[21.05.2010] Die Eigenkapitalausstattung der Finanzdienstleistungsbranche sorgt insbesondere im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzkrise seit Jahren für Schlagzeilen. Um die Märkte zu stabilisieren und das Vertrauen wiederherzustellen wurden, zunächst im Bankensektor verschiedene regulatorische Maßnahmen wie Basel II eingeführt, die umfangreiche Systemanpassungen in der IT erforderten. Nun steht die Versicherungswirtschaft unter dem Schlagwort Solvency II vor der Einführung umfassender Regelwerke.
Strategische IT-Sicherheit für die Landeshauptstadt München
Regelkonforme Assekuranz
1. Strategie
Regelkonforme Assekuranz Zukunftssichere IT-Architektur
Solvency II geht über die Anforderungen von MaRisk bei Daten-
haltung und IT-Organisation hinaus und erfordert noch einmal
Solvency II: Wie Versicherer regelkonform werden und ihre signifikante Investitionen. Viele Versicherer betrachten bereits
heute die IT und das Datenhandling als Kernkompetenz bzw.
Unternehmenssteuerung optimieren legen die Priorität auf den Ausbau aktuarieller Werkzeuge. Dabei
wird unter Umständen die Chance vertan, gleich die IT-Prozesse
und -Organisation grundlegend zu modernisieren, um eine ein-
Die drei Säulen von Solvency II heitliche, industrialisierte IT-Architektur zu erreichen. Neben
Die Eigenkapitalausstattung der Finanzdienstleistungsbran- einem Risikomanagement auf vollständiger Datenbasis ermög-
che sorgt insbesondere im Zusammenhang mit der weltwei- Die Erfüllung der regulatorischen Mindestanforderung beginnt licht eine moderne IT nämlich auch die wert- und risikoorientier-
ten Finanzkrise seit Jahren für Schlagzeilen. Um die Märkte in Säule 1 mit der Ermittlung der Eigenmittelausstattung. Als te Unternehmenssteuerung und kommt damit auch den Bedürf- Grafik1) Ökonomische Bilanz unter Solvency II und Zuordnung
zu stabilisieren und das Vertrauen wiederherzustellen wur- zu bewertende Größen fließen die Marktwerte der Aktiva und nissen der operativen Einheiten entgegen. Diese profitieren vor der Eigenmittel je nach Haftungsqualität
den, zunächst im Bankensektor verschiedene regulatorische Passiva ein, das Solvency Capital Requirement (SCR) sowie das allem von vielfältigen Business-Intelligence-Werkzeugen. Das
Maßnahmen wie Basel II eingeführt, die umfangreiche Minimum Capital Requirement (MCR) (Grafik 1). Modell zur Berechnung des Solvenzkapitals greift idealerwei-
Systemanpassungen in der IT erforderten. Nun steht die Säule 2 umfasst alle qualitativen Anforderungen an Versicherer se auf Ergebnisse dezentraler aktuarieller Modelle zurück. So
Versicherungswirtschaft unter dem Schlagwort Solvency II und Aufsicht im Rahmen des Supervisory Review Process. wird gewährleistet, dass die beispielsweise für das Reserving,
vor der Einführung umfassender Regelwerke. Voraussetzung dafür sind die Corporate Governance, das Risi- das Pricing, die Berechnung eines MCEV oder die Ermittlung
komanagement sowie ein Internes Steuerungs- und Kontroll- des Rückversicherungsbedarfs qualitätsgesicherten Daten und
system. Dabei kann die von der Aufsicht testierte Qualität der Verfahren wiederverwendet werden können. Als Modellierungs-
Umsetzung in Säule 2 im Sinne eines Risikozuschlags Einfluss tools kommen marktgängige, aktuariell dokumentierte Insellö-
auf die Höhe des Solvenzkapitals (SCR) haben (Grafik 2). sungen für einen eingegrenzten Anwendungsbereich (Reserving,
Um Transparenz und Berichterstattung an die Aufsicht geht es Pricing, NatCat-Modellierung, ALM) zum Einsatz.
in der Säule 3. Marktteilnehmer müssen auf dieser Grundlage
detailliert über Solvenz und Risiko informieren und sollen auf Aufwändige IT-Integration
diese Weise zu mehr Disziplin angehalten werden.
Aus Sicht der IT besteht die besondere Herausforderung darin, Die Integration der Modellierungsplattformen in eine industria- Grafik2) Modell einer modernen IT-Architektur fokussiert auf die
eine nachhaltige Architektur und ein übergreifendes Datenma- lisierte IT-Landschaft gestaltet sich aufwändig, da sich z. B. ihre Unterstützung des Risikomanagements
nagement über alle drei Säulen hinweg zu realisieren, um auf Schnittstellen schwer automatisieren lassen. Revisionssicher-
diese Weise die aktuariellen Rechenmodelle, den Workflow und heit, Historienführung und Reproduzierbarkeit erfordern eine
das regelmäßigen Reporting zu verbinden. umfangreiche Kapselung, zudem ist das aktuarielle Wissen in Zukünftige Wettbewerbsvorteile
den Modellen komplex. Aus diesen Gründen führt üblicherweise
Herausforderungen für Versicherer nicht die IT-Abteilung, sondern das aktuarielle Personal die Soft- Die frühzeitige Integration eines internen Modells schafft Wett-
ware-Updates und die technische Modellkalibrierungen durch. bewerbsvorteile und bietet die Chance zu einem Reputationsge-
Je nach Unternehmensgröße kann der Aufwand für die Sol- Die Ergebnisse der dezentralen Modelle werden in einem zent- winn, der sich auch in einem besseren externen Rating nieder-
vency-II-Umsetzung in mehrjährige Projekte münden. Bereits ralen Risk-Datawarehouse gesichert. Darauf setzen Werkzeuge schlägt. Werden Datenhaushalte industrialisiert verwaltet und
jetzt ist ein Großteil der umzusetzenden Richtlinien bekannt, so und Modelle zur Berechnung des Risikopotenzials auf, die Risi- sind die Rechenmodelle technologisch integriert, so können die
dass einem Projektbeginn nicht im Weg steht. Einzig die derzeit koklassen, Vertriebswege und Legal Entities berücksichtigen. Simulationsverfahren zur Unternehmenssteuerung beitragen.
laufende EU-weite Feldstudie QIS 5 kann noch Änderungen Verbreitet sind Standalone-Lösungen für ein qualitatives Risiko- Auf diese Weise lässt sich dann beispielsweise der SCR durch
nach sich ziehen, die sich jedoch flexibel in das Projekt einar- management mit pseudoquantitativen Ansätzen, Risikokapitalbe- aktives Kapitalanlage-Management mittels Umschichtung des
beiten lassen. Bis Ende 2012 sollten idealerweise folgende Ziele rechungstools für Leben/Kranken und Sach sowie Aggregations- Asset-Portfolios auf andere Anlageklassen optimieren. Kapital-
Solvency II kann die Versicherungswirtschaft europaweit erreicht werden: und Allokationssoftware. anlageentscheidungen können mittels eines IT-gestützten inter-
modernisieren und vereinheitlichen. Zu den drei zentralen Maß- • Festlegung der Projektziele per GAP-Analyse; nen Modells zielgerichtet auf Risikominimierung und Verringe-
nahmen zählen erstens Regeln für die Finanzmarktstabilität • usbau der Governance in Sachen Risikostrategie, Aufbau-
A IT-Unterstützung für aktuarielle Belange rung des Eigenmitteleinsatzes überdacht und getroffen werden.
und die Harmonisierung der Versicherungsaufsicht, zweitens und Ablauforganisation, Risiko-Assessment; Automatisierte Risikomessung und -steuerung auf Basis
eine Reform der Solvabilitätsanforderungen unter Berücksichti- • Prozesse zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen; Die Erfüllung der Solvency-II-Anforderungen benötigt Daten, einer modernisierten IT-Landschaft macht das Unternehmen
gung des Geschäftsmodells („doppelte Proportionalität“) sowie • isikomanagement beim Modell zur Berechnung des Solvenz
R die meist nicht aus versicherungstechnischen Datenpools ext- zukunftsfähig. Es trägt zum wirtschaftlichen Erfolg eines Ver-
drittens wert- und risikoorientierte Entscheidungsprozesse im kapitals, Own Risk and Solvency Assessment; rahierbar sind. Die Aktuare müssen daher mit Hilfe der IT sicherungsunternehmens bei, wenn es sein Eigenkapital sowohl
Rahmen einer einheitlichen IT-Architektur. • odernisierung des Daten- und IT-Managements und Bereit-
M viele neue Fragen beantworten, insbesondere wenn ein internes bei den Kapitalanlagen als auch in der Versicherungstechnik
Die deutsche Versicherungsaufsicht BaFin hat im Rahmen der stellung von Daten in der benötigten Qualität. Modell zur Anwendung kommt. Zentrale aktuarielle Aufgaben optimiert einsetzt und Verluste, die sich aus überraschenden
MaRisk-Regularien hierzulande bereits einige Anforderungen Auf Mitarbeiterseite erfordert Solvency II Fortbildungsmaß- sind dabei die Simulation von Cashflows unter Berücksichtigung Risiken ergeben können, vermeidet.
durchgesetzt. Dennoch müssen die Versicherungsunternehmen nahmen und einen personellen Ausbau bei Aktuariat, Risiko- von Zins, Stornoentwicklung und Inflation, die Modellierung
Autor:
mit signifikantem Umstellungs- und Implementierungsaufwand management, Compliance und IT. Wurde die Datenverarbeitung von Schadenverteilungen für Katastrophenrisiken, die Modellie-
rechnen – vor allem bei der Integration aktuarieller Modelle teilweise outgesourct, ist übrigens die Versicherungsaufsicht rung mathematischer Aggregationsverfahren zur verursachungs- Dr. Hubert Sterner
sowie der Konsolidierung von Datenhaushalten innerhalb der zukünftig angehalten, auch den Dienstleister wie ein Versiche- gerechten Zuordnung von Risiken und die Entwicklung IT- Leiter Business Consulting Insurance, metafinanz
IT-Architektur. rungsunternehmen zu prüfen. unterstützter Limitsysteme für Underwriting und Kapitalanlage. Informationssysteme, München
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