1. Seit 20 Jahren beschäftigt die Szene „Tita-
nic“-Fans:Rose(KateWinslet)treibtaufei-
ner breiten Schranktür im Nordatlantik,
Jack (Leonardo DiCaprio) erfriert daneben
im Wasser. Hätte Rose nicht einfach ein
bisschenPlatz machen unddamitvielDra-
ma verhindern können? Gemeinsam mit
zwei Schulfreundinnen hat die Australie-
rin Abigail Wicks, 15, mit der Antwort ei-
nen Mathe-Wettbewerb gewonnen.
SZ: Als „Titanic“ 1997 in die Kinos kam,
wartihrdreinochgarnichtgeboren.Schau-
en Jugendliche heute den Film denn noch?
Abigail Wicks: Der Film gehört einfach da-
zu. Christy hat ihn neulich zum ersten Mal
gesehen und fand es superfrustrierend, wie
Jack am Ende tot in die Tiefe sinkt. Wir ha-
ben viel darüber diskutiert und dann ge-
dacht, da müssen wir wissenschaftlich ran.
War die Rechnung kompliziert?
Nur die Recherche. Wir wollten sehr genau
wissen,welcheEigenschaftendasMaterial
1912 hatte, Schwimmwesten haben sich ja
weiterentwickelt. Man denkt immer, Ma-
thematikhatnurmitZahlenzutun.Wirha-
ben aber vor allem gelesen.
Unddamitimmerhineinenaustralienwei-
ten Schülerwettbewerb gewonnen. Wie
hart war die Konkurrenz?
Ein Team hat geprüft, ob sich Spiderman
bei Stürzen aus großer Höhe wirklich mit
einem Spinnfaden auffangen könnte. Ein
anderes, ob Donald Trump tatsächlich sei-
ne Mauer baut.
Und?
Finanziell wäre das zwar drin, aber es wür-
de 18 Jahre dauern. Und Spiderman ist, so-
weit ich weiß, zumindest zu schwer für ei-
nen einzelnen Faden.
HätteJack nun eurer Berechnung nachei-
ne Chance gehabt?
Naja,wirhabenunsdieDichtevonSalzwas-
serundvondieser Holztürangeschaut. Mit
dem Gewicht von zwei Menschen darauf
würde das Ganze tatsächlich jämmerlich
untergehen. Wenn Rose einfach nur ein
bisschen die Beine angezogen hätte, dann
hätte das nicht gereicht.
Das war das Ergebnis?
Nein, die Tür ist ja nicht alles. Die beiden
hätten überlebt, wenn sie ihre Rettungs-
westen unter der Tür fixiert hätten.
„Titanic“-Regisseur James Cameron hat
zu dieser Theorie gesagt, Jack wäre noch
schnellererfroren,wennerindemEiswas-
ser getaucht wäre, um ein Floß zu basteln.
Seine einzige Chance bestünde tatsäch-
lich darin, den Oberkörper so lange wie
möglich über Wasser zu halten.
Das klingt plausibel. Aber wir machen ja
zumGlückbloßMathe,dakannmanwarm
und trocken bleiben. Alles was wir bewie-
senhabenist,dasssichmitdenGegenstän-
den, die in der Szene zu sehen sind, genug
Auftrieb für zwei erzeugen ließe.
Was wird euer nächstes Projekt?
Wir suchen noch. Aber ich habe mich zum
Beispiel gefragt, warum Jack versinkt, wo
Leichen doch normalerweise oben treiben.
AberwahrscheinlichhatCameronauchda-
für irgendeine clevere Erklärung.
interview: thilo adam
Abigail Wicks, „Titanic“-Berechnerin
EIN ANRUF BEI ...
Die 15-jährige Abigail Wicks (3.v.l.) mit
Professorin Angela Phillips und den Mit-
schülerinnen Julia Damato und Christy
Zhang. FOTO: WESTMINSTER SCHOOL, ADELAIDE
Süddeutsche Zeitung PANORAMA Donnerstag, 30. November 2017
Deutschland Seite 10
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