Diese Umfrage beleuchtet das Wechselspiel zwischen Unternehmensstrategien und internationalen Personalmaßnahmen. Wie stellen sich die internen Kunden den strategischen Business Partner aus dem Personalbereich vor? Welche Rolle spielt HR, wie gut wird kommuniziert, wie steht es um das Selbst- und Fremdbild? Die Antworten lassen sich selbstverständlich im eigenen Unternehmen finden. Die Frage wird jedoch oft nicht gestellt. Daher sind wir ihr auf den Grund gegangen.
Mythos: Going International – alle sitzen im selben Boot
1. Barbara Wietasch
Gründerin und Geschäftsleitung
Wietasch & Partner – Experts for International Dynamics
barbara.wietasch@aon.at
Fact Box:
Zufallsstichprobe : N = 500
Teilnehmer: 69 Führungskräfte mit internationalem Background
Branchenquerschnitt: Fertigungsindustrie, IT& Telekommunikation, Handel, Finanzdienstleistung, Dienstleistung,
Konsumgüter-Industrie, Immobilien und Bauwesen, Logistik & Transport
Funktionen: 22,9 % Leiter Personal, HR Verantwortliche
34,3 % CEOs, Geschäftsführer, Vorstände (Alle anderen)
14,3 % Auslandsmanager (Alle anderen)
28,6 % internationale Projektleiter (Alle anderen)
Methode: Online-Fragebogen
Länder: Deutschland, Österreich, Spanien, Italien, China, Holland, Mexiko und Russland
Unternehmensgröße: Mittelstand und Konzerne
Auslands-Niederlassungen: von 1 – 5 bis zu mehr als 100 (Konzernstrukturen)
Mythos: Going International – alle sitzen im selben Boot
Diese Umfrage beleuchtet das Wechselspiel zwischen Unternehmensstrategien und
internationalen Personalmaßnahmen. Wie stellen sich die internen Kunden den strategischen
Business Partner aus dem Personalbereich vor? Welche Rolle spielt HR, wie gut wird kommuniziert,
wie steht es um das Selbst- und Fremdbild? Die Antworten lassen sich selbstverständlich im
eigenen Unternehmen finden. Die Frage wird jedoch oft nicht gestellt. Daher sind wir ihr auf den
Grund gegangen.
In Interviews und Recherchen zu meinem Buch „Global Management“ habe ich immer wieder in
Zwischentönen vernommen, dass die Zufriedenheit der internen Auftraggeber bzw. Kunden mit den
angebotenen HR-Leistungen unzureichend ist. Auf der anderen Seite vermittelte uns der
Personalbereich, das er nicht genügend in strategische Entscheidungen eingebunden wird, wichtige
Informationen fehlen, nicht auf Augenhöhe kommuniziert wird, und, und, und. Im Auslandsgeschäft
ist diese Kluft zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung noch gravierender, vor allem wird hier noch
viel mehr Geld versenkt.
Dem wollten wir nachgehen und haben eine Online-Blitzumfrage gestartet. 69 Topführungskräfte aus
internationalen Unternehmen (Vorstände, CEOs, HR-Verantwortliche, Auslandsmanager,
internationale Projektleiter) aus unterschiedlichen Branchen und Ländern nahmen daran teil. Das
Ergebnis zeigt, dass viele Unternehmen ihre Potentiale noch nicht voll nutzen!
Warum ist es wichtig, dass alle dieselbe Strategie bzw. Ziele verfolgen?
Meist besteht eine große Lücke zwischen den Unternehmensstrategien und der Umsetzung im
Personalbereich. Gründe dafür können sein, dass der Personalbereich nicht von Anfang an in die
Strategieentwicklung eingebunden ist (ca. 55 % unserer Befragten sagen „Nein“ bzw. „teils/teils“).
Wichtig ist im nächsten Schritt, dass es eine schriftlich HR-Strategie gibt, abgeleitet aus der Business-
Strategie und den Unternehmens-Zielen (hier sagen ca. 20 %, dass es dieses nicht gibt, mehr als 30 %
sagen „teils/teils“). Um einen gemeinsamen Orientierungspunkt für den Personalbereich zu schaffen,
müssen Botschaften klar sein, alle sollten dieselben Ziele kennen und verfolgen. Gerade im
internationalen Geschäft ist es wichtig, dass kein Zweifel besteht, ob die Strukturen zentral, dezentral
oder ein Mix aus beiden sind. Wie ist die Organisation aufgebaut (45 % „Aller Anderen“ sagen, dass
das Unternehmen zentral gesteuert wird, für HR jedoch zu „0 %“)?
In den meisten Personalbereichen dominieren oftmals die operativen Themen, Aufgaben erfolgen
auf Zuruf. HR Manager werden vielfach nicht als die Experten mit ins Boot genommen. Anstatt bei
2. strategischen Meetings dabei zu sein, wichtige Personal-Kennzahlen zur Planung einzubringen,
werden sie von dem Top-Management als Bedenkenträger und Verwalter gesehen, in Arbeitskreise
geschickt, wo wertvolle Zeit vergeudet wird. Ein kritischer Blick von Seiten des Fachbereiches, diesen
strategisch und entscheidungsrelevant einzubinden, wäre sehr wichtig, erfordert jedoch von allen
eine Kommunikation auf Augenhöhe. Man vergisst sie oft! HR kann doch jeder, ähnlich wie im
Marketing oder in der Öffentlichkeitsarbeit, jeder hat eine Meinung dazu und will mitmischen.
Warum ist es wichtig, dass alles zusammenspielt? Was bedeutet dies für das Unternehmen?
Die HR-Leistungen sind dem Management bzw. den internen Kunden zu ca. 60 % „nicht“ oder nur
„teils/teils“ bekannt. Gilt hier die Kultur der Geheimniskrämerei? Gut, nicht alle Tätigkeiten aus dem
Personalbereich dürfen jedem jederzeit kommuniziert werden, jedoch sollte die direkte Zielgruppe,
d.h. die internen nationalen und internationalen Kunden sehr wohl wissen, was das
Leistungsspektrum des HR-Business-Partners ist.
Doch wo liegt hier die Verantwortung? Es ist das gelungene Wechselspiel zwischen beiden Seiten:
das Top-Management vereinbart und kommuniziert die gemeinsame Richtung, die Ziele, die
Aufgaben und Verantwortlichkeiten; klärt die Rollen und bestätigt den Personalbereich in seinen
Kernkompetenzen.
Ein echter Kontakt, Austausch, eine kongruente Kommunikation (lt. unserer Erhebung nutzt HR zu
100 % e-mail bzw. Intranet) braucht mehr Zeit, ist aber der „Klebstoff, der Organisationen zusammen
hält“ (L. Seiwert). Beide Seiten müssen kongruent kommunizieren. Zuhör- und Übersetzerqualitäten,
Einfühlungsvermögen und Coaching-Fähigkeiten sind die Kernkompetenzen der Verantwortlichen im
Personalbereich.
Eine Positionierung als ernsthafter interner Dienstleister, z.B. auch „ich übersetze es Dir in Deine
Sprache“, in eine fakten- bzw. wirtschaftsrelevante Sprache, schafft Klarheit.
Internationale HR-Kennzahlen werden nicht strukturiert erhoben, dies ist die Aussage von ca. 25 %
aller Befragten. Hoffentlich ergibt sich daraus nicht ein Blindflug! Ganz wichtige Unternehmens-
Kennzahlen fließen im Personalbereich zusammen, wo finden wir unsere Talente und wie lange
brauchen wir für Recruiting bzw. Entwicklung, über Mitarbeiterzufriedenheiten, Kündigungsgründe,
Fehlzeiten, Veränderungswünsche, Benchmarks mit anderen HR-Bereichen. Diese Schätze sind für
den Wettbewerbsvorteil am internationalen Markt lebensnotwendig, bleiben jedoch oft ungenutzt.
Meist werden die Energien auf Nebenschauplätzen verbrannt, statt ein gemeinsames Lagerfeuer zu
veranstalten, das auch der Mitbewerber sehen kann.
Wie wird der HR als Business-Partner im In- und Ausland wahrgenommen?
Die Öffentlichkeitsarbeit des Personalbereiches sieht traurig aus. Nur ca. 60 % „Aller Anderen“ geben
die Note „kompetent“ bis „sehr kompetent“, während das Selbstbild des Fachbereiches hier von 100
% ausgeht. In den Länderorganisationen liegt die Zufriedenheit nur noch bei 50 %. Unser Vorschlag
an die Leser aus dem Personalbereich: Wie wäre es mit einer guten Portion „Vertriebs-Gehabe“ nach
dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“? Jeder Vertriebler weiß: „Klappern gehört zum
Handwerk“. Eine klare Definition der eigenen Aufgaben und Zuständigkeiten, der umgesetzten
Maßnahmen, sei es im Intranet, bei Mitarbeiterversammlungen, am Info-Board oder im täglichen
Gespräch geben allen Stakeholdern eine klare Ergebnisorientierung und ein gutes Gefühl in der
Zusammenarbeit.
Die wertvollste Erkenntnis! Es gibt noch viel zu tun! Denn es gilt: Geld zu verdienen oder zu
verlieren!
3. Alle brauchen einen gemeinsamen Orientierungspunkt, ein klares Verständnis der
Unternehmensstrategie und der sich daraus ergebenen Kompetenzen und Aufgaben. Eine Koexistenz
auf Augenhöhe bedeutet, jeder Bereich bleibt in seinen Kompetenzen.
In diesem Fall übernimmt der Personalbereich die Verantwortung für die „Übersetzung“ der
Aufgaben, der Vermittlung, der Kommunikation, d.h. aller Soft Skills und setzt in jedem Moment
seine Coaching-Kompetenzen ein. Als kompetenter Personaler versteht er sich als echter
Dienstleister (keine Stabsstelle), als Fachberater, der nicht isoliert ist sondern als Teil des Ganzen auf
Augenhöhe mitgestaltet (nicht verwaltet). Als Vorbild für alle Führungskräfte und Mitarbeiter wird
vom Personalbereich vorgelebt, was es bedeutet, Soft Skills anzuwenden und dieses nicht nur bei
der Beauftragung von Trainings, Coachings…
Das Top-Management hingegen schafft ein starkes Management-Team, zu dem auch der
Personalbereich gehört. Hier werden hochrelevante Ziele erarbeitet, die Richtung vorgegeben, die
unterschiedlichen Verantwortlichen befähigt und unterstützt. Man schafft eine gemeinsame
strategische Weitsicht: für welchen Zweck arbeiten wir hier zusammen! Was ist unser großes
gemeinsames Ziel, das über den einzelnen Bereich hinausgeht. Meist entsteht daraus sozusagen als
„Abfallprodukt“ Erfolg, Anerkennung und dass jeder an seinem richtigen Platz mit den eigenen
Kompetenzen arbeitet.
Die einzige Konstante ist der stetige Wandel
Auf unsere Frage „Sie haben 3 Wünsche frei“ werden für die Strategie folgende Themen genannt:
Talent-Management, Kompetenz Modelle, Job-Pools, globales und merkbares Employerbranding,
Shared Service Center, globales Denken und dezentrales Handeln…
Wir wissen aus anderen Unternehmensbereichen: Strategien, die heute Wettbewerbsvorteile
darstellen, werden morgen zu Unternehmensprozessen, diese werden danach herruntergebrochen
in Tools und Instrumente. Wichtig ist es für das Management-Team, bei der Entwicklung der
Strategien für die Fachbereiche immer auch auf die Marktführerschaft zu achten und die
entsprechenden Strukturen zu schaffen.
Die Schnelllebigkeit an den Märkten fordert zirkuläre Strukturen, Innovation, ein Wechselspiel
zwischen Außen und Innen und Innen und Außen. Gerade im globalen Business darf weder das
Headquarter noch andere Unternehmensbereiche in alten Strukturen stecken bleiben.
Als Experte für Soft Skills, mit Kernkompetenzen als Coach und Kommunikationsexperte ist der
Personalbereich für die Gestaltung und Begleitung von Veränderungsprozessen prädestiniert. Durch
diese Fähigkeiten können Ängste, Widerstände in der Organisation rechtzeitig erkannt und
aufgefangen werden. Diese Schlüsselkompetenzen gilt es jedoch immer wieder aufzufüllen und die
eigene Fortbildung einzufordern.
Weitblick vorhanden – hoffentlich …
Wendet sich die Aufmerksamkeit zu sehr auf das isolierte Arbeiten in den einzelnen Bereichen, geht
der Weitblick, die Strategie, der Blick für das Große und Ganze verloren. Alle ins Boot zu holen
bedeutet auch, sich mit den Unterschiedlichkeiten im eigenen Management-Team auseinander zu
setzen. Dies ist ein wertvoller erster Schritt für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Kunden,
4. Geschäftspartnern, Kollegen und Mitarbeitern in den Auslandsmärkten. Sponsorship in der
Zusammenarbeit und Führung schafft eine gute Ausgangslage für die nötige Flexibilität und den
Umgang mit Unsicherheiten, die sich im internationalen Business zeigen. Auch hier gilt: Wer nicht
weiß wohin er kommt und wohin er segeln will, für den ist kein Hafen der richtige (Sokrates).
Wietasch & Partner ist spezialisiert auf Organisations- und Führungskräfteentwicklung für
Unternehmen im nationalen und internationalen Kontext.
International Dynamics ergibt sich aus dem Wechselspiel unterschiedlicher Typologien,
Gruppendynamik, interkultureller Programmierungen und Intercultural Readiness.