Suchmaschinen haben sich grundlegend geändert: Sie erlauben Eingaben über Text, Sprache und Bilder und geben anstelle der altbekannten Suchergebnislisten zunehmend auch direkte Antworten auf Fragen aus. Um dies zu ermöglichen, analysieren sie neben den Suchanfragen auch persönliche Informationen der Nutzer und ihrer sozialen Netzwerke sowie Massendaten aus vergangenen Suchvorgängen und anderen Interaktionen. Dies verändert die Weise, wie wir suchen und was wir finden.
Doch wie gehen Nutzer mit diesen „Next Generation Search Systems“ in Form von Suchmaschinen, sprachbasierten persönlichen Assistenten und anderen Assistenzsystemen im Alltag um? Und was bedeutet dies auf der einen Seite für das Online-Marketing, auf der anderen Seite für den nach Informationen suchenden Nutzer?
Google Assistant, Alexa & Co.: Wie sich die Welt der Suche verändert
1. GOOGLE ASSISTANT, ALEXA & CO.: WIE SICH
DIE WELT DER SUCHE VERÄNDERT
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Online Marketing Konferenz (OMK)
Leuphana Universität Lüneburg, 27. September 2018
2. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
GLIEDERUNG
1 Suche ist kein gelöstes Problem
2 Das grundlegende Problem der Suche
3 Die grundsätzliche Richtung der Entwicklung
4 Was bedeuten die „neuen“ Geräte?
5 Konsequenzen aus diesen Entwicklungen
1
7. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
INTELLIGENTE LAUTSPRECHER
6
Brandt, M. (2018, Juni 18). Google und Amazon dominieren den Smart Speaker-Markt [Digitales Bild].
https://de.statista.com/infografik/12369/weltweiten-absatz-von-smart-speakern/
8. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
DAS EINFACHE (AKTUELLE) MODELL DER SPRACHSUCHE
Sprache Verarbeitung Sprache
Dokumente
7
11. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
TYPISCHE SUCHANFRAGEN
10
• www.Eisbär.de
• wie leben eistire
• wie lange leben
eisbern
• wie lange leben
eisberen
• wie lange leben
eisbären
• wie lange leben eis
bären
• wie lange leben eis
bäre
• wie lang die leben
• wie lande leben
bäre tiere
• wie lage leben
eisbären
• wie können
eisberen werden
• wie fiele jahre
leben die eisberren
• wie alt werdne die
Aeisbern
• wie alt werden
eisbären
• wie lange leben
eisberen
• wi fil leben die eis
beeren
• viel dav man die
eisbeeren liben
• eisbern
• eisbeer
• eisbären
• eis bär information
• Der Eisber
• der eisbär
• alterEisbären
• Alter von eisberen
• 1 monat
Suchanfragen aus:
Mikley, Nina: FINN fragt nach – Ermittlung des Rechercheverhaltens von Kindern anhand szenariobasierter Usability-Tests.
HAW Abstracts in Information Science and Services – vol. 2 (2012), no. 2, art. 13; page 128–140
12. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
TYPISCHE SUCHANFRAGEN
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• www.Eisbär.de
• wie leben eistire
• wie lange leben
eisbern
• wie lange leben
eisberen
• wie lange leben
eisbären
• wie lange leben eis
bären
• wie lange leben eis
bäre
• wie lang die leben
• wie lande leben
bäre tiere
• wie lage leben
eisbären
• wie können
eisberen werden
• wie fiele jahre
leben die eisberren
• wie alt werdne die
Aeisbern
• wie alt werden
eisbären
• wie lange leben
eisberen
• wi fil leben die eis
beeren
• viel dav man die
eisbeeren liben
• eisbern
• eisbeer
• eisbären
• eis bär information
• Der Eisber
• der eisbär
• alterEisbären
• Alter von eisberen
• 1 monat
Suchanfragen aus:
Mikley, Nina: FINN fragt nach – Ermittlung des Rechercheverhaltens von Kindern anhand szenariobasierter Usability-Tests.
HAW Abstracts in Information Science and Services – vol. 2 (2012), no. 2, art. 13; page 128–140
13. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
„Die meisten Nutzer sind nicht willens, bei der Formulierung ihres Suchziels allzu
viel kognitive und zeitliche Energie aufzuwenden.“ (Machill et al., 2003)
12
15. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
WAS IST EINE SUCHANFRAGE, WAS EIN DOKUMENT /
INFORMATIONSOBJEKT?
14
Anfrage Verarbeitung Informationsobjekte
16. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
WAS IST EINE SUCHANFRAGE, WAS EIN DOKUMENT /
INFORMATIONSOBJEKT?
15
Text Text
Anfrage Verarbeitung Informationsobjekte
17. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
WAS IST EINE SUCHANFRAGE, WAS EIN DOKUMENT /
INFORMATIONSOBJEKT?
16
Text Text
Anfrage Verarbeitung Informationsobjekte
Implizite Anfragen
Texteingabe
Gesprochene Sprache
Bilder
Videos
Barcodes
….
Dokumente
Fakten
Antworten
Zusammenfassungen
…
Gesprochene Sprache
Bilder
Videos
…
18. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
17White, R. W. (2016). Interactions with Search Systems. New York: Cambridge University Press.
19. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
18White, R. W. (2016). Interactions with Search Systems. New York: Cambridge University Press.
20. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
DATENQUELLEN UND SUCHMODI
Datenquellen
• Aufgaben: Aufgabenrelevante Suchhistorie des Nutzers, Kontextinformationen aus der
verwendeten Anwendung, historische Daten anderer Nutzer mit gleicher Aufgabe
• Persönliche Daten: Such- und Browsingdaten, momentane Verfassung, persönliche
Informationen aus Anwendungen (E-Mails, Dokumente), Daten von Sensoren
• Soziale Daten: u.a. aus sozialen Netzwerken
• Welt/allgemein: Aggregierte Such- und Browsingdaten, Dokumentensammlungen,
aktuelle Ereignisse
Suchmodi
• Reaktiv: Aktive Eingabe des Nutzers (System reagiert)
• Proaktiv: Vorschläge durch das System (System sieht das Informationsbedürfnis des
Nutzers voraus)
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22. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
ANWENDUNGSBEREICHE VON SPRACHASSISTENTEN
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Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V 2017: Digital Trends Umfrage zu digitalen Sprachassistenten.
https://www.bvdw.org/fileadmin/user_upload/BVDW_Digital_Trends_Sprachassistenten.pdf
26. FAKULTÄT DMI, DEPARTMENT INFORMATION
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
KONSEQUENZEN
Veränderungen
• Suche wird überall sein – allerding weitgehend unsichtbar.
• Suche ist eine sowohl reaktive als auch proaktive Funktion
• Suchmaschinen werden Antworten – und, vielleicht wichtiger – Zusammenfassungen
geben
• Dadurch ergeben sich erhebliche Möglichkeiten für Verzerrungen und Manipulationen
Fragen für das Online Marketing
• Wo kann Werbung platziert werden?
• Was ist mit SEO, wenn es nur noch ein Ergebnis gibt?
• Neue Formen des Online-Marketings?
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27. VIELEN DANK FÜR IHRE
AUFMERKSAMKEIT!
Prof. Dr. Dirk Lewandowski
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
dirk.lewandowski@haw-hamburg.de
Twitter: @Dirk_Lew
www.searchstudies.org/dirk
Notes de l'éditeur
Ein kleiner Einblick in aktuelle Entwicklungen im Bereich der Suche
Ich werde versuchen, das ganze in einen weiteren Kontext zu stellen (Blogposts mit „Veränderungsjubel“ haben wir genug)
Wir treten einen Schritt zurück und betrachten das Thema nicht tagesaktuell.
Mein Fokus ist immer die Websuche; vorangeschickt sei, dass besonders die Sprachsuche in speziellen Such-Apps (E-Commerce) mittelfristig bedeutender sein könnte als in der Websuche.
- Um die Gegenwart – oder gar die Zukunft – verstehen zu können, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit.
Vieles ist gleich geblieben, vieles hat sich verändert.
V.a. Sucheingabe ist nicht wesentlich anders
Es wird eine Vielzahl von Geräten geben, in denen Suche integraler Bestandteil ist.
[Geräte kurz beschreiben.]
Was von diesen Geräten überleben wird, wissen wir nicht. Ist auch nicht relevant.
Wir haben es mit immer mehr verschiedenen Geräten zu tun.
Tolle Innovationen: Amazon Echo Show hat jetzt einen Bildschirm!
Das Zeug verkauft sich schon mal ganz gut, auch wenn man natürlich bedenken muss, dass das weltweite Zahlen sind. [40 Mio. im ersten Quartal 2018.]
“50% of all searches will be voice searches by 2020” [6]
“About 30% of searches will be done without a screen by 2020.” [7]
Was hat es also mit der viel gehypten Sprachsuche bislang auf sich?
Es ist klar, dass mit dem einfachen Modell das Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.
Das bislang wesentlich wirklich neue: Dialogfähigkeit (aber das kommt noch)
Die Assistenten dienen mehr der Steuerung.
- Nicht: Das grundlegende technische Problem im Sinne der Verarbeitung der Dokumente.
- Das grundlegende Problem sind kurze bzw. ungenaue Suchanfragen, so dass die Suchmaschinen die Anfragen interpretieren müssen.
Wir sehen die Eingabe einer Domain (eisbär.de) anstatt einer Suchanfrage,
die Verwendung unpassender – oder doch zumindest ungewöhnlicher Begriffe – das Beispiel „Eistiere“,
Nutzer, die annehmen, dass die Suchmaschine bereits weiß, um welches grundlegende Thema es geht („wie lange die leben“),
Nutzer, die ihre Suchanfrage sehr allgemein (zu allgemein) formulieren: „Eisbären“,
oder solche, die einfach mal raten und ihre Vermutung mit einer Suchmaschine überprüfen möchten („1 monat“). – Kontext wird mit angenommen.
Wichtigstes Modell für das Verständnis neuer Suchsysteme ("Next-generation search systems"); Ryen White.
Das Modell zeigt vor allem, wie Suchanfragen von Maschinen verstanden/interpretiert werden können.
- Erfassung von Nutzer, Situation und "Welt" ("Außenrum") -- "rich sensing".
- Modelle der Situation, der Aufgabe, der Nutzerinteressen (maschinelles Lernen).
- Natürliche Interaktion mit dem System, d.h. so, wie der Nutzer es sich im Augenblick wünscht. D.h. Spracheingabe ersetzt nicht plötzlich alles, sondern es kommt auf den Kontext an.
Und das alles natürlich nicht auf bestimmten Geräten, sondern übergreifend (Bsp. Google-Profil).
Reaktiv: System reagiert auf Eingaben (kennen wir)
Proaktiv: System stellt selbst die Suchanfragen
Von der Anreicherung von Suchanfragen ist es nur ein kleiner Schritt, bis das System die Anfragen gleich selbst stellt.
"Prediction" vs. "Suggestion" (Beispiel Google Autocomplete)
Kurz die Punkte aufzählen; wichtig: Das ist das, was die Nutzer *sagen*.
Informationssuche und Assistenzfunktionen wachsen zusammen
Suche als Treiber für Personal Assistants Wie immer: Suche ist ins System integriert; Funktion, die einfach funktionieren muss.
Suche kommt mit den Assistants in allen Bereichen/Kontexten an.
Fläche für Suchergebnisse wird erst immer größer (Desktop)
Dann wird die Fläche kleiner (Mobile Geräte)
Dann entfällt die Fläche bzw. wir haben ein Mischmasch aus allem
Zu was führt das letztlich? Zu der Funktion, die Google schon seit Ewigkeiten anbietet und die immer belächelt wird. (Dort aber immer noch *ein* Dokument.)
Oder wird das endlich zu der Abkehr von Dokumentlisten führen?
Wir wollen Antworten anstelle von Dokumenten (endlich: die große Vision! – Brian Vickery 1965)
Antworten sind aber manchmal nicht so einfach wie bei Faktenfragen.
Wir haben es bei der Sprachsuche zumindest im Moment noch mit recht beschränkten Anwendungsfällen zu tun.
Was steht dabei im Weg? Das Modell, dass Inhalte durch Werbung bezahlt werden. Die Inhalteanbieter möchten bei “Zusammenfassungen“ natürlich mitverdienen.