Weitere ähnliche Inhalte Ähnlich wie Leicht rpe 20151204_nqk (20) Leicht rpe 20151204_nqk1. © WIdO 2015
Wissenschaftliches Institut der AOK
04. Dezember 2015, Berlin
Dr. Hanna Leicht, WIdO
Prostatektomien im Spiegel von
Routinedaten – Häufigkeit
und Komplikationen
9. Nationaler Qualitätskongress Gesundheit
2. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Gliederung
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 2
• Hintergrund
• QSR-Verfahren
• Radikale Prostatektomie (RPE):
Aufgreifkriterien
Indikatoren
Risikoadjustierung
Ereignisraten
• Limitationen
• Fazit
3. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Hintergrund
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 3
• Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes in
Deutschland mit ca. 26% der Neuerkrankungen
• Die radikale Prostatektomie (RPE) ist bei lokal begrenzten oder lokal
fortgeschrittenen Tumoren eine primäre Therapieoption (Alternativen:
perkutane Strahlentherapie, Brachytherapie, active surveillance)
(S3-Leitlinie Prostatakarzinom)
• In der externen Qualitätssicherung ist die RPE nicht enthalten
• Qualitätsindikatoren für RPE auf der Grundlage von Routinedaten aus
dem QSR-Verfahren (Qualitätssicherung mit Routinedaten)
– Entwicklung in einem Panelverfahren mit Beteiligung externer
klinischer Experten (Zeitraum: Dezember 2012 bis Juli 2014)
– Risikoadjustierung, um einen sinnvollen und fairen bundesweiten
Vergleich von Kliniken zu ermöglichen
4. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Das QSR-Verfahren im Überblick
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 4
• Verfahren zur Qualitätsmessung im Gesundheitswesen
• Ziel: Qualitätstransparenz zur Verbesserung der Versorgung
• Sekundärnutzung anonymisierter AOK-Abrechnungsdaten
• Ausrichtung an Ergebnisqualität
• Vorteil: Nachbeobachtung über den Krankenhausaufenthalt hinaus
ohne zusätzlichen Dokumentationsaufwand
• 2002 initiiert durch den AOK-Bundesverband und die HELIOS-Kliniken
• Weiterentwickelt und durchgeführt vom Wissenschaftlichen Institut
der AOK (WIdO)
• www.wido.de
• www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de
5. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
QSR-Verfahren: Datengrundlage
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 5
Routinedaten der AOK (bundesweit): 24 Mio. Versicherte
• anonymisierte Abrechnungsdaten
– stationäre Versorgung (§ 301 SGB V): über 6 Mio. Krankenhausfälle pro Jahr
Erkrankungen (ICD-10; fallbezogen; ohne Datumsangabe)
Eingriffe (OPS; fallbezogen; mit Datumsangabe)
Verweildauer, Verlegungen, Entlassungsgrund usw.
– vertragsärztliche Versorgung (§ 295 SGB V): rund 350 Mio. ambulante
Praxiskontakte pro Jahr
Erkrankungen (ICD-10; quartalsbezogen; ohne Datumsangabe)
Eingriffe (EBM; mit Datumsangabe)
– Arzneimittelverordnungen (§ 300 SGB V): rund 250 Mio. pro Jahr
– Heilmittelverordnungen (§ 302 SGV V): rund 15 Mio. pro Jahr
• anonymisierte AOK-Versichertenstammdaten
– Alter und Geschlecht
– Überlebens- und Versichertenstatus
Krankenhausaufenthalte, Arztkontakte oder Verordnungen können
einer Person zugeordnet werden, ohne dass sie re-identifizierbar ist
6. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
QSR-Verfahren: Adressaten
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 6
Krankenhäuser
Qualitätsmanagement
Patienten
Auswahl von Krankenhäusern mit hoher medizinischer Qualität
Versorgungsforschung
Volume-Outcome-Analysen, etc.
7. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: Aufgreifkriterien
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 7
Kriterium Ausprägung
Einschluss:
OPS 5-604 (Radikale Prostatovesikulektomie)
ICD10 C61 (Prostatakarzinom), HD
Alter ab 40 Jahre
Geschlecht männlich
Ausschluss:
ICD10 N31 (Neuromuskuläre Dysfunktion der Harnblase, a.n.k.), Startfall, ND
OPS 8-522 (Hochvoltstrahlentherapie)
8-525 (Sonstige Brachytherapie mit umschlossenen Radionukliden)
im Zeitraum von 5 Jahren vor Aufnahme (= Salvage-RPE)
(HD: Hauptdiagnose, ND: Nebendiagnose, Startfall: Erstaufenthalt inklusive etwaiger Verlegungen)
Identifikation von Fällen mit radikaler Prostatektomie, bei denen kein stark
abweichendes Komplikationsrisiko zu erwarten ist
8. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: Fallzahlen nach OP-Verfahren
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 8
AOK-Fälle 2011-2013 Fallzahl Prozent
Gesamt 18.576 100,0%
OP-Verfahren
Offen chirurgisch 13.234 71,24%
Klassisch laparoskopisch 2.420 13,03%
Roboterassistiert 2.922 15,73%
Ohne Lymphadenektomie 3.112 16,75%
nicht gefäß-/nervenerhaltend 1.332 7,17%
gefäß-/nervenerhaltend 1.780 9,58%
Mit Lymphadenektomie 15.464 83,25%
nicht gefäß-/nervenerhaltend 8.787 47,30%
gefäß-/nervenerhaltend 6.677 35,94%
9. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: Jährliche Fallzahlen nach OP-Verfahren
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 9
AOK-Fälle 2011-2013 Fallzahl Prozent
Gesamt 18.576 100,0%
OP-Verfahren
Offen chirurgisch 13.234 71,24%
Klassisch laparoskopisch 2.420 13,03%
Roboterassistiert 2.922 15,73%
73,4
70,8 69,0
13,6 13,5
11,8
13,1
15,7
19,2
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
2011 2012 2013
Offen chirurgisch
Klassisch
laparoskopisch
Roboterassistiert
Anteile in %:
10. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: QSR-Indikatoren
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 10
Indikator Beschreibung
Sterblichkeit
(30 Tage)
Versterben bis zu 30 Tage nach Aufnahme.
Transfusionen
(30 Tage)
Bluttransfusion ab OP bis zu 30 Tage nach dem Eingriff.
Reintervention
(bis zu 1 Jahr)
Reintervention ab OP bis zu 365 Tage nach dem Eingriff.
Dazu gehören u.a. Operationen an der Urethra, Inzision des
Harnblasenhalses, Einlegen einer Ureterschiene oder Folge-
eingriffe aufgrund einer Lymphozele oder Verletzung.
Sonstige Komplikationen
(30 Tage)
Schwerwiegende Komplikationen bis zu 30 Tage nach
Entlassung. Dazu gehören u.a. Schock, Sepsis, Herzinfarkt,
Schlaganfall, Lungenembolie oder akutes Nierenversagen.
Gesamtkomplikationen
(bis zu 1 Jahr)
Mindestens eines der vorgenannten Ereignisse.
Grundlage: OPS und ICD-10-Diagnosen aus stationären Abrechnungsdaten
Fokus auf Prozeduren bzw. schwerwiegenden Diagnosen
11. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Risikoadjustierung im QSR-Verfahren
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 11
• Warum Risikoadjustierung?
Unterschiedlich kranke Populationen (case mix) in den untersuchten
Kliniken sollen ausgeglichen werden.
• Ziel der Risikoadjustierung
= fairer Krankenhausvergleich
• Definition:
Standardisiertes Mortalitäts-/Morbiditätsratio (Standardized Mortality/
Morbidity Ratio, SMR) ist eine Verhältniszahl:
• Berechnung:
Für jede Klinik werden die beobachteten Ereignisse ausgezählt und die
erwarteten Ereignisse mittels logistischer Regression berechnet.
E
O
EreignisseerwarteteAnzahl
EreignisseebeobachtetAnzahl
SMR
12. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: Risikoadjustierung der Indikatoren
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 12
Alter
(Versichertenstammdaten)
Begleiterkrankungen (Grundlage: Elixhauser-Index, Elixhauser et al. 1997)
(stationäre Abrechnungsdaten: ICD, Nebendiagnosen)
OP-Verfahren
mit vs. ohne Lymphadenektomie
gefäß- und nervenerhaltend vs. nicht gefäß-/nervenerhaltend
(stationäre Abrechnungsdaten: OPS, Endsteller bzw. taggleiche Kombinationen)
Antithrombotische Medikation im Vorjahr
(Arzneimittelverordnungen)
13. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
RPE: Risikoadjustierung am Beispiel Transfusionen
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 13
Indikator: Transfusion (30 Tage) 95%-
Odds Ratio Konfidenzintervall
Alter (Referenzkategorie: 40 bis 60 Jahre)
Alter: 65 bis 68 Jahre 1,32 1,10 1,58
Alter: 69 bis 72 Jahre 1,55 1,31 1,83
Alter: über 72 Jahre 1,79 1,50 2,13
Entfernung der Lymphknoten 1,56 1,20 2,04
Gefäß- und nervenerhaltende Prozedur 0,68 0,56 0,82
Begleiterkrankungen (TOP 3)
Koagulopathie 13,31 9,59 18,48
Pulmonale Herzkrankheit und Krankheiten des
Lungenkreislaufes
3,01 1,63 5,54
Alkoholabusus 2,51 1,45 4,33
(…)
14. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Ungefähr ein Viertel der relevanten Komplikationen ereignet sich nach der
Entlassung aus dem ersten Krankenhausaufenthalt
RPE: Ereignisraten
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 14
AOK-Fälle 2011-2013 Ereignisrate
N = 18.576 Startfall Startfall + FU
Tod (30 Tage) 0,08% 0,12%
Transfusion (30 Tage) 9,14% 9,30%
Reintervention (1 Jahr)
(z.B. Eingriffe an den Harnwegen)
3,37% 9,31%
Sonstige Komplikationen (30 Tage)
(z.B. Lungenembolie, Nierenversagen, Herzinfarkt)
4,60% 5,36%
Gesamtkomplikationen (1 Jahr) *
(mindestens eine der o.g. Komplikationen)
14,56% 20,00%
(*) mehrfache Ereignisse möglich,
Startfall: Erstaufenthalt inklusive etwaiger Verlegungen, FU: Follow-Up)
15. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Literaturangaben: Beispiel Metaanalyse von Tewari et al. (2012):
Anastomosenstriktur (≈ Blasenhalsinzision): 2,2%, Lymphozele: 3,2%,
Darmverletzung: 0,5% (Angaben für offen chirurgische RPE, Follow-Up: 30 Tage)
RPE: Reinterventionen
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 15
AOK-Fälle 2011-2013 Ereignisrate
N = 18.576
Reintervention (1 Jahr) * 9,31%
Einlegen einer Ureterschiene, Nephrotomie, Nephrostomie (1 Jahr) 1,26%
Eingriffe an der Harnröhre (WA bis 90 Tage bzw. 1 Jahr) 1,00%
Blasenhalsinzision (WA bis 1 Jahr) 1,96%
Eingriff zur Behandlung einer Lymphozele (1 Jahr) 4,15%
Verschluss einer Narbenhernie (WA bis 1 Jahr) 0,64%
Erneute Laparotomie / Eröffnung des Retroperitoneums (WA bis 30 Tage) 0,07%
Eingriff zur Behandlung einer Darmverletzung (bis 30 Tage bzw. 1 Jahr) 1,22%
(*) mehrfache Ereignisse möglich, WA: Wiederaufnahme)
16. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Limitationen
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 16
• Keine klinischen Daten, z.B. Tumorstadium ( Risikoadjustierung)
Indikation zur RPE bei lokal begrenzten/ lokal fortgeschritten Tumoren,
Risikoadjustierung nach gefäß- und nervenerhaltenden Eingriffen und
Metastasen
Abbildung der Tumorklassifikation in ICD-Katalog oder Abrechnungsdaten?
• Keine verlässliche Abbildung von funktionellen Endpunkten (postoperative
Inkontinenz und Impotenz)
Indikatoren im Leistungsbereich RPE bilden wichtige Dimensionen der
operativen Ergebnisqualität ab, die auch unabhängig von funktionellen
Endpunkten Bestand haben
Helfen Hilfsmitteldaten und ambulante Abrechnungsdaten?
• Keine Unterscheidbarkeit von vorbestehenden Diagnosen
Beschränkung auf Prozeduren und klare Diagnosen
Kennzeichnung von bestehenden Diagnosen bei Aufnahme (POA, present
on admission)
17. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Fazit
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 17
• Gesamtkomplikationsrate nach radikaler Prostatektomie (RPE):
– mit Nachbeobachtung über ein Jahr: 20,0%
– bei alleiniger Betrachtung des Startfalls:14,6%
• Ungefähr ein Viertel der Komplikationsereignisse nach RPE ereignet
sich im Nachbeobachtungszeitraum
• Bei vergleichbaren Endpunkten gute Übereinstimmung mit
Ergebnissen klinischer Studien in der Literatur
• Routinedaten ermöglichen eine differenzierte Abbildung von
langfristigen Komplikationen und Folgeereignissen bei RPE
• Routinedaten erlauben eine Darstellung des bundesweiten
Versorgungsgeschehens, gegenüber den Ergebnissen eines oder
mehrerer Zentren in klinischen Studien
18. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Danksagung
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 18
Expertenpanel Urologie
Dr. Christian Gilfrich Klinik für Urologie, Klinikum St. Elisabeth Straubing
PD Dr. Gralf Popken Klinik für Urologie, Klinikum Ernst von Bergmann,
Potsdam
Prof. Dr. Jens-Uwe Stolzenburg Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinikum
Leipzig
Prof. Dr. Lothar Weißbach Stiftung Männergesundheit, Berlin
Dr. Christoph von Zastrow MDK Niedersachsen, Hannover
19. © WIdO 2015
Wissenschaftliches Institut der AOK
Vielen Dank für Ihr Interesse.
qsr-verfahren@wido.bv.aok.de
Besuchen Sie uns im Internet
www.wido.de
www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de
www.aok-gesundheitsnavi.de
22. Wissenschaftliches Institut der AOK
© WIdO 2015
Patientencharakteristika
9. NQK Gesundheit, 04.12.2015, Berlin 22
AOK-Fälle 2011-2013 Fallzahl Prozent
Gesamt 18.576 100,0%
Alter
40 bis 49 Jahre 304 1,64%
50 bis 59 Jahre 3.351 18,04%
60 bis 69 Jahre 8.631 46,46%
70 bis 79 Jahre 6.265 33,73%
80 Jahre und älter 25 0,13%
Begleiterkrankungen
Herzinsuffizienz, KHK oder Arrhythmie 2.611 14,06%
Diabetes 2.609 14,05%
Adipositas 1.354 7,29%
Chronische Niereninsuffizienz 1.060 5,51%
COPD 744 4,01%