F 3.18
Großspenden-Fundraising
Die Gewinnung und Betreuung von hochkarätigen Förderern
Stephanie Koopmann
Neben Mailings an potenzielle Kleinspender, dem Sponsoring und der Gewinnung von Unterneh-
men als Förderer von Kunst und Kultur sollte jede Organisation die Bindung von Großspendern
strategisch aufbauen, um mittelgroße bis sehr hohe Spendensummen für das eigene Anliegen zu
erhalten. In diesem Beitrag wird auf die individuelle und persönliche Ansprache einzelner hochka-
rätiger Förderer eingegangen.
Gliederung Seite
1. Was ist eine Großspende? 2
1.1 Wie hoch ist eine Großspende? 2
1.2 Motive der Großspender 4
2. Voraussetzungen beim Großspenden-Fundraising 4
2.1 Gelebter Respekt gegenüber dem Spender 5
2.2 Verantwortlicher Umgang mit Geld 5
2.3 Involvierung der Spender – Würdigungsformen 6
2.4 Überzeugende Vision einer Organisation 8
2.5 Motivierende Persönlichkeiten 9
3. Der individuelle Kultivierungsprozess 10
3.1 Identifikation und Recherche 11
3.1.1 Kontaktquellen ausschöpfen 11
3.1.2 Indikatoren durch das LAI-Prinzip 12
3.1.3 Profilerstellung 13
3.1.4 Aufgaben des Recherchespezialisten 15
3.1.5 Nutzen und Einsatz der Recherche-Ergebnisse 16
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F 3.18 Finanzierung und Förderung
Private Kulturförderung
1. Was ist eine Großspende?
Eine Großspende wird von einer Kulturorganisation benötigt, um sich
durch einen markanten Schritt nach vorne zu entwickeln und ambitio-
nierte Ziele zu realisieren. Es zeichnet das großzügige Engagement
eines Mäzens, einer (Unternehmens-)Familie, einer Förderstiftung
aus, welche die Ziele der Kulturorganisation zu ihrer eigenen Sache
erklären und die Bedarfe der Organisation versteht. Ein Großspender
stellt unserer Gesellschaft ein großzügiges Geldgeschenk zur Verfü-
gung, damit dieses projektspezifisch Verwendung findet. Mit einer
hohen Spendensumme werden in der Regel außergewöhnlich kostspie-
lige sowie sehr wichtige und dringliche Projekte und Pläne umgesetzt.
Führungspersonen gemeinnütziger Organisationen und Initiativen
hierzulande tun sich häufig noch schwer, private Persönlichkeiten
ganz konkret um Unterstützung zu bitten. Zumeist wird die Ansprache
an Unternehmen (in Form des Sponsorings) bevorzugt. Die stets stei-
gende Anzahl von großen Erbschaften sowie die jährliche Zunahme
von vermögenden Einzelpersonen in Deutschland sprechen für den
hohen Stellenwert, den Großspender für die Fortführung von kulturel-
len Organisationen und der Realisation kreativer Ideen zuteil wird.
1.1 Wie hoch ist eine Großspende?
Die Definition einer Großspende ist stets abhängig vom finanziellen
Volumen der jeweiligen gemeinnützigen kulturellen Organisation. Für
ein großes Theater mit hoher gesellschaftlicher Präsenz kann eine
Großspende ab einem fünf- oder sechsstelligen Bereich beginnen. Für
einen kleinen Verein ist sicherlich schon eine Summe im vierstelligen
Bereich als Großspende zu sehen. Grundsätzlich sollte man das Poten-
zial für eine Großspende allerdings im direkten Zusammenhang mit
der Kraft und Bedeutung des Förderprojektes und dem Charisma der
Führungspersonen betrachten. Es kann durchaus kleinen, hoch moti-
vierten Organisationen gelingen, mehr Großspenden einzunehmen, als
bekannte Kultureinrichtungen, welche die Möglichkeit einer lohnenden
Investition in diesem Bereich verkennen.
Darüber hinaus unterscheidet eine gemeinnützige Einrichtung die Ein-
werbung von Großspenden im Rahmen der Durchführung einer zeit-
begrenzten Capital Campaign (dt. Kapital- oder Großspendenkampag-
ne) oder in Form eines regulären Großspenden-Programms, das inner-
halb der Kulturstätte fest etabliert wird.
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Finanzierung und Förderung F 3.18
Private Kulturförderung
Wer kann ein Großspender sein?
Großspender sind zumeist Persönlichkeiten (Einzelpersonen oder Fa-
milien), welche über ein finanzielles Vermögen (Privates-/Geschäfts-
vermögen) verfügen und durch ihr Engagement eine gemeinnützige
Organisation und deren Ziele unterstützen.
Seit geraumer Zeit ist es den Großspendern ein Anliegen, nicht nur Venture Philanthropie
monetär zu fördern, sondern auch inhaltlichen Mehrwert in eine ge-
meinnützige Organisation einzubringen, ob in Form von Knowhow
oder weiteren Ressourcen. Eine sehr enge und aktive Form von Part-
nerschaft nennt sich Venture Philanthropie. Diese so genannten Sozialen
Investoren (häufig Unternehmen oder Kapitalgeber) unterstützen auch
den operativen Auf- oder Ausbau einer gemeinnützigen Organisation.
Eine Vielzahl der vermögenden Privatpersonen steht nicht tagtäglich
im Licht der Öffentlichkeit. Sie bevorzugen es, dezent im Hintergrund
zu bleiben und wollen auch in dieser Art als Förderer wahrgenommen
werden. Wieder andere Mäzene erkennen ihre Möglichkeit, als Vorbild
auch andere Bürgerinnen und Bürger zu gesellschaftlichem Engage-
ment zu motivieren. Letztere Philanthropen sind wichtige öffentliche
Botschafter, damit eine Vielzahl von Menschen sich für das Gemein-
wohl – je nach Vermögen und Situation – einsetzt.
Eine beträchtliche Erbschaft oder ein Vermächtnis an eine Organisati- Potenzielle Vermächtnis-
on sind ebenfalls als Großspende zu betrachten. Diese Kontakte soll- geber sind Großspender!
ten auf einer vertrauensvollen Ebene langfristig mit der Organisation
aufgebaut und gepflegt werden. Ebenso gilt es, (Gründungs- und Zu-)
Stifter sowie Mitglieder des Stiftungsrates von finanzstarken Stiftun-
gen als hochkarätige Kontakte für potenzielle Großspenden anzuge-
hen. Nicht selten ist der Stifter selbst in der Lage, soweit das Förder-
projekt in das Thema der festgelegten Stiftungsziele passt und der
Stifter von dem Projekt begeistert ist, Ausschüttungen aus der Stiftung
mittels eines privaten Zuschusses zu erhöhen.
Familienunternehmer und Führungsspitzen von Unternehmen fallen
ebenfalls in die Kategorie der individuellen und persönlichen Ansprache,
die es ihm Rahmen des Großspenden-Fundraisings umzusetzen gilt.
Häufig ergibt sich erst in der Endverhandlung, nach einer mündlichen
Zusage für eine außergewöhnlich hohe Spende, durch welche Vermö-
gensquellen der Förderer seine Spende übermitteln möchte. Nicht
selten werden Spenden aus verschiedenen Finanzquellen bereitge-
stellt. Möglich ist, dass ein Teil der Spende aus einer unternehmensei-
genen oder privaten Stiftung eines Großspenders fließt und ein anderer
Teil aus dem privaten Vermögen. Häufig verzichten Familienunter-
nehmer auf eine direkte Gegenleistung in Form von Unternehmens-
werbung (dem sogenannten Sponsoring) und fördern eine Organisati-
on im Rahmen ihrer Corporate Social Responsability (CSR) oder über
ihre eigens dafür gegründete Unternehmensstiftung.
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F 3.18 Finanzierung und Förderung
Private Kulturförderung
1.2 Motive der Großspender
Das Thema „Großspenden“ wird in Deutschland hauptsächlich mit
großzügigen Mäzenen aus Nordamerika assoziiert. Dort ist das Gefühl
der Verantwortung für die eigene Gesellschaft und die Pflicht, sich
durch Spenden für einen gemeinnützigen Zweck zu engagieren, kultu-
rell in jeder Gesellschaftsschicht verankert. Entgegen der weit verbrei-
teten Meinung, gibt es aber auch hierzulande viele vermögende Men-
schen, die einen Teil ihres Erfolges an die Gesellschaft zurückgeben
möchten. Beweggründe für ein gesellschaftliches Engagement können
unterschiedlich herrühren; Menschen spenden u. a. für kulturelle Ein-
richtungen und deren Bedarfe:
– aufgrund eigener familiärer Tradition,
– aus Dankbarkeit für das eigene unternehmerische (finanzielle) Glück
– auf Basis einer ausgeprägte Leidenschaft, Begabung und Wert-
schätzung gegenüber einer Kunst- oder Kulturform oder einer kul-
turellen Einrichtung,
– aufgrund des persönlichen/beruflichen Interesses und der ehrlichen
Überzeugung gegenüber dem expliziten Förderprojekt,
– um die Stadt/Land/Region allgemein zu fördern,
– damit neben beruflicher und privater Erfolge auch eine gesellschafts-
politische Komponente zum Gesamtlebenswerk hinzugefügt wird,
– um das Netzwerk an „Gleichgesinnten“ weiter auszubauen,
– weil eine persönliche Freundschaft mit einem Menschen und der Ver-
bundenheit zur Kulturstätte zum Mitmachen bewegt und motiviert.
2. Voraussetzungen beim Großspenden-
Fundraising
Das Großspenden-Fundraising wird grundsätzlich von der Dynamik
der persönlichen Verbundenheit und einer geteilten Leidenschaft für
das Förderprojekt geprägt. Im Vergleich zum Fundraising für Klein-
und Mittelspender, das regelmäßige Mailings und größere Fundrai-
sing-Veranstaltungen als Bindungsformate mit sich bringt, steht beim
individuellen Großspenden-Fundraising jeder interne und externe Ak-
teur als Persönlichkeit im Mittelpunkt.
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