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Ab 1820 bis ins frühe 20. Jahrhundert, war das Viertel des heutigen
Chinatown von Manhattan berüchtigt für seine Kriminalität und die
furchtbaren Wohnverhältnisse. Berichte, Zeitungsartikel und
Polizeieinträge der damaligen Zeit vermitteln ein desaströses Bild. So war
in jedem der Häuser zumindest ein Bordell und eine Kneipe untergebracht.
Schweine durchsuchten den Müll nach Essbarem, Kämpfe wurden auf
offener Straße ausgetragen und Mord war an der Tagesordnung. Ganz zu
schweigen davon, dass viele an Krankheiten und Hunger starben.
George Catlin: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Five_Points_MET_DP265419_altered.jpg
–
die Slums von New York
Five Points
Keine 30 Jahre früher war hier ein idyllisches Plätzchen, das noch
außerhalb der Stadt lag: Collect
Aquarell von 1798 von Collect Pond. Bayard's Mount (34m) ist im Vordergrund. Mit der Erde dieses
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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen sich Fabriken,
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Abfälle und ihr Abwasser in den Teich zu schütten. Innerhalb kürzester
Zeit wurde ein stinkendes, totes Gewässer aus der ehemaligen
Frischwasserquelle. Um die missliche Lage abzuwenden, beschloss man
das Gebiet zu entwässern und den Teich aufzufüllen. Die Stadt brauchte
Bauland, es kamen immer mehr Menschen nach New York, das als ideale
Anlaufstation vom europäischen Kontinent angesteuert werden konnte.
Und so beschloss man 1811, den Teich mit Bayards Hügel zu füllen und
das Wasser durch einen Kanal in den Hudson zu leiten. Der Kanal blieb
für ungefähr 20 Jahr ungedeckt und leitete die stinkende Brühe in
Sofort wurden auf dem neugewonnenen Grund Häuser gebaut. Diese
begannen aber schon nach kurzer Zeit zu sinken. Die Trockenlegung war
nicht gründlich genug erfolgt und die Mittelschicht, die dort eingezogen
war zog wieder aus. Aber es kamen genug Einwanderer, die wenig bis
keine Geld hatten und die froh waren, ein Dach über dem Kopf zu finden.
Und langsam aber sicher formierte sich ab dem 1820er Jahren, was als
Das
ei –
nun nicht mehr in Betrieb und einfach als „Old Brewery“ benannt. Dort
wurden Zwischenböden eingezogen und Zimmer vermietet. Kleinste
Richtung Hudson, dann wurde er gedeckt und heißt heute Canal Street.
Von der Frischwasserquelle zum Abwasser
Five Points die Slums von New York berühmt und berüchtigt wurde.
Fensterlose Einheiten wurden von Familien mit etlichen Kindern und deren
Untermietern bewohnt.
NYPL digital Colleciton
Die Bewohner
Wohlhabende New Yorker Familien wie die Astors, gehörten in Five Points
zu den Hausbesitzern. Wobei es heißt, dass nicht einmal die Hausbesitzer
den größten Profit aus der Misere schlugen, sondern die Zwischenmieter,
die dann wieder untervermieteten. Ab den 1830er Jahren kamen vor allem
der grossen Hungekrise in Irland, ausgelöst durch die Kartoffelfäule,
wurden sie von den dortigen hilfolsen Landbesitzern mit bezahlten
Überfahrten nach New York weggeschickt. So sammelte sich das Elend in
Five Points. Aber nicht nur Iren lebten dort. Auch Deutsche kamen,
allerdings zog es diese eher ins East Village. Die meisten der Deutschen
hatten auch ein Handwerk gelernt und waren durch Vereine organisiert.
Und zur Bevölkerung vor Ort gehörten auch African Americans. Diese
waren schon hier ansässig, als die „Wall“ (die Stadtbegrenzung gegen
Norden) noch stand. Damals wurden sie vor die Tore New Yorks
verwiesen.
Abhängingkeit
offensichtliche Alkoholabhängigkeit vieler Männer und Frauen,
Iren, die sich in Five Points niederließen. Sie waren mittellos und hatte in
Die Verhältnisse in Five Points, die Verbrechen, Bordelle, die
vernachlässigte Kinder und auch die desaströsen Massenbelegungen der
Häuser lockten bald Neugierige an. Charles Dickens kam als einer der
ersten 1841 und beschrieb die schlimmen Zustände in ausschweifenden
Schilderungen. Nach ihm folgten viele unter anderen 1860 auch Abraham
Lincoln.
Allerdings gab es hier auch Musik und Tanz. So wird Five Points
nachgesagt, dass hier der Stepptanz erfunden worden sei. Und nicht alle
die hier lebten waren Verbrecher. Viele kamen hier und gingen einer
ehrlichen Arbeit nach. Nur war diese schwierig zu bekommen und der
Lohn reichte kaum, die Familie am Leben zu erhalten. Wer konnte, zog
weg und machte Platz für die nächsten Immigranten.
Es ist nicht verwunderlich, dass sich unter diesen Umständen Gangs
bildeten. Schon von frühester Kindheit an, mussten sich viele alleine
durchschlagen. Die Eltern waren arbeiten oder nicht ansprechbar. Die
älteren und cleveren Gangmitglieder wurden zu Anführern und so bildeten
diese Konstellationen einen gewissen Familienersatz. Nicht nur kriminelle
Gangs bildeten sich. Auch die Zeitungsjungen oder Schuhputzer bildeten
ihre Gang, die mit anderen Gangs um Kunden, Preise und Plätze
rivalisierte.
Gangs von New York
Bandits „Roost“ by Jacob Riis
Es gab einige Versuche, Five Points zu „reformieren“. Einerseits durch
eine Mission, die sich mitten in Five Points niederließ. Diese kaufte die Old
Brewery, ließ sie abreißen und baute ein neues Missionsgebäude an
dieser Stelle. Der Erfolg war durchaus sichtbar, aber hielt nicht an. Auch
weil immer neue Immigrationswellen New York überrollten. Ab den 1880er
Jahren waren es vor allem die Italiener. In Five Points liessen sich vor
allem die Süditaliener nieder. Die Regierung unternahm 1854 einen
halbherzigen Versuch, der Gegend durch Umbenennung der Straßen
ihren verruchten Ruf zu nehmen. Im Jahr 1854 wurden die drei Straßen in
Worth Street, Park Street und Baxter Street umbenannt. Auch das blieb
erfolglos.
Was Erfolg zeigte, war die Bekanntmachung der Zustände in Five Points
durch Jacob Riis. Riis, selbst einst immigriert, hat existentielle Armut
erlebt, bevor er Polizeireporter wurde. Er gehörte zu den ersten in den
Vereinigten Staaten, die fotografische Bilder als Instrumente für die
Forderung nach sozialem Wandel einsetzte. Er machte durch seine
Die Fotographien von Jacob Riis
Veröffentlichungen und vor allem durch seine Publikation „How the Other
Half Lives“, die schlechten Lebensbedingungen in den sogenannten
Tenement Houses (Miethäuser der Unterschicht) der Mittel- und
Oberschicht zugänglich. Durch die neue Technik des Blitzpulvers, das er
als einer der Ersten einsetzte, konnte er auch in den fensterlosen Räumen
der Five Points Behausungen Aufnahmen machen.
Lodgers in Bayard Street Tenement, Five Cents a Spot (1889) by Jacob Riis
Jacob Riis konnte durch seine Überzeugungsarbeit die Politik endlich zum
effektiven Handeln bringen. Ab 1893 wurden Wege gesucht, an der Stelle
von Five Points einen Park zu errichten. Calvert Vaux, der 40 Jahre zuvor
zusammen mit Frederik Law Olmsted den Central Park entworfen hatte,
wurde die Planung übergeben. 1897 konnte an der Stelle von Five Points
der Mulberry Bend Park eröffnet werden werden, das letzte Werk vom
Calvert Vaux. Calvert Vaux erlebte die Einweihung der Parks nicht mehr.
Jacob Riis, der zwar nicht als Sprecher bei der Eröffnung geladen war,
drüfte stolz gewesen sein.
Columbus Park
photograph from the collection of the New York Public Library
Das Projekt „Mulberry Bend Park“ wurde betreut. Der Pavillon von Calvert
Vaux diente als Treffpunkt für die Nachbarschaft. Jeweils am am
Dienstagabend um 8 Uhr, fanden kostenlose Konzerte statt. Reformer und
Politiker beobachteten das Experiment von Mulberry Bend Park
gleichermaßen genau. Fünf Jahre später, war „The Evening World“ der
Meinung, dass positive Auswirkungen deutlich sichtbar seien. 1911 wurde
der Mulberry Bend Park auf Initiative der inzwischen zumeist italienischen
Bevölkerung in „Columbus Park“ umbenannt.
So heißt er heute noch. Er ist Treffpunkt der älteren Bewohner und
Bewohnerinnen von Chinatown. Heute findet sich dort eine neues
Politikum, denn das benachbarte Gefängnis, im Volksmund „The Tombs“
genannt, soll abgerissen und um vieles grösser wieder aufgebaut werden.
Ein solcher Bau beeinträchtig die Nachbarschaft erheblich und würde den
Park über Jahr unbrauchbar machen. Noch sind Einsprachen und
Proteste im Gange…..
November 2022, Sonja Bredel, www.treffpunktnewyork.de

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Five Points - ein kurzer Abriss mit Links.pdf

  • 1. Ab 1820 bis ins frühe 20. Jahrhundert, war das Viertel des heutigen Chinatown von Manhattan berüchtigt für seine Kriminalität und die furchtbaren Wohnverhältnisse. Berichte, Zeitungsartikel und Polizeieinträge der damaligen Zeit vermitteln ein desaströses Bild. So war in jedem der Häuser zumindest ein Bordell und eine Kneipe untergebracht. Schweine durchsuchten den Müll nach Essbarem, Kämpfe wurden auf offener Straße ausgetragen und Mord war an der Tagesordnung. Ganz zu schweigen davon, dass viele an Krankheiten und Hunger starben. George Catlin: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Five_Points_MET_DP265419_altered.jpg – die Slums von New York Five Points
  • 2. Keine 30 Jahre früher war hier ein idyllisches Plätzchen, das noch außerhalb der Stadt lag: Collect Aquarell von 1798 von Collect Pond. Bayard's Mount (34m) ist im Vordergrund. Mit der Erde dieses Hügels wurde der Teich 1811 aufgefüllt. Pond.
  • 3. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen sich Fabriken, Bierbrauereien, Schlachtbetriebe rund um den Pond anzusiedeln und ihre Abfälle und ihr Abwasser in den Teich zu schütten. Innerhalb kürzester Zeit wurde ein stinkendes, totes Gewässer aus der ehemaligen Frischwasserquelle. Um die missliche Lage abzuwenden, beschloss man das Gebiet zu entwässern und den Teich aufzufüllen. Die Stadt brauchte Bauland, es kamen immer mehr Menschen nach New York, das als ideale Anlaufstation vom europäischen Kontinent angesteuert werden konnte. Und so beschloss man 1811, den Teich mit Bayards Hügel zu füllen und das Wasser durch einen Kanal in den Hudson zu leiten. Der Kanal blieb für ungefähr 20 Jahr ungedeckt und leitete die stinkende Brühe in Sofort wurden auf dem neugewonnenen Grund Häuser gebaut. Diese begannen aber schon nach kurzer Zeit zu sinken. Die Trockenlegung war nicht gründlich genug erfolgt und die Mittelschicht, die dort eingezogen war zog wieder aus. Aber es kamen genug Einwanderer, die wenig bis keine Geld hatten und die froh waren, ein Dach über dem Kopf zu finden. Und langsam aber sicher formierte sich ab dem 1820er Jahren, was als Das ei – nun nicht mehr in Betrieb und einfach als „Old Brewery“ benannt. Dort wurden Zwischenböden eingezogen und Zimmer vermietet. Kleinste Richtung Hudson, dann wurde er gedeckt und heißt heute Canal Street. Von der Frischwasserquelle zum Abwasser Five Points die Slums von New York berühmt und berüchtigt wurde.
  • 4. Fensterlose Einheiten wurden von Familien mit etlichen Kindern und deren Untermietern bewohnt. NYPL digital Colleciton Die Bewohner Wohlhabende New Yorker Familien wie die Astors, gehörten in Five Points zu den Hausbesitzern. Wobei es heißt, dass nicht einmal die Hausbesitzer den größten Profit aus der Misere schlugen, sondern die Zwischenmieter, die dann wieder untervermieteten. Ab den 1830er Jahren kamen vor allem der grossen Hungekrise in Irland, ausgelöst durch die Kartoffelfäule, wurden sie von den dortigen hilfolsen Landbesitzern mit bezahlten Überfahrten nach New York weggeschickt. So sammelte sich das Elend in Five Points. Aber nicht nur Iren lebten dort. Auch Deutsche kamen, allerdings zog es diese eher ins East Village. Die meisten der Deutschen hatten auch ein Handwerk gelernt und waren durch Vereine organisiert. Und zur Bevölkerung vor Ort gehörten auch African Americans. Diese waren schon hier ansässig, als die „Wall“ (die Stadtbegrenzung gegen Norden) noch stand. Damals wurden sie vor die Tore New Yorks verwiesen. Abhängingkeit offensichtliche Alkoholabhängigkeit vieler Männer und Frauen, Iren, die sich in Five Points niederließen. Sie waren mittellos und hatte in Die Verhältnisse in Five Points, die Verbrechen, Bordelle, die
  • 5. vernachlässigte Kinder und auch die desaströsen Massenbelegungen der Häuser lockten bald Neugierige an. Charles Dickens kam als einer der ersten 1841 und beschrieb die schlimmen Zustände in ausschweifenden Schilderungen. Nach ihm folgten viele unter anderen 1860 auch Abraham Lincoln. Allerdings gab es hier auch Musik und Tanz. So wird Five Points nachgesagt, dass hier der Stepptanz erfunden worden sei. Und nicht alle die hier lebten waren Verbrecher. Viele kamen hier und gingen einer ehrlichen Arbeit nach. Nur war diese schwierig zu bekommen und der Lohn reichte kaum, die Familie am Leben zu erhalten. Wer konnte, zog weg und machte Platz für die nächsten Immigranten. Es ist nicht verwunderlich, dass sich unter diesen Umständen Gangs bildeten. Schon von frühester Kindheit an, mussten sich viele alleine durchschlagen. Die Eltern waren arbeiten oder nicht ansprechbar. Die älteren und cleveren Gangmitglieder wurden zu Anführern und so bildeten diese Konstellationen einen gewissen Familienersatz. Nicht nur kriminelle Gangs bildeten sich. Auch die Zeitungsjungen oder Schuhputzer bildeten ihre Gang, die mit anderen Gangs um Kunden, Preise und Plätze rivalisierte. Gangs von New York
  • 6. Bandits „Roost“ by Jacob Riis Es gab einige Versuche, Five Points zu „reformieren“. Einerseits durch eine Mission, die sich mitten in Five Points niederließ. Diese kaufte die Old Brewery, ließ sie abreißen und baute ein neues Missionsgebäude an dieser Stelle. Der Erfolg war durchaus sichtbar, aber hielt nicht an. Auch weil immer neue Immigrationswellen New York überrollten. Ab den 1880er Jahren waren es vor allem die Italiener. In Five Points liessen sich vor allem die Süditaliener nieder. Die Regierung unternahm 1854 einen halbherzigen Versuch, der Gegend durch Umbenennung der Straßen ihren verruchten Ruf zu nehmen. Im Jahr 1854 wurden die drei Straßen in Worth Street, Park Street und Baxter Street umbenannt. Auch das blieb erfolglos. Was Erfolg zeigte, war die Bekanntmachung der Zustände in Five Points durch Jacob Riis. Riis, selbst einst immigriert, hat existentielle Armut erlebt, bevor er Polizeireporter wurde. Er gehörte zu den ersten in den Vereinigten Staaten, die fotografische Bilder als Instrumente für die Forderung nach sozialem Wandel einsetzte. Er machte durch seine Die Fotographien von Jacob Riis
  • 7. Veröffentlichungen und vor allem durch seine Publikation „How the Other Half Lives“, die schlechten Lebensbedingungen in den sogenannten Tenement Houses (Miethäuser der Unterschicht) der Mittel- und Oberschicht zugänglich. Durch die neue Technik des Blitzpulvers, das er als einer der Ersten einsetzte, konnte er auch in den fensterlosen Räumen der Five Points Behausungen Aufnahmen machen. Lodgers in Bayard Street Tenement, Five Cents a Spot (1889) by Jacob Riis Jacob Riis konnte durch seine Überzeugungsarbeit die Politik endlich zum effektiven Handeln bringen. Ab 1893 wurden Wege gesucht, an der Stelle von Five Points einen Park zu errichten. Calvert Vaux, der 40 Jahre zuvor zusammen mit Frederik Law Olmsted den Central Park entworfen hatte, wurde die Planung übergeben. 1897 konnte an der Stelle von Five Points der Mulberry Bend Park eröffnet werden werden, das letzte Werk vom Calvert Vaux. Calvert Vaux erlebte die Einweihung der Parks nicht mehr. Jacob Riis, der zwar nicht als Sprecher bei der Eröffnung geladen war, drüfte stolz gewesen sein.
  • 8. Columbus Park photograph from the collection of the New York Public Library Das Projekt „Mulberry Bend Park“ wurde betreut. Der Pavillon von Calvert Vaux diente als Treffpunkt für die Nachbarschaft. Jeweils am am Dienstagabend um 8 Uhr, fanden kostenlose Konzerte statt. Reformer und Politiker beobachteten das Experiment von Mulberry Bend Park gleichermaßen genau. Fünf Jahre später, war „The Evening World“ der Meinung, dass positive Auswirkungen deutlich sichtbar seien. 1911 wurde der Mulberry Bend Park auf Initiative der inzwischen zumeist italienischen Bevölkerung in „Columbus Park“ umbenannt. So heißt er heute noch. Er ist Treffpunkt der älteren Bewohner und Bewohnerinnen von Chinatown. Heute findet sich dort eine neues Politikum, denn das benachbarte Gefängnis, im Volksmund „The Tombs“ genannt, soll abgerissen und um vieles grösser wieder aufgebaut werden. Ein solcher Bau beeinträchtig die Nachbarschaft erheblich und würde den Park über Jahr unbrauchbar machen. Noch sind Einsprachen und Proteste im Gange….. November 2022, Sonja Bredel, www.treffpunktnewyork.de