In unserem Arbeitsleben spielt das Treffen von Entscheidungen eine wichtige Rolle, doch vielen fällt genau das schwer. Dr. Marcus Winteroll stellt den neuen und viel diskutierten Standard Decision Model and Notation (DMN) der OMG vor und erörtert die Anwendungsmöglichkeiten:
Analyse von Entscheidungen
Automatisierung von Entscheidungen
Dokumentation des Geltungsbereichs von gesetzlichen und anderen Vorgaben (Compliance)
Als Trainer und Berater von oose liegen meine Schwerpunkte in der Analyse und Verbesserung von Abläufen; sowohl von Geschäfts- als auch von Entwicklungsprozessen. Dazu setze ich vor allem auf agile Methoden, aber auch die klassischen Vorgehensweisen sind mir aus meiner langjährigen Erfahrung als Projektleiter, Prozessmanager, Analytiker, Qualitätssicherer und Entwickler vertraut. In meiner früheren interdisziplinären Forschungsarbeit in einem Team von Informatikern, Philosophen, Linguisten und Psychologen habe ich gelernt, Probleme von verschiedenen Seiten zu betrachten, um so zu neuen Sichtweisen zu gelangen.
1. oose.Innovative Informatik
WAS GIBT ES DA ZU ENTSCHEIDEN?
MIT DMN ENTSCHEIDUNGEN VERSTEHEN
Dr. Marcus Winteroll
oose Innovative Informatik eG
Marcus.Winteroll@oose.de
2. oose.Innovative Informatik
1 Warum mit Entscheidungen beschäftigen?
2 Bisheriger Umgang mit Entscheidung
3 Der DMN-Ansatz
4 Die Toolfrage
AGENDA
4. oose.Innovative Informatik
BESCHREIBUNG VON ENTSCHEIDUNGEN IN DER DMN
Welche Frage beantwortet die Entscheidung? („question“)
Welche Alternativen gibt es? („allowedAnswers“)
Wie soll entschieden werden? („decisionLogic“)
Welche Informationen werden benötigt?
(„informationRequirement“)
Beispiel:
„Soll ein Rabatt gegeben werden?“
„5 Prozent“, „10 Prozent“, „Nein“.
Entscheidungstabelle.
„Wie lange ist der Käufer schon Kunde?“, „Wieviel Umsatz
macht er pro Jahr?“.
(Vgl. Decision Model and Notation, 1.1 RTF, dtc/15-11-51, S. 47f.)
5. oose.Innovative Informatik
Welche Entscheidungen sind wichtig?
Strategische Entscheidung, die über die Ausrichtung des
Unternehmens bestimmen?
Taktische Entscheidung, die bestimmen, was in den
nächsten Monaten oder Jahren gemacht wird?
Die kleinen Entscheidungen, die von einfachen
Sachbearbeitern tagtäglich zu treffen sind und
überschaubare Folgen haben, z.B. in welchem Umfang eine
Krankenversicherung einen Zahnersatz bezahlt?
Alle sind wichtig!
Der Wert der vielen tagtäglichen Entscheidungen summiert
sich!
6. oose.Innovative Informatik
Die Menge macht‘s
Art der
Entschei-
dung
Typische Eigenschaften Beispiele Eignung der DMN
für Analyse und
Automatisierung
Strategisch • Die einzelnen Entscheidungen haben
einen hohen geschäftlichen Wert
• Sind selten zu treffen
• Ebene: Unternehmensführung
• Erschließung neuer
Märkte
• Umwandlung der
Organisationsform
Taktisch • Die einzelnen Entscheidungen haben
einen mittleren geschäftlichen Wert
• Häufigkeit: mittel
• Ebene: Mittleres Management,
Unternehmensführung
• Ein Produkt soll
überarbeitet werden
• Die Preise sollen
angepasst werden
Operativ • Einzelne Entscheidung hat geringen
geschäftlichen Wert
• Häufigkeit: sehr oft
• Ebene: Sachbearbeiter
• Einräumen eines
Dispositionsrahmens
für ein Girokonto
• Einräumen eines
Preisnachlasses
(Vgl. B. von Halle, L. Goldberg: The Decision Model, 2010, S. 49ff.)
7. oose.Innovative Informatik
Typische Verwendung in Geschäftsprozessen
James Taylor und Tom Debevoise unterscheiden fünf Arten, wie
Entscheidungen in Geschäftsprozesse integriert werden
können:
Effect Sequencing
Task Sequencing
Participant Assignment
Detection of Events
Data Information
(Vgl. T. Debevoise, J. Taylor: The Microguide to Process and Decision Modelling, 2014, S. 156ff.)
8. oose.Innovative Informatik
1 Warum mit Entscheidungen beschäftigen?
2 Bisheriger Umgang mit Entscheidung
3 Der DMN-Ansatz
4 Die Toolfrage
AGENDA
10. oose.Innovative Informatik
Geschäftsregeln
Geschäftsregeln sammeln und schauen, wo diese Anwendung
finden.
Bottom-Up-Ansatz.
Automatisierung mit Business Rule Engines möglich.
Kein anerkannter Standard zur Formulierung (SBVR konnte
sich nie durchsetzen).
Geschäftsregeln betreffen nicht nur Entscheidungen.
11. oose.Innovative Informatik
Entscheidungstabellen
Fasst Regeln zu einer Fragestellung unter gleicher
Struktur zusammen.
Kein anerkannter Standard zur Darstellung.
Nicht jede Entscheidungslogik ist mit einer Tabelle
darstellbar.
Feierabend? R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8
Bedingungen
Zuhause wartet Hausarbeit j j j j n n n n
Die Sonne scheint j j n n j j n n
Alles erledigt j n j n j n j n
Aktionen
Weiterarbeiten x x
Eis Essen gehen x x x
Nach Hause gehen x x x
12. oose.Innovative Informatik
The Decision Model (TDM)
Systematischer Ansatz mit Methode und Notation
Setzt bei den Entscheidungen an: Top-Down-Ansatz
Analysiert Struktur von Entscheidungen und
Entscheidungslogik
Kein offener Standard
14. oose.Innovative Informatik
Abgrenzung Geschäftsprozesse und
Entscheidungslogik
GESCHÄFTSPROZESSE ENTSCHEIDUNGSLOGIK
Prozedural Deklarativ
Dynamische Sicht, d.h.
Reihenfolge spielt eine Rolle
Logische Sicht, Reihenfolge
spielt keine Rolle
Häufig in Form von
Ablaufdiagrammen beschrieben.
Häufig in Form von Regeln
formuliert,
Beschreiben, wie etwas getan
werden soll.
(Prozedurales Wissen, Wissen-
wie, vorgehensorientiert,
häufig implizit)
Beschreibt, was der Fall ist
(Deklaratives Wissen,
Faktenwissen, Wissen-dass,
sachorientiert, häufig
explizit)
Sind stabiler als
Entscheidungslogik
Ändert sich häufiger als
Prozesse
15. oose.Innovative Informatik
1 Warum mit Entscheidungen beschäftigen?
2 Bisheriger Umgang mit Entscheidung
3 Der DMN-Ansatz
4 Die Toolfrage
AGENDA
16. oose.Innovative Informatik
Was DMN beschreibt
(Abb. aus Decision Model and Notation, 1.1 RTF, dtc/15-11-51, S. 22.)
BPMN
DMN
DMN
Wo wird
entschieden?
Die Struktur von Entscheidungen
- was braucht es, um zu
entscheiden?
Wie wird
entschieden?
Die
Entscheidungs
logik
24. oose.Innovative Informatik
Die unterschiedlichen Sichtweisen auf die
DMN
DMN ist vor allem
ein Automtasierungsstandard,
ein Analysewerkzeug,
eine Ergänzung der BPMN,
eine grafische Notation,
...
Es gibt viele unterschiedliche Sichten und Erwartungen, auch
von den Autoren der DMN!
Trotzdem ist hinter der DMN eine Gesamtidee erkennbar, wie
mit Entscheidungen umzugehen ist.
25. oose.Innovative Informatik
Entscheidungen erst verstehen, dann
automatisieren
Vorgehen:
Verstehen, um welche Entscheidung geht es? Welche Frage
steckt dahinter und wie sehen mögliche Antworten aus?
Welche allgemeinen Regeln und Vorgaben sind zu beachten?
Von welchen Eingangsinformationen hängt die Entscheidung
ab?(Daraus ergibt sich die Struktur der Regeln.)
Woher kommen die notwendigen Eingangsinformationen?
(Andere Entscheidungen oder Eingangsdaten?)
Zuliefernde Entscheidungen analysieren.
(Bis hierher Decision Requirement Diagram)
Art der Entscheidungslogik festlegen
(Entscheidungstabelle etc.).
Ggf. Entscheidungstabellen mit Daten füllen.
Weitere Entscheidungslogik mit FEEL formulieren.
Ggf. automatisieren. (Per Knopfdruck…)
26. oose.Innovative Informatik
Das führende Element: der Prozess!?
Zunächst wird der Prozess beschrieben, dann die dort
vorhandenen Entscheidungen identifiziert.
Die Gesamtentscheidung ist nicht notwendigerweise ein
eigenes Modellelement im DRD, sondern kann durch den
Prozess realisiert werden
Beispiel aus der
DMN-Spezifikation
28. oose.Innovative Informatik
(Abb. aus Decision Model and Notation, 1.1, formal/2016-06-01, S. 147)
Wo ist die Entscheidung zur
Kreditbewilligung?
29. oose.Innovative Informatik
Das führende Element: die Entscheidung
End-to-End-Decision
Die Analyse startet mit der Entscheidung.
Das Verständnis über die Entscheidung wird allein mit DMN
entwickelt.
Der Prozess beschreibt nur eine Möglichkeit der
Umsetzung.
Approval
RiskCategory
isLoanAffordable
CreditRiskScore
BureauDate ApplicantData LoanData
(Abb. nach Bruce Silver “DMN Method & Style”,1. Aufl. 2016 , S. 215)
31. oose.Innovative Informatik
1 Warum mit Entscheidungen beschäftigen?
2 Bisheriger Umgang mit Entscheidung
3 Der DMN-Ansatz
4 Die Toolfrage
AGENDA
32. oose.Innovative Informatik
Was darf man von Tools erwarten?
Modellierung mit DRDs
Erstellung und Bearbeitung von Entscheidungstabellen
(abhängig von den DRDs)
Ausdrücke der Entscheidungslogik mit FEEL formulieren
Ausführung von Entscheidungstabellen und FEEL-Ausdrücken
in Boxed Expressions.
Export von XMI
Konsistenzprüfungen und Simulation.
Einhaltung des Standards!
33. oose.Innovative Informatik
Was können Tools heute leisten?
Gibt es (fast) alles schon, aber nicht in einem Tool.
Es gibt DRD-Modellierungstools, teilweise mit
Entscheidungstabellen, Simulation, Konsistenzprüfung und
XMI-Export.
Ausführung von Entscheidungstabellen.
Überblick unter:
http://openjvm.jvmhost.net/DMNtools/
http://methodandstyle.com/dmn-tools-current-state-market/