediglich die Honorarvereinbarung mit dem Künstler bedurfte zur Wirksamkeit der
Schriftform. Nunmehr bestimmt § 296 Abs. 1 S. 1 SGB III, dass ein Vermittlervertrag
insgesamt der schriftlichen Form bedarf und dort vor allem die Vergütung für den Ver-
mittler anzugeben ist. § 2 der neuen Vermittler-Vergütungsverordnung (VVVO) sieht im
Übrigen eine Kappungsgrenze für die Vergütung der Agentur bei der Vermittlung des
Künstlers in ein Arbeitsverhältnis vor.
Musterverträge sind stets problematisch; sie tragen den besonderen Bedürfnissen der
Vertragspartner im Einzelfall oftmals nur unzureichend Rechnung. Es muss daher davor
gewarnt werden, den Mustervertrag unreflektiert zu verwenden oder/und das Muster
als allein gültige/mögliche Vertragsgestaltung anzusehen. Der Mustervertrag hat viel-
mehr den Charakter einer Empfehlung. Auf jeden Fall ist zu raten, zunächst die Anmer-
kungen zu dem Vertrag sorgfältig zu lesen, bevor der Mustervertrag in die eigene Agen-
turpraxis übernommen wird. In Zweifelsfällen sollte jede Agentur vor Abschluss eines
Vertrages den gewünschten Vertrag nochmals rechtskundig überprüfen lassen. Das gilt
vor allem dann, wenn Änderungen oder Ergänzungen an dem Muster vorgenommen
werden sollen, um ggf. den individuellen Besonderheiten im Einzelfall Rechnung zu
tragen.
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Der Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e. V. (VdA) hat eine
Schlichtungsstelle errichtet, die bei Streitigkeiten zwischen Künstlern und Agenturen
oder Agenturen untereinander angerufen werden kann. Die Schlichtungsstelle besteht
aus zwei Beisitzern, denen ein Richter am Kammergericht (OLG) vorsitzt.
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2. Agenturvertrag
Zwischen
...................................................................................................................................
nachstehend: Agentur
und
............................................................................................................................
nachstehend: Vertragspartner
wird hiermit folgender Agenturvertrag geschlossen:
§ 1 Gegenstand des Vertrages
1. Der Vertragspartner beauftragt die Agentur mit der entgeltlichen (nationa-
len/internationalen) Vermittlung von Engagements und Aufträgen in den Bereichen,
Film, Fernsehen, Bühne und soweit hier keine besondere Vereinbarung getroffen wird,
auch für den Bereich Werbung oder/und sonstiger Engagements.
2. Die Tätigkeit der Agentur umfasst neben der reinen Arbeitsvermittlung auch die
Vermittlung von Engagements, die kein Arbeitsverhältnis darstellen, sowie vor allem die
ständige und umfassende Betreuung und ausschließliche Vertretung der beruflichen,
künstlerischen und kommerziellen Interessen des Vertragspartners. Hierzu gehören
insbesondere folgende Serviceleistungen:
- Beratung bei der Auswahl geeigneter Projekte;
- Überwachung der Vertragsanbahnung und Vertragsabwicklung von abgeschlossenen
Verträgen des Vertragspartners (Vertragsmanagement);
- Arbeitsdisposition;
- Öffentlichkeitsarbeit;
- Karriere- und Imageberatung;
- Sonstige Serviceleistungen:
....................................................................................................................................
............................................................................................................................
3. Die Parteien der vorliegenden Vereinbarung beabsichtigen und verfolgen eine exklusi-
ve Zusammenarbeit im Rahmen der vorbezeichneten Betreuung; insoweit soll die Beauf-
tragung weiterer Agenturen mit den hier vereinbarten Leistungen unterbleiben, vgl.
hierzu auch § 4 Ziff. 4 dieses Vertrages. L
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Anmerkungen zu § 1: S. 3
1. Hinsichtlich des Vertragsgegenstandes wird deutlich unterschieden zwischen der reinen
Arbeitsvermittlung und den sonstigen Agenturleistungen. Diese Trennung ist rechtlich
vorgegeben und unbedingt einzuhalten. Bei Nichtbeachtung gefährdet die Agentur ihre
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Honoraransprüche; die so genannte Kappungsgrenze für die Höhe der Vergütung des
Agentur darf nicht überschritten werden. Während für die reine Arbeitsvermittlung die
Vorgaben der Vermittler-Vergütungsverordnung vom 27. 06. 2002 (VVVO) zu beachten
sind, unterliegen Managementleistungen und die Vermittlung von Aufträgen, zu denen
kein Arbeitsverhältnis begründet wird (z. B. Werbung, Talk-Show-Auftritte u. Ä.) diesen
Einschränkungen nicht. Diese für das bisherige Recht unbestrittene Auffassung ist nach der
Neufassung des SGB III aber zumindest angreifbar. So gehören nach § 296 Abs.
1 S. 3 SGB III zu den Leistungen der Vermittlung „alle Leistungen, die zur Vorbereitung
und Durchführung der Vermittlung erforderlich sind“. Beispielhaft nennt der Gesetzgeber
hierzu die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitssuchenden (des Klienten) sowie die mit
der Vermittlung verbundene Berufsberatung. Nach dem weiten Leistungsbegriff in
§ 296 Abs. 1 S. 3 SGB III könnten die Gerichte ggf. auch so genannte Managementleistun-
gen hierunter fassen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Anmerkungen zu § 5 des
Mustervertrages). Eine solche Sichtweise ist indes abzulehnen, weil sie den Besonderheiten
der Künstlervermittlung nicht hinreichend Rechnung trägt. Von der Verordnungsermächti-
gung in § 292 SGB III, wonach eine Auslandsvermittlung (vgl. die Legaldefinition in
§ 292 SGB III) für bestimmte Berufe und Tätigkeiten nur von der Bundesanstalt für Arbeit
durchgeführt werden darf, wurde bislang kein Gebrauch gemacht.
Agenturen, die nur auf nationaler Ebene vermitteln, sollten dies in § 1 Ziff. 1. entspre-
chend klarstellen. Für Auslandsvermittlung gelten aber zumindest derzeit keine Beson-
derheiten, insbesondere ist auch hier keine besondere Erlaubnis des zuständigen Landes-
arbeitsamtes mehr erforderlich.
2. Die Serviceleistungen sind ersichtlich nicht abschließend aufgezählt und können im
Einzelfall ergänzt oder beschränkt werden. Es sind dabei jedoch vor allem die Beschrän-
kungen nach dem Rechtsberatungsgesetz zu beachten, wonach die Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten grundsätzlich ohne eine behördliche Erlaubnis nicht zulässig ist
(§ 1 RBerG). Zulässig ist dagegen die Erledigung rechtlicher Angelegenheiten der Klien-
ten, soweit sie mit der Agenturleistung in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen
(§ 5 Nr. 1 RBerG). Vgl. im Übrigen auch die Anmerkungen zu § 1 Ziff. 1.
3. Ein besonderes Problem bei der Ausgestaltung eines Agenturvertrages ist das Exklusi-
vitätsverbot des § 297 Ziff. 4 SGB III. Danach sind Vereinbarungen unwirksam, die
sicherstellen sollen, dass ein Arbeitgeber oder ein Arbeitnehmer sich ausschließlich eines
bestimmten Vermittlers bedient. Ob diese Einschränkung im Bereich der Künstlerver-
mittlung sinnvoll ist, erscheint zweifelhaft; erfolgreiche Agenturtätigkeit für den Künstler
erfordert ein gewisses Maß an Kontinuität. Das Muster sieht daher in Ziff. 3 zu § 1 eine
Sollvorschrift vor und in § 7 des Musters gleichzeitig das Recht, den Vertrag unter Ein-
haltung der Zweiwochen-Frist des § 621 Nr. 5 BGB zu beenden. Das ist eine „vermit-
telnde“ Vertragsgestaltung (vgl. auch die Anmerkungen zu § 7 des Musters). Möglich
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dürfte es auch sein, eine exklusive Zusammenarbeit festzuschreiben, solange das Recht
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zur jederzeitigen Vertragsbeendigung aufgenommen wird. Mit der Sollvorschrift, wie sie
S. 4 in dem Muster vorgesehen ist, wird aber letztlich auch eine (in dieser Form zulässige)
exklusive Zusammenarbeit festgeschrieben. Ob diese Auffassung von allen Gerichten
geteilt wird, kann jedoch nicht sicher prognostiziert werden.
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