2. Danksagung
Die Idee zum vorliegenden Werk entstammt der persönlichen Arbeit
des Herausgebers. Im Rahmen der Erstellung wissenschaftlicher Analy-
sen und praxisorientierter Kampagnen tauchten Fragestellungen nach
der Ermittlung von Ausgangssituationen im Web und der Erfolgsevalu-
ation auf. Die Suche nach einer Handreichung zum Thema Web-
Monitoring blieb weitgehend erfolglos, so dass der Herausgeber den
Kontakt zu mit diesem Thema beschäftigen Wissenschaftlern und Un-
ternehmern aufnahm. Am Ende eines langen und fruchtbaren Aus-
tauschprozesses steht der nun vorliegende Sammelband.
Dank gebührt all jenen, die in mühevoller Arbeit Artikel beigesteuert
und so einen inhaltlich abwechslungsreichen und spannenden Sammel-
band haben entstehen lassen. Ein besonderes Dankeschön haben die
Sponsoren verdient, welche die Herausgabe des Bandes erleichtert hat.
Die EnBW AG und die Finnwaa GmbH haben zudem mit spannenden
Artikeln auch einen inhaltlichen Beitrag geleistet.
Nicht zuletzt danke ich meiner lieben Frau Anne, die mit viel Ver-
ständnis und Geduld meine Begeisterung aushält und mich auch in
schwierigen Momenten immer unterstützt. Ihr sei dieser Band gewid-
met.
Jena, den 30.08.2009 Patrick Brauckmann
2
3. Inhalt
Vorwort 9
Thomas Pleil: Web-Monitoring:
Kommunizieren setzt Zuhören voraus 12
1. Aufgaben eines Web-Monitorings 20
Alexander Plum: Ansätze, Methoden und Technologien des Web-
Monitorings – ein systematischer Vergleich 20
Patrick Brauckmann: Ziele des Web-Monitoring im politischen Umfeld 46
Philipp Pasold: Web-Monitoring als Controllinginstrument in Unterneh-
men 73
Sebastian Gievert: Die Masse schreckt ab – Wie die Politik das Web wahr-
nimmt 91
Peter Gentsch/ Anna-Maria Zahn: Potentiale und Anwendungsfelder von
Web-Monitoring im Unternehmen 98
2. Methodik des Web-Monitoring 128
Martin Grothe/ Bettina Maisch: Potentiale des Online-Trend-
Monitoring 128
Michael Bartl/ Ivan Ivanovic: Netnography – Finding the right Balance
between Automated and Manual Research 153
Jana Hochberg: Manuelles Web-Monitoring 171
Mark Markus/ Sandra Schaffert: Web-Monitoring mit freien Quellen und
Werkzeugen für Unternehmen. Beispiel: Skiherstellerbranche 190
Bastian Ebert: Keyword-Recherche als latentes Web-Monitoring 206
Melanie Arens/ Silke Henseler: Web 2.0 – Ideenschmiede der Gegenwart:
Einsatz von Web-Monitoring bei Innovationsprozessen 212
Kerstin Klär/ Oliver Tabino: Strategien und Methoden zur Beherrschung
des Chaos – Die Segmentierung des Social Web 229
3. Analyse von Daten 256
Oliver Schiffers: Tools und Kennzahlen für das Social Web 256
3
4. Jens Martin/ Annika Postler: Social Media Management – Kundenwissen
monitoren, analysieren und nutzen am Beispiel der EnBW AG 276
Ingo Bokermann: Online-Forschung für Online-Kampagnen in Verbän-
den? 290
4. Best Practice – Web-Monitoring in der praktischen
Anwendung 308
Klas Roggenkamp/ Marvin Geilich: Web-Monitoring im Wahlkampf 308
Evrim Sen: Web-Monitoring im World Wild West – Best Practice am
Beispiel von Ford Deutschland 326
Christof Fischoeder et.al.: Social Media Monitoring in der Praxis am Bei-
spiel des Bundestagswahlkampfes 2009 335
Chrtistian Wewezow/ Julia Fuhrmann: Herausforderungen und Chancen
von Reputationsmanagement im 21. Jahrhundert 350
Wolfgang Zink/ Hulman Khuvilai: Testfall E-Government: Öffentliche
Online-Imagepflege ohne Nutzer, ohne Nutzen? Die unausge-
schöpften Potentiale zum Einsatz von Web-Monitoring 366
5. Anhang 390
Abbildungsverzeichnis 390
Hinweise zu den Autoren 393
4
5. Vorwort
Das Internet hat eine beherrschende Stellung im gesellschaftlichen,
ökonomischen und zunehmend auch politischen Leben eingenommen.
Kaum eine gesellschaftliche Initiative, die nicht über Webseiten infor-
miert, mittels Online-Unterschriften zur Unterstützung auffordert oder
mittels eines youtube-Videos ihre Botschaft verbreiten möchte. Zahlrei-
che Unternehmen haben bereits die Macht des Verbrauchers im Inter-
net zu spüren bekommen, der Lufthansa-Boykott 1 und der Skandal um
Jamba sind nur zwei große Beispiele allein in Deutschland. Längst ha-
ben die Kommunikationsverantwortlichen in großen Konzernen und
die dortigen Vorstände verstanden, dass es wichtig ist zu wissen, was im
Internet vor sich geht. Mit dem US-Wahlkampf 2008 um Barack Oba-
ma ist dann in Deutschland die Begeisterung für das Internet auch im
politischen Kontext gewachsen. Politiker und Parteien sind gleicherma-
ßen auf den Zug der Online-Kommunikation aufgesprungen, die einen
mit etwas mehr Umsicht, die anderen etwas forscher. Dabei stehen eine
Vielzahl an Fragen im Mittelpunkt: Wie wird die eigene Marke im Inter-
net wahrgenommen? Wie kommt ein Produkt am Markt an? Was wün-
schen sich die eigenen Kunden? Welche Themen bewegen die Wähler?
Mit welchen Positionen können Unterstützer angesprochen werden?
Mit diesen und ähnlichen Fragen sollen dann Online-Kampagnen ent-
worfen und umgesetzt werden, die Erfolge in der je eigenen Zielstellung
nach sich ziehen. Wichtig für eine zielführende Kampagne ist dabei eine
gründliche Analyse der Ausgangssituation sowie eine anschließende
Evaluation des Erfolgs einer Kampagne im Internet. Hier nimmt das
Web-Monitoring eine immens wichtige Stellung ein.
Eine Gemeinsamkeit haben alle, ob Unternehmen, Verband oder
Partei: Kaum jemand weiß, wie sich Erfolge im Internet manifestieren
und messen lassen. In den Printmedien werden „Pressespiegel“ erstellt
und als Beweis für getane Arbeit von Agenturen und Kommunikations-
profis, ob extern oder intern engagiert, vorgelegt. In puncto Internet
hingegen herrscht oft große Ratlosigkeit. Daneben wissen die meisten
1 Vgl. Strafsache „Online-Demo“ vor dem Amtsgericht Frankfurt a.M. vom 01.07.2005 (Az.
991 Ds 6100 Js 226314/01), sowie Revision vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vom
22.05.2006 (Az. 991 Ds 6100 Js 226314/01 -1009).
6. Patrick Brauckmann
Unternehmen, Organisationen und Politiker nicht einmal, was über-
haupt im Internet passiert. Zu intransparent ist oftmals das neue Medi-
um, zu verworren die Meinungsbildung in der unüberschaubaren Zahl
von Mikro-Öffentlichkeiten. Kaum verstanden werden zudem die Zu-
sammenhänge der Kommunikation im Internet, welche über eine bloß
positive oder negative Berichterstattung hinausgehen. Damit wird die
Beobachtung dessen was im Internet geschieht, für immer mehr Markt-
teilnehmer undurchsichtig, gleichwohl immer wichtiger in der täglichen
Arbeit.
Mit dem vorliegenden Werk sollen einige Antworten gegeben wer-
den. Dabei stellen Wissenschaftler und Praktiker ihre Arbeit vor und
geben Einblick in das Thema „Web-Monitoring“. Im Vordergrund soll
dabei die Praxisorientierung für die eigene Arbeit des Lesers stehen. So
verstanden umschreibt das Web-Monitoring alle Bereiche der wissen-
schaftlich begründeten Analyse sämtlicher Kommunikationsprozesse im
Internet. Es ist damit ein wichtiger Bestandteil der zukünftigen Aufgabe
all derjenigen, die sich mit Kommunikation in der modernen Welt be-
fassen wollen.
Im ersten Kapitel sollen vor allen Dingen kommunikative Fragestel-
lungen im Kontext des Internet und damit die Aufgaben des Web-
Monitoring erläutert werden. Mit einem Blick auf Problemstellungen
und Ziele wird die Frage gestellt, die dann von einem Web-Monitoring
beantwortet werden soll. Dazu erläutert Alexander Plum in einem sys-
tematischen Vergleich die Ansätze, Methoden und Technologien des
Web-Monitoring, um so einen Einstieg in die Materie zu geben. Wie in
Nicht-Regierungsorganisationen, Unternehmen oder in der Politik mit
dem Web und einem Monitoring der Inhalte des Web umgegangen
wird, beschreiben dann Brauckmann, Pasold, Gievert und Gentsch/
Zahn. So entsteht ein Eindruck von dem, was heute möglich ist und
gemacht wird, jedoch auch vom normativern Anspruch, den eine Orga-
nisation an ein Web-Monitoring haben kann.
Das zweite Kapitel soll einen methodischen Einblick in das Web-
Monitoring geben. Hier wird theoretisch dargelegt, wie ein gut durchge-
führtes Monitoring auszusehen hat, wenn es auf die in Kapitel I aufge-
worfenen Fragen auch Antworten liefern soll. Erfolgreiche Unterneh-
men geben einen Einblick in Techniken und Möglichkeiten. Grothe/
Maisch definieren dabei die Potentiale, die zu heben sind, während
Ivanovic/ Bartl einen neuen Ansatz des Web-Monitorings darlegen, die
Netnography. Hochberg, Markus/ Schaffert und Ebert zeigen auf, wie
leicht ein Web-Monitoring konzipiert werden kann und wie mittel der
10
7. Vorwort
richtigen Methode dennoch qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielt
werden können. Arens/ Henseler sowie Klär/ Tabino nähern sich dem
Social Web und der Methodik zur strategischen Analyse desselben an.
In Kapitel 3 widmen sich die Autoren der Analyse des gesammelten
Datenmaterials. Erst dann werden schließlich aus Fragestellung und
Methodik tatsächlich auch Ergebnisse gewonnen. Bei keinem anderen
Medium scheint dies komplizierter als beim Internet. Daher stellt Schif-
fers einige Tools und Kennzahlen vor, die eine Taxierung der Ergebnis-
se zulassen sollen und Martin/ Postler sowie Bokermann zeigen auf, wie
die Analyse der Daten erfolgen kann, um zu richtigen Schlussfolgerun-
gen mit Blick auf eine Kampagne zu gelangen.
Kapitel 4 will die vorhergehenden Kapitel in den Zusammenhang
stellen und einige gelungene Konzepte des Web-Monitoring vorstellen.
Diese Best-Practice-Beispiele sollen zeigen, wie ein erfolgreiches Web-
Monitoring genutzt werden kann, die eigene Organisation im Web zu
positionieren und erfolgreiche Online-Kommunikation zu betreiben.
Roggenkamp/ Geilich, Sen und Fischoeder et.al. machen dabei deutlich,
wie entsprechende praktische Konzepte aussehen können. Wewezow/
Fuhrmann veranschaulichen die Bedeutung des Online-
Reputationsmanagements im Zusammenhang mit einem Web-
Monitoring. Zink geht schließlich auf die Bedeutung des Web-
Monitoring für die Erfolgskontolle im E-Government ein.
Mit diesen 4 Kapiteln ergibt sich ein runder Bogen, der sich durch
den Sammelband zieht – obschon jeder Artikel auch für sich genommen
spannend zu lesen ist. Dabei wünsche ich auch im Namen aller Auto-
ren die größte Freude.
Jena, den 30. August 2009 Patrick Brauckmann
11
8. Thomas Pleil
Web-Monitoring: Kommunizieren setzt Zuhören
voraus
Öffentliche Kommunikation befindet sich in einem permanenten
Wandel: Mal sind die Veränderungen graduell und wenig offensichtlich,
dann wiederum folgen Phasen deutlicherer Veränderungen. Eine solche
Phase hat vor ein paar Jahren mit den Entwicklungen rund um das so
genannte Social Web begonnen, genauer: Mit der Integration neuer
Vernetzungs- und Kommunikationsmöglichkeiten in den Alltag vieler
Online-Nutzer. Diese geht einher mit einem veränderten Mediennut-
zungsverhalten allgemein. So verlieren beispielsweise Printmedien nicht
nur bei jungen Zielgruppen (Medienpädagogischer Forschungsverbund
Südwest 2008), sondern auch bei Intensivlesern Reichweite (Kolo, Mey-
er-Lucht 2007). Beide Entwicklungen haben unter anderem Auswirkun-
gen auf das Kommunikationsmanagement von Unternehmen, die im
Internet in einen direkten Austausch mit ihren Stakeholdern kommen
können. Sie können ungefiltert erfahren, welche Ansprüche zumindest
einige Stakeholder formulieren und entscheiden, ob sie auf dieser Basis
Kommunikationsbeziehungen aufbauen bzw. pflegen möchten.
Damit haben sich die Gewichte in der öffentlichen Kommunikation
verschoben. Natürlich haben Kunden, Mitarbeiter, Anwohner, Investo-
ren und andere Stakeholder schon immer über Unternehmen, deren
Produkte oder Geschäftspolitik gesprochen. Die Autoren des Cluetrain-
Manifests brachten dies auf den Punkt: „Märkte sind Gespräche“ nagel-
ten sie 1999 als erste von 95 Thesen an die virtuellen Portale der Marke-
tingabteilungen und Beratungsunternehmen (Levine 2009, S. xiv). Doch
die Gespräche der Stakeholder fanden noch im ausgehenden 20. Jahr-
hundert weitgehend außerhalb der Öffentlichkeit statt.
Öffentlichkeit als Summe frei zugänglicher Kommunikationsforen
(Gerhards 1998, S. 694) wurde dagegen typischerweise durch Massen-
medien konstituiert. Die PR rückte deshalb lange die Presse- und Me-
dienarbeit in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Das bedeutet: Öffentlich-
keit wurde in Zeiten vor der breiten Nutzung des Internets im Wesent-
lichen durch professionelle Kommunikatoren hergestellt. Aus PR-Sicht
9. Web-Monitoring
stellen sich hierbei Journalisten als Gatekeeper dar. Sie sichten, bewer-
ten und ordnen Informationen – auch Ansprüche von Stakeholdern –
nach professionellen Kriterien.
Die Internet-Kommunikation zeichnet sich dagegen durch andere
Merkmale aus (Becker 2009, S.12f; Pleil, Zerfaß 2007):
• Interaktivität: Diese schließt ein, dass Mediennutzer zum Sender
von Nachrichten werden können, beispielsweise durch Produktbe-
wertungen auf entsprechenden Websites, aber auch durch eigene
Publikationsformate.
• Fehlende Gatekeeper: Informationen können ohne Selektion, Prü-
fung oder Bewertung die Netzöffentlichkeit erreichen.
• Globale Kommunikation: Online veröffentlichte Informationen
sind weltweit auffindbar, soziale Netzwerke bzw. Kommunika-
tonsströme können international sein.
• Hohe Informationsgeschwindigkeit: Informationen können sich in
Echtzeit verbreiten, womit im Fall einer Krise eine drastische Ver-
kürzung der Latenzzeit einhergehen kann.
Aus Sicht des Kommunikationsmanagements ist deshalb klar, dass
neben der Berichterstattung in den etablierteren (Massen-)Medien zahl-
lose Gespräche im Internet stattfinden. Darunter können sich auch
solche befinden, die für ein einzelnes Unternehmen bedeutsam sein
können bzw. es direkt betreffen. Das Verständnis von Öffentlichkeit
muss sich demnach erweitern: Neben der breiten Medienöffentlichkeit
existiert eine Vielzahl von Mikroöffentlichkeiten, in denen unter Um-
ständen Meinung zu Marken, Produkten oder Unternehmen gebildet
wird. Längst ist den Unternehmenskommunikatoren klar, dass in der
Konsequenz die klassische Presse- und Medienarbeit in ihrem Alltag
ihre gar so dominante Rolle verliert, und zwar vorwiegend zu Gunsten
der Online-Kommunikation (Zerfass et.al. 2007).
Hier geht es jedoch im Sinne eines strategischen Kommunikations-
managements nicht an erster Stelle um aktive Kommunikationsmaß-
nahmen, sondern zunächst um das Einbeziehen der online stattfinden-
den Kommunikationen in die Umweltbeobachtung von Unternehmen
und Organisationen. Hierdurch wird deutlich, in welchem Maß eine
Organisation unter öffentlicher Beobachtung steht und inwiefern sie
sich Ansprüchen und Bewertungen unterschiedlichster Bezugsgruppen
stellen muss (Wiedemann, Riess 2007, S. 285). Im Internet lassen sich
also wichtige Indizien für das sich kontinuierlich wechselnde Set öffent-
licher Erwartungen an eine Organisation ermitteln (Eck, Pleil 2006, S.
13
10. Thomas Pleil
80). Ihre Kenntnis ist eine Voraussetzung für die Entwicklung effektiver
Kommunikation zwischen Organisationen und ihren Stakeholdern.
Doch nicht nur Kommunikation baut auf die Kenntnis externer Erwar-
tungen auf, auch das Verhalten bzw. die Spielräume von Organisationen
(oder von Personen wie z.B. Politiker oder Top-Manager) können be-
einflusst werden.
Im Rahmen des Kommunikationsmanagements hat sich seit den
achtziger Jahren der Begriff des Issues Managements für das Manage-
ment kommunikativer Chancen und Risiken etabliert. Dabei handelt es
sich um ein Verfahren, das „die organisationale Beobachtungs- und
Informationsverarbeitungsfähigkeit sicherstellt und die Organisation so
bei der Bewältigung von Ungewissheit und Risiko unterstützt“ (Röttger
2001, S. 11). Ziel ist die systematische Beobachtung und frühzeitige
Identifikation relevanter Ansprüche und Themen, die eine Begrenzung
organisationsstrategischer Handlungsspielräume erwarten lassen (Rött-
ger 2001, S. 11). In diesem Zusammenhang werden Issues manchmal
vereinfachend als für eine Organisation relevante Themen gesehen, im
Angelsächsischen werden Issues auch als öffentliche Anliegen und
Streitfragen verstanden (ebd., 16). Aus ihnen leiten sich schließlich kon-
krete Erwartungen der Bezugsgruppen ab.
Innerhalb des Issues Managements lassen sich mehrere Aufgaben un-
terscheiden: die Identifikation von Issues, ihre Analyse, die Priorisie-
rung, die Entwicklung von Handlungsoptionen sowie Umsetzung und
Erfolgskontrolle (Wiedemann, Ries 2007, S. 289). Bereits für den ersten
Schritt, die Identifikation von Issues, lassen sich verschiedene Verfahren
kombinieren. Erste Anhaltspunkte ergeben sich beispielsweise aus dem
halböffentlichen Raum wie beispielsweise Konferenzen, aber in zuneh-
mendem Maße auch in Arenen virtueller Öffentlichkeit. Internet-
Monitoring ist damit ein zunehmend bedeutsamer Baustein des allge-
meinen Issues Managements und dient der Identifikation von Issues
sowie der analytischen Begleitung ihrer Entwicklung.
Teilweise werden in der Fachdiskussion positive Issues als Trends
begriffen (Rolke 2001, S. 237). Diese werden in der Unternehmenspra-
xis häufig im Rahmen des Corporate Foresight erfasst. Dieser Begriff
setzt sich zunehmend für systematische Zukunfts- und Trendforschung
von Unternehmen durch. Kuhn/Ruff grenzen jedoch Issues Manage-
ment und Corporate Foresight nicht anhand des Bedrohungs- und
Chancenpotenzials von Themen ab, sondern mit Hilfe der Zeitachse:
Demnach beschäftigt sich Issues Management mit kurz- und mittelfris-
14
11. Web-Monitoring
tig relevanten Themen, während Corporate Foresight eine langfristige
Perspektive hat (Kuhn, Ruff 2007, S. 305).
Neben seiner Rolle im Issues Management sowie im Rahmen des
Corporate Foresight kann Online-Monitoring unter anderem dem Be-
obachten von Wettbewerbern dienen. Sowohl für Verbraucher wie für
ein Unternehmen selbst sind Informationen zu Konkurrenzanbietern
im Internet so einfach und umfangreich auffindbar wie noch nie. Hier
spielen Suchmaschinen im Online-Alltag nahezu aller Nutzer eine be-
sondere Rolle, weshalb Suchmaschinenoptimierung und Online-
Monitoring Hand in Hand gehen sollten. Dies führt zu einem vierten
wichtigen Anwendungsbereich des Online-Monitorings, der Evaluation
von Kommunikation. Hierbei ist zu beachten, dass Online-Monitoring
nicht allein der Ergebniskontrolle von Kommunikationsmaßnahmen
dient, sondern kontinuierlich erfolgen sollte, um auf aktuelle
Diskussionsstränge gegebenenfalls reagieren zu können.
Dass Internet Monitoring schon seit einiger Zeit als wichtiger Be-
standteil der Online-Kommunikation wahrgenommen wird, zeigt bei-
spielsweise die Studie Euroblog 2007: Nur 28 Prozent von 499 befrag-
ten PR-Managern gaben an, kein systematisches Monitoring von Websi-
tes zu betreiben (Zerfaß, Sandhu März 2007). 20 Prozent der Befragten
haben zum Monitoring Dienstleister beauftragt, 14 Prozent haben eige-
ne Tools zum Monitoring entwickelt. Daraus ist zu schließen, dass ein
großer Teil der Unternehmen beim Online-Monitoring auf Instrumente
zurückgreift, die im Internet frei verfügbar sind.
Für die Planung von Online Monitoring ist die Auseinandersetzung
mit Themenkarrieren im Netz ein erster sinnvoller Schritt. Aufgrund
der Multifunktionalität des Internet können Issues in den unterschied-
lichsten Arenen virtueller Öffentlichkeit entstehen. Manche dieser Are-
nen sind zunächst verhältnismäßig klein und wenig vernetzt, andere
genießen aufgrund ihrer Vernetzung eine intensive Wahrnehmung.
Beides kann zum Beispiel für klassische Foren wie auch für Social Soft-
ware gelten, die jedem Nutzer auf einfache Weise das Erstellen bzw.
Publizieren von Inhalten erlauben. Dieser vormediale Raum (Eck, Pleil
2006) ist besonders schwer zu erfassen, denn er ist sehr groß, schwer
berechenbar und dynamisch. Vergleichen lässt sich der vormediale
Raum mit einem bevölkerten Marktplatz, auf dem ein Issue Bekannte,
die sich gerade begegnen, ins Gespräch bringt. Und womöglich springt
das Thema von Grüppchen zu Grüppchen. Online kann Ähnliches
beispielsweise in Foren, in Weblogs, in Social Networks oder auf spe-
ziellen Bewertungsportalen stattfinden. Kurz: Konstituierend für den
15
12. Thomas Pleil
vormedialen Raum im Internet ist der so genannte User Generated
Content. Hierbei handelt es sich also um Inhalte, die nicht von Medien-
unternehmen oder Organisationen bereitgestellt werden.
Dabei stellt der vormediale Raum verglichen mit den klassischen
Massenmedien zunächst keine breite Öffentlichkeit her. Stattdessen
existieren darin unzählige Mikroöffentlichkeiten. Möglicherweise wird
ein Thema nur von wenigen Akteuren wahrgenommen bzw. diskutiert.
Hierbei handelt es sich oft um das soziale Netzwerk eines Autors. Ins-
besondere für Veröffentlichungen in Social Networks (z.B. Facebook),
auf Mikroblogplattformen (z.B. Twitter) oder in Weblogs und Podcasts
gilt dies häufig. Anders verhält es sich jedoch bei Veröffentlichungen
auf Bewertungsplattformen bzw. in Online-Shops: Ihr Sinn ist, dass
diese für thematisch Interessierte möglichst gut zugänglich sind.
Möglicherweise steht also im vormedialen Raum ein Issue am Anfang
seiner Themenkarriere (Pleil 2009b, S. 51). Ob dies tatsächlich geschieht
bzw. wie wahrscheinlich ein im vormedialen Raum auftauchendes Issue
Verbreitung findet, ist schwierig abzuschätzen. Die Analyse des Publika-
tionsortes (also z.B. des betreffenden Weblogs) und seiner Vernetzung
kann helfen, die Verbreitungswahrscheinlichkeit abzuschätzen bzw.
Szenarien dazu zu entwickeln. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass
neben der Vernetzung eines Publikationsortes bzw. eines Akteurs im
Social Web auch andere Faktoren eine mögliche Verbreitung von Issues
beeinflussen. Hierzu lassen sich neben Nachrichtenfaktoren, wie sie aus
dem Journalismus bekannt sind, vor allem sozialpsychologische Fakto-
ren wie persönliches Involvement heranziehen. In diesem Zusammen-
hang ist auch der David-/Goliath-Effekt (Pleil 2009a) bzw. der Strei-
sand-Effekt (Canton 2005) zu sehen: Demnach kann der Versuch, eine
Information aus dem Internet zu entfernen (z.B. mit juristischen Mit-
teln) zu einer gegenteiligen Wirkung führen. Dies kann insbesondere
entstehen, wenn in der Wahrnehmung von Beobachtern Mächtige ge-
gen machtlose Einzelpersonen vorgehen und hieraus Solidarisierungsef-
fekte mit „den kleinen Leuten“ entstehen.
Aufgrund der weiten Zugänglichkeit und der dauerhaften Auffind-
barkeit aller Informationen im Internet durch Suchmaschinen ist die
Wahrscheinlichkeit der Verbreitung eines Issues jedenfalls grundsätzlich
gestiegen. Neben inhaltlichen Kriterien (Nachrichtenwerte) und emoti-
onalen Fragen (z.B. Involvement) spielt hierbei vor allem der Vernet-
zungsgrad der Akteure eine Rolle. Die Vernetzung wird damit zum
Leitmotiv der Internetkommunikation – nicht nur auf technischer oder
hypertextueller Ebene, sondern auch auf der interaktional-sozialen Ebe-
16
13. Web-Monitoring
ne (Bucher et. al. 2008, S. 44). Eine besondere Rolle spielen so genann-
ten Knoten (z.B. Castells 2006, S. 443). In der Netzwerktheorie werden
so Mitglieder eines Netzwerkwerkes bezeichnet, die aufgrund ihrer
Präsenz und Vernetzung Informationsströme verstärken und lenken
können, beispielsweise durch ein viel gelesenes und verlinktes Weblog
oder durch die in Twitter sehr verbreiteten Lesetipps. Solche Akteure
können als die neuen Meinungsmacher (Zerfaß, Boelter 2005) im Inter-
net bezeichnet werden. Sie sind es typischerweise, die auch die Brücke
schlagen können zu einer breiteren Medienöffentlichkeit. Denn Themen
können sich nicht nur zwischen Mikroöffentlichkeiten innerhalb des
vormedialen Raumes verbreiten, sondern auch den Weg in die Massen-
medien finden. Dies gilt umso mehr, je häufiger journalistische Recher-
che im Internet beginnt. Umgekehrt greifen Akteure des vormedialen
Raumes auch Medienberichte auf und sorgen somit unter Umständen
für eine weitere Verbreitung eines Issues.
Zusammenfassend ist klar: Wo Gespräche stattfinden, bilden sich
Menschen Meinungen. Und oft beginnt heute die Meinungsbildung im
Internet. Dies gilt nicht nur für Konsumenten, sondern auch für prak-
tisch alle anderen Stakeholder wie Investoren, Bewerber, Politiker, Ver-
treter von NGOs oder Journalisten. Online-Monitoring ist aus Sicht
kommunizierender Organisationen deshalb der erste logische Schritt des
Online-Kommunikationsmanagements. Anders ausgedrückt: Online-
Monitoring ist organisationales Zuhören. Und Zuhören ist Vorausset-
zung für die Teilnahme an einem Gespräch. Online-Monitoring spielt
damit vor allem für die Entwicklung von Kommunikationsstrategien
eine wichtige Rolle. Systematisch ins Unternehmen integriert, kann es
jedoch auch andere Aufgaben unterstützen. Eine hohe Suchqualität
ohne die Produktion von Informationsfluten ist hierbei eine der großen
Herausforderungen. In gewisser Hinsicht ist Internet Monitoring aller-
dings schwer von aktivem Kommunikations- und Beziehungsmanage-
ment trennbar. Denn viele Themen werden nur sichtbar, wenn Kom-
munikationsmanager aktive und akzeptierte Mitglieder relevanter sozia-
ler Netzwerke sind, so wie sie sich besonders in Social Networks, aber
auch in (Micro-)Blogging-Communties manifestieren. Hinzu kommt,
dass ein gut gepflegtes soziales Netzwerk die in der Online-Welt oft
vermisste Themenfilterung bis zu einem gewissen Grad bieten kann.
17
14. Thomas Pleil
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