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SUITE
DER KÜCHEN-PASS
Ein Abend hinter den Kulissen
eines Vier-Sterne-S-Hotels
DER KÜNSTLER
Ein Star am Herd, der
kein Starkoch sein will
DER SELBSTVERSUCH
Ein Mann will schöner werden –
in der Kosmetikabteilung
DER WANDERSMANN
Ein Bergbauernsohn macht
Karriere im Lindenhof
SEITE 03 SEITE 04 SEITE 09 SEITE 10
„Es wird Zeit, dass es wieder los geht“, sagt der Ho-
telchef Joachim Nischler – und auch seine 55 Mitar-
beiter freuen sich auf den Startschuss am 15. März.
In diesen Wochen haben sie Handbücher auswendig
gelernt, Rollenspiele geübt, die Philosophie des
Hauses in Fortbildungskursen verinnerlicht und
dem Lindenhof den letzten Schliff gegeben. Das
Team will dem Gast 2015 noch mehr bieten als im
vergangenen Jahr. Und 2014 gab es schon als Lohn
den HolidayCheck-Award für Wellness.
Michaela Toll und Attila Tamas lassen
sich das Hotel zeigen. „Unser Blütenwhirlpool
ist neu. Hier haben wir jetzt 35 Grad, und Sie
können immer und überall darin sitzen“, sagt
Martin Gapp. Er spricht deutlich und sieht
seiner Kollegin Michaela und dem Kollegen
Attila dabei in die Augen. „Und welche Tem-
peratur hat das Schwimmbecken im Freien?“,
fragt Attila süffisant lächelnd und wohl in der
Hoffnung, seinen Gegenüber aus dem Kon-
zept zu bringen. „28 Grad – und von morgens
sieben bis abends um acht können Sie schwim-
men“, antwortet Martin, der die Zwei an die
Bar begleitet – zum Begrüßungsdrink.
Es ist ein Rollenspiel von vielen, das zur Zeit
im Hotel Lindenhof in Naturns geübt wird.
Michaela und Attila aus dem Serviceteam wa-
ren die Gäste, die gerade eingetroffen sind,
Martin von der Rezeption hat die Begrüßung
übernommen. „Unsere Mitarbeiter sind die
Botschafter des Hauses. Da muss jedes Wort
und jeder Handgriff stimmen“, sagt der Hotel-
chef Joachim Nischler vor allem deshalb, weil
auch in der Hotellerie der erste Eindruck der
Entscheidende ist. „Du bekommst keine zwei-
te Chance“, erklärt er seinem Team.
Joachim Nischler ist ein Perfektionist. Das
spüren seine Mitarbeiter vor allem in den Wo-
chen vor der Saisoneröffnung. Da leitet er
Schulungen, lädt Tourismusexperten ein, und
da holt er sich auch schon mal die Experten
von Life Kinetik ins Haus, die viele Spitzen-
sportler wegen der mentalen Stärke zu Rate
ziehen. Der deutsche Skistar Felix Neureuther
zum Beispiel schwört darauf. In Naturns ha-
ben die Herren vor Zimmermädchen, Rezep-
tionisten, Köchen, Hausmeister und Service-
Personal in spielerischer Form erklärt, wie das
Gedächtnis am effektivsten arbeitet. „Solche
Themen sind auch für einen spannend, der
schon 15 Jahre im Job ist“, sagt der Service-
Leiter Helmut Stieger.
Nischler will seine 55 Mitarbeiter („Mein
wichtigstes Kapital“) nicht nur fachbezogen
weiter bilden. „Sie sollen bei uns auch Dinge
lernen, die sie als Mensch weiter bringen“, sagt
der Hotelchef, der alles versucht, um zufrie-
dene Angestellte zu haben: Da ist das Team-
haus mit 25 großen Zimmern plus Balkon, da
gibt es Vergünstigungen bei Einkäufen, und
da darf jeder mit Begleitung auch die Gour-
metküche oder das Frühstücksbuffet im Hotel
genießen. „Auch ein Zimmermädchen sollte
wissen, wie es bei uns beim Abendmenü zu-
geht“, sagt die für die Etage zuständige Ge-
schäftsführerin Lorella Lorenza Longhitano,
und ihr Partner Joachim Nischler sagt: „Wenn
ich mich entscheiden muss, investiere ich lie-
ber in die Mitarbeiter als ins Hotel. Sie tragen
eindeutig zum Dolce Vita unserer Gäste bei.“
Für sie haben Lorella und Joachim Handbü-
cher geschrieben, die jährlich aktualisiert wer-
den. Rezeption, Küche, Service, Beauty, Eta-
ge, Technik – alle bekommen spezifische
Verhaltensregeln. Abteilungen werden einzeln
und zusammen geschult – und jeder muss sich
an die 13 Regeln halten, die darin gipfeln, dass
„ihr euch bitte um Gäste kümmert, wenn ihr
seht, sie machen kein glückliches Gesicht“.
Selbst für einen alten Hasen wie Alex Panin,
seit elf Jahren Chef de Rang, ist diese Vorbe-
reitungszeit die entscheidende im Jahr. „Hier
wird die Richtung vorgegeben, und jeder weiß,
was wichtig ist. Und wichtig ist: bei uns gibt es
keine Einzelspieler, sondern nur ein Team.
Das Team wartet jetzt nur noch auf die Gäste.
Die notwendigen Verschönerungsarbeiten
sind abgeschlossen, die alten Mitarbeiter sind
motiviert, die Neuen integriert – und die Zim-
mer bezugsfertig. „Es wird Zeit, dass es los
geht“, sagt Joachim Nischler – und Helmut
Stieger spricht nach dem Trainingslager für
alle Kolleginnen und Kollegen. „Unser Sai-
sonziel ist klar: wir wollen die Besten sein –
und in der Champions League arbeiten!“
„WIR BLEIBEN IN
DER CHAMPIONS
LEAGUE…“
NACH DEM TRAININGSLAGER IST DAS ZIEL KLAR
Wie sich das Lindenhof-Team auf die Saison vorbereitet hat – und
warum der Hotelchef sagt: „Die Mitarbeiter sorgen für’s Dolce Vita“
DIE RENNRADWOCHE:
Das Highlight für alle Rennrad-
fahrer: die „Limited Edition“ mit
Jan Ullrich. Der deutsche Tour
de France-Sieger kommt vom 11.
Juli bis 18. Juli in den Lindenhof
- und Hotelchef Joachim Nischler
bietet einer limitierten Teilneh-
merzahl eine Rennradwoche mit
seinem Freund Jan Ullrich an.
Keine Sorge: auch mit 41 ist der
Mann noch topfit.
DIE TRAIL-WEEK:
Früher als anderswo können Sie
als Lindenhof-Gäste die Trails
mit Ihrem Mountainbike und mit
absoluten Experten unsicher
machen: „Ötzi Bike Cross
Country Trail-Week“ findet vom
11. April bis 19. April statt. Die
Guides der Ötzi Bike Academy
und der Ex-Nationaltrainer der
Schweizer Biker, Urs Graf, beglei-
ten Sie auf den Touren durch die
Südtiroler Berge.
DIE BELLICON-WOCHE:
Das Lindenhof-Team startet mit
viel Schwung – und Schwung ist
auch das Thema der Eröffnungs-
woche! Kennen Sie Bellicon?
Bellicon ist ein sanftes Training
– auf einem speziellen Bellicon-
Trampolin. Manuel Eckardt,
Geschäftsführer von pur-life.de,
trainiert vom 15. bis 21. März mit
den Gästen und gibt Tipps und
Tricks für ein effektives Workout
auf dem Trampolin.
Die Lindenhof-Rezeption
erreichen Sie bis zum 14. März
von Montag bis Samstag
von acht Uhr bis 20 Uhr, von
15. März an sind wir täglich
von sieben bis 22 Uhr für Sie
erreichbar. Telefon:
0039 0473 666242
oder unter info@lindenhof.it
DAS SPORTPROGRAMM
FIT
FITTER
LINDENHOF
1
2
3
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G1. AUSGABE SEITE 01
FRÜHJAHR2015
Schon vor 20 Jahren hat Werner Nischler das Hotel Lindenhof
seinem Sohn übergeben – und sich ins zweite Glied gestellt. „Es
kann nur einen Chef geben“, sagt der 74-jährige Werner Ni-
schler, und der 45-jährige Joachim Nischler sagt: „Wichtig ist
für mich und unsere Gäste aber immer noch, dass wir ein Fa-
milienbetrieb sind.“ Ein Gespräch zwischen jung und alt.
Werner: „Ein Gespräch für unsere Hotelzeitung? Eine
Hotelzeitung. Was willst Du denn noch alles anfangen?“
Joachim: „Unsere Stammgäste müssen das ganze Jahr
über informiert bleiben, sie sollen wissen, was im Lin-
denhof passiert, auch wenn sie nicht hier im Urlaub sind.
Die Zeiten haben sich geändert. Kundenbindung nennt
sich das, Papa.“
Werner: „Kundenbindung? Früher hat dafür eine große
Portion auf dem Teller ausgereicht (lacht). Aber stell
mich nicht immer als den ewig Gestrigen hin. Ich weiß,
dass sich die Ansprüche der Gäste verändert haben, nicht
nur, aber vor allem beim Essen. Und ich weiß schon, was
Du geleistet hast.“
Joachim: „Das hört sich ja nach einem Kompliment an.“
Werner: „Na, ja. Man muss schon sagen, dass Du immer
das Gespür dafür hast, was der Gast morgen will. Und
vielleicht ergänzt sich das ja sogar. Ich bin der Alte und
der Zeit hinterher, Du der Junge und der Zeit voraus –
und deshalb stimmt’s immer in der Gegenwart. “
Joachim: „So jung bin ich auch nicht mehr ...“
Werner: „Es war schon richtig, Dir im Alter von 26 Jahren
das Hotel zu übergeben. Wenn man jung ist, hat man eine
Freude daran, was zu gestalten. Da kann man dann auch
mal eine Hotelzeitung machen und sie ... wie nennen?“
Joachim: „Suite, Papa, einfach Suite.“
Werner: „Von mir aus. Einer muss der Chef sein und ent-
scheiden. Ich finde es furchtbar, dass 80-Jährige heute
noch glauben, Sie müssten ihre Firma leiten – obwohl der
Sohn oder die Tochter schon 60 sind.“
Joachim: „Aber immer warst Du mit meinen Entschei-
dungen auch nicht glücklich.“
Werner: „Das stimmt nicht. Schwer war es für mich nur
2003/2004, als Du komplett umgebaut und vieles vom Al-
ten abgerissen hast. Das war ein harter Winter für mich,
ich wollte es eigentlich gar nicht sehen und bin damals
bewusst oft nicht in Naturns gewesen.“
Joachim: „Und nachher warst Du der Erste, der mir gra-
tuliert hat. Das werde ich nicht vergessen, wie Du damals
zum ersten Mal ins umgebaute, moderne Hotel gekom-
men bist und begeistert warst.“
Werner: „Es hat mir wirklich gefallen. Und ich fand es
gut von Dir, dass Du alles mit Leuten aus der Gegend
gebaut hast, dass Du sogar auf die Materialien geachtet
hast: Holz aus Naturns, Schiefer, Granit von hier. Einem
alten Bauunternehmer hat das gut getan – und ich hab mir
gedacht: Der Junge hat doch was von mir gelernt.“
Joachim: „Du weißt, dass ich einiges von Dir gelernt
habe. Trotzdem hat mich dieser Umbau auch manche
schlaflose Nacht gekostet. “
Werner: „Das ist mir klar gewesen. Ganz ehrlich: ich
möchte mit Dir auch nicht tauschen. Ich weiß, was das
bedeutet – Hotelchef zu sein, 55 Mitarbeiter zu führen,
sich mit den Behörden rumzuschlagen und es allen Gä-
sten recht machen zu wollen. Das ist verdammt arbeitsin-
tensiv. Für Dich und Deine Frau. Das Familienleben lei-
det unter solch einem Arbeitspensum.“
Joachim: „Es gibt nichts Spannenderes, als ein Hotel zu
führen. Das brauche ich Dir nicht zu sagen. Du hast doch
sogar neben Deinem Baugeschäft den Lindenhof aufge-
baut. Tagsüber Baugeschäft, morgens und abends Hotel.“
Werner: „Da hatten wir 25 Zimmer, das kannst Du nicht
vergleichen mit Deinem Luxushotel, in das Du immer
weiter investierst. Ich weiß ja, dass Du Dir immer Gedan-
ken machst, wenn mal ein Gast nicht ganz zufrieden ist.“
Joachim: „Es ist auch Dein Hotel. Für mich und die Gä-
ste ist es wichtig, dass wir ein Familienbetrieb sind. Du
hast angefangen zu investieren – und Du bist heute noch
ein wichtiger Teil. Du begrüßt abends unsere Gäste ...“
Werner: „... und sage ihnen das, was Du willst.
Joachim: „... leider sagst Du ihnen das nicht immer. Du
erzählst ihnen meistens das, was Du willst. Obwohl wir
eine klare Philosophie haben, wie wir was erklären.“
Werner: „Du und Deine Philosophie.“
Joachim: „Die ist wichtig. Ein Hotel braucht eine Philo-
sophie. Wir haben sie ganz bewusst zusammen mit Ex-
perten erarbeitet. Wir wollen alle hier für unsere Gäste
das Dolce Vita leben. Sie sollen bei uns entschleunigen,
genießen, sich verwöhnen lassen. Und deshalb müssen wir
diese Philosophie auch alle umsetzen, die ganze Familie
und die Mitarbeiter. Nur dann spüren sie die Gäste.“
Werner: „Ich bin nur alt, nicht blöd. Ich habe das schon
verstanden. Und ich finde das ja auch super, wie Du Deine
Mitarbeiter schulst, wie Du die Handbücher schreibst,
was sie zu tun und zu lassen haben und wie Du dafür
sorgst, dass wir mit einem einheitlichen Bild vor den Gä-
sten auftreten. Dass die Gäste spüren, hier wollen alle,
dass es uns gut geht. Das ist heutzutage wichtig.“
Joachim: „Und das aus Deinem Mund ...“
Werner: „Einmal in 25 Jahren kann ich Dich auch loben.
Vielleicht streiche ich es wieder raus, wenn ich es dann
schwarz auf weiß in Deiner neuen Hotelzeitung lese. Wie
heißt die noch mal?“
Joachim Nischler ist nicht nur
leidenschaftlicher Hotelchef,
sondern auch sehr engagiert in
Sachen Tourismus in Naturns.
Mit Lorella hat er zwei Töchter:
Chiara, 20, und Emma, 18. „Mal
sehen, ob sie später ins Hotel
einsteigen“, sagt er. Nischler ist
begeisterter Sportler und fährt
heute vor allem Rad. Außerdem
engagiert er sich in der Fuß-
ballszene: Er besitzt Anteile am
Drittligisten FC Südtirol.
Werner Nischler begrüßt auch
mit 74 Jahren noch jeden Abend
zusammen mit seiner Frau Doris
die Gäste beim Abendessen. Frü-
her leitete er ein Baugeschäft,
das er 1997 verkaufte. Nischler
senior hat den Lindenhof auf-
gebaut. „Eigentlich habe ich das
Baugrundstück gekauft, um ein
Privathaus zu bauen. Doch als
hier im Vinschgau der Tourismus
begann, haben wir uns anders
entschieden“, sagt er.
BRAUCHT EIN HOTEL
EINE PHILOSOPHIE ODER
GROSSE PORTIONEN?
DOPPELINTERVIEW
Nischler junior und Nischler senior reden über die Kunst, ein
Hotel zur Zufriedenheit aller Gäste zu führen
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 02HAUSPOST
Joachim (links) und sein Vater Werner: „Der Junge
hat doch was von mir gelernt...“
Während die Gäste in einem der drei Speiseräume im Hotel
Lindenhof in aller Ruhe und Entspanntheit Wein und Essen
auswählen, beginnt in der Küche der größte Stress des Tages.
Nur mit einer ausgeklügelten Logistik lässt sich hier auf knapp
250 Quadratmetern die Zeit zwischen 19 und 22 Uhr mei-
stern. 600 Teller für 120 Gäste gehen in weniger als drei Stun-
den über den sogenannten „Pass“. Und im Mittelpunkt steht
die Hotelchefin.
„Zwei Suppen, einen Drink für Tisch 14“, sagt Jan
zu Lorella – und die Hotelchefin notiert auf einem vorbe-
reiteten großen Blatt Papier, das an der Wand hängt, die
erste Bestellung des Abends.
Es ist 19.15 Uhr. Der ganz normale Wahnsinn beginnt in
der knapp 250 Quadratmeter großen Küche im Hotel Lin-
denhof. Wie an sechs anderen Tagen in der Woche steht
Lorella Lorenza Longhitano am sogenannten „Pass“, der
Küche und Service verbindet. Sie ist die Einzige, die mit
den sechs Köchen in den nächsten Stunden kommunizie-
ren wird, jede Bestellung läuft über sie, jede Essensausgabe
wird von ihr im „Pass“ gesteuert und kontrolliert. „Ich
mag mir gar nicht vorstellen, was das für ein Zirkus wäre,
wenn jeder Ober seine Bestellung direkt beim Koch or-
dern würde“, sagt die Frau, die am Abend wohl den an-
strengendsten Job hat, auch wenn diese knapp drei Stun-
den von allen Beteiligten höchste Disziplin erfordern.
„Tisch 18 möchte lieber eine Leberknödelsuppe – und
zwei Mal Wellnessdrink“, ruft ihr Kellnerin Lea zu – und
Lorella wischt noch einmal über die Teller mit den zwei
Schaumsüppchen von Rosmarin und Parmesan, die seit
vielleicht zehn Sekunden unter den fünf großen Wärme-
lampen warten. „Die zwei Suppen an Tisch 32“, sagt sie –
und Lea nimmt sie sofort mit.
Es ist 19.45 Uhr. Vor der Schiebetür stehen immer mehr
Gäste am Salatbuffet – und im Meran-Speisesaal überlegt
Frau Glaser an Tisch 12, ob sie jetzt nach dem Wellness-
drink aus Buttermilch und Passionsfrucht als warme Vor-
speise lieber die Paarlbrotpappardelle mit einem Ragout
von der Spanferkelkeule und einem leichten Kümmel-
schaum oder den gebackenen Ziegenfrischkäseknödel auf
einem Kürbischutney und frischen Feigen bestellen soll.
„Der Gast kann sich bei uns von Gang zu Gang entschei-
den“, sagt Lorella und weiß: Für die da draußen ist das
sehr angenehm, für die hier drinnen verursacht es er-
schwerte Bedingungen.
„Zweimal Pappardelle für Tisch 12“, sagt Helmut im Vor-
beigehen in Richtung Spülraum, wo er das schmutzige
Geschirr abstellt. Lorella lässt Helmut noch kurz auf die
nächste Servicekraft warten, damit die sieben Hauptspei-
sen an Tisch 44 in der Stube gleichzeitig serviert werden
können. „Manchmal verstehen Gäste nicht, warum nicht
immer der gleiche Kellner zu ihnen an den Tisch kommt.
Aber das ist bei unserem System mit der Wahl von Gang
zu Gang gar nicht anders möglich“, sagt der Service-Lei-
ter Helmut Stieger.
Es ist 20.15 Uhr. Absolute Primetime. Acht Servicekräfte
rennen rein (mit schmutzigem Geschirr) und raus (mit
dem besten Gourmetessen), sechs Köche schwitzen und
haben keine Zeit, auch nur ein Wort zu reden – und der
große Zettel von Lorella ist weit über die Hälfte gefüllt.
Die ersten Tische sind durchgestrichen, was bedeutet: Es-
sen vollständig serviert. „Beim Umbau der Küche haben
wir uns dieses System überlegt“, erzählt Lorella. Von der
Schiebetür in die „öffentliche Welt“ führt ein langer
Gang nach hinten. Nach fünf Metern kommt der Platz
von Lorella, drei Meter weiter ist die Spüle. Auf der ande-
ren Seite des Ganges führen vier Bahnen nach vorne – zu
der Ablage mit den Wärmelampen. Auf Bahn 1 arbeitet
der Suppenkoch, auf Bahn 2 werden die warmen Vorspei-
sen zubereitet. Auf Linie 3 sind die Souschefs bei der Ar-
beit, die sich um die Hauptspeisen kümmern. Und durch
eine Wand abgetrennt hat der Patissier sein eigenes Reich.
„Zweimal Ente und einmal Zander für Tisch 32. Aber erst
in 15 Minuten“, sagt Monika – und man merkt allen an,
dass sie wohl nur noch draußen in den Speiseräumen bei
den Gästen die Kraft zum Lächeln haben.
Es ist 20.45 Uhr. Lorella sagt, sie habe das schon im Ge-
spür mit den zehn oder 15 Minuten Wartezeiten und
streicht Tisch 5 durch, nachdem Lea das Dessert durch
die Schiebetür jongliert. Seit acht Uhr heute Morgen ar-
beiten die Köche. Bis zur Pause um 13.30 Uhr hatten sie
den Großteil des Menüs vorbereitet und eine Etage tiefer
im „Magazin“ in Gefrier- und Trockenfächern gelagert.
„Während der Essensausgabe sollte jeder von uns nicht
mehr als zehn Handgriffe machen müssen, sonst wird’s
eng“, sagt der Chefkoch Andreas Pircher. Die Pappardelle
liegt portionsweise gebündelt vor dem sprudelnden Was-
sertopf, 40 fertig gegarte Entenbrüstchen warten im 40
Grad warmen Ofen auf die Erlösung, Sauce und Beilage
stehen in einem ausgeklügelten System auf Bahn 2 und 3.
„Wir haben unsere Erfahrungswerte, wie viele Enten-
brüstchen wir brauchen werden. Und wenn die dann mal
eine knappe Stunde im Wärmeofen sind, schmecken die
wie komplett frisch zubereitet“, sagt Pircher.
Es ist 21.30 Uhr. „Dreimal Ente für Tisch 11, einmal Zan-
der“, sagt Jennifer – und zum ersten Mal herrscht wieder
ein Lächeln zwischen der „Pass“-Frau Lorella und dem
Chefkoch Andreas. Vier Mal Ente hätte nicht gereicht.
„Wir hatten geglaubt, dass die Kinder wie üblich Wiener
Schnitzel bestellen. Aber heute haben sie fast alle Ente ge-
gessen“, sagt Lorella. Die braunen Augen der Italienerin,
die einen sonst so feurig anschauen, blicken müde in die
Runde. Langsam ist der Tag gemeistert, die ersten drei
Bahnen werden geputzt, nur der Patissier Josef Martin hat
noch ein paar Portionen und Handgriffe vor sich. Und
Lorella sucht noch einen Ober, der das Dessert an Tisch
24 bringt. „Durch den Pass ist auch diese Rivalität raus,
die doch früher oft in den Küchen zwischen Service- und
Kochteam herrschte“, sagt Lorella.
Jan kommt und holt das letzte Dessert bei Josef Martin ab,
der schon verzweifelt auf jemanden vom Service gewartet
hat. „Ich könnte auch Koch sein“, sagt Jan augenzwin-
kernd zu Josef Martin – und der antwortet. „Zu mir hat
man früher gesagt: Lern erst mal Koch, Kellner kannst
du immer noch werden.“
Es ist kurz nach 22 Uhr. Service und Küche melden sich
wieder zurück ins Leben.
„TISCH 18 MÖCHTE
LIEBER EINE
LEBERKNÖDELSUPPE“
LORELLAS GANG
Ein Blick hinter die Kulissen: Wie der ganz normale Wahnsinn bei einem
ganz normalen Abendessen am „Pass“ in der Küche funktioniert
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 03
Lorella Lorenza Longhitano hat ihren Partner Joachim
Nischler in Corvara im Sternelokal „La stüa de Michel“ kennen-
gelernt. Seit 22 Jahren lebt sie jetzt in Naturns und ist im
Lindenhof für die Bereiche Etage, Beauty und für den „Pass“ in
der Küche zuständig. Aufgewachsen ist die Italienerin in dem
Quartiere Baggio, in dem auch das San Siro-Stadion von Inter
Mailand beheimatet ist – und zwar in der Via Val Senales. Der
Schnalstalstraße. Wenn das keine Vorbestimmung war…
Lorella hat alles im Blick – und sorgt dafür,
dass Tisch 32 die Ente in drei Minuten bekommt
Der „Pass“ in der Küche: die Hotelchefin steuert den Service und die
Köche – „was wäre das sonst für ein Zirkus?“
REPORTAGE
Angefangen hat Andreas Pircher mit 14, als Lehrling in einer
großen Küche. Heute ist er 39 und Chefkoch im Hotel Linden-
hof, dem von allen Gästen beim abendlichen Dinner Gourmet-
Niveau bescheinigt wird. „Früher musstest du in kürzester
Zeit große Portionen machen, heute arbeitest du kreativ an
verschiedenen Gerichten“, sagt Pircher und wundert sich selbst,
wie sich doch in relativ kurzer Zeit das Essverhalten der Men-
schen geändert hat.
Der Mann ist fertig. Fix und fertig. Das sieht man
ihm auf den ersten Blick an. Von acht bis 13.30 Uhr und
von 17 Uhr bis jetzt hat er gearbeitet, dabei die letzten
drei Stunden während des Abendmenüs unter absoluter
Hochspannung. Es ist halb elf, und er bestellt sich noch
ein Bier. „Und was wollen Sie jetzt von mir wissen?“, fragt
er leise – und es klingt so müde, dass es dem Fragesteller
sofort ein schlechtes Gewissen suggeriert.
Andreas Pircher ist keiner der Gourmetköche, die die
Öffentlichkeit lieben, die sich und ihre Künste zur Show
stellen. Die allen und jedem, ob sie es wissen wollen oder
nicht, das Geheimnis ihrer einzigartigen Rezepte entge-
genschleudern. Die keinem Journalisten aus dem Weg
gehen und jede Kamera schon aus einem Kilometer Ent-
fernung entdecken.
Pircher ist zweifellos ein Gourmetkoch. Aber Pircher will
kein Starkoch sein.
„Wir machen das im Team“, sagt er so bescheiden wie er
ist und winkt schnell seinen Stellvertreter Benny Perk-
mann heran. Doch auch der will nur nach Hause, kein In-
terview geben. Es war ein Stresstag – wie jeder Tag in der
Saison – und normalerweise fährt auch Andreas Pircher
um diese Zeit so rasch wie möglich zu seiner Frau nach
Plaus. Noch ein bisschen abschalten, dann schlafen. Um
acht Uhr am anderen Morgen geht es weiter.
Und doch: was im Laufe des Gesprächs passiert, wundert
selbst einen erfahrenen Journalisten. Der abgeschaffte
Mann, der am liebsten schon seit einer halben Stunde
zu Hause vor dem Fernseher schlafen würde, wird hell-
wach, erzählt mit einer aufgeweckten Stimme, schwärmt
mit blitzenden Augen, deutet mit schnellen Handbewe-
gungen. Wir reden über Essen, über Köche, über Küche
– es ist sein Thema, zu jeder Stunde. Und wahrscheinlich
könnte man morgens um vier an seinem Bett rütteln, und
Andreas Pircher würde sofort erzählen, warum er zum
Entenbrüstchen Portweinsauce serviert und welche Zu-
taten er verwenden will.
Die Küche ist sein Leben. Seit er 14 Jahre alt war. Obwohl
er es damals noch nicht wusste. „Ich hätte am liebsten
wieder hingeschmissen. Aber ich hatte ja keine Alterna-
tive“, sagt er. Er wollte nur eines – aus der Schule raus.
Weil dem Onkel das „Rössl“ in Rabland gehörte und er
einen Lehrling für die Küche suchte, war Andreas’ Weg
programmiert. Er schuftete von halb neun morgens bis
um vier mittags und von fünf Uhr nachmittags bis um elf
Uhr nachts. 300 Portionen galt es zu machen, mittags und
abends. „Ich war nur noch ein Strich in der Landschaft
und bin sogar mal zusammengebrochen“, erzählt er.
Es war eine andere Zeit. Der Chefkoch brüllte die Köche
an, die Köche die Lehrlinge – und wenn der Chefkoch
nicht da war, um mit Tellern zu werfen, warfen die Köche
mit Messern. So rau wie in der Küche damals waren die
Sitten nirgendwo anders. „Heute würden einen Tag spä-
ter die Eltern der Lehrlinge bei mir stehen, wenn es noch
so zugehen würde“, sagt Andreas Pircher. Doch: ob es
einfacher geworden ist, in der Küche zu arbeiten, will er
nicht sagen. „Damals gab es natürlich nur Bratkartoffeln,
Reis oder Nudeln zum Fleisch, und die einzige Abwechs-
lung war Rahm-, Paprika- oder schwarze Sauce. Heute
müssen wir kreativer sein, haben aber auch die besseren
Hilfsmittel.“ Mit einem Nadelstich kann er zum Beispiel
feststellen, ob das Fleisch auf den Punkt ist, mit dem Pa-
cojet kann er Tiefgefrorenes pürieren, ohne die vitalen
Nährstoffe oder die intensiven Aromen zu verlieren.
Das ist heute wichtig, weil in kürzester Zeit verschie-
dene Gerichte zum Gast sollen. „Die Leute wollen keine
großen Portionen mehr am Abend, sie wollen vor allem
Abwechslung, den besonderen Geschmack und frische
Zutaten“, sagt Andreas Pircher, dem diese Art der Küche
wesentlich mehr Spaß macht als die von früher. Hier ist
der Künstler gefragt, weniger der Koch. Zusammen mit
Benny Perkmann arbeitet Pircher zweimal in der Woche
den Speiseplan aus. „Wir schauen uns die Angebote der
Lieferanten an und lassen uns dann inspirieren.“ So ach-
ten die beiden auch darauf, dass sich zumindest die Zu-
taten oder Beilagen zu den Gerichten im Laufe der neun
EIN KÜNSTLER
AM HERD
CHEFKOCH ANDREAS PIRCHER
Das Berufsbild in der Küche hat sich im Laufe der Jahre verändert:
„Heute wollen die Gäste kreative Abwechslung und frische Zutaten“
Lagebesprechung: Pircher (links) und Perkmann
tüfteln am Speiseplan der nächsten Woche
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 04GOURMET
Nudelteig:
125g Weizenmehl
125g Hartweizenmehl
50g Bockshornmehl (evtl. durch Sieb
abseihen)
150g Eier (ca. 3 Stück)
1 Tl. Olivenöl
Käsefülle:
125ml Milch
125ml Sahne
100g Vinschger Bergkäse, gehobelt
10g Butter
10g Weizenmehl
Salz, Pfeffer
Kürbispüree:
500g Kürbis, geputzt und
klein geschnitten
Salz, Pfeffer
50g Butter
Zubereitung Nudelteig:
Alle Zutaten in einer Schüssel verrühren,
auf den Tisch geben und zu einem glatten
Teig kneten. In Klarsichtfolie einpacken
und eine halbe Stunde ruhen lassen.
Zubereitung Käsefülle:
Mit Mehl und Butter eine Mehlschwitze
herstellen. Die Milch und die Sahne in
einem Topf erhitzen und würzen. Einmal
aufkochen und in den Topf mit der
Mehlschwitze schütten. Unter ständigem
Rühren ca. 5 Min. kochen lassen. Den
gehobelten Bergkäse dazugeben, gut
vermengen und auskühlen lassen
(ca. 3-4 Stunden).
Zubereitung Kürbispüree:
Den geputzten und geschnittenen Kürbis
mit Salz und Pfeffer abschmecken, die
geschmolzene Butter dazugeben und
vakuumieren. In einen Dampfgarer geben
und ca. 30-40 Min. dämpfen, bis der
Kürbis weich ist. Noch heiß und evtl. mit
etwas Flüssigkeit (vom Vakuumsack)
aufmixen und abschmecken. Sie können
den geschnittenen Kürbis auch in einen
Topf mit Butter anziehen, würzen, mit ein
wenig Gemüsebrühe (oder Wasser)
aufgießen und zugedeckt weichgaren.
(Ohne Vakuumiergerät).
Fertigstellung:
Den Nudelteig mit der Nudelmaschine
dünn ausrollen und mit einem Ausstecher
rund ausstechen. Den halben Teig mit
Wasser bestreichen und in der Mitte die
kalte Fülle mit einem Spritzsack
daraufgeben. Das Nudelblatt zusammen
klappen und gut andrücken. Die beiden
Teigenden zusammendrücken und einen
Raviolo formen. Die Tortelloni in
Salzwasser bissfest kochen und mit heißer
Butter und Parmesan abschmelzen. Das
Kürbispüree auf einem Teller aufstreichen
und die Tortelloni darauf anrichten.
Name: Josef Martin
Alter: 51
Familienstand: ledig
Derzeitiger Aufenthaltsort: Hotel Lindenhof, Naturns
Ich gestehe: ich bin ein Martin-Opfer. Und ich finde, es ist höchste Zeit, damit an
die Öffentlichkeit zu gehen. Denn der Kampf, der sich jeden Tag in diesem Hotel
mit diesem Josef Martin abspielt, ist ein verzweifelter. Einer, der einem letztendlich
keine Chance lässt und jede Hoffnung auf die eigene Willensstärke raubt. In seiner
ihm eigenen subtilen Art gewinnt der Mann wohl jede Auseinandersetzung, sein
Gegenüber ist ihm stets machtlos ausgeliefert.
Jeden Tag hatte ich bis gegen 20.30 Uhr das Gefühl, das Duell mit Martin
gewinnen zu können. Jeden Tag so gegen 20.30 Uhr hatte ich es verloren.
Mandelcrostata mit Honignüssen und Mascarpone-Feigenvariegato, Herbstfrüchte
gratiniert, dazu Ribessorbet auf Moscatogranité, Schokoladensüppchen mit
weißem Mousse und Mandelcroûtons, Ziegenricotta-Küchlein an Torroneparfait
und Kumquatskompott – wie soll einer bei diesem vorsätzlich-süßen Bombarde-
ment seinem Ziel treu bleiben, heute bestimmt mal kein Dessert zu essen? Zumal
man als Gast spätestens nach dem zweiten Dessert weiß, dass dieser Josef Martin
in unverantwortlicher Weise genau auf die Geschmacksnerven seiner Kundschaft
zielt – und sie auch noch trifft wie kein anderer Patissier.
Das ist Vorsatz. Übler Vorsatz.
Wenn er sich donnerstags beim Dessert-Buffet auch noch den Gästen zum
direkten Zweikampf stellt, lächelt er, als könne er kein Stückchen Kuchen
versüßen. Er lässt die anderen angesichts des wahnsinnigen Angebots über
Kalorien witzeln, was man immer nur in höchster Verzweiflung tut und wohlwis-
send, dass dieser Windbeutel wieder das nächste Gürtelloch bedeutet – und er tut
so, als könne er das Wort Gewichtszunahme nicht mal buchstabieren. „Wenn Sie
sich morgen bewegen, ist das wieder weg“, sagt der Hotelchef, der Martin so in
unverantwortlicher Weise auch noch verteidigt.
Ja, und wenn ich mich nicht bewege? Und um 20.30 Uhr den Kampf wieder
verliere?
Es gibt keine Waage in den Zimmern im Lindenhof. Aus gutem Grund. So fehlen
mir die letzten Beweise gegen Josef Martin.
Aber wissen Sie, was das Schlimmste ist: Der Mann ist schlank. Richtig schlank.
Und ich?
Ich hole mir noch ein Stückchen von dieser Irish-Coffee-Torte – und ziehe die
Anklage zurück. Und die alte Jeans halt nicht mehr an.
Monate immer verändern. „Das sind wir schon unserer
eigenen Ehre schuldig, nicht alle drei Wochen die glei-
chen Menüs auf den Speiseplan zu schreiben“, sagt der
Chef über elf Köche.
Schon beim Erzählen merkt man ihm an, wie er sich auf
den nächsten Tag freut. Sie haben heute Süßkartoffeln
bestellt und wollen morgen kreativ an einer neuen Suppe
arbeiten. Mango, rote Zwiebeln, Chilly – weiß der Teu-
fel noch was der Mann alles aufzählt, was er da probieren
will. Und das Erstaunliche daran: die beiden Künstler-
Köche brauchen das Gericht gar nicht auf dem Ofen zu
machen und nachher zu testen, schon beim Aufschreiben
der weiteren Zutaten können sich Perkmann und Pircher
vorstellen, wie es fertig schmeckt. Das sei wichtig, sagt
Pircher, und es zeichne einen guten Koch auch aus.
Jetzt ist der Journalist müde, aber Andreas Pircher in
seinem Element. Von den Diätkursen berichtet er, die er
demnächst besuchen wird, weil auch diese Art des Ko-
chens immer wichtiger wird, von der Zeit zwischen den
Jahren, in denen er sich noch intensiver darum kümmern
kann, was die Konkurrenz so macht. „Es ist wichtig, auf
dem Laufenden zu sein.“ Deshalb sitzt er auch abends zu
Haus am Computer, wenn Frau und Kinder schon längst
schlafen, und schaut, was die anderen so auf Facebook po-
sten oder was es Neues in der Kochszene gibt.
Das Bier ist alle – und die private Frage, was er denn sonst
so treibe, holt den Mann urplötzlich wieder in die Mü-
digkeit zurück. Früher habe er viel Sport in seiner Frei-
zeit getrieben, aber heute würden ihn natürlich seine zwei
Kinder fordern. Und welche Fernsehsendungen sieht er?
Am liebsten Reportagen. Spiegel TV und so. Er schaut
auf die Uhr.
Soll doch Witzigmann von seinem Privatleben erzählen,
Andreas Pircher muss jetzt ins Bett.
EIN PIRCHER-REZEPT GAST-ANSICHTEN
BOCKSHORN-
TORTELLONI
GEFÜLLT MIT
VINSCHGER
BERGKÄSE, DAZU
KÜRBISCREME
ICH KLAGE AN
Andreas Pircher ist seit 1997 im Hotel Lindenhof,
seit zehn Jahren als Chefkoch. Gelernt hat er im „Rössl“ in
Rabland und auf der Landesberufsfachschule Savoy in Meran.
Bevor er in den Lindenhof kam, arbeitete er im Romantikhotel
„La Perla“ in Corvara. Pircher lebt in Plaus, ist 39 Jahre,
verheiratet und hat zwei Kinder: Raphael (5) und Josef (4).
Der Mann ist gefährlich. Aber Sie merken es nicht. Meist
lächelt er. Nicht aufgesetzt. Freundlich. Wie in der Colgate-
Werbung. Er hat grüngraue Augen der Marke „ich-kann-
keiner-Fliege-was-zuleide-tun“. Sie strahlen dich an. Er gibt
sich zurückhaltend, abwartend, freundlich. Keinesfalls auf-
dringlich. Er ist wahrscheinlich ein Frauentyp. Auch einer,
auf den die Schwiegermutter steht.
Und doch. Ich klage an.
In unserer nächsten SUITE-Ausgabe werden wir Ihnen den Patissier Josef Martin
und seine Kunst vorstellen.
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 05 GOURMET
„Der Star ist das Team“, sagt der Küchenchef
Andreas Pircher (rechts) – und testet zusammen
mit seinem Stellvertreter Benny Perkmann die
neuesten Gerichte
EINE LISTE ALLER STERNELOKALE IN SÜDTIROL
FINDEN SIE UNTER WWW.LINDENHOF.IT/BLOG
Lea serviert die Hauptspeise an Tisch 14 im Lindenhof. „Ein rosa Steak vom Rindszwischenrip-
penstück mit Lagrein-Sauce und Romanesco-Gemüse. „Ich wünsche Ihnen einen guten Appe-
tit“, sagt die Kellnerin – und Ingrid Hunger, die in ihrem Restaurant „Am Ödenturm“ in
Cham selbst in der Küche steht und vom Michelin schon mit dem Bib-Gourmand gewürdigt
worden ist, macht sofort den Experten-Schnelltest. „Ich fasse es nicht. Wie man jeden Tage bei
mindestens 130 Essen das Fleisch auf den Punkt gebraten hin bringt...“
Das Gastronomen-Ehepaar Ingrid und Ernst Hunger macht seit 30 Jahren
Urlaub in Südtirol. Nur die Prioritäten haben sich mit den Jahren verschoben. „Frü-
her sind wir wegen des beständigen Wetters gekommen, heute kommen wir wegen
der überragenden Küche“, sagt Ernst Hunger. Mit seiner Frau lässt er es sich abends
im Hotel-Restaurant schmecken („Ein unglaubliches Niveau“), mittags sind die zwei
gerne in den Sternerestaurants der Umgebung. „Die Dichte an guten Restaurants ist
gewaltig“, sagt Hunger. Tatsächlich sind im neuen Michelin-Gourmetführer noch
einmal zwei Sternerestaurants zu den bisherigen 18 dazugekommen: das Gourmetre-
staurant Alpes in Bad Schörgau und
das Restaurant Tilia in Toblach.
„Wahnsinn“, findet Hunger. „Und
in Deutschland gibt’s ja auch etliche
Sterneköche aus Südtirol.“
Die Hunger-Experten aus Deutsch-
land glauben, dass es dafür drei
Gründe gibt:
Erstens. „Für die Südtiroler sind Le-
bensmittel wertiger als sie es bei uns
sind“, sagt Ernst Hunger. Er führt
das auch darauf zurück, dass hier im-
mer noch viele Menschen ihre Nah-
rungsmittel selbst produzieren – und dadurch auch andere lernen, welche Arbeit hinter
guter Qualität steckt. „Ich glaube nicht, dass hier so viele Menschen Fleisch im Super-
markt kaufen wie bei uns“, sagt Ingrid Hunger. Ihr Mann weiß, dass in Deutschland
lieber in einen BMW oder Audi investiert wird und weniger in ein gutes Essen.
Zweitens. „Wo Wein angebaut wird, genießt man auch das Essen mehr“, sagt der
Gastronom. Tatsächlich ist Südtirol für seine Weine bekannt – und tatsächlich be-
stellen sich die meisten Gäste zum Südtiroler Essen auch Südtiroler Wein. Ingrid
Hunger: „Das passt einfach zusammen.“
Drittens. „Die jungen Köche in Südtirol sind ehrgeiziger und hungriger als unsere“,
sagt Ernst Hunger, dessen Sohn selbst unter anderem auch bei Sternekoch Christian
Jürgens gearbeitet hat. Heute steht er im „Ödenturm“ in Cham am Herd. Hunger
glaubt, dass in den Tälern von Südtirol viele junge Menschen in der Gastronomie
landen – und wissen, dass sie vor allem in der Küche Ruhm ernten können. Andreas
Pircher vom Lindenhof ist für die Hungers so einer, der ganz Großes leistet.
„Heute Mittag waren wir bei Sternekoch Hintner in Eppan“, erzählt das Ehepaar am
Abend, während Lea das Dessert im Lindenhof serviert. „Jetzt haben wir noch einen
glacierten Südtiroler Apfel in Honigsauce mit selbstgemachtem Vanilleeis“, sagt sie.
Ernst Hunger schnauft einmal tief durch. „Pullover und Hosen kann man sich ja auch
in Südtirol in jeder Größe kaufen“, sagt er.
HUNGERS
STERNEJAGD IN
SÜDTIROL
ESSEN IM URLAUB
Ein deutsches Gastronomen-Ehepaar über
die Küche und die Lebensmittel in und um
Naturns: „Ein unglaubliches Niveau“
Familie Hunger im Hotel Lindenhof: drei Gründe, warum
die Qualität des Essens in Südtirol besonders hoch ist
PUR SÜDTIROL
Sommelier Günther Hölzl und
Marketingexperte Ulrich Wallnö-
fer haben eines gemeinsam:
beide lieben gutes Essen und
erstklassige Produkte aus der
Region. Deshalb haben sie den
Genussmarkt „PUR“ in Meran
eröffnet, wo Bauern aus ganz
Südtirol ihre Produkte zu fairen
Preisen anbieten können. „Das
Konzept überzeugt mich“, sagt
Lindenhof-Koch Benny Perk-
mann. 90 Bauern verkaufen hier
ihre Produkte von Milch, Käse
über Wurst, Speck und Obst,
Wein bis zur Kosmetik. Man
muss nicht mehr von Bauernhof
zu Bauernhof fahren, um beste
und frische Qualität einzukau-
fen. „PUR Südtirol“ im Meraner
Kurhaus bietet alles unter einem
Dach - sogar ein Bistro, in dem
man alles probieren kann.
EINKAUFTIPPS
WAS BENNY
PERKMANN
EMPFIEHLT
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 06GOURMET
SENNEREI
ALGUND
Die Sennerei in Algund wird
täglich von 73 Bergbauern aus
Algund, Partschins und Naturns
mit frischer Milch beliefert.
Die Kühe weiden auf saftigen
Wiesen fernab vom Straßenver-
kehr, was natürlich die Logistik
nicht einfach macht. Aber Benny
Perkmann ist überzeugt: „Man
schmeckt den Unterschied in
der Milch.“ Die saubere Umwelt
in den Alpen zusammen mit
der natürlichen Produktion der
Milch liefern ein gesundes und
naturreines Ausgangsprodukt. In
der Sennerei wird die Milch dann
zu Quark, Käse, Joghurt und
Butter weiter verarbeitet, und
schließlich landen die Produkte
unter anderen in den Regalen
von PUR Südtirol. Auch auf den
Einkaufslisten der Lindenhof-
Köche stehen Produkte der
Algunder Sennerei.
KRÄUTERSCHLÖSSL
IN GOLDRAIN
Wer schon mal durch den Vinschgau
gefahren ist, hat sicherlich bei der
Ortschaft Goldrain das sonnengelbe
Schlösschen entdeckt, das „Kräu-
terschlössl“. Rund um das Schloss
liegen Kräuter- und Blumenfelder.
Es ist der ganze Stolz der Familie
Gluderer, die die angepflanzten
Kräuter in Eigenarbeit zu Quali-
tätsprodukten veredelt. Kräuter-
Teemischungen, Heilsalben,
Kosmetikprodukte und Nudeln
kann man bei den Gluderers in
Goldrain kaufen. „Biologisch ein-
wandfrei“, sagt Benny Perkmann,
der auch öfters bei der Familie
vorbeischaut. Und einkauft.
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 07 GOURMET
Schon für Wolfgang von Goethe stand fest: „Das Leben ist zu kurz, um schlechten
Wein zu trinken“, schrieb er so gegen 1810. Und vielleicht hat der große deutsche
Dichter dazu beigetragen, dass es inzwischen Menschen wie Alex Panin gibt. Der
Chef de Rang im Hotel Lindenhof ist gelernter Sommelier und sorgt dafür, dass die
Gäste jeden Abend den richtigen Wein zum richtigen Essen bekommen.
Alex Panin ist alles andere als ein Alkoholiker – und trotzdem hatte er
vor allem einen Grund, 2003 in den Lindenhof zu wechseln: den Wein. „Zu-
sammen mit Helmut Stieger habe ich 2002 den letzten Kurs zum Sommelier
gemacht – und bei ihm habe ich gemerkt, dass sein Hotelchef viel mehr Wert
auf gute Weine und auf beste Weinkenntnis legt als meiner“, sagt Panin. Jetzt
ist er seit gut zehn Jahren „Chef de Rang“ bei Joachim Nischler.
Der 44-jährige Panin war schon immer Weinliebhaber – obwohl er selbst
nicht so viel trinkt wie seine Gäste („Im Jahr verkaufen wir schon so 15.000
Flaschen“). Aber: er interessiert sich vor allem für die Philosophie der ver-
schiedenen Weine, für die Herkunft, für die Charakteristik. Er interessiert
sich dafür, warum der eine Wein gut zu einem gedünsteten Fisch passt und
der andere besser zu einem gegrillten. „Früher wären wir bei der Prüfung
durchgefallen, wenn wir behauptet hätten, dass man auch einen Rotwein
zum Fisch trinken kann“, sagt Panin, der die Entwicklung sehr spannend
findet. Denn heute lässt man sich vom Koch vor allem die Zutaten zu den
Gerichten notieren – und entscheidet dann, welche Weinempfehlung es zu
welchem Gang im Lindenhof gibt. Und das kann dann durchaus auch mal
ein Weißwein zum Fleisch sein. „Wichtig ist, dass der Wein nicht zu domi-
nant ist gegenüber den Zutaten“, sagt Panin.
Mit Joachim Nischler, Helmut Stieger und Alex Panin gibt es im Lindenhof
gleich drei Herren des Weinkellers. Immer wieder lädt zum Beispiel Service-
Chef Stieger Gäste zur Verkostung der Weine ein – und erklärt Interessier-
ten alles über Südtiroler Rebsorten. Denn obwohl es im Hotel das Beste aus
Italien, Frankreich und Deutschland gibt und mehr als 600 Etiketten auf der
großen Karte stehen, entscheiden sich 80 Prozent der Gäste immer für den
Wein aus der Gegend. „Das freut uns sehr, weil es zeigt, dass die Südtiroler
Weine inzwischen mithalten können“, sagt Alex Panin. Dabei geht es mit
dem Weinbau in Südtirol erst langsam wieder voran, nachdem die meisten
Bauern jahrzehntelang mehr auf die Apfelernte als auf Rebsorten gesetzt ha-
ben. Im Moment gibt es pro Saison 5.300 Hektoliter Wein aus Südtirol. Zum
Vergleich: Apulien produziert 400.000 Hektoliter.
Vernatsch ist die Rebsorte, die in Südtirol am meisten angebaut wird,
aber Alex empfiehlt durchaus auch die anderen Trauben: Kerner, Weiß-
burgunder und Pinot Grigio bei den Weißen, Lagrein, Blauburgunder,
Merlot und Cabernet bei den Roten, wobei der Blauburgunder allein we-
gen der Farbe oft verwundert. „Er ist nicht so dunkel wie die schweren
Weine aus der Toskana. Aber er muss so sein. Wenn ein Blauburgunder
mal richtig rot ist, ist er aufgepeppt worden, nur um die Farbe kräftiger
zu machen“, sagt der Experte – und der Laie probiert den Roten, der
nicht rot aussieht, und ist angenehm überrascht.
„Es ist für uns immer ein großes Kompliment, wenn dem Gast unsere
Empfehlung schmeckt“, sagt Alex Panin, der den Wechsel in den Lin-
denhof nie bereut hat. „Hier habe ich mein Hobby Wein mit zum Beruf
machen können. Und hier lerne ich immer mehr, weil der Chef auch
Wert auf Fortbildung legt.“
Und weil die Gäste Wert legen auf die Herren, die sich mit dem Wein
auskennen...
DARF’S EIN
ROTWEIN ZUM
FISCH SEIN?
WEINVERKOSTUNG
Auch Sommeliers wie Alex Panin lernen immer dazu –
und so weiß er: Auf die Zutaten des Essens kommt es an
BATARD-MONTRACHET
2001
„Ich glaube, es ist der beste
Weißwein der Welt.
Anne-Claude Leflaive baut
seit 1997 biologisch-dyna-
misch an und lässt ihre
Chardonnay-Trauben in
Barrique-Fässern reifen, bis
sie den opulenten Pfirsich-Haselnuss-
Geschmack haben. Ich würde den Batard-
Montrachet 2001 zu einem komplexen Gericht
empfehlen – zum Beispiel zu einem Steinbutt-
filet mit Sauce Béarnaise und Trüffel.“
Weingut: Leflaive in Burgund/Frankreich
SASSICAIA 1985
„Der berühmte Toskana-
Wein ist durch Zufall
entstanden. Weil Marchese
Mario Incisa della Rocchetta
der französische Rotwein
ausging, baute er nur für
den eigenen Verzehr 1944
die Rebsorten Cabernet
Sauvignon und Cabernet Franc an – auf 1,5
Hektar an der toskanischen Mittelmeerküste.
Da es ein steiniges Feld war, nannte er den
Wein Sassicaia. Obwohl er von der Struktur her
ein einfacher Wein ist, essen Sie kein Schnitzel
dazu. Lieber ein Filet mit Kruste.“
Weingut Tenuta San Guido in Bolgheri/
Toscana
CHATEAU MOUTON
ROTHSCHILD 1985
„Das Chateau zählt zu den
fünf Premium Cru-Classe-
Weingütern. Es liegt auf
einer Kuppe, die mit
Kiesauflagen aufgestockt ist
- und so für beste
Voraussetzungen vor allem
für die Rebe Cabernet Sauvigon sorgt. Die
Flaschen haben alle ein von Künstlern wie
Chagall oder Picasso entworfenes Etikett. Ich
würde zum Chateau Mouton Rothschild 1985
etwas Kräftiges essen – zum Beispiel gute
Wildgerichte.“
Weingut: Mouton Rothschild bei Pavillac/
Bordeaux.
BAROLO MONFORTINO
1993
„Roberto Conterno gilt wie
sein Vater als kompromiss-
loser Traditionalist, der nur
gute Qualität verkauft. So
dauert die Maischung schon
mindestens fünf Wochen.
Außerdem wird der Barolo
auf jeden Fall drei Jahre gelagert, bis er verkauft
wird, der Riserva sogar vier. Ich würde am
liebsten einen Schmorbraten mit einer kräftigen
Sauce zu dem Barolo Monfortino 1993 essen.“
Weingut: Giacomo Conterno in Monforte
d’Alba im Piemont.
Alex Panin ist ausgebildeter
Sommelier. Seit über zehn Jahren
berät er die Gäste in Sachen Wein. Als
Chef de Rang führt er die Kellner und
Kellnerinnen und ist direkt dem
Service-Leiter unterstellt. Panin ist 44
Jahre alt, verheiratet und hat einen
Sohn (Jonas/20) und drei Töchter
(Chiara/13, Lucia/9 und Emilia/4). Der
Weinkeller im Lindenhof ist 80
Quadratmeter groß. Hier lagern bis zu
15.000 Flaschen, der Wert beläuft sich
wohl auf eine halbe Million Euro.
AUS DEM LINDENHOF-KELLER
ALEX PANIN:
JEDER GAUMEN
IST ANDERS -
ABER FÜR MICH
SIND DAS UNSERE
RARITÄTEN
Die richtige Massage zum richtigen Zeitpunkt kann Wunder
wirken. Doch wie weiß ich, was mir wann gut tut? Allein das
Hotel Lindenhof bietet in seinem Beauty- und Wellnessbereich
24 Massagen unterschiedlichster Richtungen an. „Fragen Sie
den Experten oder vertrauen Sie Ihrem Instinkt. Wenn Sie die
Angebote durchlesen und Sie freuen sich dabei schon auf eine
Massage, machen Sie nichts falsch“, sagt Lindenhof-Masseurin
Marion Raffeiner.
Der Gast aus Stuttgart glaubte sich im falschen
Film. Da war er eine Nacht in Naturns – und zum ersten
Mal in 30 Jahren hatte er wieder geträumt. Leider von
seiner Exfrau. Kurzes Resümee am Morgen danach: zwei
Gläser Wein, ansonsten nur Wasser. Daran, das fühlte er
auch an seinem sonstigen geistigen Zustand, konnte es
nicht gelegen haben. „Kann es sein, dass ich wegen Ihrer
Massage geträumt habe?“, fragte er – noch relativ ungläu-
big – in der Wellness-Abteilung im Lindenhof nach.
Ja, es kann sein.
„Wir können natürlich nicht zaubern, wir können nur Ver-
spannungen lösen“, sagt Masseurin Marion, aber der Ne-
beneffekt der heilenden Hände ist klar: Wenn sich Ver-
spannungen lösen, fließt Energie. Und wenn Energie fließt,
fließen auch Gedanken. Das kann – wie bei dem Gast aus
Stuttgart, der sich zum ersten Mal massieren ließ und
gleich die Breuss-Massage wählte – bis zu den Träumen
führen. „Es kommt auf den Typ an. Und natürlich auch auf
die Massageart“, sagt Marion, die zusammen mit vier Kol-
leginnen und einem Kollegen in der Wellness- und Beauty-
abteilung des Hotels arbeitet.
Was gelernte Masseure nicht als erste Aufgabe ansehen,
setzen viele Psychologen bereits gezielt ein: Bestimmte Re-
flexe oder Massagen, die seelische Blockaden lösen. Der
Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung entwickelte einst
auf der Psychoanalyse Freuds die Lehre von der psychi-
schen Energie. Heute gilt es als gesichert, dass Massagen
nicht nur die Muskulatur entspannen, Verklebungen lösen,
schmerzlindernd sind und das Haut- und Bindegewebe
entspannen, sondern auch die Durchblutung fördern, Blut-
druck und Pulsfrequenz senken können, psychische Ver-
spannungen lösen, Stress reduzieren und das vegetative
Nervensystem beeinflussen. Natürlich kennt auch Marion
die Massagen, die der Seele gut tun. „Alle Streichelein-
heiten sind für die Seele positiv“, sagt die Fachfrau – und
empfiehlt vor allem vier Anwendungen für Einsteiger:
> Die Energie-Fußmassage nach Pater Josef Eugster.
„Wenn ich Füße massiere, geht es immer um den ganzen
Menschen“, sagte Eugster, der als Professor für Alterna-
tivmedizin im Osten Taiwans arbeitete. Eugster-Pati-
enten sind sich sicher, dass seine Art der Massage see-
lische Probleme löst. Mit seiner ganzheitlichen Methode
werden alle 83 Reflexzonen behandelt und stimuliert.
> Shiatsu ist eine Philosophie, die den Menschen in un-
terschiedlichen Lebenssituationen begleiten soll. Es ist
ein eigenständiges System energetischer Körperarbeit
und Lebenskunde. „Diese Technik mit Hilfe von Finger-,
Ellbogen-, Hand-, Knie- und Fußdruck auf verschiedene
Akkupressurpunkte gibt dem Körper sofort eine innere
Ruhe und Erholung“, sagt Marion.
> Abhyanga und Shirodara sind Ölmassagen, die nach
Ayurveda Altern und Anspannungen stoppen und Le-
bensenergien ins Gleichgewicht bringen. Abhyanga be-
deutet auf deutsch so viel wie „die große Einölung“. Ma-
rion ist überzeugt von dem Konzept: „Ein spezieller
Stirnölguss begleitet einen in eine tiefe Ruhe und lässt die
Gedanken fließen.“
> Und da ist Lomi Lomi Nui. Lomi heißt drücken, kneten
oder reiben – und die Verdoppelung des Lomi verstärkt
das Ganze noch. „Wir arbeiten hier mit dem gesamten
Unterarm einschließlich der Ellbogen“, sagt Marion.
Lomi Lomi Nui kommt aus Hawaii, ist aber von der Phi-
losophie her der traditionellen chinesischen Medizin an-
gepasst: In einem gesunden Körper fließt die Energie,
Krankheiten setzen sich immer als Verspannungen fest.
Marion verwendet Kokosöl – und lässt hawaiianische Mu-
sik im Hintergrund laufen.
Vielleicht sollte es der Gast aus Stuttgart nächstes Mal
auch mit Lomi Lomi Nui versuchen. Dann träumt er auch
nicht mehr von seiner Exfrau. Denn Lomi Lomi Nui
praktizieren die Hawaiianer immer dann, wenn für sie ein
neuer Lebensabschnitt beginnt. Beim Geburtstag, vor der
Hochzeit, wahrscheinlich auch nach der Scheidung.
„Dann schließen sie durch die Massage mit dem alten Le-
ben ab – und freuen sich auf die neuen Herausforde-
rungen“, sagt Marion und findet: „Dafür ist doch der Ur-
laub immer ein guter Startpunkt.“
ICH HAB
GETRÄUMT VON DIR...
PSYCHISCHE ENERGIE IM LINDENHOF
Warum man gerade bei Massagen den Experten vertrauen sollte
Marion Raffeiner hat die
Landesberufsschule in Meran
besucht, die auf alle Facetten der
Schönheitspflege spezialisiert ist.
Später arbeitete sie auch in der
Pension Tuckett in Trafoi, die ihren
Eltern gehört. Seit einem Jahr ist
die begeisterte Ski- und Radfah-
rerin in der Beauty- und Wellness-
Abteilung des Hotels Lindenhof
angestellt.die richtige Massage an.
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 08WELLNESS
Noch immer geben Frauen zehnmal so viel Geld
für Kosmetikprodukte aus wie Männer, doch die
neue Zielgruppe ist für die Hersteller männlich.
„Das Potential ist größer – und damit auch die
Dynamik des Wachstums“, sagen die Experten.
Immer mehr Männer wagen sich angeblich an
Cremes und Gesichtsbehandlungen.
Ein letzter Blick in die Rezeption des
Hotels. „Prägt euch bitte dieses Hemd ein.
Wenn ihr es in einer Stunde wieder seht, bin
ich es“, sage ich aus echter Sorge, man kön-
ne mich verwechseln und nicht mehr in das
Zimmer 302 lassen – doch Isabella lächelt
nur weise. „Ich weiß schon, Sie haben eine
Gesichtsbehandlung gebucht.“
Beauty 4, Kosmetikabteilung, Erdgeschoss,
Hotel Lindenhof. Ein sogenannter „Be-
handlungsstuhl“ steht in dem kleinen Raum,
ein Spiegel mit Licht hängt an einem dyna-
mischen Ständer, den man hin und herschie-
ben kann. Wie beim Zahnarzt, denke ich. Es
ist so ein Moment, in dem man sich fragt,
worauf man sich da eingelassen hat. 62 Jahre
lang hat mein Gesicht gehalten – und wenn
es einem/einer nicht gefallen hat, hat er/sie
einfach wegschauen können. Warum, in drei
Teufels Namen, versuche ich jetzt plötzlich
auszusehen wie 61 mit der Gefahr, dass mich
vielleicht anschließend keiner mehr erkennt.
„Sollen wir eine Fußmassage dazu ma-
chen?“, fragt Stefanie und reißt mich aus
meinen trüben Gedanken. Eine Fußmassa-
ge? Bei der Gesichtsbehandlung? „Wir bie-
ten das gerne an, weil es zur Entspannung
beiträgt“, sagt die Kosmetikerin – und mir
wird die Absicht schnell klar: Die Fuß-
massage bei der Kosmetik ist wie eine Art
Narkose beim Zahnarzt – du bist weg und
bekommst nicht mehr mit, was mit deinem
Gesicht alles veran(un)staltet wird. Dankend
lehne ich ab – und Stefanie erklärt mir den
weiteren Verlauf des Schicksals. Ich verstehe
Reinigung, Peeling, Heißdampf, Feuchtig-
keitscreme, Maske – und als ich erkläre, dass
manche Menschen sich inzwischen an mein
Gesicht gewöhnt haben und die Verände-
rungen nicht so extrem sein sollten, schaut
sie mich fragend an. „Wir können doch Ihr
Gesicht nicht verändern. Wir versuchen
nur, Alterungsprozesse zu verlangsamen.“
Das habe ich schon oft versucht. Und es ist
mir nie gelungen. Ich war vor Jahren einmal
20 Minuten joggen. Ich habe in drei Fitness-
klubs Mitgliedsbeiträge bezahlt und zwar
gleichzeitig. Und ich habe auch schon mal
ein paar Stunden auf Alkohol verzichtet.
Alles vergebens.
Und nun stoppt Stefanie meinen Alterungs-
prozess. In 80 Minuten.
Obwohl ich mein Gesicht morgens gewa-
schen habe, reinigt sie mit einem Schaum
angeblich weitere Schmutzpartikel ab, be-
lebt mich wieder mit einem Gesichtswasser
und fällt dann mit Spiegel und Licht die nie-
derschmetternde Diagnose: Ich bin der tro-
ckene Hauttyp mit empfindlicher Haut.
Ich lerne, was ein enzymatisches Peeling
ist (ohne Schleifpartikel natürlich) und dass
beim mechanischen Peeling Jojoba-Kügel-
chen die abgestorbenen Hautschüppchen
lösen. Stefanie Gorfer versteht ihr Geschäft,
sie ist gelernte Kosmetikerin und seit vier
Jahren im Lindenhof – und immer wieder
muss sie mit Männern wie mir kämpfen. Die
glauben, eine Behandlung lasse sie um Jahre
jünger aussehen. „Sie sollten das alle sechs
Wochen machen lassen“, sagt Stefanie.
Was sie jetzt macht, tut vor allem weh. Denn
nicht nur meine Haut ist empfindlich, ich
auch. Sie reinigt die Nase von Mitessern,
sie sticht Grieskörnchen auf und piekst und
drückt. Geplatzte Äderchen machen ihr zu
schaffen. „Behandlungen wie diese können
helfen, dass es nicht mehr werden.“
Die Schmerzen gehen weiter. „Wie hätten
Sie Ihre Augenbrauen gerne?“, fragt sie. Ich
verstehe die Frage nicht. Akustisch schon.
Aber: Augenbrauen sind Augenbrauen. „Ein
bisschen“, sagt sie – und zupft so wahnsin-
nig, dass ich fürchte, es bleibt nur noch ein
Strich über den Augen. Allerdings bleibt mir
keine Zeit, über meinen Augenbrauen-Typ
nachzudenken. Denn schon kämpft Stefanie
„gegen die freien Radikalen“ – mit einer Vi-
tamincreme, die vor allem Vitamin E ent-
hält. Es folgen Augenmaske, Serum, Hand-
massage, Augencreme und Gummimaske.
Sogar Stammzellen von der weißen Rose
werden unter der Abschlusscreme aufgetra-
gen, weil sie identisch sind mit den mensch-
lichen Stammzellen und die Zellerneuerung
anregen. Sagt Stefanie – und ich glaube wie-
der an den neuen Menschen.
Ich muss zugeben: sie hat mich geschafft.
Irgendwann war sogar ich ruhig, war tiefen-
entspannt, und es war mir egal, wie und ob
ich nachher aussehen werde. Es hat einfach
gut getan, vielleicht meiner Haut. Aber auf
jeden Fall mir. Ich verstehe jetzt sogar die
Männer, die das öfters als einmal in 62 Jah-
ren mit sich machen lassen. Bisher haben sie
zum Teil Hohn und Spott ertragen müssen,
aber das hat sich schon geändert. Sagen die
Marketingexperten der Kosmetikhersteller.
„Soll ich Ihnen vielleicht doch die Adresse
eines Gesichtschirurgen geben?“, fragt Isa-
bella mitleidig an der Rezeption, als sie mich
nach der Behandlung sieht.
Sie muss mich am Hemd erkannt haben...
Seit 2008 haben die Dolce
Vita Hotels mit Spezia-
listen an der Idee des
„Südtirol-Urlaubs für zu
Hause“ gearbeitet. Mit viel
Leidenschaft und Herzblut
wurde geforscht, getestet,
variiert. Verschiedene Heil-
kräuter der Alpen wurden
zu BERG veredelt, der bio-
zertifizierten Pflege-Linie.
Wissenswertes:
· Sämtliche Kräuter und
Substanzen der BERG-
Produkte, die auch in der
Kosmetikabteilung im
Lindenhof benutzt werden,
stammen vom Südtiroler
Unternehmen „Kräuter-
schlössl“. Hier werden sie
auf nachhaltig ökologische
Weise angebaut.
· Das Wachstum wird durch
gezielte Bodenbearbeitung,
Mischkulturen, geeignete
Fruchtfolge etc. geför-
dert. Der Großteil aller
Arbeitsschritte erfolgt in
Handarbeit.
· Bei der Trocknung werden
die Kräuter auf Darren
dünn ausgelegt und im
Trocknungsraum scho-
nend entfeuchtet und in
spezifischen Vorgängen
weiterverarbeitet. Dann
erst kann die Abfüllung für
die Herstellung der BERG-
Bio-Kosmetik an einen
autorisierten Betrieb zur
Verarbeitung weitergege-
ben werden.
Die Leitwirkstoffe in den
BERG-Produkten sind:
Ringelblume, Alpenrose,
Rosmarin, Salbei, Edelweiß,
Thymian, Traube, Marille,
Mandelöl u.a.m.
Die BERG-Produkte können
Sie auch online erwerben
unter www.berg.io
62 JAHRE –
UND DAS GESICHT HÄLT
MÄNNER UND SCHÖNHEITSPFLEGE
Wie Stefanie den „Alterungsprozess“ eines Gastes verlangsamen will –
Ein Selbstversuch in der Kosmetikabteilung
DOLCE VITA – MIT
BERG-PRODUKTEN
Stefanie Gorfer arbeitet schon seit
vier Jahren als Kosmetikerin im
Lindenhof. Sie hat eine vierjährige
Ausbildung im Bereich Schönheits-
pflege in der Berufsfachschule in
Meran hinter sich. Stefanie bietet von
der Fußreflexzonen-Massage bis zur
Gesichtsbehandlung alles an – und
ist für alle Methoden eigens geschult
worden. „Ich finde es sehr schön, im
Hotel zu arbeiten. Weil die Menschen,
die hier in Urlaub sind, Zeit mitbringen
und Muse haben zur Entspannung. In
einem normalen Kosmetikstudio sind
immer alle unter Zeitdruck“, sagt sie.
DIE TÄTERIN: Stefanie G. aus NaturnsDAS OPFER: Horst W. aus Stuttgart
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 09 WELLNESS
Seit drei Jahren hat der Service-Leiter Helmut Stieger einen
Nebenjob im Lindenhof: Er begleitet einen Tag in der Woche Gä-
ste auf ihrer Wanderung. Stieger, ein Bergbauernsohn aus dem
Martelltal, ist ein erfahrener Wandersmann und kennt die Ge-
gend wie kein anderer. „Ich bin bergsüchtig“, sagt er über sich.
Die rote Krawatte ist mit einem perfekten Wind-
sorknoten gebunden. Der Kurzhaarschnitt akkurat. Das
Hemd weiß, der Anzug dunkel, die Schuhe schwarz.
„Hatten Sie einen schönen Tag?“, fragt Helmut Stieger
fast jeden seiner Gäste und hört sich von einem Flach-
landtiroler wie mir an, wie hart doch wieder der Aufstieg
zur Runster Mühle auf dem Sonnenberger Panoramaweg
war. Stieger nickt verständnisvoll und bemüht sich, für
den anderen Tag eine noch leichtere Route zu empfehlen.
Sein eigenes Nachmittagsprogramm erzählt er keinem.
Um halb eins, gleich nach dem ersten Teil der Arbeit im
Lindenhof, ist der Service-Leiter des Hotels von Latsch
aus los marschiert – hoch zur Vermoispitze. Von 650 Hö-
henmeter auf 2.980 Höhenmeter. Und wieder zurück.
Power-Wandern, nennt er das – und er macht diese oder
ähnliche Touren vier Mal in der Woche. „Ich bin berg-
süchtig“, sagt Stieger, der während der Urlaubersaison für
Bergläufe und Ski-Langläufe trainiert. Mindestens zwei
Stunden rennt und läuft er fast täglich, bergauf und berg-
ab. Meist mit seiner Frau Irmi, oft auch allein. „Es ist ein
wichtiger Ausgleich für mich zur Arbeit“, sagt er, nach-
dem er Wanderstiefel und Kniebundhosen wieder ge-
tauscht und in die Pinguin-Uniform des Restaurantchefs
geschlüpft ist. Um 19 Uhr kommen die ersten Gäste.
Die optische Verwandlung des Bergsteigers und Natur-
liebhabers zum Service-Leiter eines Viersterne-Plus-Ho-
tels dauert vielleicht eine halbe Stunde. Doch eigentlich
bewegt sich Stieger zwischen zwei Welten.
Helmut Stieger ist auf dem Pühlahof im Martelltal aufge-
wachsen. Auf einem Bergbauernhof, 1.500 Meter hoch
gelegen. Zur Schule musste er täglich 300 Höhenmeter
nach unten laufen – nach Martell Dorf. Und mittags wie-
der nach oben. Eine Straße gab es nicht. Im Winter ging
sein Vater voraus, um ihm und seinen acht Geschwistern
einen Weg zu bahnen. „Insgesamt waren wir sogar 14
Kinder, weil im Pühlahof zwei Familien lebten“, erzählt
Helmut Stieger. Er sagt, er habe seine Kindheit wirklich
gelebt. Obwohl sie hart war. „Wir haben in der Natur ge-
spielt, denn Spielzeug in dem Sinn hatten wir ja keines.“
Die vielen Urlauber aus den Städten können sich be-
stimmt nicht vorstellen, was ein Leben auf dem Pühlahof
bedeutete, einem Ort, der eigentlich nur dank der Natur
mit anderen Häusern und Höfen und Orten verbunden
war. Unzählige Kilometer hat Stieger zu Fuß zurückge-
legt, um Nachbarn zu besuchen, um mal beim Onkel vor-
beizuschauen. Die Stiegers lebten vom eigenen Anbau,
von ihren Schafen, Kühen und Rindern. Der große Hel-
mut erinnert sich, wie er als kleiner Helmut zwei Mal in
der Woche hoch ins Gebirge steigen musste, wo die Kühe
weideten, um ihnen einen Zusatz zum Futter zu bringen.
Und natürlich auch wieder zurück. „Das war unser Sport.
Wir haben uns wirklich ständig bewegt“, sagt er.
Natürlich hat Helmut Stieger die Zeit geprägt, diese er-
sten 15 Jahre in der Natur, eigentlich fernab der Zivilisa-
tion. „Es war lehrreich, obwohl es mit dieser heutigen
Welt nichts zu tun hatte“, sagt der 51-Jährige, der seit sei-
nem 15. Lebensjahr im Service arbeitet. Er hat im Hotel
DER WANDERER
ZWISCHEN DEN WELTEN
ERST POWER-SPORTLER, DANN RESTAURANTCHEF
Helmut Stieger ist vom Bergbauernsohn zum Service-Leiter im Viersterne-S-Hotel
aufgestiegen – und rennt zum Ausgleich immer mal wieder 2.000 Meter hoch
Rundwanderung zu den Flimseen
Tourenlänge: ca. 14 km
Gehzeit: ca. 7 Stunden
Höhenleistung Aufstieg: ca. 1.400 m
Höhenleistung Abstieg: ca. 1.400 m
Empfohlene Wanderzeit: Juli - September
Bei dieser Wanderung führt Sie Wanderguide Helmut in sei-
ne Heimat, das Martelltal. Sie fahren mit dem Auto 40 Minu-
ten bis zum Weiler Gand (1.400 m). Der Ausgangspunkt der
Wanderung befindet sich ca. 1 Kilometer dahinter.
Der Weg 2A ist steil und anstrengend. Doch auf der Oberen
Flimalm auf 2.200 m öffnet sich das unberührte Bergtal – und
man hat einen herrlichen Blick auf die Bergwelt. Anschließend
nehmen Sie den Weg Nr. 18 zum Unteren und danach zum
Oberen Flimsee (50 Minuten). Die beiden klaren Bergseen
schimmern in einem einzigartigen silbrigen Farbton. Das Was-
ser des oberen Sees ergießt sich in einem fast senkrechten
Wasserfall in den Unteren. Die letzten 300 m führen Sie hinauf
zum höchsten Punkt dieser Wanderung: dem Flimkanzel und
den Raubweiden auf ca. 2.800m. Der Abstieg erfolgt über den
Weg Nr. 18 zur Soyalm und den Weg Nr. 4. Vorbei am Café
Hölderle sind es noch 20 Minuten Wanderzeit bis zum Auto.
Vinschger Sonnenberg:
Tourenlänge: ca. 7 km
Gehzeit: ca. 2,5 Stunden
Höhenleistung Aufstieg: ca. 250 m
Höhenleistung Abstieg: ca. 300 m
Empfohlene Wanderzeit: ganzjährig
Bei dieser Wanderung können Sie Ihr Auto getrost in der Ga-
rage stehen lassen. Sie fahren am besten mit der öffentli-
chen Vinschger Bahn bis nach Schlanders.
Vom Bahnhof folgen Sie den Wegweisern »Promenade« zum
nord-östlichen Schlanderser Dorfrand und anschließend der
Markierung Nr. 5 hinauf zum Beginn der Sonnenpromenade
(820 m). Dann haben Sie das anstrengendste Stück der Wan-
derung auch schon geschafft. Über die Sonnenpromenade
gelangen Sie zum Biotop und zu den Schlanderser Leiten
(Stufen) und weiter über den Panoramaweg nach Goldrain.
Mit den Jahreszeiten genießen Sie immer andere Naturschau-
spiele. Bei der Apfelblüte im Frühling haben Sie eine tolle Sicht
auf tausende von blühenden Apfelbäumen. Der Panorama-
weg führt oberhalb der Weinreben vorbei. Im Herbst, kurz vor
der Weinlese, färben sich die Blätter der Rebstöcke in warme
Herbstfarben. Auch im Winter ist der Weg schneefrei.
Zum Taschenjöchl und zur Berglalm im Schnalstal
Tourenlänge: ca. 12 km
Gehzeit: ca. 5 Stunden
Höhenleistung Aufstieg: ca. 900 m
Höhenleistung Abstieg: ca. 900 m
Empfohlene Wanderzeit: Juni – Oktober
Es geht schon urig los und zwar bei den alten Kofelhöfen auf
1.938 m im hinteren Schnalstal. Mit dem Auto brauchen Sie
ungefähr 40 Minuten bis dorthin.
Der Weg Nr. 5 führt Sie durch einen Lärchenwald stetig bergauf
zum unberührten Lagauntal auf 2.200 m. Dann überqueren
Sie die kleine Holzbrücke und erreichen den archäologischen
Wanderweg Nr. 4, der Sie durch das wunderschöne Tal leitet.
Nach kurzer Zeit beginnt dann der recht anstrengende An-
stieg über teils felsiges Gelände zum Taschenjöchl (2.771 m).
Die Strapazen des Weges dorthin lohnen sich aber allemal. Sie
haben eine atemberaubende Aussicht auf die Schnalser Berg-
welt. Direkt neben dem Gipfelkreuz des Taschenjöchl finden
Sie die mysteriösen Ruinen der ehemaligen Heilbronner-Hütte.
Der Abstieg erfolgt über den Weg Nr. 5 zur Berglalm (super
Knödel oder Südtiroler Marende). Über den Steig Nr. 5 kommen
Sie bis zum Lagauntal und dann zurück zu den Kofelhöfen.
ANSPRUCHSVOLLE RUNDWANDERUNG
GENUSSWANDERUNG MIT AUSSICHT
MITTELSCHWERE BERGWANDERUNG
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 10SPORT
Savoy in Meran einen Servierkurs gemacht, im Excelsior
in Meran Hotelverwaltung gelernt, er war in der Schweiz
und acht Jahre im Gastronomiebereich selbstständig. Seit
15 Jahren ist er jetzt im Lindenhof im Service. Und seit
drei Jahren ist er auch als „Wanderführer“ tätig und damit
Nachfolger des 74-jährigen Werner Nischler, der gesund-
heitlich kürzer treten musste. „Der macht das sehr gut“,
sagt Nischler senior über Helmut Stieger – und eigentlich
ist das so was wie ein Ritterschlag.
Stieger passt seine Wanderungen den Gästen an. Zwi-
schen 300 und 900 Höhenmeter bietet er ihnen bei seinen
Ausflügen an, für ihn sind das leichte Spaziergänge. Der
Mann seilt sich den Klettersteig Hoachwool bei Naturns
hoch, er besteigt an freien Tagen mal schnell den Ortler
(3.905 Meter) und die Königsspitze (3.859 Meter). „Ich
brauche nicht die Couch zwischen den Arbeitsstunden am
Morgen und denen am Abend, ich brauche nur die Berge“,
sagt er und behauptet, dass er es nie übertreibe. Man ist
versucht, dem ruhigen und souverän wirkenden Mann,
der seit zehn Jahren Großvater ist, zu glauben. Bis er die
Geschichte vom König-Ludwig-Lauf in Oberammergau
erzählt. Beim 50-Kilometer-Ski-Rennen im klassischen
Stil zeigte das Thermometer minus 23 Grad – und Hel-
mut Stieger sagt, er sei schon auf der Strecke völlig kaputt
gewesen und habe noch Stunden nach dem Lauf gezittert.
„Vielleicht hätte ich doch nicht starten sollen – zwei Tage
nach meiner Magenspiegelung....“
Warum haben Sie nicht aufgegeben, als sie gemerkt ha-
ben, das geht nicht?
„Aufgeben mag ich nicht. Wenn man einmal aufgibt, fin-
det man immer wieder irgendwelche Gründe, um alles
hinzuschmeißen.“
Vielleicht charakterisiert den Service-Leiter und Natur-
menschen Stieger nichts mehr als dieser eine Satz. Und
vielleicht überrascht es auch keinen mehr, dass sein Sohn
inzwischen ein herausragender Sportler ist: Jonas Stieger
gehört mit 17 Jahren dem Junioren-Biathlon-Team an und
besucht die Sportoberschule in Mals mit dem Schwer-
punkt Wintersport/Biathlon. „Ich glaube nicht, dass ich
ihn dazu getrieben habe“, sagt Helmut Stieger.
Pause. Er überlegt.
„Aber ich habe ihm halt nichts anderes gezeigt.“
Es sind nur ein paar Kleinigkeiten,
die eine Wanderung perfekt machen.
Fragen Sie im Lindenhof nach dem
Büchlein mit den „Wandertipps” und
lassen Sie sich bei schwierigeren
Strecken die Notfallnummern von
der Rezeption mitgeben. Für alle Fäl-
le. Drei weitere Punkte fasst unser
erfahrener Wandersmann Helmut
Stieger für Sie zusammen.
DIE KLEIDUNG
„Lassen Sie sich nicht täuschen. In
Naturns scheint natürlich immer die
Sonne – aber ob sie während Ihrer
Wanderung außerhalb Naturns auch
immer scheint, ist doch mehr als
fraglich. Das heißt: Sie können gerne
im T-Shirt los laufen, Sie sollten aber
immer auf Kälte, Regen und am be-
sten auch noch auf Sturm und Schnee
vorbereitet sein. Packen Sie zumin-
dest diese wetterfeste Kleidung mit
ein, damit Sie für alle Eventualitäten
gerüstet sind. Das Wetter kann sich in
den Bergen blitzartig ändern.“
DIE SELBSTÜBERSCHÄTZUNG
„Es ist super, dass Sie zu Hause in
Mönchengladbach, Zürich oder Han-
nover auch immer wieder spazieren
gehen. Dadurch sind Sie fit. Allerdings
ist es doch zumindest am Anfang
etwas anderes, in den Bergen zu
wandern. Erkundigen Sie sich bei uns,
was dieser oder jener Weg bedeutet.
Wenn da am Wegesrand eine Stunde
Gehzeit steht, kann das vieles heißen:
Hoch und runter, nur hoch, nur runter.
Viele wissen mit den Höhenmetern
nichts anzufangen. Wir können es
Ihnen übersetzen und sagen, was
das für Sie bedeutet. Und: laufen Sie
nicht los wie ein 100-Meter-Sprinter.
Wandern ist eine Ausdauersportart.“
DIE VERPFLEGUNG
„Wir nehmen auf unseren Hotelwan-
derungen auch Wein mit. Weil wir im-
mer irgendwo eine anständige Brot-
zeit machen. Mit Alkohol. Ich würde
aber nicht sagen, dass dies auf jeder
Ihrer Wanderungen Pflicht ist. Pflicht
ist allerdings, immer Wasser dabei zu
haben. Trinken Sie regelmäßig einen
Schluck, nicht erst, wenn Sie Durst
verspüren. Sie verbrauchen auf Ihrem
Weg viel Flüssigkeit, also führen Sie
auch ihrem Körper Flüssigkeit zu. Da
man auch nie weiß, ob man sich ver-
läuft, ob die Hütte wirklich geöffnet
hat, ob man ein Gasthaus findet, wäre
es ratsam, stets irgendwas zum Essen
dabei zu haben. Auch Schokoriegel
sind erlaubt, schließlich laufen Sie die
Kalorien ja spielend wieder runter.“
HELMUT STIEGER
KLEINE TIPPS
FÜR DIE GROSSE
WANDERUNG
Vervollständigen Sie doch bitte mal diesen Satz:
Kinder können manchmal ganz schön ...
„Nein, das werden Sie von mir nicht hören.”
Was denn?
„Dass Kinder nervig oder anstrengend sein können.
Der Satz ist doch so formuliert, dass nichts anderes
rauskommen kann.”
Aber anstrengend sind Kinder doch.
„Überhaupt nicht. Anstrengend ist doch nur irgend-
was zu tun, was keinen Spaß macht. Mit Kindern zu
arbeiten, macht aber riesigen Spaß.”
Und jetzt wollen Sie mir noch erzählen, dass Kinder
auch nicht nervig sind?
„Was ist denn nervig im Zusammenhang mit Kindern?
Auf keinen Fall sind sie nervig. Wenn sie mal ein biss-
chen rumzicken, darf man nur überhaupt nicht darauf
eingehen. Sondern weitermachen, als wäre nichts. Zu
99 Prozent kommen sie dann auch wieder runter und
spielen ruhig weiter.”
Sie haben ja das Problem, dass Sie fast jede Woche
mit anderen Kindern spielen müssen. Und sich auch
die Kinder untereinander nicht kennen.
„Das ist der große Unterschied zum Kindergarten. Die
Schweizer Kinder und die deutschen Kinder verstehen
sich manchmal schon sprachlich nicht richtig, werden
aber trotzdem irgendwann Freunde. Man muss den
Kids hier nur was bieten, was sie zu Hause nicht
haben. Wir basteln zum Beispiel viel mit einfachsten
Materialien – und sie können ihr Werk nachher voller
Stolz ihren Eltern zeigen. Wir machen Ausflüge und
erklären die Natur, bei uns gibt’s abends ein Kinder-
menü und und und.”
Woher kommt Ihre Liebe zu Kindern?
„Ich habe schon während der Oberschule Ferienjobs
als Babysitterin angenommen und auch Nachbars-
kinder betreut. Und als ich beim Weißen Kreuz war,
musste ich mich entscheiden – gehe ich in die
Sanitäter-Richtung oder in die Kinderbetreuung. Ich
habe mich schnell für die Kinder entschieden, mache
aber immer noch einmal in der Woche den freiwilligen
Dienst beim Weißen Kreuz.”
Wie viele Kinder wollen Sie denn
mal als Mutter groß ziehen?
„Ich habe ja im Lindenhof geübt. Mit 25 komme ich
schon noch zurecht…”
Julia Perkmann bleibt dem Linden-
hof treu – und betreut auch in der
Saison 2015 die Kinder der Hotelgä-
ste. Während die Eltern im Urlaub
wandern, spielt sie mit dem Nach-
wuchs. Sie macht das so gut, dass
viele Eltern sie gerne als Kinderfrau
mit nach Hause nehmen würden.
Fragen an die 23-Jährige.
DER LIEBLING DER KINDER
1
2
3
Jeden Donnerstag
bietet das Hotel
seinen Gästen eine
Wanderung mit
Helmut Stieger an. Die
Wanderung wird einen
Tag vorher ausge-
schrieben, am Abend
vorher sollte man sich
anmelden. Vorausset-
zung sind immer feste
Wanderschuhe und
dem Wetter ange-
passte Kleidung.
Helmut Stieger ist
verheiratet mit Irmi,
die auch im Linden-
hof arbeitet und für
das Frühstücksbuffet
zuständig ist. Beide
haben zwei Kinder:
Sarah ist 27, Jonas ist
17. Als Service-Leiter
ist Stieger für 15 Ange-
stellte verantwortlich
sowie für den Einkauf
von Weinen. Stieger
ist 51 Jahre alt und
arbeitet seit 15 Jahren
im Lindenhof.
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 11 SPORT
Dolce Vita ist das süße Leben. Dass man das genießen und
trotzdem berufliche Höchstleistungen erbringen kann, be-
weist einer mit großem Ehrgeiz: Joachim Nischler. Der
Mann ist 45 und Chef des Hotels Lindenhof, das zu den
Dolce Vita Hotels gehört. „Mein erstes Ziel ist es, dass die
Gäste bei uns entspannen”, sagt er – und lebt den Urlaubern
neben oder bei seiner Arbeit noch den besonderen Triathlon
vor: viel Sport, gute Weine und Essen auf höchstem Niveau.
Der Mann hat 3.738 Höhenmeter hinter sich.
1.869 bergauf, 1.869 bergab. Er hat 48 Kehren hinauf
und 48 hinunter bewältigt und war ganz oben auf 2.752
Meter. Mit dem Fahrrad. Auf dem
Stilfser Joch. Der zweithöchsten Pass-
straße der Alpen. Wie jeden Dienstag
von Juli bis Oktober. Fünf Stunden
Hochleistungssport. „Das gehört zu
meinem Triathlon-Programm“, sagt
Joachim Nischler und lacht. „Viel
Sport, guter Wein und excellentes
Essen – nur mit diesen Drogen halte
ich einen 20-Stunden-Tag durch.“
Joachim Nischler, 45, ist seit gut
zwanzig Jahren Hotelchef im Lin-
denhof. Er hat die sehr gute Pension
seines Vaters zu einem angesehenen
Viersterne-S-Hotel ausgebaut, er hat
mit vier Kollegen die Dolce Vita-Ket-
te gegründet, er engagiert sich in Sa-
chen Kultur und Sport in der Region.
Er beginnt seinen Arbeitstag mor-
gens um sieben im Büro, bietet den
Urlaubern Radtouren mit ihm wie die
auf das Stilfser Joch an, er kümmert
sich um den Einkauf, das Marketing,
das Personal und die Gäste. Und er
ist sich nicht zu schade, abends im
Speisesaal auch noch das dreckige
Geschirr in die Küche zu tragen. „Er
gibt immer und überall über 100 Pro-
zent“, sagt der Service-Leiter Helmut
Stieger über seinen Chef – und Joa-
chim Nischler sagt, er hoffe, dass er
seinen Gästen das Dolce Vita vorlebe.
Ja, was denn nun? Arbeitstier oder Genussmensch?
Sieht so einer aus, der Dolce Vita nicht nur schreiben
kann, sondern wirklich lebt?
Im Lebensmittelmarkt „Unterthurner“ in Naturns,
gleich unten bei der Hauptstraße, feiern die Einhei-
mischen an einem wunderschönen Oktoberabend ihre
Riesling-Woche. Zwischen Toilettenpapier und Obst-
regal spielt eine Zwei-Mann-plus-Eine-Frau-Band
Musik aus den 90er Jahren. Die Stimmung ist ausgelas-
sen, was an dem harten Rock und dem preisgekrönten
Wein liegt. Und mittendrin feiert Joachim Nischler. Er
trinkt, er tanzt, er redet. „Hier kann ich abschalten“,
sagt der Hotelchef und schwärmt von den Musikern.
„Der Sänger gefällt mir, der gibt 150 Prozent“, sagt er
zu seiner Frau Lorella über den 25-Jährigen, der wie
unter Drogen seinen Kopf nach vorne, nach hinten, nach
rechts, nach links wirft. Joachim Nischler genießt den
Abend, das merkt man ihm an – und am anderen Morgen
erzählt er, er habe die Band verpflichtet. Die spiele im
nächsten Jahr auch für seine Gäste im Lindenhof.
Der Riesling-Abend im „Unterthurner“ zeigt vielleicht
sehr anschaulich, wie Joachim Nischler tickt. Er kann
ausgelassen feiern – und hat dennoch immer die Ar-
beit und sein Hotel im Kopf. Der Mann ist trotz Dolce
Vita 24 Stunden am Tag Hotelchef. Das unterstreichen
auch die Antworten auf die Frage, wie wichtig ihm der
Sport ist. „Sehr wichtig“, sagt Joachim Nischler natür-
lich. Er fährt trotz aller beruflichen Termine zweimal
in der Woche Rad und geht einmal joggen. „Ich brau-
che das. Dabei kann ich super abschalten.“ – Und was
geht Ihnen so durch den Kopf, wenn Sie mit dem Rad
unterwegs sind? – „Danach habe ich mindestens zehn
Punkte, was ich im Hotel alles angehen will“, sagt er.
Psychologen meinen was anderes, wenn sie von „ab-
schalten“ reden.
Bei einem wie Nischler steht der Leistungsgedanke
mindestens gleichauf mit dem süßen Leben. Das ist er
vom Sport her so gewohnt. „Der zweite Platz ist der
erste Platz für den Verlierer“, ist seine Devise. Schon
als Kind zählte er fast in allen Disziplinen zu den Be-
sten: er lief die 1.000 Meter unter drei Minuten, er fuhr
Ski und Rad, er spielte Eishockey, Tennis und war im
Fußball als eisenharter Verteidiger bekannt, ein klei-
ner Terrier, wie einst Berti Vogts. Er hatte Spaß, an
dem, was er tat. Aber: „Ich hatte immer nur ein Ziel:
ich wollte gewinnen“, sagt Joachim Nischler, den ein
Achillessehnenriss ausgerechnet beim Hobbyfußball
mit der Gastronomen-Mannschaft vor knapp zehn Jah-
ren außer Gefecht setzte. Seither beschränkt er seine
ehrgeizigen sportlichen Pläne darauf, seine Gäste bei
der Stilfser-Joch-Radwette zu besiegen. Wer schnel-
ler oben ist als er, gewinnt einen Wellness-Gutschein.
Nischler: „Freiwillig schenke ich den
nicht her. Ganz bestimmt nicht.“
Nein. Einer wie Nischler fordert auch
seine Gäste. Wenn sie schon gegen
ihn antreten wollen, sollen sie auch
zeigen, was sie drauf haben. In allen
seiner drei Disziplinen.
Zum „Triathleten“ wurde er so in
den 90er Jahren als Praktikant im
Sternelokal „La Stüa de Michil“ in
Corvara. Hier lernte er Peter Dipo-
li und Lorella Lorenza Longhitano
kennen, wobei die Reihenfolge keine
Aussagekraft besitzt. Es war die Zeit,
die sein Leben prägte. Lorella ging
mit ihm nach Naturns, mit ihr hat er
die Töchter Chiara und Emma. Peter
Dipoli wurde sein Freund, und der
Winzer führte ihn in die Welt der gu-
ten Weine und der exklusiven Küche
ein. Joachim Nischler, der bis dahin
keinen Wein getrunken hatte, wurde
zum Weinliebhaber und Gourmet.
Heute ist er mit allen Sterneköchen
Südtirols auf du und du, lässt sich von
den Winzern des Landes weiter bil-
den und sorgt dafür, dass auch seine
Gäste von seinem Triathlon profitie-
ren: Küche, Weinkeller und Bar sind
im Lindenhof Chefsache.
Der Mann kennt sich aus, was Dolce
Vita anbelangt: bei Wein („Der ist dreckig, den mag
ich nicht“), beim Essen, wo es seinem Freund schon
mal einen harten Rüffel einbringen kann, wenn der zur
venezianischen Kalbsleber nichtsahnend Röstkartoffel
bestellt („Die sind doch vom Geschmack viel zu inten-
siv, da musst Du ein Püree dazu essen“) und auch beim
Sport. Wer gegen ihn aktiv antreten will, sollte sich von
seinem theoretischen Fachwissen jedenfalls nicht täu-
schen lassen. Im Tippspiel setzt er gerne auf Verlierer-
teams wie auf seinen Lieblingsverein Inter Mailand.
Doch meistens profitieren die Gäste von seiner Ah-
nungslosigkeit. Im WM-Spiel gegen Brasilien glaubte
er nicht an deutsche Tore – und versprach für jeden
Treffer der Löw-Mannschaft jedem Gast ein Bier.
Das Spiel endete 7:1 für Deutschland.
DOLCE VITA –BEI
EINEM 20-STUNDEN-TAG
JOACHIM NISCHLER
Warum der Lindenhof-Hotelchef neben seiner Arbeit den besonderen Triathlon
braucht: „Für mich sind Sport, Weine und gutes Essen wie eine Droge”
IMPRESSUM
Herausgeber: Familie Nischler, Hotel Lindenhof StyleSpa Resort Naturns, www.lindenhof.it, Tel. 0039 0473 666242; Verantwortliche Gesamtleistung: Joachim Nischler;
Redaktion: Katharina Nischler, Horst Walter; Gestaltung: Patrick Amor; Fotografie: Andreas Marini; Repro: Günther Piltz; DruckVersand: G.A.S. Salzburg
Der „Triathlet“ Joachim Nischler mit den besonderen Trikots der Radhelden, mit den 127 Whisky-Flaschen
in seiner Bar und beim Gourmetessen im eigenen Speisesaal
D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 12PORTRÄT

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Hotel Lindenhof****s Sommerprospekt 2014
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Hotel Brochure - Dolce Vita Hotel Lindenhof****s, Naturns - Südtirol
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Suite - die erste Ausgabe der Lindenhof Zeitung

  • 1. SUITE DER KÜCHEN-PASS Ein Abend hinter den Kulissen eines Vier-Sterne-S-Hotels DER KÜNSTLER Ein Star am Herd, der kein Starkoch sein will DER SELBSTVERSUCH Ein Mann will schöner werden – in der Kosmetikabteilung DER WANDERSMANN Ein Bergbauernsohn macht Karriere im Lindenhof SEITE 03 SEITE 04 SEITE 09 SEITE 10 „Es wird Zeit, dass es wieder los geht“, sagt der Ho- telchef Joachim Nischler – und auch seine 55 Mitar- beiter freuen sich auf den Startschuss am 15. März. In diesen Wochen haben sie Handbücher auswendig gelernt, Rollenspiele geübt, die Philosophie des Hauses in Fortbildungskursen verinnerlicht und dem Lindenhof den letzten Schliff gegeben. Das Team will dem Gast 2015 noch mehr bieten als im vergangenen Jahr. Und 2014 gab es schon als Lohn den HolidayCheck-Award für Wellness. Michaela Toll und Attila Tamas lassen sich das Hotel zeigen. „Unser Blütenwhirlpool ist neu. Hier haben wir jetzt 35 Grad, und Sie können immer und überall darin sitzen“, sagt Martin Gapp. Er spricht deutlich und sieht seiner Kollegin Michaela und dem Kollegen Attila dabei in die Augen. „Und welche Tem- peratur hat das Schwimmbecken im Freien?“, fragt Attila süffisant lächelnd und wohl in der Hoffnung, seinen Gegenüber aus dem Kon- zept zu bringen. „28 Grad – und von morgens sieben bis abends um acht können Sie schwim- men“, antwortet Martin, der die Zwei an die Bar begleitet – zum Begrüßungsdrink. Es ist ein Rollenspiel von vielen, das zur Zeit im Hotel Lindenhof in Naturns geübt wird. Michaela und Attila aus dem Serviceteam wa- ren die Gäste, die gerade eingetroffen sind, Martin von der Rezeption hat die Begrüßung übernommen. „Unsere Mitarbeiter sind die Botschafter des Hauses. Da muss jedes Wort und jeder Handgriff stimmen“, sagt der Hotel- chef Joachim Nischler vor allem deshalb, weil auch in der Hotellerie der erste Eindruck der Entscheidende ist. „Du bekommst keine zwei- te Chance“, erklärt er seinem Team. Joachim Nischler ist ein Perfektionist. Das spüren seine Mitarbeiter vor allem in den Wo- chen vor der Saisoneröffnung. Da leitet er Schulungen, lädt Tourismusexperten ein, und da holt er sich auch schon mal die Experten von Life Kinetik ins Haus, die viele Spitzen- sportler wegen der mentalen Stärke zu Rate ziehen. Der deutsche Skistar Felix Neureuther zum Beispiel schwört darauf. In Naturns ha- ben die Herren vor Zimmermädchen, Rezep- tionisten, Köchen, Hausmeister und Service- Personal in spielerischer Form erklärt, wie das Gedächtnis am effektivsten arbeitet. „Solche Themen sind auch für einen spannend, der schon 15 Jahre im Job ist“, sagt der Service- Leiter Helmut Stieger. Nischler will seine 55 Mitarbeiter („Mein wichtigstes Kapital“) nicht nur fachbezogen weiter bilden. „Sie sollen bei uns auch Dinge lernen, die sie als Mensch weiter bringen“, sagt der Hotelchef, der alles versucht, um zufrie- dene Angestellte zu haben: Da ist das Team- haus mit 25 großen Zimmern plus Balkon, da gibt es Vergünstigungen bei Einkäufen, und da darf jeder mit Begleitung auch die Gour- metküche oder das Frühstücksbuffet im Hotel genießen. „Auch ein Zimmermädchen sollte wissen, wie es bei uns beim Abendmenü zu- geht“, sagt die für die Etage zuständige Ge- schäftsführerin Lorella Lorenza Longhitano, und ihr Partner Joachim Nischler sagt: „Wenn ich mich entscheiden muss, investiere ich lie- ber in die Mitarbeiter als ins Hotel. Sie tragen eindeutig zum Dolce Vita unserer Gäste bei.“ Für sie haben Lorella und Joachim Handbü- cher geschrieben, die jährlich aktualisiert wer- den. Rezeption, Küche, Service, Beauty, Eta- ge, Technik – alle bekommen spezifische Verhaltensregeln. Abteilungen werden einzeln und zusammen geschult – und jeder muss sich an die 13 Regeln halten, die darin gipfeln, dass „ihr euch bitte um Gäste kümmert, wenn ihr seht, sie machen kein glückliches Gesicht“. Selbst für einen alten Hasen wie Alex Panin, seit elf Jahren Chef de Rang, ist diese Vorbe- reitungszeit die entscheidende im Jahr. „Hier wird die Richtung vorgegeben, und jeder weiß, was wichtig ist. Und wichtig ist: bei uns gibt es keine Einzelspieler, sondern nur ein Team. Das Team wartet jetzt nur noch auf die Gäste. Die notwendigen Verschönerungsarbeiten sind abgeschlossen, die alten Mitarbeiter sind motiviert, die Neuen integriert – und die Zim- mer bezugsfertig. „Es wird Zeit, dass es los geht“, sagt Joachim Nischler – und Helmut Stieger spricht nach dem Trainingslager für alle Kolleginnen und Kollegen. „Unser Sai- sonziel ist klar: wir wollen die Besten sein – und in der Champions League arbeiten!“ „WIR BLEIBEN IN DER CHAMPIONS LEAGUE…“ NACH DEM TRAININGSLAGER IST DAS ZIEL KLAR Wie sich das Lindenhof-Team auf die Saison vorbereitet hat – und warum der Hotelchef sagt: „Die Mitarbeiter sorgen für’s Dolce Vita“ DIE RENNRADWOCHE: Das Highlight für alle Rennrad- fahrer: die „Limited Edition“ mit Jan Ullrich. Der deutsche Tour de France-Sieger kommt vom 11. Juli bis 18. Juli in den Lindenhof - und Hotelchef Joachim Nischler bietet einer limitierten Teilneh- merzahl eine Rennradwoche mit seinem Freund Jan Ullrich an. Keine Sorge: auch mit 41 ist der Mann noch topfit. DIE TRAIL-WEEK: Früher als anderswo können Sie als Lindenhof-Gäste die Trails mit Ihrem Mountainbike und mit absoluten Experten unsicher machen: „Ötzi Bike Cross Country Trail-Week“ findet vom 11. April bis 19. April statt. Die Guides der Ötzi Bike Academy und der Ex-Nationaltrainer der Schweizer Biker, Urs Graf, beglei- ten Sie auf den Touren durch die Südtiroler Berge. DIE BELLICON-WOCHE: Das Lindenhof-Team startet mit viel Schwung – und Schwung ist auch das Thema der Eröffnungs- woche! Kennen Sie Bellicon? Bellicon ist ein sanftes Training – auf einem speziellen Bellicon- Trampolin. Manuel Eckardt, Geschäftsführer von pur-life.de, trainiert vom 15. bis 21. März mit den Gästen und gibt Tipps und Tricks für ein effektives Workout auf dem Trampolin. Die Lindenhof-Rezeption erreichen Sie bis zum 14. März von Montag bis Samstag von acht Uhr bis 20 Uhr, von 15. März an sind wir täglich von sieben bis 22 Uhr für Sie erreichbar. Telefon: 0039 0473 666242 oder unter info@lindenhof.it DAS SPORTPROGRAMM FIT FITTER LINDENHOF 1 2 3 D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G1. AUSGABE SEITE 01 FRÜHJAHR2015
  • 2. Schon vor 20 Jahren hat Werner Nischler das Hotel Lindenhof seinem Sohn übergeben – und sich ins zweite Glied gestellt. „Es kann nur einen Chef geben“, sagt der 74-jährige Werner Ni- schler, und der 45-jährige Joachim Nischler sagt: „Wichtig ist für mich und unsere Gäste aber immer noch, dass wir ein Fa- milienbetrieb sind.“ Ein Gespräch zwischen jung und alt. Werner: „Ein Gespräch für unsere Hotelzeitung? Eine Hotelzeitung. Was willst Du denn noch alles anfangen?“ Joachim: „Unsere Stammgäste müssen das ganze Jahr über informiert bleiben, sie sollen wissen, was im Lin- denhof passiert, auch wenn sie nicht hier im Urlaub sind. Die Zeiten haben sich geändert. Kundenbindung nennt sich das, Papa.“ Werner: „Kundenbindung? Früher hat dafür eine große Portion auf dem Teller ausgereicht (lacht). Aber stell mich nicht immer als den ewig Gestrigen hin. Ich weiß, dass sich die Ansprüche der Gäste verändert haben, nicht nur, aber vor allem beim Essen. Und ich weiß schon, was Du geleistet hast.“ Joachim: „Das hört sich ja nach einem Kompliment an.“ Werner: „Na, ja. Man muss schon sagen, dass Du immer das Gespür dafür hast, was der Gast morgen will. Und vielleicht ergänzt sich das ja sogar. Ich bin der Alte und der Zeit hinterher, Du der Junge und der Zeit voraus – und deshalb stimmt’s immer in der Gegenwart. “ Joachim: „So jung bin ich auch nicht mehr ...“ Werner: „Es war schon richtig, Dir im Alter von 26 Jahren das Hotel zu übergeben. Wenn man jung ist, hat man eine Freude daran, was zu gestalten. Da kann man dann auch mal eine Hotelzeitung machen und sie ... wie nennen?“ Joachim: „Suite, Papa, einfach Suite.“ Werner: „Von mir aus. Einer muss der Chef sein und ent- scheiden. Ich finde es furchtbar, dass 80-Jährige heute noch glauben, Sie müssten ihre Firma leiten – obwohl der Sohn oder die Tochter schon 60 sind.“ Joachim: „Aber immer warst Du mit meinen Entschei- dungen auch nicht glücklich.“ Werner: „Das stimmt nicht. Schwer war es für mich nur 2003/2004, als Du komplett umgebaut und vieles vom Al- ten abgerissen hast. Das war ein harter Winter für mich, ich wollte es eigentlich gar nicht sehen und bin damals bewusst oft nicht in Naturns gewesen.“ Joachim: „Und nachher warst Du der Erste, der mir gra- tuliert hat. Das werde ich nicht vergessen, wie Du damals zum ersten Mal ins umgebaute, moderne Hotel gekom- men bist und begeistert warst.“ Werner: „Es hat mir wirklich gefallen. Und ich fand es gut von Dir, dass Du alles mit Leuten aus der Gegend gebaut hast, dass Du sogar auf die Materialien geachtet hast: Holz aus Naturns, Schiefer, Granit von hier. Einem alten Bauunternehmer hat das gut getan – und ich hab mir gedacht: Der Junge hat doch was von mir gelernt.“ Joachim: „Du weißt, dass ich einiges von Dir gelernt habe. Trotzdem hat mich dieser Umbau auch manche schlaflose Nacht gekostet. “ Werner: „Das ist mir klar gewesen. Ganz ehrlich: ich möchte mit Dir auch nicht tauschen. Ich weiß, was das bedeutet – Hotelchef zu sein, 55 Mitarbeiter zu führen, sich mit den Behörden rumzuschlagen und es allen Gä- sten recht machen zu wollen. Das ist verdammt arbeitsin- tensiv. Für Dich und Deine Frau. Das Familienleben lei- det unter solch einem Arbeitspensum.“ Joachim: „Es gibt nichts Spannenderes, als ein Hotel zu führen. Das brauche ich Dir nicht zu sagen. Du hast doch sogar neben Deinem Baugeschäft den Lindenhof aufge- baut. Tagsüber Baugeschäft, morgens und abends Hotel.“ Werner: „Da hatten wir 25 Zimmer, das kannst Du nicht vergleichen mit Deinem Luxushotel, in das Du immer weiter investierst. Ich weiß ja, dass Du Dir immer Gedan- ken machst, wenn mal ein Gast nicht ganz zufrieden ist.“ Joachim: „Es ist auch Dein Hotel. Für mich und die Gä- ste ist es wichtig, dass wir ein Familienbetrieb sind. Du hast angefangen zu investieren – und Du bist heute noch ein wichtiger Teil. Du begrüßt abends unsere Gäste ...“ Werner: „... und sage ihnen das, was Du willst. Joachim: „... leider sagst Du ihnen das nicht immer. Du erzählst ihnen meistens das, was Du willst. Obwohl wir eine klare Philosophie haben, wie wir was erklären.“ Werner: „Du und Deine Philosophie.“ Joachim: „Die ist wichtig. Ein Hotel braucht eine Philo- sophie. Wir haben sie ganz bewusst zusammen mit Ex- perten erarbeitet. Wir wollen alle hier für unsere Gäste das Dolce Vita leben. Sie sollen bei uns entschleunigen, genießen, sich verwöhnen lassen. Und deshalb müssen wir diese Philosophie auch alle umsetzen, die ganze Familie und die Mitarbeiter. Nur dann spüren sie die Gäste.“ Werner: „Ich bin nur alt, nicht blöd. Ich habe das schon verstanden. Und ich finde das ja auch super, wie Du Deine Mitarbeiter schulst, wie Du die Handbücher schreibst, was sie zu tun und zu lassen haben und wie Du dafür sorgst, dass wir mit einem einheitlichen Bild vor den Gä- sten auftreten. Dass die Gäste spüren, hier wollen alle, dass es uns gut geht. Das ist heutzutage wichtig.“ Joachim: „Und das aus Deinem Mund ...“ Werner: „Einmal in 25 Jahren kann ich Dich auch loben. Vielleicht streiche ich es wieder raus, wenn ich es dann schwarz auf weiß in Deiner neuen Hotelzeitung lese. Wie heißt die noch mal?“ Joachim Nischler ist nicht nur leidenschaftlicher Hotelchef, sondern auch sehr engagiert in Sachen Tourismus in Naturns. Mit Lorella hat er zwei Töchter: Chiara, 20, und Emma, 18. „Mal sehen, ob sie später ins Hotel einsteigen“, sagt er. Nischler ist begeisterter Sportler und fährt heute vor allem Rad. Außerdem engagiert er sich in der Fuß- ballszene: Er besitzt Anteile am Drittligisten FC Südtirol. Werner Nischler begrüßt auch mit 74 Jahren noch jeden Abend zusammen mit seiner Frau Doris die Gäste beim Abendessen. Frü- her leitete er ein Baugeschäft, das er 1997 verkaufte. Nischler senior hat den Lindenhof auf- gebaut. „Eigentlich habe ich das Baugrundstück gekauft, um ein Privathaus zu bauen. Doch als hier im Vinschgau der Tourismus begann, haben wir uns anders entschieden“, sagt er. BRAUCHT EIN HOTEL EINE PHILOSOPHIE ODER GROSSE PORTIONEN? DOPPELINTERVIEW Nischler junior und Nischler senior reden über die Kunst, ein Hotel zur Zufriedenheit aller Gäste zu führen D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 02HAUSPOST Joachim (links) und sein Vater Werner: „Der Junge hat doch was von mir gelernt...“
  • 3. Während die Gäste in einem der drei Speiseräume im Hotel Lindenhof in aller Ruhe und Entspanntheit Wein und Essen auswählen, beginnt in der Küche der größte Stress des Tages. Nur mit einer ausgeklügelten Logistik lässt sich hier auf knapp 250 Quadratmetern die Zeit zwischen 19 und 22 Uhr mei- stern. 600 Teller für 120 Gäste gehen in weniger als drei Stun- den über den sogenannten „Pass“. Und im Mittelpunkt steht die Hotelchefin. „Zwei Suppen, einen Drink für Tisch 14“, sagt Jan zu Lorella – und die Hotelchefin notiert auf einem vorbe- reiteten großen Blatt Papier, das an der Wand hängt, die erste Bestellung des Abends. Es ist 19.15 Uhr. Der ganz normale Wahnsinn beginnt in der knapp 250 Quadratmeter großen Küche im Hotel Lin- denhof. Wie an sechs anderen Tagen in der Woche steht Lorella Lorenza Longhitano am sogenannten „Pass“, der Küche und Service verbindet. Sie ist die Einzige, die mit den sechs Köchen in den nächsten Stunden kommunizie- ren wird, jede Bestellung läuft über sie, jede Essensausgabe wird von ihr im „Pass“ gesteuert und kontrolliert. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, was das für ein Zirkus wäre, wenn jeder Ober seine Bestellung direkt beim Koch or- dern würde“, sagt die Frau, die am Abend wohl den an- strengendsten Job hat, auch wenn diese knapp drei Stun- den von allen Beteiligten höchste Disziplin erfordern. „Tisch 18 möchte lieber eine Leberknödelsuppe – und zwei Mal Wellnessdrink“, ruft ihr Kellnerin Lea zu – und Lorella wischt noch einmal über die Teller mit den zwei Schaumsüppchen von Rosmarin und Parmesan, die seit vielleicht zehn Sekunden unter den fünf großen Wärme- lampen warten. „Die zwei Suppen an Tisch 32“, sagt sie – und Lea nimmt sie sofort mit. Es ist 19.45 Uhr. Vor der Schiebetür stehen immer mehr Gäste am Salatbuffet – und im Meran-Speisesaal überlegt Frau Glaser an Tisch 12, ob sie jetzt nach dem Wellness- drink aus Buttermilch und Passionsfrucht als warme Vor- speise lieber die Paarlbrotpappardelle mit einem Ragout von der Spanferkelkeule und einem leichten Kümmel- schaum oder den gebackenen Ziegenfrischkäseknödel auf einem Kürbischutney und frischen Feigen bestellen soll. „Der Gast kann sich bei uns von Gang zu Gang entschei- den“, sagt Lorella und weiß: Für die da draußen ist das sehr angenehm, für die hier drinnen verursacht es er- schwerte Bedingungen. „Zweimal Pappardelle für Tisch 12“, sagt Helmut im Vor- beigehen in Richtung Spülraum, wo er das schmutzige Geschirr abstellt. Lorella lässt Helmut noch kurz auf die nächste Servicekraft warten, damit die sieben Hauptspei- sen an Tisch 44 in der Stube gleichzeitig serviert werden können. „Manchmal verstehen Gäste nicht, warum nicht immer der gleiche Kellner zu ihnen an den Tisch kommt. Aber das ist bei unserem System mit der Wahl von Gang zu Gang gar nicht anders möglich“, sagt der Service-Lei- ter Helmut Stieger. Es ist 20.15 Uhr. Absolute Primetime. Acht Servicekräfte rennen rein (mit schmutzigem Geschirr) und raus (mit dem besten Gourmetessen), sechs Köche schwitzen und haben keine Zeit, auch nur ein Wort zu reden – und der große Zettel von Lorella ist weit über die Hälfte gefüllt. Die ersten Tische sind durchgestrichen, was bedeutet: Es- sen vollständig serviert. „Beim Umbau der Küche haben wir uns dieses System überlegt“, erzählt Lorella. Von der Schiebetür in die „öffentliche Welt“ führt ein langer Gang nach hinten. Nach fünf Metern kommt der Platz von Lorella, drei Meter weiter ist die Spüle. Auf der ande- ren Seite des Ganges führen vier Bahnen nach vorne – zu der Ablage mit den Wärmelampen. Auf Bahn 1 arbeitet der Suppenkoch, auf Bahn 2 werden die warmen Vorspei- sen zubereitet. Auf Linie 3 sind die Souschefs bei der Ar- beit, die sich um die Hauptspeisen kümmern. Und durch eine Wand abgetrennt hat der Patissier sein eigenes Reich. „Zweimal Ente und einmal Zander für Tisch 32. Aber erst in 15 Minuten“, sagt Monika – und man merkt allen an, dass sie wohl nur noch draußen in den Speiseräumen bei den Gästen die Kraft zum Lächeln haben. Es ist 20.45 Uhr. Lorella sagt, sie habe das schon im Ge- spür mit den zehn oder 15 Minuten Wartezeiten und streicht Tisch 5 durch, nachdem Lea das Dessert durch die Schiebetür jongliert. Seit acht Uhr heute Morgen ar- beiten die Köche. Bis zur Pause um 13.30 Uhr hatten sie den Großteil des Menüs vorbereitet und eine Etage tiefer im „Magazin“ in Gefrier- und Trockenfächern gelagert. „Während der Essensausgabe sollte jeder von uns nicht mehr als zehn Handgriffe machen müssen, sonst wird’s eng“, sagt der Chefkoch Andreas Pircher. Die Pappardelle liegt portionsweise gebündelt vor dem sprudelnden Was- sertopf, 40 fertig gegarte Entenbrüstchen warten im 40 Grad warmen Ofen auf die Erlösung, Sauce und Beilage stehen in einem ausgeklügelten System auf Bahn 2 und 3. „Wir haben unsere Erfahrungswerte, wie viele Enten- brüstchen wir brauchen werden. Und wenn die dann mal eine knappe Stunde im Wärmeofen sind, schmecken die wie komplett frisch zubereitet“, sagt Pircher. Es ist 21.30 Uhr. „Dreimal Ente für Tisch 11, einmal Zan- der“, sagt Jennifer – und zum ersten Mal herrscht wieder ein Lächeln zwischen der „Pass“-Frau Lorella und dem Chefkoch Andreas. Vier Mal Ente hätte nicht gereicht. „Wir hatten geglaubt, dass die Kinder wie üblich Wiener Schnitzel bestellen. Aber heute haben sie fast alle Ente ge- gessen“, sagt Lorella. Die braunen Augen der Italienerin, die einen sonst so feurig anschauen, blicken müde in die Runde. Langsam ist der Tag gemeistert, die ersten drei Bahnen werden geputzt, nur der Patissier Josef Martin hat noch ein paar Portionen und Handgriffe vor sich. Und Lorella sucht noch einen Ober, der das Dessert an Tisch 24 bringt. „Durch den Pass ist auch diese Rivalität raus, die doch früher oft in den Küchen zwischen Service- und Kochteam herrschte“, sagt Lorella. Jan kommt und holt das letzte Dessert bei Josef Martin ab, der schon verzweifelt auf jemanden vom Service gewartet hat. „Ich könnte auch Koch sein“, sagt Jan augenzwin- kernd zu Josef Martin – und der antwortet. „Zu mir hat man früher gesagt: Lern erst mal Koch, Kellner kannst du immer noch werden.“ Es ist kurz nach 22 Uhr. Service und Küche melden sich wieder zurück ins Leben. „TISCH 18 MÖCHTE LIEBER EINE LEBERKNÖDELSUPPE“ LORELLAS GANG Ein Blick hinter die Kulissen: Wie der ganz normale Wahnsinn bei einem ganz normalen Abendessen am „Pass“ in der Küche funktioniert D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 03 Lorella Lorenza Longhitano hat ihren Partner Joachim Nischler in Corvara im Sternelokal „La stüa de Michel“ kennen- gelernt. Seit 22 Jahren lebt sie jetzt in Naturns und ist im Lindenhof für die Bereiche Etage, Beauty und für den „Pass“ in der Küche zuständig. Aufgewachsen ist die Italienerin in dem Quartiere Baggio, in dem auch das San Siro-Stadion von Inter Mailand beheimatet ist – und zwar in der Via Val Senales. Der Schnalstalstraße. Wenn das keine Vorbestimmung war… Lorella hat alles im Blick – und sorgt dafür, dass Tisch 32 die Ente in drei Minuten bekommt Der „Pass“ in der Küche: die Hotelchefin steuert den Service und die Köche – „was wäre das sonst für ein Zirkus?“ REPORTAGE
  • 4. Angefangen hat Andreas Pircher mit 14, als Lehrling in einer großen Küche. Heute ist er 39 und Chefkoch im Hotel Linden- hof, dem von allen Gästen beim abendlichen Dinner Gourmet- Niveau bescheinigt wird. „Früher musstest du in kürzester Zeit große Portionen machen, heute arbeitest du kreativ an verschiedenen Gerichten“, sagt Pircher und wundert sich selbst, wie sich doch in relativ kurzer Zeit das Essverhalten der Men- schen geändert hat. Der Mann ist fertig. Fix und fertig. Das sieht man ihm auf den ersten Blick an. Von acht bis 13.30 Uhr und von 17 Uhr bis jetzt hat er gearbeitet, dabei die letzten drei Stunden während des Abendmenüs unter absoluter Hochspannung. Es ist halb elf, und er bestellt sich noch ein Bier. „Und was wollen Sie jetzt von mir wissen?“, fragt er leise – und es klingt so müde, dass es dem Fragesteller sofort ein schlechtes Gewissen suggeriert. Andreas Pircher ist keiner der Gourmetköche, die die Öffentlichkeit lieben, die sich und ihre Künste zur Show stellen. Die allen und jedem, ob sie es wissen wollen oder nicht, das Geheimnis ihrer einzigartigen Rezepte entge- genschleudern. Die keinem Journalisten aus dem Weg gehen und jede Kamera schon aus einem Kilometer Ent- fernung entdecken. Pircher ist zweifellos ein Gourmetkoch. Aber Pircher will kein Starkoch sein. „Wir machen das im Team“, sagt er so bescheiden wie er ist und winkt schnell seinen Stellvertreter Benny Perk- mann heran. Doch auch der will nur nach Hause, kein In- terview geben. Es war ein Stresstag – wie jeder Tag in der Saison – und normalerweise fährt auch Andreas Pircher um diese Zeit so rasch wie möglich zu seiner Frau nach Plaus. Noch ein bisschen abschalten, dann schlafen. Um acht Uhr am anderen Morgen geht es weiter. Und doch: was im Laufe des Gesprächs passiert, wundert selbst einen erfahrenen Journalisten. Der abgeschaffte Mann, der am liebsten schon seit einer halben Stunde zu Hause vor dem Fernseher schlafen würde, wird hell- wach, erzählt mit einer aufgeweckten Stimme, schwärmt mit blitzenden Augen, deutet mit schnellen Handbewe- gungen. Wir reden über Essen, über Köche, über Küche – es ist sein Thema, zu jeder Stunde. Und wahrscheinlich könnte man morgens um vier an seinem Bett rütteln, und Andreas Pircher würde sofort erzählen, warum er zum Entenbrüstchen Portweinsauce serviert und welche Zu- taten er verwenden will. Die Küche ist sein Leben. Seit er 14 Jahre alt war. Obwohl er es damals noch nicht wusste. „Ich hätte am liebsten wieder hingeschmissen. Aber ich hatte ja keine Alterna- tive“, sagt er. Er wollte nur eines – aus der Schule raus. Weil dem Onkel das „Rössl“ in Rabland gehörte und er einen Lehrling für die Küche suchte, war Andreas’ Weg programmiert. Er schuftete von halb neun morgens bis um vier mittags und von fünf Uhr nachmittags bis um elf Uhr nachts. 300 Portionen galt es zu machen, mittags und abends. „Ich war nur noch ein Strich in der Landschaft und bin sogar mal zusammengebrochen“, erzählt er. Es war eine andere Zeit. Der Chefkoch brüllte die Köche an, die Köche die Lehrlinge – und wenn der Chefkoch nicht da war, um mit Tellern zu werfen, warfen die Köche mit Messern. So rau wie in der Küche damals waren die Sitten nirgendwo anders. „Heute würden einen Tag spä- ter die Eltern der Lehrlinge bei mir stehen, wenn es noch so zugehen würde“, sagt Andreas Pircher. Doch: ob es einfacher geworden ist, in der Küche zu arbeiten, will er nicht sagen. „Damals gab es natürlich nur Bratkartoffeln, Reis oder Nudeln zum Fleisch, und die einzige Abwechs- lung war Rahm-, Paprika- oder schwarze Sauce. Heute müssen wir kreativer sein, haben aber auch die besseren Hilfsmittel.“ Mit einem Nadelstich kann er zum Beispiel feststellen, ob das Fleisch auf den Punkt ist, mit dem Pa- cojet kann er Tiefgefrorenes pürieren, ohne die vitalen Nährstoffe oder die intensiven Aromen zu verlieren. Das ist heute wichtig, weil in kürzester Zeit verschie- dene Gerichte zum Gast sollen. „Die Leute wollen keine großen Portionen mehr am Abend, sie wollen vor allem Abwechslung, den besonderen Geschmack und frische Zutaten“, sagt Andreas Pircher, dem diese Art der Küche wesentlich mehr Spaß macht als die von früher. Hier ist der Künstler gefragt, weniger der Koch. Zusammen mit Benny Perkmann arbeitet Pircher zweimal in der Woche den Speiseplan aus. „Wir schauen uns die Angebote der Lieferanten an und lassen uns dann inspirieren.“ So ach- ten die beiden auch darauf, dass sich zumindest die Zu- taten oder Beilagen zu den Gerichten im Laufe der neun EIN KÜNSTLER AM HERD CHEFKOCH ANDREAS PIRCHER Das Berufsbild in der Küche hat sich im Laufe der Jahre verändert: „Heute wollen die Gäste kreative Abwechslung und frische Zutaten“ Lagebesprechung: Pircher (links) und Perkmann tüfteln am Speiseplan der nächsten Woche D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 04GOURMET
  • 5. Nudelteig: 125g Weizenmehl 125g Hartweizenmehl 50g Bockshornmehl (evtl. durch Sieb abseihen) 150g Eier (ca. 3 Stück) 1 Tl. Olivenöl Käsefülle: 125ml Milch 125ml Sahne 100g Vinschger Bergkäse, gehobelt 10g Butter 10g Weizenmehl Salz, Pfeffer Kürbispüree: 500g Kürbis, geputzt und klein geschnitten Salz, Pfeffer 50g Butter Zubereitung Nudelteig: Alle Zutaten in einer Schüssel verrühren, auf den Tisch geben und zu einem glatten Teig kneten. In Klarsichtfolie einpacken und eine halbe Stunde ruhen lassen. Zubereitung Käsefülle: Mit Mehl und Butter eine Mehlschwitze herstellen. Die Milch und die Sahne in einem Topf erhitzen und würzen. Einmal aufkochen und in den Topf mit der Mehlschwitze schütten. Unter ständigem Rühren ca. 5 Min. kochen lassen. Den gehobelten Bergkäse dazugeben, gut vermengen und auskühlen lassen (ca. 3-4 Stunden). Zubereitung Kürbispüree: Den geputzten und geschnittenen Kürbis mit Salz und Pfeffer abschmecken, die geschmolzene Butter dazugeben und vakuumieren. In einen Dampfgarer geben und ca. 30-40 Min. dämpfen, bis der Kürbis weich ist. Noch heiß und evtl. mit etwas Flüssigkeit (vom Vakuumsack) aufmixen und abschmecken. Sie können den geschnittenen Kürbis auch in einen Topf mit Butter anziehen, würzen, mit ein wenig Gemüsebrühe (oder Wasser) aufgießen und zugedeckt weichgaren. (Ohne Vakuumiergerät). Fertigstellung: Den Nudelteig mit der Nudelmaschine dünn ausrollen und mit einem Ausstecher rund ausstechen. Den halben Teig mit Wasser bestreichen und in der Mitte die kalte Fülle mit einem Spritzsack daraufgeben. Das Nudelblatt zusammen klappen und gut andrücken. Die beiden Teigenden zusammendrücken und einen Raviolo formen. Die Tortelloni in Salzwasser bissfest kochen und mit heißer Butter und Parmesan abschmelzen. Das Kürbispüree auf einem Teller aufstreichen und die Tortelloni darauf anrichten. Name: Josef Martin Alter: 51 Familienstand: ledig Derzeitiger Aufenthaltsort: Hotel Lindenhof, Naturns Ich gestehe: ich bin ein Martin-Opfer. Und ich finde, es ist höchste Zeit, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Denn der Kampf, der sich jeden Tag in diesem Hotel mit diesem Josef Martin abspielt, ist ein verzweifelter. Einer, der einem letztendlich keine Chance lässt und jede Hoffnung auf die eigene Willensstärke raubt. In seiner ihm eigenen subtilen Art gewinnt der Mann wohl jede Auseinandersetzung, sein Gegenüber ist ihm stets machtlos ausgeliefert. Jeden Tag hatte ich bis gegen 20.30 Uhr das Gefühl, das Duell mit Martin gewinnen zu können. Jeden Tag so gegen 20.30 Uhr hatte ich es verloren. Mandelcrostata mit Honignüssen und Mascarpone-Feigenvariegato, Herbstfrüchte gratiniert, dazu Ribessorbet auf Moscatogranité, Schokoladensüppchen mit weißem Mousse und Mandelcroûtons, Ziegenricotta-Küchlein an Torroneparfait und Kumquatskompott – wie soll einer bei diesem vorsätzlich-süßen Bombarde- ment seinem Ziel treu bleiben, heute bestimmt mal kein Dessert zu essen? Zumal man als Gast spätestens nach dem zweiten Dessert weiß, dass dieser Josef Martin in unverantwortlicher Weise genau auf die Geschmacksnerven seiner Kundschaft zielt – und sie auch noch trifft wie kein anderer Patissier. Das ist Vorsatz. Übler Vorsatz. Wenn er sich donnerstags beim Dessert-Buffet auch noch den Gästen zum direkten Zweikampf stellt, lächelt er, als könne er kein Stückchen Kuchen versüßen. Er lässt die anderen angesichts des wahnsinnigen Angebots über Kalorien witzeln, was man immer nur in höchster Verzweiflung tut und wohlwis- send, dass dieser Windbeutel wieder das nächste Gürtelloch bedeutet – und er tut so, als könne er das Wort Gewichtszunahme nicht mal buchstabieren. „Wenn Sie sich morgen bewegen, ist das wieder weg“, sagt der Hotelchef, der Martin so in unverantwortlicher Weise auch noch verteidigt. Ja, und wenn ich mich nicht bewege? Und um 20.30 Uhr den Kampf wieder verliere? Es gibt keine Waage in den Zimmern im Lindenhof. Aus gutem Grund. So fehlen mir die letzten Beweise gegen Josef Martin. Aber wissen Sie, was das Schlimmste ist: Der Mann ist schlank. Richtig schlank. Und ich? Ich hole mir noch ein Stückchen von dieser Irish-Coffee-Torte – und ziehe die Anklage zurück. Und die alte Jeans halt nicht mehr an. Monate immer verändern. „Das sind wir schon unserer eigenen Ehre schuldig, nicht alle drei Wochen die glei- chen Menüs auf den Speiseplan zu schreiben“, sagt der Chef über elf Köche. Schon beim Erzählen merkt man ihm an, wie er sich auf den nächsten Tag freut. Sie haben heute Süßkartoffeln bestellt und wollen morgen kreativ an einer neuen Suppe arbeiten. Mango, rote Zwiebeln, Chilly – weiß der Teu- fel noch was der Mann alles aufzählt, was er da probieren will. Und das Erstaunliche daran: die beiden Künstler- Köche brauchen das Gericht gar nicht auf dem Ofen zu machen und nachher zu testen, schon beim Aufschreiben der weiteren Zutaten können sich Perkmann und Pircher vorstellen, wie es fertig schmeckt. Das sei wichtig, sagt Pircher, und es zeichne einen guten Koch auch aus. Jetzt ist der Journalist müde, aber Andreas Pircher in seinem Element. Von den Diätkursen berichtet er, die er demnächst besuchen wird, weil auch diese Art des Ko- chens immer wichtiger wird, von der Zeit zwischen den Jahren, in denen er sich noch intensiver darum kümmern kann, was die Konkurrenz so macht. „Es ist wichtig, auf dem Laufenden zu sein.“ Deshalb sitzt er auch abends zu Haus am Computer, wenn Frau und Kinder schon längst schlafen, und schaut, was die anderen so auf Facebook po- sten oder was es Neues in der Kochszene gibt. Das Bier ist alle – und die private Frage, was er denn sonst so treibe, holt den Mann urplötzlich wieder in die Mü- digkeit zurück. Früher habe er viel Sport in seiner Frei- zeit getrieben, aber heute würden ihn natürlich seine zwei Kinder fordern. Und welche Fernsehsendungen sieht er? Am liebsten Reportagen. Spiegel TV und so. Er schaut auf die Uhr. Soll doch Witzigmann von seinem Privatleben erzählen, Andreas Pircher muss jetzt ins Bett. EIN PIRCHER-REZEPT GAST-ANSICHTEN BOCKSHORN- TORTELLONI GEFÜLLT MIT VINSCHGER BERGKÄSE, DAZU KÜRBISCREME ICH KLAGE AN Andreas Pircher ist seit 1997 im Hotel Lindenhof, seit zehn Jahren als Chefkoch. Gelernt hat er im „Rössl“ in Rabland und auf der Landesberufsfachschule Savoy in Meran. Bevor er in den Lindenhof kam, arbeitete er im Romantikhotel „La Perla“ in Corvara. Pircher lebt in Plaus, ist 39 Jahre, verheiratet und hat zwei Kinder: Raphael (5) und Josef (4). Der Mann ist gefährlich. Aber Sie merken es nicht. Meist lächelt er. Nicht aufgesetzt. Freundlich. Wie in der Colgate- Werbung. Er hat grüngraue Augen der Marke „ich-kann- keiner-Fliege-was-zuleide-tun“. Sie strahlen dich an. Er gibt sich zurückhaltend, abwartend, freundlich. Keinesfalls auf- dringlich. Er ist wahrscheinlich ein Frauentyp. Auch einer, auf den die Schwiegermutter steht. Und doch. Ich klage an. In unserer nächsten SUITE-Ausgabe werden wir Ihnen den Patissier Josef Martin und seine Kunst vorstellen. D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 05 GOURMET „Der Star ist das Team“, sagt der Küchenchef Andreas Pircher (rechts) – und testet zusammen mit seinem Stellvertreter Benny Perkmann die neuesten Gerichte
  • 6. EINE LISTE ALLER STERNELOKALE IN SÜDTIROL FINDEN SIE UNTER WWW.LINDENHOF.IT/BLOG Lea serviert die Hauptspeise an Tisch 14 im Lindenhof. „Ein rosa Steak vom Rindszwischenrip- penstück mit Lagrein-Sauce und Romanesco-Gemüse. „Ich wünsche Ihnen einen guten Appe- tit“, sagt die Kellnerin – und Ingrid Hunger, die in ihrem Restaurant „Am Ödenturm“ in Cham selbst in der Küche steht und vom Michelin schon mit dem Bib-Gourmand gewürdigt worden ist, macht sofort den Experten-Schnelltest. „Ich fasse es nicht. Wie man jeden Tage bei mindestens 130 Essen das Fleisch auf den Punkt gebraten hin bringt...“ Das Gastronomen-Ehepaar Ingrid und Ernst Hunger macht seit 30 Jahren Urlaub in Südtirol. Nur die Prioritäten haben sich mit den Jahren verschoben. „Frü- her sind wir wegen des beständigen Wetters gekommen, heute kommen wir wegen der überragenden Küche“, sagt Ernst Hunger. Mit seiner Frau lässt er es sich abends im Hotel-Restaurant schmecken („Ein unglaubliches Niveau“), mittags sind die zwei gerne in den Sternerestaurants der Umgebung. „Die Dichte an guten Restaurants ist gewaltig“, sagt Hunger. Tatsächlich sind im neuen Michelin-Gourmetführer noch einmal zwei Sternerestaurants zu den bisherigen 18 dazugekommen: das Gourmetre- staurant Alpes in Bad Schörgau und das Restaurant Tilia in Toblach. „Wahnsinn“, findet Hunger. „Und in Deutschland gibt’s ja auch etliche Sterneköche aus Südtirol.“ Die Hunger-Experten aus Deutsch- land glauben, dass es dafür drei Gründe gibt: Erstens. „Für die Südtiroler sind Le- bensmittel wertiger als sie es bei uns sind“, sagt Ernst Hunger. Er führt das auch darauf zurück, dass hier im- mer noch viele Menschen ihre Nah- rungsmittel selbst produzieren – und dadurch auch andere lernen, welche Arbeit hinter guter Qualität steckt. „Ich glaube nicht, dass hier so viele Menschen Fleisch im Super- markt kaufen wie bei uns“, sagt Ingrid Hunger. Ihr Mann weiß, dass in Deutschland lieber in einen BMW oder Audi investiert wird und weniger in ein gutes Essen. Zweitens. „Wo Wein angebaut wird, genießt man auch das Essen mehr“, sagt der Gastronom. Tatsächlich ist Südtirol für seine Weine bekannt – und tatsächlich be- stellen sich die meisten Gäste zum Südtiroler Essen auch Südtiroler Wein. Ingrid Hunger: „Das passt einfach zusammen.“ Drittens. „Die jungen Köche in Südtirol sind ehrgeiziger und hungriger als unsere“, sagt Ernst Hunger, dessen Sohn selbst unter anderem auch bei Sternekoch Christian Jürgens gearbeitet hat. Heute steht er im „Ödenturm“ in Cham am Herd. Hunger glaubt, dass in den Tälern von Südtirol viele junge Menschen in der Gastronomie landen – und wissen, dass sie vor allem in der Küche Ruhm ernten können. Andreas Pircher vom Lindenhof ist für die Hungers so einer, der ganz Großes leistet. „Heute Mittag waren wir bei Sternekoch Hintner in Eppan“, erzählt das Ehepaar am Abend, während Lea das Dessert im Lindenhof serviert. „Jetzt haben wir noch einen glacierten Südtiroler Apfel in Honigsauce mit selbstgemachtem Vanilleeis“, sagt sie. Ernst Hunger schnauft einmal tief durch. „Pullover und Hosen kann man sich ja auch in Südtirol in jeder Größe kaufen“, sagt er. HUNGERS STERNEJAGD IN SÜDTIROL ESSEN IM URLAUB Ein deutsches Gastronomen-Ehepaar über die Küche und die Lebensmittel in und um Naturns: „Ein unglaubliches Niveau“ Familie Hunger im Hotel Lindenhof: drei Gründe, warum die Qualität des Essens in Südtirol besonders hoch ist PUR SÜDTIROL Sommelier Günther Hölzl und Marketingexperte Ulrich Wallnö- fer haben eines gemeinsam: beide lieben gutes Essen und erstklassige Produkte aus der Region. Deshalb haben sie den Genussmarkt „PUR“ in Meran eröffnet, wo Bauern aus ganz Südtirol ihre Produkte zu fairen Preisen anbieten können. „Das Konzept überzeugt mich“, sagt Lindenhof-Koch Benny Perk- mann. 90 Bauern verkaufen hier ihre Produkte von Milch, Käse über Wurst, Speck und Obst, Wein bis zur Kosmetik. Man muss nicht mehr von Bauernhof zu Bauernhof fahren, um beste und frische Qualität einzukau- fen. „PUR Südtirol“ im Meraner Kurhaus bietet alles unter einem Dach - sogar ein Bistro, in dem man alles probieren kann. EINKAUFTIPPS WAS BENNY PERKMANN EMPFIEHLT D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 06GOURMET SENNEREI ALGUND Die Sennerei in Algund wird täglich von 73 Bergbauern aus Algund, Partschins und Naturns mit frischer Milch beliefert. Die Kühe weiden auf saftigen Wiesen fernab vom Straßenver- kehr, was natürlich die Logistik nicht einfach macht. Aber Benny Perkmann ist überzeugt: „Man schmeckt den Unterschied in der Milch.“ Die saubere Umwelt in den Alpen zusammen mit der natürlichen Produktion der Milch liefern ein gesundes und naturreines Ausgangsprodukt. In der Sennerei wird die Milch dann zu Quark, Käse, Joghurt und Butter weiter verarbeitet, und schließlich landen die Produkte unter anderen in den Regalen von PUR Südtirol. Auch auf den Einkaufslisten der Lindenhof- Köche stehen Produkte der Algunder Sennerei. KRÄUTERSCHLÖSSL IN GOLDRAIN Wer schon mal durch den Vinschgau gefahren ist, hat sicherlich bei der Ortschaft Goldrain das sonnengelbe Schlösschen entdeckt, das „Kräu- terschlössl“. Rund um das Schloss liegen Kräuter- und Blumenfelder. Es ist der ganze Stolz der Familie Gluderer, die die angepflanzten Kräuter in Eigenarbeit zu Quali- tätsprodukten veredelt. Kräuter- Teemischungen, Heilsalben, Kosmetikprodukte und Nudeln kann man bei den Gluderers in Goldrain kaufen. „Biologisch ein- wandfrei“, sagt Benny Perkmann, der auch öfters bei der Familie vorbeischaut. Und einkauft.
  • 7. D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 07 GOURMET Schon für Wolfgang von Goethe stand fest: „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“, schrieb er so gegen 1810. Und vielleicht hat der große deutsche Dichter dazu beigetragen, dass es inzwischen Menschen wie Alex Panin gibt. Der Chef de Rang im Hotel Lindenhof ist gelernter Sommelier und sorgt dafür, dass die Gäste jeden Abend den richtigen Wein zum richtigen Essen bekommen. Alex Panin ist alles andere als ein Alkoholiker – und trotzdem hatte er vor allem einen Grund, 2003 in den Lindenhof zu wechseln: den Wein. „Zu- sammen mit Helmut Stieger habe ich 2002 den letzten Kurs zum Sommelier gemacht – und bei ihm habe ich gemerkt, dass sein Hotelchef viel mehr Wert auf gute Weine und auf beste Weinkenntnis legt als meiner“, sagt Panin. Jetzt ist er seit gut zehn Jahren „Chef de Rang“ bei Joachim Nischler. Der 44-jährige Panin war schon immer Weinliebhaber – obwohl er selbst nicht so viel trinkt wie seine Gäste („Im Jahr verkaufen wir schon so 15.000 Flaschen“). Aber: er interessiert sich vor allem für die Philosophie der ver- schiedenen Weine, für die Herkunft, für die Charakteristik. Er interessiert sich dafür, warum der eine Wein gut zu einem gedünsteten Fisch passt und der andere besser zu einem gegrillten. „Früher wären wir bei der Prüfung durchgefallen, wenn wir behauptet hätten, dass man auch einen Rotwein zum Fisch trinken kann“, sagt Panin, der die Entwicklung sehr spannend findet. Denn heute lässt man sich vom Koch vor allem die Zutaten zu den Gerichten notieren – und entscheidet dann, welche Weinempfehlung es zu welchem Gang im Lindenhof gibt. Und das kann dann durchaus auch mal ein Weißwein zum Fleisch sein. „Wichtig ist, dass der Wein nicht zu domi- nant ist gegenüber den Zutaten“, sagt Panin. Mit Joachim Nischler, Helmut Stieger und Alex Panin gibt es im Lindenhof gleich drei Herren des Weinkellers. Immer wieder lädt zum Beispiel Service- Chef Stieger Gäste zur Verkostung der Weine ein – und erklärt Interessier- ten alles über Südtiroler Rebsorten. Denn obwohl es im Hotel das Beste aus Italien, Frankreich und Deutschland gibt und mehr als 600 Etiketten auf der großen Karte stehen, entscheiden sich 80 Prozent der Gäste immer für den Wein aus der Gegend. „Das freut uns sehr, weil es zeigt, dass die Südtiroler Weine inzwischen mithalten können“, sagt Alex Panin. Dabei geht es mit dem Weinbau in Südtirol erst langsam wieder voran, nachdem die meisten Bauern jahrzehntelang mehr auf die Apfelernte als auf Rebsorten gesetzt ha- ben. Im Moment gibt es pro Saison 5.300 Hektoliter Wein aus Südtirol. Zum Vergleich: Apulien produziert 400.000 Hektoliter. Vernatsch ist die Rebsorte, die in Südtirol am meisten angebaut wird, aber Alex empfiehlt durchaus auch die anderen Trauben: Kerner, Weiß- burgunder und Pinot Grigio bei den Weißen, Lagrein, Blauburgunder, Merlot und Cabernet bei den Roten, wobei der Blauburgunder allein we- gen der Farbe oft verwundert. „Er ist nicht so dunkel wie die schweren Weine aus der Toskana. Aber er muss so sein. Wenn ein Blauburgunder mal richtig rot ist, ist er aufgepeppt worden, nur um die Farbe kräftiger zu machen“, sagt der Experte – und der Laie probiert den Roten, der nicht rot aussieht, und ist angenehm überrascht. „Es ist für uns immer ein großes Kompliment, wenn dem Gast unsere Empfehlung schmeckt“, sagt Alex Panin, der den Wechsel in den Lin- denhof nie bereut hat. „Hier habe ich mein Hobby Wein mit zum Beruf machen können. Und hier lerne ich immer mehr, weil der Chef auch Wert auf Fortbildung legt.“ Und weil die Gäste Wert legen auf die Herren, die sich mit dem Wein auskennen... DARF’S EIN ROTWEIN ZUM FISCH SEIN? WEINVERKOSTUNG Auch Sommeliers wie Alex Panin lernen immer dazu – und so weiß er: Auf die Zutaten des Essens kommt es an BATARD-MONTRACHET 2001 „Ich glaube, es ist der beste Weißwein der Welt. Anne-Claude Leflaive baut seit 1997 biologisch-dyna- misch an und lässt ihre Chardonnay-Trauben in Barrique-Fässern reifen, bis sie den opulenten Pfirsich-Haselnuss- Geschmack haben. Ich würde den Batard- Montrachet 2001 zu einem komplexen Gericht empfehlen – zum Beispiel zu einem Steinbutt- filet mit Sauce Béarnaise und Trüffel.“ Weingut: Leflaive in Burgund/Frankreich SASSICAIA 1985 „Der berühmte Toskana- Wein ist durch Zufall entstanden. Weil Marchese Mario Incisa della Rocchetta der französische Rotwein ausging, baute er nur für den eigenen Verzehr 1944 die Rebsorten Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc an – auf 1,5 Hektar an der toskanischen Mittelmeerküste. Da es ein steiniges Feld war, nannte er den Wein Sassicaia. Obwohl er von der Struktur her ein einfacher Wein ist, essen Sie kein Schnitzel dazu. Lieber ein Filet mit Kruste.“ Weingut Tenuta San Guido in Bolgheri/ Toscana CHATEAU MOUTON ROTHSCHILD 1985 „Das Chateau zählt zu den fünf Premium Cru-Classe- Weingütern. Es liegt auf einer Kuppe, die mit Kiesauflagen aufgestockt ist - und so für beste Voraussetzungen vor allem für die Rebe Cabernet Sauvigon sorgt. Die Flaschen haben alle ein von Künstlern wie Chagall oder Picasso entworfenes Etikett. Ich würde zum Chateau Mouton Rothschild 1985 etwas Kräftiges essen – zum Beispiel gute Wildgerichte.“ Weingut: Mouton Rothschild bei Pavillac/ Bordeaux. BAROLO MONFORTINO 1993 „Roberto Conterno gilt wie sein Vater als kompromiss- loser Traditionalist, der nur gute Qualität verkauft. So dauert die Maischung schon mindestens fünf Wochen. Außerdem wird der Barolo auf jeden Fall drei Jahre gelagert, bis er verkauft wird, der Riserva sogar vier. Ich würde am liebsten einen Schmorbraten mit einer kräftigen Sauce zu dem Barolo Monfortino 1993 essen.“ Weingut: Giacomo Conterno in Monforte d’Alba im Piemont. Alex Panin ist ausgebildeter Sommelier. Seit über zehn Jahren berät er die Gäste in Sachen Wein. Als Chef de Rang führt er die Kellner und Kellnerinnen und ist direkt dem Service-Leiter unterstellt. Panin ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat einen Sohn (Jonas/20) und drei Töchter (Chiara/13, Lucia/9 und Emilia/4). Der Weinkeller im Lindenhof ist 80 Quadratmeter groß. Hier lagern bis zu 15.000 Flaschen, der Wert beläuft sich wohl auf eine halbe Million Euro. AUS DEM LINDENHOF-KELLER ALEX PANIN: JEDER GAUMEN IST ANDERS - ABER FÜR MICH SIND DAS UNSERE RARITÄTEN
  • 8. Die richtige Massage zum richtigen Zeitpunkt kann Wunder wirken. Doch wie weiß ich, was mir wann gut tut? Allein das Hotel Lindenhof bietet in seinem Beauty- und Wellnessbereich 24 Massagen unterschiedlichster Richtungen an. „Fragen Sie den Experten oder vertrauen Sie Ihrem Instinkt. Wenn Sie die Angebote durchlesen und Sie freuen sich dabei schon auf eine Massage, machen Sie nichts falsch“, sagt Lindenhof-Masseurin Marion Raffeiner. Der Gast aus Stuttgart glaubte sich im falschen Film. Da war er eine Nacht in Naturns – und zum ersten Mal in 30 Jahren hatte er wieder geträumt. Leider von seiner Exfrau. Kurzes Resümee am Morgen danach: zwei Gläser Wein, ansonsten nur Wasser. Daran, das fühlte er auch an seinem sonstigen geistigen Zustand, konnte es nicht gelegen haben. „Kann es sein, dass ich wegen Ihrer Massage geträumt habe?“, fragte er – noch relativ ungläu- big – in der Wellness-Abteilung im Lindenhof nach. Ja, es kann sein. „Wir können natürlich nicht zaubern, wir können nur Ver- spannungen lösen“, sagt Masseurin Marion, aber der Ne- beneffekt der heilenden Hände ist klar: Wenn sich Ver- spannungen lösen, fließt Energie. Und wenn Energie fließt, fließen auch Gedanken. Das kann – wie bei dem Gast aus Stuttgart, der sich zum ersten Mal massieren ließ und gleich die Breuss-Massage wählte – bis zu den Träumen führen. „Es kommt auf den Typ an. Und natürlich auch auf die Massageart“, sagt Marion, die zusammen mit vier Kol- leginnen und einem Kollegen in der Wellness- und Beauty- abteilung des Hotels arbeitet. Was gelernte Masseure nicht als erste Aufgabe ansehen, setzen viele Psychologen bereits gezielt ein: Bestimmte Re- flexe oder Massagen, die seelische Blockaden lösen. Der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung entwickelte einst auf der Psychoanalyse Freuds die Lehre von der psychi- schen Energie. Heute gilt es als gesichert, dass Massagen nicht nur die Muskulatur entspannen, Verklebungen lösen, schmerzlindernd sind und das Haut- und Bindegewebe entspannen, sondern auch die Durchblutung fördern, Blut- druck und Pulsfrequenz senken können, psychische Ver- spannungen lösen, Stress reduzieren und das vegetative Nervensystem beeinflussen. Natürlich kennt auch Marion die Massagen, die der Seele gut tun. „Alle Streichelein- heiten sind für die Seele positiv“, sagt die Fachfrau – und empfiehlt vor allem vier Anwendungen für Einsteiger: > Die Energie-Fußmassage nach Pater Josef Eugster. „Wenn ich Füße massiere, geht es immer um den ganzen Menschen“, sagte Eugster, der als Professor für Alterna- tivmedizin im Osten Taiwans arbeitete. Eugster-Pati- enten sind sich sicher, dass seine Art der Massage see- lische Probleme löst. Mit seiner ganzheitlichen Methode werden alle 83 Reflexzonen behandelt und stimuliert. > Shiatsu ist eine Philosophie, die den Menschen in un- terschiedlichen Lebenssituationen begleiten soll. Es ist ein eigenständiges System energetischer Körperarbeit und Lebenskunde. „Diese Technik mit Hilfe von Finger-, Ellbogen-, Hand-, Knie- und Fußdruck auf verschiedene Akkupressurpunkte gibt dem Körper sofort eine innere Ruhe und Erholung“, sagt Marion. > Abhyanga und Shirodara sind Ölmassagen, die nach Ayurveda Altern und Anspannungen stoppen und Le- bensenergien ins Gleichgewicht bringen. Abhyanga be- deutet auf deutsch so viel wie „die große Einölung“. Ma- rion ist überzeugt von dem Konzept: „Ein spezieller Stirnölguss begleitet einen in eine tiefe Ruhe und lässt die Gedanken fließen.“ > Und da ist Lomi Lomi Nui. Lomi heißt drücken, kneten oder reiben – und die Verdoppelung des Lomi verstärkt das Ganze noch. „Wir arbeiten hier mit dem gesamten Unterarm einschließlich der Ellbogen“, sagt Marion. Lomi Lomi Nui kommt aus Hawaii, ist aber von der Phi- losophie her der traditionellen chinesischen Medizin an- gepasst: In einem gesunden Körper fließt die Energie, Krankheiten setzen sich immer als Verspannungen fest. Marion verwendet Kokosöl – und lässt hawaiianische Mu- sik im Hintergrund laufen. Vielleicht sollte es der Gast aus Stuttgart nächstes Mal auch mit Lomi Lomi Nui versuchen. Dann träumt er auch nicht mehr von seiner Exfrau. Denn Lomi Lomi Nui praktizieren die Hawaiianer immer dann, wenn für sie ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Beim Geburtstag, vor der Hochzeit, wahrscheinlich auch nach der Scheidung. „Dann schließen sie durch die Massage mit dem alten Le- ben ab – und freuen sich auf die neuen Herausforde- rungen“, sagt Marion und findet: „Dafür ist doch der Ur- laub immer ein guter Startpunkt.“ ICH HAB GETRÄUMT VON DIR... PSYCHISCHE ENERGIE IM LINDENHOF Warum man gerade bei Massagen den Experten vertrauen sollte Marion Raffeiner hat die Landesberufsschule in Meran besucht, die auf alle Facetten der Schönheitspflege spezialisiert ist. Später arbeitete sie auch in der Pension Tuckett in Trafoi, die ihren Eltern gehört. Seit einem Jahr ist die begeisterte Ski- und Radfah- rerin in der Beauty- und Wellness- Abteilung des Hotels Lindenhof angestellt.die richtige Massage an. D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 08WELLNESS
  • 9. Noch immer geben Frauen zehnmal so viel Geld für Kosmetikprodukte aus wie Männer, doch die neue Zielgruppe ist für die Hersteller männlich. „Das Potential ist größer – und damit auch die Dynamik des Wachstums“, sagen die Experten. Immer mehr Männer wagen sich angeblich an Cremes und Gesichtsbehandlungen. Ein letzter Blick in die Rezeption des Hotels. „Prägt euch bitte dieses Hemd ein. Wenn ihr es in einer Stunde wieder seht, bin ich es“, sage ich aus echter Sorge, man kön- ne mich verwechseln und nicht mehr in das Zimmer 302 lassen – doch Isabella lächelt nur weise. „Ich weiß schon, Sie haben eine Gesichtsbehandlung gebucht.“ Beauty 4, Kosmetikabteilung, Erdgeschoss, Hotel Lindenhof. Ein sogenannter „Be- handlungsstuhl“ steht in dem kleinen Raum, ein Spiegel mit Licht hängt an einem dyna- mischen Ständer, den man hin und herschie- ben kann. Wie beim Zahnarzt, denke ich. Es ist so ein Moment, in dem man sich fragt, worauf man sich da eingelassen hat. 62 Jahre lang hat mein Gesicht gehalten – und wenn es einem/einer nicht gefallen hat, hat er/sie einfach wegschauen können. Warum, in drei Teufels Namen, versuche ich jetzt plötzlich auszusehen wie 61 mit der Gefahr, dass mich vielleicht anschließend keiner mehr erkennt. „Sollen wir eine Fußmassage dazu ma- chen?“, fragt Stefanie und reißt mich aus meinen trüben Gedanken. Eine Fußmassa- ge? Bei der Gesichtsbehandlung? „Wir bie- ten das gerne an, weil es zur Entspannung beiträgt“, sagt die Kosmetikerin – und mir wird die Absicht schnell klar: Die Fuß- massage bei der Kosmetik ist wie eine Art Narkose beim Zahnarzt – du bist weg und bekommst nicht mehr mit, was mit deinem Gesicht alles veran(un)staltet wird. Dankend lehne ich ab – und Stefanie erklärt mir den weiteren Verlauf des Schicksals. Ich verstehe Reinigung, Peeling, Heißdampf, Feuchtig- keitscreme, Maske – und als ich erkläre, dass manche Menschen sich inzwischen an mein Gesicht gewöhnt haben und die Verände- rungen nicht so extrem sein sollten, schaut sie mich fragend an. „Wir können doch Ihr Gesicht nicht verändern. Wir versuchen nur, Alterungsprozesse zu verlangsamen.“ Das habe ich schon oft versucht. Und es ist mir nie gelungen. Ich war vor Jahren einmal 20 Minuten joggen. Ich habe in drei Fitness- klubs Mitgliedsbeiträge bezahlt und zwar gleichzeitig. Und ich habe auch schon mal ein paar Stunden auf Alkohol verzichtet. Alles vergebens. Und nun stoppt Stefanie meinen Alterungs- prozess. In 80 Minuten. Obwohl ich mein Gesicht morgens gewa- schen habe, reinigt sie mit einem Schaum angeblich weitere Schmutzpartikel ab, be- lebt mich wieder mit einem Gesichtswasser und fällt dann mit Spiegel und Licht die nie- derschmetternde Diagnose: Ich bin der tro- ckene Hauttyp mit empfindlicher Haut. Ich lerne, was ein enzymatisches Peeling ist (ohne Schleifpartikel natürlich) und dass beim mechanischen Peeling Jojoba-Kügel- chen die abgestorbenen Hautschüppchen lösen. Stefanie Gorfer versteht ihr Geschäft, sie ist gelernte Kosmetikerin und seit vier Jahren im Lindenhof – und immer wieder muss sie mit Männern wie mir kämpfen. Die glauben, eine Behandlung lasse sie um Jahre jünger aussehen. „Sie sollten das alle sechs Wochen machen lassen“, sagt Stefanie. Was sie jetzt macht, tut vor allem weh. Denn nicht nur meine Haut ist empfindlich, ich auch. Sie reinigt die Nase von Mitessern, sie sticht Grieskörnchen auf und piekst und drückt. Geplatzte Äderchen machen ihr zu schaffen. „Behandlungen wie diese können helfen, dass es nicht mehr werden.“ Die Schmerzen gehen weiter. „Wie hätten Sie Ihre Augenbrauen gerne?“, fragt sie. Ich verstehe die Frage nicht. Akustisch schon. Aber: Augenbrauen sind Augenbrauen. „Ein bisschen“, sagt sie – und zupft so wahnsin- nig, dass ich fürchte, es bleibt nur noch ein Strich über den Augen. Allerdings bleibt mir keine Zeit, über meinen Augenbrauen-Typ nachzudenken. Denn schon kämpft Stefanie „gegen die freien Radikalen“ – mit einer Vi- tamincreme, die vor allem Vitamin E ent- hält. Es folgen Augenmaske, Serum, Hand- massage, Augencreme und Gummimaske. Sogar Stammzellen von der weißen Rose werden unter der Abschlusscreme aufgetra- gen, weil sie identisch sind mit den mensch- lichen Stammzellen und die Zellerneuerung anregen. Sagt Stefanie – und ich glaube wie- der an den neuen Menschen. Ich muss zugeben: sie hat mich geschafft. Irgendwann war sogar ich ruhig, war tiefen- entspannt, und es war mir egal, wie und ob ich nachher aussehen werde. Es hat einfach gut getan, vielleicht meiner Haut. Aber auf jeden Fall mir. Ich verstehe jetzt sogar die Männer, die das öfters als einmal in 62 Jah- ren mit sich machen lassen. Bisher haben sie zum Teil Hohn und Spott ertragen müssen, aber das hat sich schon geändert. Sagen die Marketingexperten der Kosmetikhersteller. „Soll ich Ihnen vielleicht doch die Adresse eines Gesichtschirurgen geben?“, fragt Isa- bella mitleidig an der Rezeption, als sie mich nach der Behandlung sieht. Sie muss mich am Hemd erkannt haben... Seit 2008 haben die Dolce Vita Hotels mit Spezia- listen an der Idee des „Südtirol-Urlaubs für zu Hause“ gearbeitet. Mit viel Leidenschaft und Herzblut wurde geforscht, getestet, variiert. Verschiedene Heil- kräuter der Alpen wurden zu BERG veredelt, der bio- zertifizierten Pflege-Linie. Wissenswertes: · Sämtliche Kräuter und Substanzen der BERG- Produkte, die auch in der Kosmetikabteilung im Lindenhof benutzt werden, stammen vom Südtiroler Unternehmen „Kräuter- schlössl“. Hier werden sie auf nachhaltig ökologische Weise angebaut. · Das Wachstum wird durch gezielte Bodenbearbeitung, Mischkulturen, geeignete Fruchtfolge etc. geför- dert. Der Großteil aller Arbeitsschritte erfolgt in Handarbeit. · Bei der Trocknung werden die Kräuter auf Darren dünn ausgelegt und im Trocknungsraum scho- nend entfeuchtet und in spezifischen Vorgängen weiterverarbeitet. Dann erst kann die Abfüllung für die Herstellung der BERG- Bio-Kosmetik an einen autorisierten Betrieb zur Verarbeitung weitergege- ben werden. Die Leitwirkstoffe in den BERG-Produkten sind: Ringelblume, Alpenrose, Rosmarin, Salbei, Edelweiß, Thymian, Traube, Marille, Mandelöl u.a.m. Die BERG-Produkte können Sie auch online erwerben unter www.berg.io 62 JAHRE – UND DAS GESICHT HÄLT MÄNNER UND SCHÖNHEITSPFLEGE Wie Stefanie den „Alterungsprozess“ eines Gastes verlangsamen will – Ein Selbstversuch in der Kosmetikabteilung DOLCE VITA – MIT BERG-PRODUKTEN Stefanie Gorfer arbeitet schon seit vier Jahren als Kosmetikerin im Lindenhof. Sie hat eine vierjährige Ausbildung im Bereich Schönheits- pflege in der Berufsfachschule in Meran hinter sich. Stefanie bietet von der Fußreflexzonen-Massage bis zur Gesichtsbehandlung alles an – und ist für alle Methoden eigens geschult worden. „Ich finde es sehr schön, im Hotel zu arbeiten. Weil die Menschen, die hier in Urlaub sind, Zeit mitbringen und Muse haben zur Entspannung. In einem normalen Kosmetikstudio sind immer alle unter Zeitdruck“, sagt sie. DIE TÄTERIN: Stefanie G. aus NaturnsDAS OPFER: Horst W. aus Stuttgart D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 09 WELLNESS
  • 10. Seit drei Jahren hat der Service-Leiter Helmut Stieger einen Nebenjob im Lindenhof: Er begleitet einen Tag in der Woche Gä- ste auf ihrer Wanderung. Stieger, ein Bergbauernsohn aus dem Martelltal, ist ein erfahrener Wandersmann und kennt die Ge- gend wie kein anderer. „Ich bin bergsüchtig“, sagt er über sich. Die rote Krawatte ist mit einem perfekten Wind- sorknoten gebunden. Der Kurzhaarschnitt akkurat. Das Hemd weiß, der Anzug dunkel, die Schuhe schwarz. „Hatten Sie einen schönen Tag?“, fragt Helmut Stieger fast jeden seiner Gäste und hört sich von einem Flach- landtiroler wie mir an, wie hart doch wieder der Aufstieg zur Runster Mühle auf dem Sonnenberger Panoramaweg war. Stieger nickt verständnisvoll und bemüht sich, für den anderen Tag eine noch leichtere Route zu empfehlen. Sein eigenes Nachmittagsprogramm erzählt er keinem. Um halb eins, gleich nach dem ersten Teil der Arbeit im Lindenhof, ist der Service-Leiter des Hotels von Latsch aus los marschiert – hoch zur Vermoispitze. Von 650 Hö- henmeter auf 2.980 Höhenmeter. Und wieder zurück. Power-Wandern, nennt er das – und er macht diese oder ähnliche Touren vier Mal in der Woche. „Ich bin berg- süchtig“, sagt Stieger, der während der Urlaubersaison für Bergläufe und Ski-Langläufe trainiert. Mindestens zwei Stunden rennt und läuft er fast täglich, bergauf und berg- ab. Meist mit seiner Frau Irmi, oft auch allein. „Es ist ein wichtiger Ausgleich für mich zur Arbeit“, sagt er, nach- dem er Wanderstiefel und Kniebundhosen wieder ge- tauscht und in die Pinguin-Uniform des Restaurantchefs geschlüpft ist. Um 19 Uhr kommen die ersten Gäste. Die optische Verwandlung des Bergsteigers und Natur- liebhabers zum Service-Leiter eines Viersterne-Plus-Ho- tels dauert vielleicht eine halbe Stunde. Doch eigentlich bewegt sich Stieger zwischen zwei Welten. Helmut Stieger ist auf dem Pühlahof im Martelltal aufge- wachsen. Auf einem Bergbauernhof, 1.500 Meter hoch gelegen. Zur Schule musste er täglich 300 Höhenmeter nach unten laufen – nach Martell Dorf. Und mittags wie- der nach oben. Eine Straße gab es nicht. Im Winter ging sein Vater voraus, um ihm und seinen acht Geschwistern einen Weg zu bahnen. „Insgesamt waren wir sogar 14 Kinder, weil im Pühlahof zwei Familien lebten“, erzählt Helmut Stieger. Er sagt, er habe seine Kindheit wirklich gelebt. Obwohl sie hart war. „Wir haben in der Natur ge- spielt, denn Spielzeug in dem Sinn hatten wir ja keines.“ Die vielen Urlauber aus den Städten können sich be- stimmt nicht vorstellen, was ein Leben auf dem Pühlahof bedeutete, einem Ort, der eigentlich nur dank der Natur mit anderen Häusern und Höfen und Orten verbunden war. Unzählige Kilometer hat Stieger zu Fuß zurückge- legt, um Nachbarn zu besuchen, um mal beim Onkel vor- beizuschauen. Die Stiegers lebten vom eigenen Anbau, von ihren Schafen, Kühen und Rindern. Der große Hel- mut erinnert sich, wie er als kleiner Helmut zwei Mal in der Woche hoch ins Gebirge steigen musste, wo die Kühe weideten, um ihnen einen Zusatz zum Futter zu bringen. Und natürlich auch wieder zurück. „Das war unser Sport. Wir haben uns wirklich ständig bewegt“, sagt er. Natürlich hat Helmut Stieger die Zeit geprägt, diese er- sten 15 Jahre in der Natur, eigentlich fernab der Zivilisa- tion. „Es war lehrreich, obwohl es mit dieser heutigen Welt nichts zu tun hatte“, sagt der 51-Jährige, der seit sei- nem 15. Lebensjahr im Service arbeitet. Er hat im Hotel DER WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN ERST POWER-SPORTLER, DANN RESTAURANTCHEF Helmut Stieger ist vom Bergbauernsohn zum Service-Leiter im Viersterne-S-Hotel aufgestiegen – und rennt zum Ausgleich immer mal wieder 2.000 Meter hoch Rundwanderung zu den Flimseen Tourenlänge: ca. 14 km Gehzeit: ca. 7 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 1.400 m Höhenleistung Abstieg: ca. 1.400 m Empfohlene Wanderzeit: Juli - September Bei dieser Wanderung führt Sie Wanderguide Helmut in sei- ne Heimat, das Martelltal. Sie fahren mit dem Auto 40 Minu- ten bis zum Weiler Gand (1.400 m). Der Ausgangspunkt der Wanderung befindet sich ca. 1 Kilometer dahinter. Der Weg 2A ist steil und anstrengend. Doch auf der Oberen Flimalm auf 2.200 m öffnet sich das unberührte Bergtal – und man hat einen herrlichen Blick auf die Bergwelt. Anschließend nehmen Sie den Weg Nr. 18 zum Unteren und danach zum Oberen Flimsee (50 Minuten). Die beiden klaren Bergseen schimmern in einem einzigartigen silbrigen Farbton. Das Was- ser des oberen Sees ergießt sich in einem fast senkrechten Wasserfall in den Unteren. Die letzten 300 m führen Sie hinauf zum höchsten Punkt dieser Wanderung: dem Flimkanzel und den Raubweiden auf ca. 2.800m. Der Abstieg erfolgt über den Weg Nr. 18 zur Soyalm und den Weg Nr. 4. Vorbei am Café Hölderle sind es noch 20 Minuten Wanderzeit bis zum Auto. Vinschger Sonnenberg: Tourenlänge: ca. 7 km Gehzeit: ca. 2,5 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 250 m Höhenleistung Abstieg: ca. 300 m Empfohlene Wanderzeit: ganzjährig Bei dieser Wanderung können Sie Ihr Auto getrost in der Ga- rage stehen lassen. Sie fahren am besten mit der öffentli- chen Vinschger Bahn bis nach Schlanders. Vom Bahnhof folgen Sie den Wegweisern »Promenade« zum nord-östlichen Schlanderser Dorfrand und anschließend der Markierung Nr. 5 hinauf zum Beginn der Sonnenpromenade (820 m). Dann haben Sie das anstrengendste Stück der Wan- derung auch schon geschafft. Über die Sonnenpromenade gelangen Sie zum Biotop und zu den Schlanderser Leiten (Stufen) und weiter über den Panoramaweg nach Goldrain. Mit den Jahreszeiten genießen Sie immer andere Naturschau- spiele. Bei der Apfelblüte im Frühling haben Sie eine tolle Sicht auf tausende von blühenden Apfelbäumen. Der Panorama- weg führt oberhalb der Weinreben vorbei. Im Herbst, kurz vor der Weinlese, färben sich die Blätter der Rebstöcke in warme Herbstfarben. Auch im Winter ist der Weg schneefrei. Zum Taschenjöchl und zur Berglalm im Schnalstal Tourenlänge: ca. 12 km Gehzeit: ca. 5 Stunden Höhenleistung Aufstieg: ca. 900 m Höhenleistung Abstieg: ca. 900 m Empfohlene Wanderzeit: Juni – Oktober Es geht schon urig los und zwar bei den alten Kofelhöfen auf 1.938 m im hinteren Schnalstal. Mit dem Auto brauchen Sie ungefähr 40 Minuten bis dorthin. Der Weg Nr. 5 führt Sie durch einen Lärchenwald stetig bergauf zum unberührten Lagauntal auf 2.200 m. Dann überqueren Sie die kleine Holzbrücke und erreichen den archäologischen Wanderweg Nr. 4, der Sie durch das wunderschöne Tal leitet. Nach kurzer Zeit beginnt dann der recht anstrengende An- stieg über teils felsiges Gelände zum Taschenjöchl (2.771 m). Die Strapazen des Weges dorthin lohnen sich aber allemal. Sie haben eine atemberaubende Aussicht auf die Schnalser Berg- welt. Direkt neben dem Gipfelkreuz des Taschenjöchl finden Sie die mysteriösen Ruinen der ehemaligen Heilbronner-Hütte. Der Abstieg erfolgt über den Weg Nr. 5 zur Berglalm (super Knödel oder Südtiroler Marende). Über den Steig Nr. 5 kommen Sie bis zum Lagauntal und dann zurück zu den Kofelhöfen. ANSPRUCHSVOLLE RUNDWANDERUNG GENUSSWANDERUNG MIT AUSSICHT MITTELSCHWERE BERGWANDERUNG D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 10SPORT
  • 11. Savoy in Meran einen Servierkurs gemacht, im Excelsior in Meran Hotelverwaltung gelernt, er war in der Schweiz und acht Jahre im Gastronomiebereich selbstständig. Seit 15 Jahren ist er jetzt im Lindenhof im Service. Und seit drei Jahren ist er auch als „Wanderführer“ tätig und damit Nachfolger des 74-jährigen Werner Nischler, der gesund- heitlich kürzer treten musste. „Der macht das sehr gut“, sagt Nischler senior über Helmut Stieger – und eigentlich ist das so was wie ein Ritterschlag. Stieger passt seine Wanderungen den Gästen an. Zwi- schen 300 und 900 Höhenmeter bietet er ihnen bei seinen Ausflügen an, für ihn sind das leichte Spaziergänge. Der Mann seilt sich den Klettersteig Hoachwool bei Naturns hoch, er besteigt an freien Tagen mal schnell den Ortler (3.905 Meter) und die Königsspitze (3.859 Meter). „Ich brauche nicht die Couch zwischen den Arbeitsstunden am Morgen und denen am Abend, ich brauche nur die Berge“, sagt er und behauptet, dass er es nie übertreibe. Man ist versucht, dem ruhigen und souverän wirkenden Mann, der seit zehn Jahren Großvater ist, zu glauben. Bis er die Geschichte vom König-Ludwig-Lauf in Oberammergau erzählt. Beim 50-Kilometer-Ski-Rennen im klassischen Stil zeigte das Thermometer minus 23 Grad – und Hel- mut Stieger sagt, er sei schon auf der Strecke völlig kaputt gewesen und habe noch Stunden nach dem Lauf gezittert. „Vielleicht hätte ich doch nicht starten sollen – zwei Tage nach meiner Magenspiegelung....“ Warum haben Sie nicht aufgegeben, als sie gemerkt ha- ben, das geht nicht? „Aufgeben mag ich nicht. Wenn man einmal aufgibt, fin- det man immer wieder irgendwelche Gründe, um alles hinzuschmeißen.“ Vielleicht charakterisiert den Service-Leiter und Natur- menschen Stieger nichts mehr als dieser eine Satz. Und vielleicht überrascht es auch keinen mehr, dass sein Sohn inzwischen ein herausragender Sportler ist: Jonas Stieger gehört mit 17 Jahren dem Junioren-Biathlon-Team an und besucht die Sportoberschule in Mals mit dem Schwer- punkt Wintersport/Biathlon. „Ich glaube nicht, dass ich ihn dazu getrieben habe“, sagt Helmut Stieger. Pause. Er überlegt. „Aber ich habe ihm halt nichts anderes gezeigt.“ Es sind nur ein paar Kleinigkeiten, die eine Wanderung perfekt machen. Fragen Sie im Lindenhof nach dem Büchlein mit den „Wandertipps” und lassen Sie sich bei schwierigeren Strecken die Notfallnummern von der Rezeption mitgeben. Für alle Fäl- le. Drei weitere Punkte fasst unser erfahrener Wandersmann Helmut Stieger für Sie zusammen. DIE KLEIDUNG „Lassen Sie sich nicht täuschen. In Naturns scheint natürlich immer die Sonne – aber ob sie während Ihrer Wanderung außerhalb Naturns auch immer scheint, ist doch mehr als fraglich. Das heißt: Sie können gerne im T-Shirt los laufen, Sie sollten aber immer auf Kälte, Regen und am be- sten auch noch auf Sturm und Schnee vorbereitet sein. Packen Sie zumin- dest diese wetterfeste Kleidung mit ein, damit Sie für alle Eventualitäten gerüstet sind. Das Wetter kann sich in den Bergen blitzartig ändern.“ DIE SELBSTÜBERSCHÄTZUNG „Es ist super, dass Sie zu Hause in Mönchengladbach, Zürich oder Han- nover auch immer wieder spazieren gehen. Dadurch sind Sie fit. Allerdings ist es doch zumindest am Anfang etwas anderes, in den Bergen zu wandern. Erkundigen Sie sich bei uns, was dieser oder jener Weg bedeutet. Wenn da am Wegesrand eine Stunde Gehzeit steht, kann das vieles heißen: Hoch und runter, nur hoch, nur runter. Viele wissen mit den Höhenmetern nichts anzufangen. Wir können es Ihnen übersetzen und sagen, was das für Sie bedeutet. Und: laufen Sie nicht los wie ein 100-Meter-Sprinter. Wandern ist eine Ausdauersportart.“ DIE VERPFLEGUNG „Wir nehmen auf unseren Hotelwan- derungen auch Wein mit. Weil wir im- mer irgendwo eine anständige Brot- zeit machen. Mit Alkohol. Ich würde aber nicht sagen, dass dies auf jeder Ihrer Wanderungen Pflicht ist. Pflicht ist allerdings, immer Wasser dabei zu haben. Trinken Sie regelmäßig einen Schluck, nicht erst, wenn Sie Durst verspüren. Sie verbrauchen auf Ihrem Weg viel Flüssigkeit, also führen Sie auch ihrem Körper Flüssigkeit zu. Da man auch nie weiß, ob man sich ver- läuft, ob die Hütte wirklich geöffnet hat, ob man ein Gasthaus findet, wäre es ratsam, stets irgendwas zum Essen dabei zu haben. Auch Schokoriegel sind erlaubt, schließlich laufen Sie die Kalorien ja spielend wieder runter.“ HELMUT STIEGER KLEINE TIPPS FÜR DIE GROSSE WANDERUNG Vervollständigen Sie doch bitte mal diesen Satz: Kinder können manchmal ganz schön ... „Nein, das werden Sie von mir nicht hören.” Was denn? „Dass Kinder nervig oder anstrengend sein können. Der Satz ist doch so formuliert, dass nichts anderes rauskommen kann.” Aber anstrengend sind Kinder doch. „Überhaupt nicht. Anstrengend ist doch nur irgend- was zu tun, was keinen Spaß macht. Mit Kindern zu arbeiten, macht aber riesigen Spaß.” Und jetzt wollen Sie mir noch erzählen, dass Kinder auch nicht nervig sind? „Was ist denn nervig im Zusammenhang mit Kindern? Auf keinen Fall sind sie nervig. Wenn sie mal ein biss- chen rumzicken, darf man nur überhaupt nicht darauf eingehen. Sondern weitermachen, als wäre nichts. Zu 99 Prozent kommen sie dann auch wieder runter und spielen ruhig weiter.” Sie haben ja das Problem, dass Sie fast jede Woche mit anderen Kindern spielen müssen. Und sich auch die Kinder untereinander nicht kennen. „Das ist der große Unterschied zum Kindergarten. Die Schweizer Kinder und die deutschen Kinder verstehen sich manchmal schon sprachlich nicht richtig, werden aber trotzdem irgendwann Freunde. Man muss den Kids hier nur was bieten, was sie zu Hause nicht haben. Wir basteln zum Beispiel viel mit einfachsten Materialien – und sie können ihr Werk nachher voller Stolz ihren Eltern zeigen. Wir machen Ausflüge und erklären die Natur, bei uns gibt’s abends ein Kinder- menü und und und.” Woher kommt Ihre Liebe zu Kindern? „Ich habe schon während der Oberschule Ferienjobs als Babysitterin angenommen und auch Nachbars- kinder betreut. Und als ich beim Weißen Kreuz war, musste ich mich entscheiden – gehe ich in die Sanitäter-Richtung oder in die Kinderbetreuung. Ich habe mich schnell für die Kinder entschieden, mache aber immer noch einmal in der Woche den freiwilligen Dienst beim Weißen Kreuz.” Wie viele Kinder wollen Sie denn mal als Mutter groß ziehen? „Ich habe ja im Lindenhof geübt. Mit 25 komme ich schon noch zurecht…” Julia Perkmann bleibt dem Linden- hof treu – und betreut auch in der Saison 2015 die Kinder der Hotelgä- ste. Während die Eltern im Urlaub wandern, spielt sie mit dem Nach- wuchs. Sie macht das so gut, dass viele Eltern sie gerne als Kinderfrau mit nach Hause nehmen würden. Fragen an die 23-Jährige. DER LIEBLING DER KINDER 1 2 3 Jeden Donnerstag bietet das Hotel seinen Gästen eine Wanderung mit Helmut Stieger an. Die Wanderung wird einen Tag vorher ausge- schrieben, am Abend vorher sollte man sich anmelden. Vorausset- zung sind immer feste Wanderschuhe und dem Wetter ange- passte Kleidung. Helmut Stieger ist verheiratet mit Irmi, die auch im Linden- hof arbeitet und für das Frühstücksbuffet zuständig ist. Beide haben zwei Kinder: Sarah ist 27, Jonas ist 17. Als Service-Leiter ist Stieger für 15 Ange- stellte verantwortlich sowie für den Einkauf von Weinen. Stieger ist 51 Jahre alt und arbeitet seit 15 Jahren im Lindenhof. D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N GSEITE 11 SPORT
  • 12. Dolce Vita ist das süße Leben. Dass man das genießen und trotzdem berufliche Höchstleistungen erbringen kann, be- weist einer mit großem Ehrgeiz: Joachim Nischler. Der Mann ist 45 und Chef des Hotels Lindenhof, das zu den Dolce Vita Hotels gehört. „Mein erstes Ziel ist es, dass die Gäste bei uns entspannen”, sagt er – und lebt den Urlaubern neben oder bei seiner Arbeit noch den besonderen Triathlon vor: viel Sport, gute Weine und Essen auf höchstem Niveau. Der Mann hat 3.738 Höhenmeter hinter sich. 1.869 bergauf, 1.869 bergab. Er hat 48 Kehren hinauf und 48 hinunter bewältigt und war ganz oben auf 2.752 Meter. Mit dem Fahrrad. Auf dem Stilfser Joch. Der zweithöchsten Pass- straße der Alpen. Wie jeden Dienstag von Juli bis Oktober. Fünf Stunden Hochleistungssport. „Das gehört zu meinem Triathlon-Programm“, sagt Joachim Nischler und lacht. „Viel Sport, guter Wein und excellentes Essen – nur mit diesen Drogen halte ich einen 20-Stunden-Tag durch.“ Joachim Nischler, 45, ist seit gut zwanzig Jahren Hotelchef im Lin- denhof. Er hat die sehr gute Pension seines Vaters zu einem angesehenen Viersterne-S-Hotel ausgebaut, er hat mit vier Kollegen die Dolce Vita-Ket- te gegründet, er engagiert sich in Sa- chen Kultur und Sport in der Region. Er beginnt seinen Arbeitstag mor- gens um sieben im Büro, bietet den Urlaubern Radtouren mit ihm wie die auf das Stilfser Joch an, er kümmert sich um den Einkauf, das Marketing, das Personal und die Gäste. Und er ist sich nicht zu schade, abends im Speisesaal auch noch das dreckige Geschirr in die Küche zu tragen. „Er gibt immer und überall über 100 Pro- zent“, sagt der Service-Leiter Helmut Stieger über seinen Chef – und Joa- chim Nischler sagt, er hoffe, dass er seinen Gästen das Dolce Vita vorlebe. Ja, was denn nun? Arbeitstier oder Genussmensch? Sieht so einer aus, der Dolce Vita nicht nur schreiben kann, sondern wirklich lebt? Im Lebensmittelmarkt „Unterthurner“ in Naturns, gleich unten bei der Hauptstraße, feiern die Einhei- mischen an einem wunderschönen Oktoberabend ihre Riesling-Woche. Zwischen Toilettenpapier und Obst- regal spielt eine Zwei-Mann-plus-Eine-Frau-Band Musik aus den 90er Jahren. Die Stimmung ist ausgelas- sen, was an dem harten Rock und dem preisgekrönten Wein liegt. Und mittendrin feiert Joachim Nischler. Er trinkt, er tanzt, er redet. „Hier kann ich abschalten“, sagt der Hotelchef und schwärmt von den Musikern. „Der Sänger gefällt mir, der gibt 150 Prozent“, sagt er zu seiner Frau Lorella über den 25-Jährigen, der wie unter Drogen seinen Kopf nach vorne, nach hinten, nach rechts, nach links wirft. Joachim Nischler genießt den Abend, das merkt man ihm an – und am anderen Morgen erzählt er, er habe die Band verpflichtet. Die spiele im nächsten Jahr auch für seine Gäste im Lindenhof. Der Riesling-Abend im „Unterthurner“ zeigt vielleicht sehr anschaulich, wie Joachim Nischler tickt. Er kann ausgelassen feiern – und hat dennoch immer die Ar- beit und sein Hotel im Kopf. Der Mann ist trotz Dolce Vita 24 Stunden am Tag Hotelchef. Das unterstreichen auch die Antworten auf die Frage, wie wichtig ihm der Sport ist. „Sehr wichtig“, sagt Joachim Nischler natür- lich. Er fährt trotz aller beruflichen Termine zweimal in der Woche Rad und geht einmal joggen. „Ich brau- che das. Dabei kann ich super abschalten.“ – Und was geht Ihnen so durch den Kopf, wenn Sie mit dem Rad unterwegs sind? – „Danach habe ich mindestens zehn Punkte, was ich im Hotel alles angehen will“, sagt er. Psychologen meinen was anderes, wenn sie von „ab- schalten“ reden. Bei einem wie Nischler steht der Leistungsgedanke mindestens gleichauf mit dem süßen Leben. Das ist er vom Sport her so gewohnt. „Der zweite Platz ist der erste Platz für den Verlierer“, ist seine Devise. Schon als Kind zählte er fast in allen Disziplinen zu den Be- sten: er lief die 1.000 Meter unter drei Minuten, er fuhr Ski und Rad, er spielte Eishockey, Tennis und war im Fußball als eisenharter Verteidiger bekannt, ein klei- ner Terrier, wie einst Berti Vogts. Er hatte Spaß, an dem, was er tat. Aber: „Ich hatte immer nur ein Ziel: ich wollte gewinnen“, sagt Joachim Nischler, den ein Achillessehnenriss ausgerechnet beim Hobbyfußball mit der Gastronomen-Mannschaft vor knapp zehn Jah- ren außer Gefecht setzte. Seither beschränkt er seine ehrgeizigen sportlichen Pläne darauf, seine Gäste bei der Stilfser-Joch-Radwette zu besiegen. Wer schnel- ler oben ist als er, gewinnt einen Wellness-Gutschein. Nischler: „Freiwillig schenke ich den nicht her. Ganz bestimmt nicht.“ Nein. Einer wie Nischler fordert auch seine Gäste. Wenn sie schon gegen ihn antreten wollen, sollen sie auch zeigen, was sie drauf haben. In allen seiner drei Disziplinen. Zum „Triathleten“ wurde er so in den 90er Jahren als Praktikant im Sternelokal „La Stüa de Michil“ in Corvara. Hier lernte er Peter Dipo- li und Lorella Lorenza Longhitano kennen, wobei die Reihenfolge keine Aussagekraft besitzt. Es war die Zeit, die sein Leben prägte. Lorella ging mit ihm nach Naturns, mit ihr hat er die Töchter Chiara und Emma. Peter Dipoli wurde sein Freund, und der Winzer führte ihn in die Welt der gu- ten Weine und der exklusiven Küche ein. Joachim Nischler, der bis dahin keinen Wein getrunken hatte, wurde zum Weinliebhaber und Gourmet. Heute ist er mit allen Sterneköchen Südtirols auf du und du, lässt sich von den Winzern des Landes weiter bil- den und sorgt dafür, dass auch seine Gäste von seinem Triathlon profitie- ren: Küche, Weinkeller und Bar sind im Lindenhof Chefsache. Der Mann kennt sich aus, was Dolce Vita anbelangt: bei Wein („Der ist dreckig, den mag ich nicht“), beim Essen, wo es seinem Freund schon mal einen harten Rüffel einbringen kann, wenn der zur venezianischen Kalbsleber nichtsahnend Röstkartoffel bestellt („Die sind doch vom Geschmack viel zu inten- siv, da musst Du ein Püree dazu essen“) und auch beim Sport. Wer gegen ihn aktiv antreten will, sollte sich von seinem theoretischen Fachwissen jedenfalls nicht täu- schen lassen. Im Tippspiel setzt er gerne auf Verlierer- teams wie auf seinen Lieblingsverein Inter Mailand. Doch meistens profitieren die Gäste von seiner Ah- nungslosigkeit. Im WM-Spiel gegen Brasilien glaubte er nicht an deutsche Tore – und versprach für jeden Treffer der Löw-Mannschaft jedem Gast ein Bier. Das Spiel endete 7:1 für Deutschland. DOLCE VITA –BEI EINEM 20-STUNDEN-TAG JOACHIM NISCHLER Warum der Lindenhof-Hotelchef neben seiner Arbeit den besonderen Triathlon braucht: „Für mich sind Sport, Weine und gutes Essen wie eine Droge” IMPRESSUM Herausgeber: Familie Nischler, Hotel Lindenhof StyleSpa Resort Naturns, www.lindenhof.it, Tel. 0039 0473 666242; Verantwortliche Gesamtleistung: Joachim Nischler; Redaktion: Katharina Nischler, Horst Walter; Gestaltung: Patrick Amor; Fotografie: Andreas Marini; Repro: Günther Piltz; DruckVersand: G.A.S. Salzburg Der „Triathlet“ Joachim Nischler mit den besonderen Trikots der Radhelden, mit den 127 Whisky-Flaschen in seiner Bar und beim Gourmetessen im eigenen Speisesaal D I E L I N D E N H O F H O T E L Z E I T U N G SEITE 12PORTRÄT