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Verformungsinduzierte
Phasenumwandlung
in Ni12at.%Al
Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades der
mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakult¨at der
Universit¨at Augsburg
vorgelegt von
Peter Drechsler
aus Neustadt an der Aisch
Lehrstuhl f¨ur Experimentalphysik I
Institut f¨ur Physik
Universit¨at Augsburg
Dezember 2003
Referent: Prof. Dr. rer. nat. Ferdinand Haider
Koreferent: Priv.-Doz. Dr. habil. J¨org Lindner
Tag der Pr¨ufung: 30. Januar 2004
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 4
2 Grundlagen 8
2.1 Das System Nickel-Aluminium 8
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 11
2.3 Zyklische Verformung 14
2.3.1 Spannungs-Dehnungs-Kurve von Einkristallen 15
2.3.2 Polykristalline Metalle und Legierungen 17
2.3.3 Verfestigungsmechanismen bei Verformung 18
2.3.4 Entordnung 20
2.3.5 Au߬osung 21
2.3.6 Kritische Keimbildung unter Verformung 23
2.3.7 Leerstellenerzeugung durch Verformung 25
3 Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung 30
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 30
3.1.1 Versuchsaufbau 30
3.1.2 Versuchssteuerung 33
3.2 Probenpr¨aparation 34
3.2.1 Zugprobenherstellung 34
3.2.2 W¨armebehandlung 36
3.2.3 TEM-Probenherstellung 36
3.3 Versuchsablauf 37
2
INHALTSVERZEICHNIS 3
3.4 Elektronenmikroskopie 38
3.4.1 Hell- und Dunkelfeldabbildung 38
3.4.2 Entstehung von ¨Uberstrukturreflexen 40
3.4.3 Radienverteilung der Aussscheidungen 42
4 Ergebnisse 44
4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 45
4.1.1 Verfestigung des NiAl-Mischkristalls 48
4.1.2 Experimentelle Verfestigungskurven 49
4.2 TEM-Untersuchung 51
4.2.1 Unverformte Probe 51
4.2.2 Verformte Proben 53
4.2.3 Morphologie der Ausscheidungen 61
4.2.4 Nachtr¨aglich gealterte Proben 62
4.3 Erweitertes Modell nach Hornbogen 66
4.3.1 Modellentwicklung 66
4.3.2 Radienverteilung 74
4.4 Dynamisches Phasendiagramm 78
5 Zusammenfassung 83
Literaturverzeichnis 93
Abbildungsverzeichnis 95
Tabellenverzeichnis 96
Dank 97
Lebenslauf 98
1 Einleitung
Nickel-Superlegierungen sind seit Jahren Gegenstand intensiver Forschung.
Ihre Bedeutung rechtfertigen diese Legierungen mit Eigenschaften, die von
anderen, meist billigeren, Materialien nicht oder ungen¨ugend erf¨ullt werden.
Nickelbasierte Legierungen werden unter anderem in korrosiven Umgebungen
eingesetzt, in denen Edelstahl zu schnell korrodiert oder andere Nichtmetalle
zu kurze Lebensdauern haben. Die chemische Industrie setzt Nickelsuperle-
gierungen in Anwendungen ein, die im Umgang mit aggressiven Gasen eine
Rolle spielen. Nickel-Molybd¨an-Chrom-Legierungen werden beispielsweise als
Reaktionsgef¨aße in der Petrochemie eingesetzt.
Eine weiteres Anwendungsgebiet der Nickelsuperlegierungen sind Hochtem-
peraturanwendungen. Bei Einsatztemperaturen von 800–1000 ‰ bewahren
sie ihre Festigkeit. Sie sind in heißen Gasen korrossionsbest¨andig und sehr
kriechfest. Die nickelbasierten Superlegierungen werden als Turbinenschau-
feln in Flugzeugmotoren oder in station¨aren Gasturbinen eingesetzt. Der Wir-
kungsgrad von Turbinen konnte durch immer h¨ohere Gaseinlasstemperatu-
ren in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Damit konnten
der Brennstoffverbrauch und die Schadstoffemission gesenkt werden.
Nickel-Basis-Superlegierungen sind zweiphasige Legierungen, die aus der
γ- (Matrix) und γ -Phase (Ausscheidungen) bestehen. Die Matrixphase ist
eine mischkristallgeh¨artete, kubisch-fl¨achenzentrierte Phase, deren Haupt-
bestandteil Nickel ist. Weitere Elemente k¨onnen Chrom, Kobalt und Mo-
lybd¨an sein. Die γ -Phase (Ni3(Al,Ti,Ta)) wird zus¨atzlich zum Nickel aus
den Elementen Aluminium, Titan und Tantal gebildet. Ein anschauliches
und eindrucksvolles Bild der ausgeschiedenen Phase zeigt Yokokawa et al.
4
KAPITEL 1. EINLEITUNG 5
[YON+
03]. Eine geeignete W¨armebehandlung l¨aßt die γ -Phase ausscheiden.
Die γ -Phase ist ebensfalls kubisch-fl¨achenzentriert mit der sogenannten L12-
Struktur. Die Majorit¨atsatome sitzen auf den Fl¨achenmitten, w¨ahrend die
Legierungsatome die W¨urfelecken besetzen. Der Volumenanteil der ausge-
schiedenen Phase erreicht in den neuesten Legierungen (CMSX-4) bis zu
80 %. Die Hochtemperaturfestigkeit der Superlegierungen liegt interessanter-
weise ¨uber der der Einzelphasen.
Die Forschung an nickelbasierten Superlegierungen reicht von plastischer
Wechselverformung [FT88] [Wil81] [SCSW90] bis hin zu Bestrahlungsexperi-
menten [BCAW94] [CAB+
96]. Um h¨ohere Einsatztemperaturen f¨ur Gastur-
binen zu realisieren bzw. die Leistungsdichte und Energieeinsparung zu ver-
bessern, sind bei den Ni-Superlegierungen die Kriechfestigkeit, Thermoerm¨u-
dungsfestigkeit und Gef¨ugestabilit¨at weiter zu steigern. Bestrahlungsexperi-
mente dienen der Sicherheit von Atomanlagen. Einsatz finden Ni-Superlegie-
rungen als Reaktorgef¨aß oder als Container f¨ur nukleares Material.
Zum besseren Verst¨andnis der technischen Legierungen dienen Untersu-
chungen an bin¨aren Legierungen, etwa an NiAl. An ihnen lassen sich Aus-
wirkungen auf die geordnete Phase durch ¨außere St¨orungen besser studieren.
Die vielen Komponeten in kommerziellen Legierungen, wie Nimonic PE 16,
behindern oft quantitative Untersuchungen oder deren Modellierung.
St¨orungen treiben das System weit weg von seiner Gleichgewichtslage. Das
Gleichgewicht der bin¨aren Legierung kann durch Bestrahlung mit Elektronen
oder Ionen gest¨ort werden. Wird eine entmischte NiAl-Legierung Bestrah-
lung ausgesetzt, entstehen Defekte wie Leerstellen oder Zwischengitteratome.
Stoßkaskaden erzeugen weitere Defekte, die die Ordnung der Ausscheidungen
aufl¨osen. Durch Ionenbestrahlung k¨onnen Phasen stabilisiert werden, die im
Gleichgewicht nicht oder nur metastabil sind [BA03]. Bei Bestrahlungsexpe-
rimenten unter erh¨ohten Temperaturen bleibt die Ordnung l¨anger erhalten
[Ewe98], da offensichtlich thermische Prozesse, wie R¨uckordnung, in Kon-
kurrenz zur Aufl¨osung der Teilchen durch St¨orung in Form von Bestrahlung
stehen.
Eine andere M¨oglichkeit St¨orungen zu induzieren, w¨are plastische Verfor-
mung. Durch die plastische Verformung werden Versetzungen gebildet, die ei-
nerseits durch Wechselwirkung miteinander Leerstellen erzeugen, anderseits
KAPITEL 1. EINLEITUNG 6
die ausgeschiedenen Teilchen schneiden. Das Schneiden der Teilchen zerst¨ort
deren Ordnung. Die Leerstellenbildung f¨uhrt zu einer beschleunigten Diffusi-
on. Beide Prozesse beeinflussen die Aufl¨osung der Ausscheidungen. Es findet
also eine Phasenumwandlung vom Zweiphasengebiet des Gleichgewichts zur
homogenen Nichtgleichgewichtsphase oder zur Stabilisierung von metastabi-
len Phasen statt [Vos97]. Selbst Neubildung von Teilchen ist m¨oglich [Stu64]
[BLMVG87].
Als Verfahren f¨ur die plastische Verformung werden u.a. Wechselverfor-
mung, Kugelmahlen und
”
Equal Channel Angular Pressing” (ECAP) ange-
wandt. Die beiden letzt genannten z¨ahlen zu den Verfahren der Extremver-
formung. Extremverformte Metalle und Legierungen weisen eindruckvolle Ei-
genschaften auf, wie hohe Festigkeit und hohes Diffusionsverm¨ogen [LLW98].
Nachteilig wirkt sich f¨ur das Kugelmahlen aus, daß die Prozessparameter wie
Dehnungsrate, Temperatur etc. schlecht quantifizierbar sind.
Die in dieser Arbeit angewandte plastische Wechselverformung hat den
Vorteil, daß die Versuchsparameter genau einstellbar und ¨uberwachbar sind.
Mikrostrukturelle Ver¨anderungen k¨onnen den ¨außeren St¨orungen, mikrosko-
pische Ergebnisse den makroskopischen Spannungs-Dehnungs-Kurven zuge-
ordnet werden. Die Wahl des Versuchsaufbau erlaubt die M¨oglichkeit, Wech-
selverformung unter erh¨ohten Temperaturen kontrolliert durchzuf¨uhren.
Ziel der Arbeit ist es, den Einfluß von Verformung und Temperatur auf
eine entmischte Ni12at.%Al-Legierung zu untersuchen:
ˆ Welchen Einfluß ¨ubt die Temperatur w¨ahrend der Verformung auf die
Ausscheidungen aus?
ˆ Welcher Art ist der Zusammenhang zwischen Plastizit¨at und Phasen-
umwandlung?
ˆ Lassen sich athermische Prozesse, wie Schneiden der Ausscheidungen,
und thermische Prozesse, wie R¨uckordnung und Wachstum der Teil-
chen, quantifizieren?
Obige Fragen werden sowohl experimentell als auch an Hand eines Modells
untersucht und beschrieben.
KAPITEL 1. EINLEITUNG 7
Die Arbeit gliedert sich in f¨unf Kapitel. Im Kapitel
”
Grundlagen”wird das
untersuchte System NiAl vorgestellt, allgemeine Aspekte der Wechselwirkung
von Versetzungen mit Hindernissen und die plastische Wechselverformung
mit ihren Einfl¨ussen auf entmischte Systeme vorgestellt. Im Anschluß wird
in Kapitel
”
Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung” der Versuchaufbau,
die Versuchsdurchf¨uhrung, die Probenherstellung und -pr¨aparation sowie Un-
tersuchungsmethoden erl¨autert. Das Kapitel
”
Ergebnisse” vergleicht und be-
wertet Spannungs-Dehnungs-Kurven und Untersuchungen mit dem Trans-
missionselektronenmikroskop. Die exprimentellen Ergebnisse werden einem
Modell gegen¨ubergestellt, welches das Schrumpfen und Wachsen der Aus-
scheidungen simuliert. Am Ende des Kapitels zeigt ein
”
dynamisches Phasen-
diagramm” den Einfluß von Verformung und Temperatur auf die untersuchte
Legierung. Eine Zusammenfassung schließt die Arbeit ab.
2 Grundlagen
2.1 Das System Nickel-Aluminium
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen
2.3 Zyklische Verformung
Im folgenden Kapitel wird die untersuchte Legierung Nickel-Aluminium vor-
gestellt. Im Einzelnen werden das Phasendiagramm und die Kristallstruk-
tur n¨aher erl¨autert. Anschließend wird die Verfestigung durch Wechselverfor-
mung in einkristallinen und polykristallinen kubisch ߬achenzentrierten Me-
tallen und Legierungen beschrieben. Es werden M¨oglichkeiten gezeigt, wie
sich in entmischten Legierungen geordente Ausscheidungen z.B. durch En-
tordung
”
aufl¨osen” k¨onnen. Zum Abschluß zeigen zwei Modelle die kritische
Keimbildung und die Leerstellenbildung unter Verformung.
2.1 Das System Nickel-Aluminium
Auf der nickelreichen Seite des Phasendiagramms, wie in Abbildung 2.1 zu
sehen, liegen die f¨ur diese Arbeit interessanten intermetallischen Phasen. Die
γ -Phase zwischen 73 und 75 at.% Nickel bleibt bis zu ihrem Schmelzpunkt
bei 1362 ‰ in der sogenannten L12-Struktur geordnet. Die γ-Phase, die bei
600 ‰ eine L¨oslichkeit von bis zu 11at.% Aluminium aufweist, ist kubisch-
߬achenzentriert. Im Mischkristall besetzen die Aluminiumatome statistisch
verteilt Nickelgitterpl¨atze. Zwischen den beiden Phasen liegt das Zweipha-
sengebiet, γ + γ . Bei vollst¨andiger Entmischung und einer vorher ¨ubers¨at-
tigten L¨osung mit 12at.%Al scheiden sich Ni3Al-Teilchen in einer Nickelma-
trix aus. In der L12-Struktur nehmen die Aluminiumatome die Eckpl¨atze im
8
2.1 Das System Nickel-Aluminium 9
40 50 60 70 80 90 100
At.-% Nickel
60 70 80 90 100
Wt.-% Nickel
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
TemperaturT[‰]
600
870
1170
1455
•
◦
1638‰
1360‰ 1362‰
700‰
NiAl (Ni)
Ni3Al
Al3Ni5
γ + γ
L
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Abbildung 2.1: Das Phasendiagramm des Systems NiAl nach T. B. Mas-
salski [Mas87], verbessert von H. Okamoto [Oka93] im Bereich von 40–100 %
Nickel. Die gestrichelte Linie zeigt die ¨ubers¨atigte L¨osung bei 12at.%Al. ž
repr¨asentiert die Homogenisierungstemperatur, ˆ die Temperatur des Span-
nungsarmgl¨uhen und die Alterungstemperatur.
2.1 Das System Nickel-Aluminium 10
fcc-Gitter ein und bilden eine sogenannte ¨Uberstruktur. Die L12-Struktur ist
in Abbildung 2.2 dargestellt. Auf den Fl¨achenmitten sitzen weiterhin Nicke-
latome. Der Gitterparameter der Matrix betr¨agt 0,353 nm [AI75], der Gitter-
parameter der Ausscheidung 0,357 nm [Pea67] [VC96]. Die Fehlpassung liegt
bei 1,1 %. Die L12-Ausscheidungen sind zur Matrix koh¨arent. Diese geringe
Fehlpassung f¨uhrt bei Nickelsuperlegierungen dazu, daß sich ein sehr großer
Volumenanteil der γ -Phase koh¨arent ausscheiden kann. Nach langen Aus-
lagerungszeiten bilden sich quaderf¨ormige Ausscheidungen, die regelm¨aßig
angeordnet sind [YON+
03]. In der Nickelsuperlegierung, Nimonic 115, neh-
men die geordneten Teilchen einen Volumenbruchteil bis zu 40 % ein [FT88].
Al ~
Ni i
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...
Abbildung 2.2: Kubisch ߬achenzentrierte L12-Struktur von Ni3Al. Die
Aluminiumatome sitzen auf den W¨urfelecken, die Nickelatome auf den Fl¨a-
chenmitten. Die schraffierte Fl¨ache stellt eine {111}-Ebene dar. Entlang der
110 -Richtungen ist die ¨Uberstruktur der L12-Struktur erkennbar.
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 11
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Ver-
setzungen
Eine Versetzung kann eine geordnete Ausscheidung schneiden und erzeugt
eine Antiphasengrenze (APB von engl. Antiphase Domain Boundary) in der
Ausscheidung. Auf die Versetzung wirkt entgegen ihrer Bewegungsrichtung
eine Kraft. F¨ur sph¨arische Ausscheidungen betr¨agt die mittlere maximale
Kraft [Rep93]:
Fm =
π
2
γAP B r.
Diese Kraft muß durch externe Schubspannungen aufgebracht werden, will
die Versetzung das Teilchen passieren. Auf eine nachfolgende Versetzung auf
der selben Gleitebene wirkt eine Kraft in ihrer Bewegungsrichtung, da die
Wiederherstellung der Ordnung weniger Energie in Anspruch nimmt, als die
Entordnung. Die Versetzung, die sich ohne ¨außere Spannungen bewegen kann,
a) c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c css s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s c c c c
c c c cs c c c c c c c c c c cs s s c c c c
c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c
c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c
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Ni......................................................................
................
Al......................................................................
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b) c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c css s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s
c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs
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c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c
c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c
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Abbildung 2.3: Entstehung einer Antiphasengrenze (APB) durch eine Stu-
fenversetzung: Die erste Versetzung schneidet die geordnete Ausscheidung
und erzeugt in der Ausscheidungsphase eine Antiphasengrenze (a) mit einer
Antiphasenenergie γAP B. Eine nachfolgende Versetzung hebt die APB der er-
sten wieder auf (b). Werden zwei Versetzungen derart gekoppelt entsteht eine
sogenannte Superversetzung.
hebt die APB wieder auf. Auf die beiden Versetzungen wirkt eine attraktive
Kraft durch die Entstehung der APB und eine abstoßende durch ihre eige-
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 12
nen Spannungsfelder, da der Burgersvektor der Versetzungen gleich ist. In
geordneten Legierungen bewegen sich daher Versetzungen immer paarweise
als sogenannte Superversetzungen. Die Erh¨ohung der kritischen Schubspan-
nung, τAP B, durch Superversetzungen kann folgendermaßen beeinflußt werden
[GH65b]:
1. Die kritische Schubspannung ist von der Teilchengr¨oße und vom Volu-
menbruchteil der ausgeschiedenen Phase abh¨angig. Zwei Versetzungen,
die einander auf derselben Gleitebene nachfolgen, liefern folgenden Bei-
trag zur kritischen Schubspannung:
τAP B =
1
2
γAP B
b
0.98
γAP Brf
TL
1/2
− f . (2.1)
Der Beitrag zur kritischen Schubspannung ist proportional zur Qua-
dratwurzel des Teilchenradius. Dies gilt allerdings nur f¨ur kleine Radi-
en und kleine Volumenbruchteile der ausgeschiedenen Phase. TL ist die
Linienspannung der vorauseilenden Versetzung. Die beiden Versetzun-
gen schneiden verschiedene Teilchen auf der selben Gleitebene. An den
Ausscheidungen wird die vorauseilende Versetzung festgehalten. Zwi-
schen den Ausscheidungen beult sich die Versetzung in Richtung ihrer
Bewegung aus, bis das Gleichgewicht zwischen der vorw¨arts treiben-
den ¨außeren Scherspannung und der Kraft, die durch die Erzeugung
der Antiphasengrenze entgegenwirkt, ¨uberschritten ist. Die nachfolgen-
de Versetzung beult sich nicht aus, da auf sie durch das Aufheben der
APB zus¨atzlich zur ¨außeren Scherspannung eine Kraft in Richtung der
vorauseilenden Versetzung wirkt und sie von den Ausscheidungen nicht
aufgehalten wird. Der Abstand der beiden Versetzungen ist durch die
abstoßende Kraft ihrer Spannungsfelder gegeben. Gleichung (2.1) be-
schreibt den Beitrag zur kritischen Schubspannung der vorauseilenden
Versetzung, der um den Anteil der nachfolgenden Versetzung gemindert
wird. Wenn der Volumenanteil f und der Teilchenradius durch Scheid-
prozesse kleiner wird, sinkt der Beitrag zur kritischen Schubspannung.
2. Wird der Radius der Ausscheidungen so groß, daß sich beide Verset-
zungen im selben Teilchen als sogenannte Superversetzung befinden,
2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 13
nimmt τAP B ∼ 1/
√
r ab. Die resultierende Kraft der APB wird klei-
ner, da nur noch der Abstand der Versetzungen als Widerstand wirkt
[GH68]. Superversetzungen k¨onnen Ausscheidungen mit einer geringe-
ren Scherspannung passieren als Einzelversetzungen. W¨achst die Aus-
scheidung noch weiter, umgeht die Versetzung das Teilchen und l¨aßt
einen Versetzungsring zur¨uck (
”
Orowan-Looping”). Mittlere Teilchen-
radien f¨ur den Beginn des
”
Orowan-Looping” sind f¨ur Nimonic PE 16
80–120 nm [Rep93]. Auf den Mechanismus des
”
Orowan-Looping” wird
nicht weiter eingegangen, da er f¨ur diese Arbeit nicht von Bedeutung
ist. Die in dieser Arbeit untersuchten mittleren Teichenradien betragen
ca. 3–7 nm, so daß die in Punkt 2 erw¨ahnten Mechanismen ausgeschlos-
sen werden k¨onnen.
Die Erh¨ohung der kritischen Schubspannung durch Teilchenh¨artung in Ab-
h¨angigkeit von Teilchenradius und Volumenbruchteil der ausgeschiedenen
Phase ist in Abbildung 2.4 skizziert.
F¨ur koh¨arente, geordnete Ausscheidungen ergibt sich eine Abh¨angigkeit
der kritischen Schubspannung vom Teilchenradius. Ein Maximum der kriti-
schen Schubsspannung liegt nach Berechnungen und Messungen von Gleiter
et al. [GH65a] [GH65b] bei einem Teichendurchmesser von 10–15 nm. Der
Beitrag zur kritischen Schubsspannung f¨ur kugelf¨ormige Teilchen, die einen
Durchmesser von 10–15 nm nicht ¨uberschreiten, l¨aßt sich folgendermaßen be-
rechnen [BL79]:
∆τ = 0.28
γ
3
2 f
1
3 r
1
2
0
G
1
2 b2
. (2.2)
F¨ur Vielkristalle ergibt sich mit dem Taylorfaktor, M, die Fließspannung:
∆σ = M∆τ. (2.3)
G ist der Schermodul der Matrix, b der Burgersvektor der Versetzung und
r0 der mittlere Ausscheidungsradius. Die Antiphasengrenzenergie f¨ur Ni3Al
in der {111}-Ebene wurde von Veyssi`ere et al. mit γ111
AP B = 180 ± 30 mJm−2
gemessen.
2.3 Zyklische Verformung 14
0 25 50 75 100 125 150
r [nm]
0
200
400
∆τ/
√
f[MPa]
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.........
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.............
.........
∼
√
r
∼ 1/
√
r
Orowan
........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
Abbildung 2.4: Abh¨angigkeit der Teilchenh¨artung vom Radius der Aus-
scheidungen f¨ur Nimonic PE 16 nach Reppich et. al. [Rep93]. F¨ur kleine
Radien ist τ im Wesentlichen von
√
r abh¨angig. Werden die Ausscheidungen
gr¨oßer als 15 nm, so daß die Supervesetzung sich im Teilchen befindet, ist die
Abh¨angigkeit 1/
√
r. Ab ca. 100 nm setzt das
”
Orowan-Looping” ein.
2.3 Zyklische Verformung
Zur Untersuchung von plastischen Eigenschaften von Kristallen werden u. a.
Zug- und Druckexperimente durchgef¨uhrt. Dabei wird zwischen statischer
und dynamischer Versuchsdurchf¨uhrung unterschieden. Wird die Schubspan-
nung konstant gehalten, spricht man von statischer, bei konstanter Abgleit-
geschwindigkeit von dynamischer Versuchsdurchf¨uhrung. Bei der einsinni-
gen Verformung von Einkristallen bezeichnet man den Zusammenhang zwi-
schen Schubspannung τ und Abgleitgeschwindigkeit ˙a als Verfestigungskurve
[See58]. Die Verfestigung τv ist die Differenz zwischen der Spannung, τ, die f¨ur
eine Weiterverformung bei einer bestimmten Abgleitung notwendig ist, und
der kritischen Schubspannung τ0 bei der die plastische Verformung einsetzt.
Die Verfestigungsrate
θ =
dτ
da
(2.4)
wird Verfestigungskoeffizient genannt.
2.3 Zyklische Verformung 15
Bei Verformungsversuchen von Polykristallen wird die im Zugversuch er-
mittelte Beziehung zwischen der Normalspannung σ und der Dehnung ε als
Verfestigungskurve oder Spannungs-Dehnungs-Kurve bezeichnet [See58]. Die
kritische Schubspannung τ0 wird bei der Verformung von Polykristallen Fließ-
spannung σ0 genannt [HW01]. Der Verfestigungskoeffizient wird als
θ =
dσ
dε
(2.5)
definiert.
2.3.1 Spannungs-Dehnungs-Kurve von Einkristallen
Als ¨ubliche Methode f¨ur Erm¨udungsuntersuchungen wird die zyklische Wech-
selverformung angewandt. Die Amplitude der plastischen Dehnung wird kon-
stant gehalten. Die Dehnungsgeschwindigkeit bleibt bis zum Maximum kon-
stant und wird umgekehrt. Im Minimum kehrt sich der Prozeß wieder um und
komplettiert einen Zyklus. W¨ahrend der ersten Zyklen stellt man am Um-
kehrpunkt eine massive Zunahme des Spannungsmaximums fest. Der Anstieg
der Spannung in den weiteren Zyklen nimmt kontinuierlich ab bis eine Art
”
S¨attigung” erreicht ist. W¨ahrend der weiteren Verformung bleibt die Span-
nungs-Dehnungs-Kurve stabil.
Tr¨agt man die Maximalspannungen der einzelnen Zyklen ¨uber die kumu-
lative plastische Dehnung εpl auf, erh¨alt man in Anlehnung an die ein-
sinnige Verformung die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve oder zyklische
Verfestigungskurve, wie in Abbildung 2.5 dargestellt. Diese unterscheidet drei
Bereiche. Der erste Bereich, A, zeigt eine massive Verfestigung. Im Bereich
B bleibt die Fließspannung weitgehend konstant. Der Bereich C verfestigt
¨ahnlich dem Bereich A. Die Verfestigung im Bereich A entsteht durch Ver-
setzungen, die sich im Hauptgleitsystem ansammeln. Zusammen mit Stufen-
versetzungen von umgekehrten Vorzeichen in benachbarten, parallelen Glei-
tebenen bildet sich bei weiteren Zyklen ein Netzwerk aus Versetzungsdipo-
len. Dieses Versetzungsnetzwerk bezeichnet man als
”
Venen-Struktur (engl.
Veins)”. Im Raum zwischen den Venen dominieren Schraubenversetzungen,
die quergleiten. Das Hindernis f¨ur die Versetzungsbewegung stellt die Zu-
nahme des Venennetzwerks dar, dessen Dichte mit zunehmender Verformung
2.3 Zyklische Verformung 16
τs
γpl
A B C
εAB εBC
∆σ/2
...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
.
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. . . . . . . . . . . .
Abbildung 2.5: In nebenstehender Abbildung sind die Bereiche der Ver-
festigungskurve nach Messungen von H. Mughrabi [Mug78] f¨ur Einkristalle
skizziert. Der stark verfestigende Bereich A, das Plateau im Bereich B und
die weitere Verfestigung im Bereich C.
die H¨alfte des Volumens einnehmen kann. Mit Beginn des Plateaus der zy-
klischen Spannungs-Dehnungs-Kurve, d. h. Bereich B, konzentriert sich das
Versetzungsgleiten in bestimmten B¨andern, sogenannten
”
persistenten Gleit-
b¨andern (PSB)”. Die persistenten Gleitb¨ander k¨onnen bis zu 5000 Gleitebe-
nen umfassen und werden bis 1 µm dick [Sur93]. Die Versetzungsdichte in den
W¨anden der PSB liegt in der Gr¨oßenordnung von 1015
–1016
m−2
. Im Gleit-
bandinneren ist die Versetzungsdichte bis zu 1000-fach geringer. Die PSB sind
weicher als die umgebende Matrix. Die plastische Dehnung im Bereich B ist
gr¨oßtenteils in den persistenten Scherb¨andern lokalisiert. Steigt die Dehnung
weiter an, k¨onnen die Versetzungen ihre Gleitebene verlassen und quergleiten
[Mug85] . Im Bereich C formt sich durch Sekund¨argleiten aus den PSB eine
Labyrinth- oder Zellstruktur. Die Verfestigung steigt weiter an. Die Verfesti-
gung im Bereich C ist meist geringer als im Bereich A, da sich Verfestigungs-
und Entfestigungsmechanismen ¨uberlagern. Versetzungen mit unterschiedli-
2.3 Zyklische Verformung 17
chem Vorzeichen des Burgersvektor k¨onnen sich gegenseitig annihilieren. Ein
Teil der Spannungen wird dabei abgebaut und die resultierende Verfestigung
ist geringer.
In der einsinnigen Verformung gibt es mit der Entstehung von Verset-
zungsnetzwerken, der Dehnungslokalisierung entlang der Abgleitungsb¨ander
und der Bildung von Zellstrukturen Parallelen zur Wechselverformung von
Einkristallen. Folgende Unterschiede sind bei der Wechselverformung gegen-
¨uber der einsinnigen Verformung festzuhalten [Sur93]:
ˆ W¨ahrend der einsinnigen Verformung entstehen an der Probenober-
߬ache Abgleitungstufen, die eine treppenartige Struktur aufweisen. Die
Wechselverformung f¨uhrt zur Oberfl¨achenrauigkeit an Stellen, an denen
die PSB die Probe verlassen.
ˆ PSB entstehen nur bei Wechselverformung.
ˆ Die Versetzungsdichte ist wesentlich h¨oher als bei der einsinnigen Ver-
formung. Die Versetzungsdichte betr¨agt 1015
–1016
m−2
bei Wechselver-
formung, bei der einsinnigen Verformung 1010
–1012
m−2
[See58].
ˆ Der S¨attigungsbereich wird ebenfalls nur bei Wechselverformung beob-
achtet.
2.3.2 Polykristalline Metalle und Legierungen
Manche der Resultate, die die Wechselverformung an Einkristallen ergeben
hat, lassen sich auf polykristalline Metalle und Legierungen ¨ubertragen. Die
Existenz von Korngrenzen, Einschl¨ussen und anderen Inhomogenit¨aten er-
lauben nur eine relativ ungenaue Interpretation der Erm¨udungsmechanis-
men. Einer der wesentlichen Unterschiede zu den Einkristallen ist, daß die
Leiterstruktur in den PSB bisher in Polykristallen nicht beobachtet wurde
[Lai96].
Die Entstehung von PSB in Polykristallen beginnt in K¨ornern, die an der
Probenoberfl¨ache liegen [CL74]. In K¨ornern, die in Richtung der maximalen
Scherung orientiert sind, bilden sich die PSB in den ersten Verformungszyklen
[LG85] [Wil81]. Die K¨orner verfestigen und die Dehnung geht in weichere
2.3 Zyklische Verformung 18
K¨orner ¨uber, deren Orientierung von der Richtung der maximalen kritischen
Schubspannung abweicht. Dieser Dehnungs¨ubergang bleibt bestehen, bis sich
in allen K¨ornern Abgleitungsb¨ander gebildet haben, alle K¨orner verfestigt
sind und die gr¨oßte Spannungsamplitude erreicht ist.
2.3.3 Verfestigungsmechanismen bei Verformung
Die Erh¨ohung der Fließspannung bei plastischer Verformung setzt sich aus
den Beitr¨agen folgender Mechanismen zusammen:
1. Mischkristallh¨artung: Die in der Matrix gel¨osten Legierungsatome behin-
dern die Versetzungen. Substitutionsatome bilden meist ein symmetri-
sches Spannungsfeld und ihre Wechselwirkung mit den Volumenspan-
nungen der Versetzungen ist gering. Der Anteil zur Fließspannungser-
h¨ohung kann folgendermaßen abgesch¨atzt werden [HW01]:
∆σM ∼ G/100 ·
√
cB. (2.6)
Die Fließspannung steigt mit der Quadratwurzel der Konzentration der
Legierungsatome. A. Seeger n¨ahert die Mischkristallh¨artung mit G/400
an [See58].
2. Feinkornh¨artung: Korngrenzen sind Hindernisse f¨ur die Versetzungsbe-
wegung. Die Versetzungen stauen sich an der Korngrenze. F¨ur den mitt-
leren Korndurchmesser d gilt die sogenannte Hall Petch-Beziehung:
∆σK = ky · d−1/2
. (2.7)
ky ist eine materialabh¨angige Konstante. Da die K¨orner der untersuch-
ten Legierung mit 0,1–1 mm sehr groß sind, wird der Beitrag der Fein-
kornh¨artung zur Fließspannung vernachl¨assigbar klein.
3. Verfestigung durch Versetzungen: Die Verfestigung durch Versetzungs-
Versetzungs-Wechselwirkung wurde in Kapitel 2.3.1 diskutiert. Der Bei-
trag zur Fließspannungserh¨ohung ist proportional zur Quadratwurzel
der Versetzungsdichte:
∆σV ∼
√
. (2.8)
2.3 Zyklische Verformung 19
4. Teilchenh¨artung: Einen großen Beitrag zur Fließspannung, σA, liefert die
Teilchenh¨artung, die Kapitel 2.2 beschrieben wurde.
Alle Beitr¨age zur Erh¨ohung der Fließspannung lassen sich n¨aherungs-
weise im Rahmen ihrer meßbaren oder berechenbaren Genauigkeit addieren
[HW01]:
σ = ∆σM + ∆σK + ∆σV
Nichtteilchenverfestigung
+∆σA (2.9)
Martin et al. untersuchten, ob lineare oder pythagor¨aische Addition f¨ur
die Teilchen- und Mischkristallh¨artung besser geeignet w¨aren [MN80]. Sind
die Beitr¨age in etwa gleich groß, liefert die pythagor¨aische Addition die bes-
seren Ergebnisse. Nembach et. al konnten folgende Gleichung experimentell
best¨atigen [NPL03] [Nem97]:
σ = (∆σk
M + ∆σk
A)1/k
. (2.10)
∆σM stellt den Spannungsanteil der Wechselwirkung der Versetzungen mit
den in der Matrix gel¨osten Minorit¨atsatome dar, ∆σA den Anteil der Wechsel-
wirkung der Versetzungen mit den Ausscheidungen und σ die Fießspannung.
Der Parameter k wird f¨ur die Nickelsuperlegierung, Nimonic PE 16, mit ei-
nem ausgeschiedenen Volumenanteil von 8 % mit 1,23 angegeben [NN80].
Die Wechselwirkung der Versetzungen mit gel¨osten Minorit¨atsatomen in der
Matrix ist klein gegen¨uber der Wechselwirkung mit den Ausscheidungen
[NPL03], deshalb kann k n¨aherungsweise gleich eins gesetzt werden. Eine
Absch¨atzung der einzelnen Beitr¨age zeigt Tabelle 2.1. F¨ur die weitere Be-
trachtung werden die Beitr¨age zur Fließspannung Feinkornh¨artung, Verset-
zungsh¨artung und Mischkristallh¨artung, zusammengefaßt unter dem Begriff
”
Nichtteilchenverfestigung”(ntv), ∆σNTV , behandelt. F¨ur die in Tabelle 2.1
angegebenen Werte liefert eine pythagor¨aische Addition der Mischkritallh¨ar-
tung und der Versetzungsverfestigung im Vergleich zur linearen Addition
die besseren Ergebnisse. Die pythagor¨aische Addition ergibt ungef¨ahr 300–
350 MPa, die lineare Addition 350–500 MPa, das Experiment, wie Abbildung
4.3 zeigt 300 MPa. Da im Experiment die
”
Nichtteilchenverfestigungs”-Terme
nicht unterscheidbar sind und das Verh¨altnis der Beitr¨age zur Fließspannung
von
”
Nichtteilchenverfestigung” zu Teilchenh¨artung 3 zu 1 ist, werden beide
2.3 Zyklische Verformung 20
H¨artungs- Mischkristall- Feinkorn- Versetzungs- Teilchen-
mechanismus h¨artung h¨artung verfestigung h¨artung
Beitrag zur
Fließspannung
++/+++ + +++ ++/+++
∆σX [MPa] 100–240 10 250 130
Tabelle 2.1: Einfluß und Absch¨atzung der einzelnen H¨artungsmechanismen
zur Fließspannungserh¨ohung.
Beitr¨age linear addiert, da der Fehler gegen¨uber der pythagor¨aischen Addi-
tion klein bleibt:
σ = ∆σNTV + ∆σA (2.11)
M¨oglichkeiten f¨ur die Entfestigung von zweiphasigen Legierungen, d. h.
der Abschw¨achung der Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung, sind ei-
nerseits Entordung, andererseits Au߬osung der Ausscheidungen.
2.3.4 Entordnung
Calabrese et al. [CL74] f¨uhren die Entfestigung durch zyklisches Verformen
auf Entordnung der Ausscheidungen in Al-4at.%Cu zur¨uck. W¨ahrend der
anf¨anglichen Verfestigung schneiden Versetzungen die Teilchen und bilden
Antiphasengrenzen. Im Laufe der Verfestigung interagieren die Versetzungen
immer h¨aufiger miteinander. Die hohe Jog-Bildungrate und die
”
komplizierte”
Versetzungsstruktur l¨aßt die Versetzungen sich selten auf den selben Wegen
vorw¨arts und r¨uckw¨arts bewegen unter zyklischer Verformung. Die unter-
schiedlichen Versetzungspfade f¨uhren zu einer Vermischung der Atome in den
Ausscheidungen. Die Teilchen werden entordnet. In den Anf¨angen der Ver-
formung ist die Versetzungsstruktur relativ einfach, doch mit zunehmender
Verfestigung wird die Struktur komplizierter und damit das Entordnen effek-
tiver. Im Verfestigungspeak wird aus dem zweiphasigen Material ein Misch-
kristall mit erh¨ohter Konzentration der Minorit¨atsatome im Bereich der fr¨u-
heren Ausscheidungen im Vergleich mit der umgebenen Matrix. Die schnelle
2.3 Zyklische Verformung 21
Anfangsverfestigung, die auf Versetzungs-Versetzungs-Wechselwirkung und
Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung basiert, wird auf Versetzungs-
Versetzungs-Wechselwirkung reduziert. Dies f¨uhrt zu einer kontinuierlichen
Entfestigung bis zum Bruch. Die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve ist
in Abbildung 2.6 dargestellt. Durch planares Gleiten, d. h. die Abgleitung
findet konzentriert auf wenigen Gleitebenen statt, werden die Entordnungs-
und Entfestigungseffekte durch Bildung von Gleitb¨andern verst¨arkt. Durch
die lokalisierte Dehnung werden die Ausscheidungen st¨arker entordnet. Dies
f¨uhrt zum Ansteigen der lokalen Dehnung und zur weiteren Entfestigung.
In ihrem Modell zur Entfestigung ber¨ucksichtigen Calabrese et al. nur
geordnete Ausscheidungen, da f¨ur ungeordnete Ausscheidungen kein Ent-
festigungsmechanismus vorliegt.
2.3.5 Au߬osung
In Wechselverformungsexperimenten von Lerch et al. an Nimonic 80a, wel-
ches γ -Ausscheidungen enth¨alt, steigt die Spannungsamplitude stark an und
f¨allt nach ¨Uberschreiten eines maximalen Wertes ab [LG85]. Der Verlauf ist
in Abbildung 2.6 skizziert. Die Entfestigung wird durch eine kontinuierliche
Reduzierung des Teilchendurchmesser, hervorgerufen durch Scherprozesse,
erkl¨art. Die reduzierten Ausscheidungen ¨uben weniger Widerstand auf die
Versetzungen aus. Gerold et. al. untersuchten eine Cu-2%Co-Legierung, die
inkoh¨arente Ausscheidungen enth¨alt [GS82]. Die Probe verfestigt bis zum Ma-
ximum, anschließend entfestigt die Legierung. Die Entfestigung n¨ahert sich
asymptotisch einer
”
S¨attigungsspannung”. Gerold et al. erkl¨aren die Entfe-
stigung mit der Entstehung von PSB kurz vor Erreichen des Maximums und
einer Lokalisierung der Dehnung in den PSB. Die Lokalisierung der Verset-
zungsbewegung f¨uhrt zu h¨aufigem Schneiden der Ausscheidungen. Die Aus-
scheidungen werden in kleine Teile zerschnitten und die Spannungsamplitude
wird kleiner, die Probe entfestigt. Die Entfestigung ist umgekehrt proportio-
nal zur Teilchengr¨oße. Die Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung wird
mit zunehmender Zyklenzahl geschw¨acht oder entf¨allt, resultierend in einer
Verringerung der Fließspannung. In der gleichen Legierung weisen Steiner et
al. nach zyklischer Verformung ausscheidungsfreie B¨ander nach [SBG+
83].
2.3 Zyklische Verformung 22
100
101
102
103
104
Zyklen N
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
∆σ/2[GPa]
.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
(a)
.................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
(b)
.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................
(e)
.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................
(d)
◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ (c)
Abbildung 2.6: Verfestigungskurven verschiedener Legierungen. (a) Ni-
monic 80a: Der Verfestigung folgt Entfestigung durch Scherung der γ -
Auscheidungen in lokalisierten Scherb¨andern. (b) Nimonic PE16: Entfesti-
gung nach Verfestigung. (c) Ni3Al: Verfestigungskurve dieser Arbeit. (d) Cu-
7.5%Al und (e) Cu: Die Verfestigung erreicht eine S¨attigungsspannung ohne
zu erweichen.
Ursache hierf¨ur ist wiederum die Nukleation von PSB w¨ahrend der Verfesti-
gung und die Lokalisierung der Dehnung in den PSB mit verbundener Sche-
rung der Auscheidungen. Der Volumenanteil der PSB betr¨agt ca. 5–10 %.
Die Au߬osung der Ausscheidungen durch zyklisches Schneiden in lokalisier-
ten PSB wird durch Lendvai et al. f¨ur L12-Auscheidungen in Al-Li best¨atigt
[LGG88]. Kleinere Ausscheidungen werden m¨oglicherweise nur von Einzel-
versetzungen geschnitten. Gr¨oßere hingegen meist durch Superversetzungen
(Siehe Kapitel 2.2). Die erste Versetzung schneidet das Teilchen und bildet
eine Antiphasengrenze, die zweite Versetzung, die der ersten auf der selben
Gleitebene folgt, stellt die Ordnung wieder her.
2.3 Zyklische Verformung 23
2.3.6 Kritische Keimbildung unter Verformung
Mit dem Modell von Brechet et al. [BLMVG87] l¨aßt sich ein kritischer Radius
der Ausscheidungen berechnen, unterhalb dessen sich die Teilchen au߬osen,
werden sie durch Versetzungen geschnitten.
Der Zuwachs der Gibbsschen freien Energie ∆G bei Keimbildung eines
kugelf¨ormigen Teilchens im Mischkristall lautet [Haa96]:
∆G = −
4
3
πr3
γv + 4πr2
γs, (2.12)
γv = ∆gV + ∆gP ,
mit der Differenz der freien Energie pro Volumeneinheit ∆gV , der Verzer-
rungsenergie pro Volumeneinheit ∆gP und der Grenzfl¨achenenergie zwischen
Keim und Matrix γs. Ein kritischer Radius wird durch δ∆G/δr = 0 definiert:
r∗
= 2
γs
γv
. (2.13)
F¨ur geordnete Auscheidungen, die von Versetzungen geschnitten werden,
m¨ussen zur freien Energie ∆G zwei weitere Terme addiert werden. Schneidet
eine Versetzung eine Ausscheidung, bildet sich eine Antiphasengrenze mit
der Antiphasengrenzfl¨achenenergie γa auf einer durchschnittlichen Fl¨ache,
2
3
πr2
, und eine Stufe auf der Grenz߬ache zwischen Keim und Matrix mit der
Grenzfl¨achenenergie γs auf einer durchschnitlichen Fl¨ache, 1
4
π2
rb. Diese bei-
den Terme m¨ussen mit der Anzahl von Schneidereignissen gewichtet werden.
Die Anzahl der Versetzungen dn, die ein Teilchen mit Durchmesser, d = 2r,
in einem Zeitabschnitt dt schneiden k¨onnen betr¨agt:
dn = 2rρvdt. (2.14)
ρ ist die Dichte der beweglichen Versetzungen und v ihre Durchschnittsge-
schwindigkeit. Mit der Orowanschen Beziehung f¨ur die Abgleitgeschwindig-
keit
˙ε = bρv, (2.15)
l¨aßt sich Gleichung (2.14) integrieren [Sev93]:
n =
2r
b
ε. (2.16)
2.3 Zyklische Verformung 24
F¨ur ∆G folgt:
∆G = −
4
3
πr3
γv + 4πr2
γs +
1
2
π2
r2
εγs
Stufe
+
4
3
πr3 ε
b
γa
APB
. (2.17)
Gegen¨uber dem APB-Term ist der Stufenterm vernachl¨assigbar, da b r
und γs γa ist. Mit Einf¨uhrung einer effektiven Volumenenergie ˜γv und
einer effektiven Grenzfl¨achenenergie ˜γs wird ∆G(r,ε) zu:
∆G(r,ε) = −4
3
πr3
˜γv + 4πr2
˜γs,
˜γv = 1 −
γaε
bγv
,
˜γs = 1 +
πε
8
.
(2.18)
Ber¨ucksichtigt man, daß eine nachfolgende Versetzung eine entstandene
APB wieder aufheben kann, f¨uhrt Brechet eine effektive Dehnung ein:
˜ε =
1
2α
1 − e− Z
2 (1 − e−2α∆ε
) . (2.19)
α ist die Wahrscheinlichkeit, daß zwei Versetzungen die Ausscheidung auf der
selben Gleitebene schneiden. Damit berechnet sich mit Gleichung (2.13) und
(2.18) ein kritischer Radius:
˜rc(˜ε) = r0




1 +
π
8
˜ε
1 −
˜ε
˜εc



 . (2.20)
˜εc ist ein kritischer Wert f¨ur die Dehnung ˜ε. Oberhalb dieser kritischen Deh-
nung existiert kein kritischer Radius mehr und die Ausscheidungen l¨osen sich
sofort auf.
˜εc = b
γv
γa
. (2.21)
Mit den Werten f¨ur Ni3Al, γv = 3,05 · 107
N/m2
, b = 0,252 nm und γa =
0,180 J/m2
ergibt sich eine kritische Dehnung, ˜εc = 4,3 · 10−2
. Diese kritische
Dehnung ist bei Dehnungen, 8,0 · 10−3
< ε < 6,0 · 10−2
, innerhalb weniger
Zyklen erreicht.
2.3 Zyklische Verformung 25
2.3.7 Leerstellenerzeugung durch Verformung
Bei plastischer Verformung werden Punktdefekte in Metallen durch Verset-
zungsbewegung erzeugt [Mot52] [Mot53] [Sei52]. Schneiden sich zwei Schrau-
benversetzungen entstehen Versetzungsspr¨unge, sogenannte Jogs, wie Abbil-
dung 2.7 zeigt. Jogs in Schraubenversetzungen k¨onnen sich unter dem Einfluß
einer Schubspannung nur unter Erzeugung oder Vernichtung von Zwischen-
gitteratomen oder Leerstellen bewegen. Der Jog ist eine Stufenversetzung
mit der L¨ange eines Burgersvektor. Die Bewegung des Jogs ist ein Klettern
des Stufensegments, da sich die Stufe senkrecht zu ihrem Burgersvektor be-
wegen muß. Klettern von Stufenversetzungen ist je nach Bewegungsrichtung
1)
bT
v¨¨%
.................................................................
......................................................................................................................................................................................................................................................................................
brrj
...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
2)
brrj
................................
....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
bT
v¨¨%
.........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
............. ............. ............. .............
............. ............. ............. .............
..
...
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Abbildung 2.7: Entstehung von Jogs in Schraubenversetzungen. Schneiden
sich zwei Schraubenversetzungen muß in jede Versetzung ein Stufensegment
der L¨ange b eingebaut werden, ein sogenannter Jog. Bewegt sich die Schrau-
benversetzung weiter, emittiert oder absorbiert sie entlang der eingeschobe-
nen Stufe Leerstellen oder Zwischengitteratome, da die Stufe klettern muß.
nur durch Erzeugen oder Vernichten von Leerstellen oder Zwischengittera-
tomen m¨oglich. W. Witzel konnte zeigen, daß die Leerstellenkonzentration
der mechanisch durch Schneidprozesse erzeugten ¨Uberschußleerstellen nicht
2.3 Zyklische Verformung 26
ausreicht, um Diffusionsvorg¨ange oberhalb von 0,4 TS zu erk¨aren [Wit73].
Wird die Bildung von Leerstellen, die durch thermische Jogs bei h¨oheren
Temperaturen erzeugt werden, ber¨ucksichtigt, werden die gemessen Diffusi-
onskoeffizienten erreicht. Im Gleichgewicht besitzt eine Schraubenversetzung
eine gewisse Anzahl von thermischen Jogs.
Bei Temperaturen oberhalb 0,4 TS liefern thermische Jogs bei der ¨Uber-
schußleerstellenbildung einen nennenswerten Beitrag. F¨ur das in dieser Arbeit
untersuchte Ni12at.%Al sind 0,4 TS ca. 400 ‰. Der Beitrag zur Leerstellen-
bildung durch thermische Jogs kann deshalb nicht vernachl¨assigt werden, da
die Versuche bei Meßtemperaturen bis zu 500 ‰ durchgef¨uhrt wurden. Die
Bildungsrate der ¨Uberschußleerstellen wird, wie folgt, beschrieben:
Π = χ
σVm
Qf
˙ε
MechanischerAnteil
+ ζ
cjVm
4b3 ˙ε
ThermischerAnteil
. (2.22)
Der mechanische Beitrag zur Leerstellenbildung in Gleichung (2.22) ist pro-
portional zur Dehnungsrate ˙ε mit der Fließspannung σ der Leerstellenbil-
dungsenergie Qf , dem Atomvolumen Vm, und dem Burgersvektor b. Die
Konstante χ betr¨agt nach Mecking et al. ca. 0,1 [ME80]. Die Entstehung
von athermischen Jogs ist in Abbildung 2.7 beschrieben. Schneiden sich zwei
Schraubenversetzungen wird in jede ein Stufensegment der L¨ange, b, einge-
baut. Gleitet die Schraubenversetzung weiter, emittiert oder absorbiert die
Stufe Leerstellen oder Zwischengitteratome. Da die Bildung von Leerstellen
energetisch g¨unstiger ist als die Bildung von Zwischengitteratomen, fungiert
ein Jog einer Schraubenversetzung als Leerstellenquelle. Der Beitrag der ther-
mischen Jogs zur Leerstellenbildung wurde von W. Witzel [Wit73], wie folgt,
eingef¨uhrt. Die Konzentration der thermischen Jogs ist
cj = e
−
Ej
kT mit Ej =
Gb3
4π(1 − ν)
. (2.23)
Ej ist die Jogbildungsenergie, die mit der Linienenergie einer Stufe
EL =
Gb2
4π
(2.24)
pro L¨angeneinheit abgesch¨atzt werden kann. A. Seeger sch¨atzt diese Ener-
gie auf Gb2
/10 pro L¨angeneinheit [See55]. Bei Schraubenversetzungen ist die
2.3 Zyklische Verformung 27
Linienenergie um den Faktor (1 − ν) kleiner. G ist der Schermodul und ν
die Poissonzahl. Die Konstante ζ in Gleichung (2.22) gibt an mit welcher
Rate thermische Jogs Leerstellen erzeugen und vernichten. Bei hoher Kon-
zentration Leerstellen vernichtender Jogs verschwindet der Einfluß auf die
Kriechgeschwindigkeit durch die ¨außere Spannung, da der mittlere Abstand
der Jogs sehr klein wird [BN65] und Leerstellenvernichtung die Leerstellen-
bildung ¨uberwiegt. Durch die große Anzahl Leerstellen absorbierender Jogs,
verschwindet der Beitrag der thermischen Jogs [MSJ94] und ζ geht gegen
null. F¨ur gr¨oßere Jogabst¨ande (20–200 b) bzw. einer geringeren Jogkonzen-
tration verschwindet der Einfluß auf die Kriechgeschwindigkeit nicht. ζ = 0,5
f¨ur cj 1.
Die Vernichtung von Leerstellen findet an Korngrenzen und Versetzungen
statt und ist diffusionsabh¨angig. Die Vernichtungsrate η h¨angt von der Kon-
zentration der ¨Uberschußleerstellen cex der Senkendichte und der Leerstellen-
diffusivit¨at ab. Die Diffusionskonstante der Leerstellen ist gegeben durch die
Leerstellenwanderungsenergie Qm:
Dv = Dv0 e
−
Qm
RT . (2.25)
Die Vernichtungsrate an Versetzungen und Korngrenzen stellt sich folgender-
maßen dar:
η =
Dv
κ2
cex +
Dv
L2 cex. (2.26)
ist die Versetzungsdichte, L die Korngr¨oße. κ ist ein struktureller Parame-
ter, der die Versetzungsverteilung widerspiegelt. F¨ur eine homogene Verset-
zungsverteilung ist κ = 1, sonst κ > 1 und f¨ur zell¨ahnliche Strukturen gleich
zehn [ME80]. Die Korngr¨oßen der in dieser Arbeit untersuchten Legierung
betragen ca. 0,1 mm bis 1 mm. Der Beitrag zur Leerstellenvernichtungsrate
an Korngrenzen ist wegen
Dv
L2 cex
Dv
κ2 cex (2.27)
vernachl¨assigbar.
Die effektive Bildungsrate der ¨Uberschußleerstellen ist
dcex
dt
= Π − η = 0 (2.28)
2.3 Zyklische Verformung 28
f¨ur den sogenannten
”
steady state”-Zustand bei konstanter Dehnungsgeschwin-
digkeit. Die Konzentration der ¨Uberschußlehrstellen im
”
steady state”-Zustand
wird damit zu:
cs =
χσ
Qf
+
ζcj
4b3
κ2
s
Vm
Dv
˙ε (2.29)
mit der von G. I. Taylor∗
entwickelten Formel f¨ur die Versetzungsdichte
s =
σ
Gb
2
. (2.30)
s ist die Versetzungsdichte im
”
steady state”, wenn s (0), d.h. die Ver-
setzungsdichte w¨ahrend der Verformung wesentlich gr¨oßer ist als zu Beginn.
Der effektive Diffusionskoeffizient D∗
kann analog zur Selbstdiffusion mit
D∗
= D0 1 +
cex
cth
e
−
QSD
RT (2.31)
dargestellt werden, wobei der Faktor, (1 + cex/cth), den Zuwachs der ¨Uber-
schußleerstellen durch plastische Verformung ber¨ucksichtigt. Die thermische
Leerstellenkonzentration ist:
cth = e
−
Qf − Sf T
RT (2.32)
mit der Leerstellenbildungsenthalpie Qf und der Leerstellenbildungsentropie
Sf . Sf ist ungef¨ahr 1 kB. Im
”
steady state”ist die Leerstellenkonzentration der
¨Uberschußleerstellen cex gleich cs und D∗
wird mit den Gleichungen (2.25),
(2.29), (2.30) und (2.32) zu:
D∗
= D0 e− QSD
RT



1 +
1
Dv0
1
e−
Qf +Qm
RT
Vm
eSf /kB
χσ
Qf
+
ζcj
4b3
κ G b
σ
2
α
˙ε



 ,
bzw.
= D0 e− QSD
RT +
D0
Dv0
α ˙ε. (2.33)
Die effektive Selbstdiffusionskonstante in Nickel bei Verformung ist also
die der Selbstdiffusion erweitert um einen Term, der im Wesentlichen von
∗
Die von G. I. Taylor gefundene Formel lautet: τ = α1 Gb
√
mit α1 ≈ 1
3 . F¨ur Polykri-
stalle gilt: σ = M τ mit dem Taylorfaktor, M = 3,06 [Haa96].
2.3 Zyklische Verformung 29
der Dehnungsgeschwindigkeit ˙ε abh¨angig ist. F¨ur ˙ε = 5 · 10−2
1/s ist D∗
in
Abbildung 2.8 dargestellt. Im Temperaturbereich von Raumtemperatur bis
zu 1000 ‰ ist die Diffusionskonstante nur von der Dehnungsrate abh¨angig und
nicht mehr von der Temperatur, da sich die temperaturabh¨angigen Terme,
wie in Gleichung (2.33) zu sehen, f¨ur die Erzeugung der ¨Uberschußleerstellen
aufheben.
0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
Rez. Temperatur 1000
T
1
K
RT200400800Tm
Temperatur T [‰]
10−24
10−22
10−20
10−18
10−16
10−14
10−12
D∗
[m2
/s]
......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
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Abbildung 2.8: ( - - - ) Leerstellendiffusion in Nickel, ( — ) effektive Diffu-
sion bei Verformung f¨ur ˙ε = 5 · 10−2
1/s.
3 Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung
3.2 Probenpr¨aparation
3.3 Versuchsablauf
3.4 Elektronenmikroskopie
Das Kapitel, Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung, beschreibt den Ver-
suchsaufbau, die Pr¨aparation der Proben vor und nach der Wechselverfor-
mung, die thermische Behandlung, die Versuchsdurchf¨uhrung und die elek-
tronenmikroskopischen Untersuchungen.
Die Probenpr¨aparation unterteilt sich in die Herstellung des Probenmate-
rials, dessen Weiterverarbeitung zu Zugproben und die thermische Behand-
lung, die vor dem Zug-Druck-Versuch angewandt wurde, und die Pr¨apara-
tion der wechselverformten Proben f¨ur die Elektronenmikroskopie. Der Ab-
schnitt
”
Versuchsdurchf¨uhrung” erl¨autert die Wechselverformung der Proben
bei verschiedenen Temperaturen. Den Abschluß bildet eine kurze Erl¨auterung
der Probenuntersuchung mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie
(tem).
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung
3.1.1 Versuchsaufbau
Der Aufbau f¨ur das Verformungsexperiment ist in einen servohydraulischen
Pr¨ufrahmen der 8500-Serie einer Werkstoffpr¨ufmaschine der Firma instron
eingebaut. Der Pr¨ufrahmen besteht im Wesentlichen aus dem sogenannten
30
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 31
Querhaupt
Hubkolben
Gas
Tisch
Probe
Zonenofen
Probenhalter
Muffelrohr
Öldichtung
Kraftmeßdose
Abbildung 3.1: Versuchsaufbau.
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 32
Tisch, in dem der Hubkolben einbaut ist, zwei F¨uhrungsstangen f¨ur das Quer-
haupt und dem Querhaupt selbst, an dem eine Kraftmeßdose befestigt ist
(Siehe Abbildung 3.1). An die Kraftmeßdose ist die obere Probenaufnahme
geschraubt. Diese h¨alt das Muffelrohr des Ofens. Die obere Aufnahme enth¨alt
eine Gaszuf¨uhrung, um Experimente unter kontrollierten atmosph¨arischen
Bedingungen zu erlauben, und ebenso Durchf¨uhrungen f¨ur Thermoelemente,
die zur Steuerung des Ofens und zur Messung der Probentemperatur dienen.
Auf die untere Probenaufnahme wird eine zylindrische ¨Olwanne gesteckt,
in die das Muffelrohr nach dem Zusammenfahren der oberen und unteren
Probenaufnahme eintaucht. Gef¨ullt mit ¨Ol wird das Muffelrohr dicht abge-
schlossen. Die Proben, wie in Abbildung 3.2 zu sehen, sitzen in Quetschfut-
tern, die mit ¨Uberwurfmuttern gegen die Probenaufnahmen verspannt wer-
den. Keramikpaste zwischen ¨Uberwurfmutter und Gewinde verhindert das
”
Festbacken” der Mutter bei h¨oheren Temperaturen. Andere Probenaufnah-
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............................................................................................................................................................................................................................................................. Probe
................................................................................................................................................................................................................................. Spannfutter
.................................................................................................................................................. ¨Uberwurfmutter
.................................................................................................................................... Probenaufnahme
Abbildung 3.2: Unmaßst¨abliche Skizze der Probenhalterung. Die Probe
sitzt in einem Quetsch- oder Spannfutter, das mit einer ¨Uberwurfmutter ge-
gen die Probenaufnahme verspannt ist.
3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 33
men, die aus zwei sich gegen¨uberliegenden Klemmbacken bestanden, haben
sich nicht bew¨ahrt. Die getesteten Vorrichtungen konnten die Probe nicht
festhalten. Die Proben rutschten w¨ahrend der Verformung.
In H¨ohe der Probe ist um das Muffelrohr ein Drei-Zonen-Ofen angebracht,
der Temperaturen bis 1000 ‰ erreicht. Drei Eurotherm-PID-Regler steuern
die jeweiligen Zonen des Ofens. Die Heizwendel sind von einem Glasrohr
umgeben, das innen goldbeschichtet ist. Durch ausreichendes Licht wird der
Ofen transparent und das Experiment kann beobachet werden.
3.1.2 Versuchssteuerung
Die servohydraulische Pr¨ufmaschine l¨aßt sich in zwei Regelungsarten betrei-
ben: positions- oder kraftgeregelt. In beiden F¨allen gibt man einen Positions-
oder Kraftweg vor, der linear oder zyklisch verl¨auft. Zu den linearen Signa-
len z¨ahlen Rampen und Trapeze, zu den zyklischen Sinus-, Dreiecks- und
Rechteckformen. ¨Uber die Vorgabe wird gesteuert, w¨ahrend die andere Gr¨o-
ße gemessen wird. Abbildung 3.3 stellt die Regelung schematisch dar. Der
maximale Verfahrweg betr¨agt ±75 mm, die maximale Kraft ±250 kN. Die ma-
ximale Frequenz bei zyklischen Signalen betr¨agt 500 Hz. Messung der Kraft
erfolgt ¨uber eine Kraftmeßdose am Querhaupt, Messung der Position ¨uber
einen sogenannten lvdt (Linear Variable Differential Transformer)∗
, der an
den Hubkolben im
”
Tisch” angeschlossen ist. Beide Meßger¨ate liefern ana-
loge elektrische Signale, die im Steuerrechner digitalisiert werden. Die Re-
gelung erfolgt digital. Das errechnete Steuersignal wird analog an das Ser-
voventil ¨ubertragen. Das Servoventil regelt den Hubkolben bis entweder die
gew¨unschte Position oder Kraft erreicht ist. Diese sogenannte
”
closed loop
control” erlaubt eine akkurate Durchf¨uhrung von Wechselverformungsexperi-
menten. Die 16 Bit-Digitalisierung sorgt f¨ur eine ausreichende Aufl¨osung der
Messung und Regelung. Eine Reihe weiterer Einstellungsm¨oglichkeiten, etwa
freie Wegprogrammierung, w¨aren vorhanden, sind aber f¨ur die durchgef¨uhr-
ten Wechselverformungsexperimente ohne Belang.
∗
Ein lvdt ist ein elektrisches Meßger¨at auf Induktionsbasis, welches eine elektrische
Spannung proportional zur Verschiebung seines Magnetkerns liefert. Eine sehr anschauliche
Prinzipskizze ist unter http://www.lvdtcollins.com/lvdt/lvdt.htm zu finden.
3.2 Probenpr¨aparation 34
F
x
T
T
x
F
Maschinen−
steuerung
PC
Keithley
Kraftmeßdose
Hubkolben
Abbildung 3.3: Versuchssteuerung. Die Meßwerte aus Hubkolben und
Kraftmeßdose werden in der Maschinensteuerung digitalisiert und an einen
PC ¨ubertragen. Im umgekehrten Weg k¨onnen Steuerbefehle an Hubkolben
und Meßdose ¨ubertragen werden. Parallel dazu wird die Probentemperatur
mit Hilfe eines Keithley-Digitalmultimeter aufgezeichnet. Am Bildschirm des
PC k¨onnen alle Daten angezeigt und in einer Datei gespeichert werden.
Die Meßdaten werden digital zu einem PC ¨ubertragen. Als Gr¨oßen er-
h¨alt man den Zeitpunkt der Meßwertspeicherung, die aktuelle Position und
die dazugeh¨orige Kraft. Die Probentemperatur wird parallel dazu ¨uber ein
Keithley-Multimeter ausgelesen. Alle Meßgr¨oßen werden in einer Datei zur
Weiterverarbeitung gespeichert. W¨ahrend der Messung k¨onnen Kraft-Weg-
Diagramme oder Weg/Kraft-Zeit-Kurven am Bildschirm dargestellt werden.
3.2 Probenpr¨aparation
3.2.1 Zugprobenherstellung
Das Oak Ridge National Laboratory in Oak Ridge, tn legierte einen Stab
von 1 m L¨ange und einem Durchmesser von 8 mm mit Hilfe eines Lichtbogen-
ofens im Vakuum. Die Zusammensetzung der Ni12at.%Al-Legierung wurde
3.2 Probenpr¨aparation 35
102
103
104
105
100 200 300 400 500 600
Anzahl
Kanal
Stabanfang
++++++++++
+
++
+
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
+
+
+
+
++
+
+
+
+
+++++++++++
+
+
+
++
+
+
+
+++++++
++++++++++++++++++++++++++++
++++++++++++
+
Stabmitte
bbbbbbbbbb
b
bb
b
bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb
bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb
b
b
b
b
bb
b
b
b
b
bbbbbbbbbbb
b
b
b
bb
b
b
b
bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb
b
Stabende
rrrrrrrrrr
r
rr
r
r
rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
r
r
r
r
rr
r
r
r
r
rrrrrrrrrrr
r
r
r
rr
r
r
r
r
rrrrrr
r
rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
r
Abbildung 3.4: edx-Messung am Anfang, der Mitte und am Ende des
Stabes. Die Homogenit¨at entlang des Stabes ist ausreichend gew¨ahrleistet.
am Lehrstuhl f¨ur Experimentalphysik II mittels edx ¨uberpr¨uft und stimmt
im Rahmen der Meßgenauigkeit mit der Forderung ¨uberein. Die Homogenit¨at
der Legierung ist ¨uber die gesamte L¨ange des Stabes gew¨ahrleistet (siehe Ab-
bildung 3.4). Die am eigenen Lehrstuhl im Lichtbogenofen legierten Proben
erwiesen sich als zu spr¨ode zum Umformen in die gew¨unschte Form durch
Walzen. Proben, die am Institut f¨ur Materialphysik der Universit¨at G¨ottin-
gen mit Hilfe eines Mittelfrequenzofens geschmolzen wurden, waren ebenfalls
f¨ur eine Umformung zu spr¨ode.
Aus dem Stab wurden Zylinder mit einer L¨ange von 25 mm und einem
Durchmesser von 6 mm gedreht. An die Enden der Zylinder schweißte die
Firma kuka, Augsburg, zylindrische Stahlstifte mit einer L¨ange von 40 mm
mittels Rotationschweißen. Die Stahlstifte dienen als Halterung. Der Legie-
rungsteil der Proben wurde anschließend zum Teil auf einen Durchmesser von
4 mm ged¨unnt. Der ¨Ubergang zu den Halterungen verl¨auft fließend. Die Form
der Proben, wie in Abbildung 3.5 gezeigt, erinnert an ein
”
Stundenglas”. Die
Eichl¨ange betr¨agt 6 mm.
3.2 Probenpr¨aparation 36
                 
                 
¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡
¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡
¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢
¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢
£ £ £ £ £ £ £ £
£ £ £ £ £ £ £ £
640
104
Stahl Ni12at.%Al
Abbildung 3.5: Probengeometrie.
3.2.2 W¨armebehandlung
F¨ur die W¨armebehandlung wurden die Zugproben unter Vakuum in Quarz-
glasr¨ohrchen eingeschweißt. Die Proben wurden bei 1170 ‰ f¨ur 72 Stunden
homogenisiert. Anschließend wurde die Temperatur zur Spannungsreduzie-
rung auf 870 ‰ gesenkt und f¨ur 24 Stunden gehalten. Diese Temperatur liegt
oberhalb der L¨oslichkeit der γ + γ - Phase. Die Abschreckung der Proben
erfolgte im Salzwasserbad. Vor dem Zug-Druck-Versuch wurden die Proben
f¨ur 24 Stunden bei 600 ‰ ausgelagert und anschließend in Salzwasser abge-
schreckt. Die Gr¨oße der gebildeten Ausscheidungen lag bei 10–15 nm. Die ein-
zelnen Temperaturen sind im Phasendiagramm, Abbildung 2.1, eingezeich-
net.
3.2.3 TEM-Probenherstellung
F¨ur die Untersuchung im tem wurden mit Hilfe einer Fadens¨age 150 µm dicke
Pl¨attchen aus der verformten Probe ges¨agt. Der Schnitt verlief entlang sicht-
barer Gleitb¨ander auf der Probenoberfl¨ache und in einem Winkel von 45° zur
Verformungsrichtung. Anschließend wurden Scheiben mit einem Durchmesser
von 3 mm gestanzt. Die Scheibchen wurden elektrolytisch in einer Tenupol
der Firma Struers poliert. Der Elektrolyt bestand aus einer L¨osung aus 5 %
60-prozentiger HClO4 (Perchlors¨aure) + 95 % CH3COOH (Eisessig). Die op-
timalen Polierparameter waren: V = 90 V, I = 0,25 A und T =14,5 ‰. Das
entstandene Loch liegt meist in der Probenmitte, dessen R¨ander im Quer-
3.3 Versuchsablauf 37
schnitt keilf¨ormig zum Loch hin auslaufen, so daß die n¨otige Dicke 0–150 nm
f¨ur das Elektronendurchstrahlverfahren gegeben ist.
3.3 Versuchsablauf
Die pr¨aparierte Probe wurde in die Anlage eingebaut und Kraftschluß herge-
stellt. Das Muffelrohr wurde mit Stickstoff gesp¨ult, um eine nicht oxidierende
Atmosph¨are zu erhalten. W¨ahrend des Versuchs wurde ein geringer Stick-
stoffdurchfluß eingestellt, um eventuelle Verluste auszugleichen. Die Pr¨ufma-
schine wurde zun¨achst im kraftgeregelten Modus betrieben, wobei als Soll-
kraft 0 kN eingestellt wurde. Der Ofen heizte die Probe auf die gew¨unschte
Temperatur. Die Kraft von 0 kN sorgte daf¨ur, daß sich Stempel und Probe
w¨ahrend der Aufheizphase ausdehnen k¨onnen ohne zus¨atzliche Spannungen
f¨ur die Probe. Die Aufheizphase dauerte 30 Minuten. Nach 30 Minuten war
die Versuchsanordnung im stabilen Gleichgewicht und es fand keine weitere
temperaturbedingte Ausdehnung statt.
Die Wechselverformung wird weggesteuert durchgef¨uhrt, um eine gleich-
bleibende plastische Dehnungsamplitude in jedem Zyklus zu gew¨ahrleisten.
W¨ahrend der ersten Zyklen wird die Dehnungsamplitude kontinuierlich von
null auf die maximale Dehnung erh¨oht, um ein vorzeitiges Versagen der Pro-
be zu vermeiden. Die Dehnungsgeschwindigkeit bleibt w¨ahrend des Verfor-
mungsexperiments konstant. Sie wird ¨uber die Dehnungsamplitude und die
Frequenz geregelt. Auf Grund der Position der Wegmessung kann lediglich
eine Gesamtdehnung eingestellt werden. In dieser Gesamtdehnung sind die
elastischen Dehnungsanteile der Pr¨ufmaschine, der Versuchsanordnung, der
Probe und die plastische Dehnung der Probe enthalten. Im Spannungsnull-
durchgang wird nur die plastische Dehnung gemessen, da die elastischen
Dehnungsanteile verschwinden. Generell wird in Wechselverformungsexpe-
rimenten, die an Luft und bei Raumtemperatur stattfinden, die Dehnung
direkt entlang der Eichl¨ange der Probe mit speziellen Dehnungsmeßger¨aten
gemessen. Bei Versuchen, die unter von Luft verschiedenen Atmosph¨aren, wie
Schutzgas o. ¨a., und h¨oheren Temperaturen stattfinden und deshalb einen we-
sentlichen h¨oheren und komplexeren experimentellen Aufbau fordern, ist es
3.4 Elektronenmikroskopie 38
durchaus ¨ublich das Wegsignal, das der lvdt aufnimmt, als Dehnungssignal
zu verwenden.
Die Auswertung der Spannungs-Dehnungs-Kurven ergab eine sehr geringe
Abweichung der plastischen Dehnung von ihrem Mittelwert w¨ahrend des Ver-
suchs. Die Abweichung liegt unter 10 %. Die Proben wurden bis zur Rissbil-
dung wechselverformt. Der Beginn der Rissbildung ist in der Hystereseschlei-
fe mit der Bildung einer Kraftspitze im Druckbereich zu erkennen. Mit der
Rissausbreitung wird die effektive Fl¨ache der Probe kleiner. Die zur Verfor-
mung ben¨otigte Kraft wird geringer. Schließt sich der Riss in der Druckphase,
steigt die Kraft stark an, da die Anfangs߬ache wieder erreicht ist.
Nach Ende der Verformung wird die Probe mit Stickstoff gek¨uhlt. Da-
bei werden K¨uhlraten von 200 K/min erreicht. Die abgek¨uhlte Probe wird
ausgebaut und f¨ur die Transmissions-Elektronenmikroskopie vorbereitet.
3.4 Elektronenmikroskopie
F¨ur die Mikrostrukturanalyse der Proben wird die konventionelle Trans-
missions-Elektronenmikroskopie genutzt. Die elektronenmikroskopische Cha-
rakterisierung wurde mit einem cm120-Transmissions-Elektronen-Mikroskop
der Firma Philips durchgef¨uhrt. Das Mikroskop besitzt eine LaB6-Kathode
und wird mit 120 kV Beschleunigungsspannung betrieben. F¨ur die Abbildung
im konventionellen Hell- und Dunkelfeldmodus bei Vergr¨oßerung von 10–45-
tausendfach reicht die Beschleunigungsspannung v¨ollig aus. Im Wesentlichen
besteht das tem aus der Elektronenquelle, der Abbildungss¨aule mit ihren vier
Linsengruppen, einem Leuchtschirm zur Darstellung und einer Photoeinheit
mit einer herk¨ommlichen Photoplatte und einer Digitalkamera.
3.4.1 Hell- und Dunkelfeldabbildung
Die Wechselwirkung des Elektronenstrahls mit der Probe erm¨oglicht eine
zweidimensionale Abbildung des durchstrahlten Probenvolumens. Bei der
Durchstrahlung der Probe wird der Elektronenstrahl an den Gitterebenen
der Probe gebeugt und das sogenannte erste Beugungsbild entsteht. Mit einer
entsprechenden Blende in der Ebene des ersten Beugungsbildes, der Kontrast-
3.4 Elektronenmikroskopie 39
200 220
020
100 110
010
210
120
Abbildung 3.6: Beugungsbild einer Ni12at.%Al-Legierung in [100]-
Richtung. Zwischen den Reflexen der 1. Ordnung sind die sogenannten ver-
boten Reflexe oder ¨Uberstrukturreflexe zu erkennen (teilweise mit ihrer In-
dizierung markiert).
oder Objektivblende, lassen sich einzelne Beugungsreflexe selektieren. Wird
lediglich ein ungebeugter Strahl, der sogenannte Nullstrahl, gew¨ahlt, wird mit
Hilfe der Zwischen- und Projektionslinse ein Hellfeldbild am Leuchtschirm
abgebildet. Dabei erscheinen Bereiche der Probe, an denen Beugungsbedin-
gungen erf¨ullt sind, dunkel. In diesen Bereichen sind die Kristallebenen so
verdreht, daß der dort abgebeugte Stahl durch die Kontrastblende gefiltert
wird und nicht zum Bild beitr¨agt. Der Nullstrahl hingegen passiert die Pro-
be ungehindert und erscheint hell. Ohne Kontrastblende und einer anderen
Anregung der Zwischenlinse wird im Beugungsmodus das erste Beugungsbild
auf den Leuchtschirm abgebildet. Zu sehen sind Beugungsreflexe der Probe,
wie in Abbildung 3.6 gezeigt.
Im Dunkelfeldmodus wird statt dem Nullstrahl einer der abgebeugten Re-
flexe mit der Kontrastblende gew¨ahlt. Der Elektronenstrahl wird derart ver-
kippt, daß der gebeugte Strahl durch die Kontrastblende tritt. Am Leucht-
schirm entsteht das Dunkelfeldbild. Im Dunkelfeld erscheinen nur die Pro-
3.4 Elektronenmikroskopie 40
benbereiche hell, in denen die Beugungsbedingung erf¨ullt ist. W¨ahlt man als
abgebeugten Reflex einen der ¨Uberstrukturreflexe der Ni12at.%Al-Legierung
mit ihren Ausscheidungen
”
leuchten” diese, w¨ahrend die umgebende Matrix
dunkel bleibt.
Die Hell- und Dunkelfeldaufnahmen wurden unter folgenden Bedingungen
aufgenommen: Die Probe wurden in einen Doppelkipphalter eingebaut, bei
dem sich die beiden Achsen in der Probenebene um ±60° bzw. ±30°drehen
lassen. Damit l¨aßt sich die Probe in die gew¨unschte Orientierung kippen.
Meist wurden Orientierungen verwendet, die m¨oglichst niedrig indiziert sind,
etwa [001], [011] oder [112], und deren Verkippungswinkel zur Probennorma-
len relativ klein war, um einen m¨oglichst großen durchstrahlbaren Bereich zu
gew¨ahrleisten. Je mehr die Probe verkippt ist, desto dicker wird sie und der
auswertbare Bereich wird sehr klein. Der untersuchte Polykristall erlaubte
es leider nicht, die tem-Probe in einer bestimmten Orientierung zu pr¨apa-
rieren. Zu jeder Probe wurden Hell- und Dunkelfeldbilder in verschiedenen
Vergr¨oßerungen, sowie Beugungsbilder aufgenommen. Zu jedem Dunkelfeld-
bild existiert das korrespondierende Hellfeldbild. Die Proben sind nach der
Verformung so stark verspannt, daß h¨ochaufl¨osende Bilder nicht aufgenom-
men werden konnten. Die Proben waren so verbogen, daß selbst bei einer
relativ niedrigen Vergr¨oßerung (28-tausendfach) Bereiche des Bildes außer-
halb des Fokus lagen.
Die Hellfeld-, Dunkelfeld- und Beugungsbilder wurden auf Photoplatten
aufgenommen. F¨ur die digitale Bearbeitung und Auswertung wurden die Ne-
gative gescannt.
3.4.2 Entstehung von ¨Uberstrukturreflexen
Die Kontrastentstehung an kristallinen Objekten und die Charakterisierung
von Kristallbaufehlern auf der Grundlage der kinematischen Kontrasttheorie
sind ausf¨uhrlich u. a. in [WC96] beschrieben. Im Folgenden wird kurz erl¨au-
tert, warum bei Beugungsbildern von Kristallen mit L12-Struktur ¨Uberstruk-
turreflexe auftreten.
3.4 Elektronenmikroskopie 41
Die Streuamplitude eines bestimmten Beugungsreflexes des Kristalls be-
rechnet sich wie folgt:
Fhkl =
i
fie2πi(hxi+kyi+lzi)
. (3.1)
fi ist der atomabh¨angige Formfaktor. Gleichung 3.1 gilt f¨ur alle Kristallgitter,
die ideal und unendlich groß sind. Im kubisch fl¨achenzentrierten Gitter ist
die Einheitszelle an folgenden Positionen besetzt:
(x,y,z) = (0,0,0),(
1
2
,
1
2
,0),(
1
2
,0,
1
2
), (0,
1
2
,
1
2
). (3.2)
Einsetzen dieser Werte in Gleichung 3.1, ergibt:
Fhkl = f{1 + eπi(h+k)
+ eπi(h+l)
+ eπi(k+l)
}. (3.3)
F¨ur die m¨oglichen Kombinationen von h, k und l werden letztlich zwei F¨alle
unterschieden:
ˆ F = 4f, wenn alle h, k, l gerade oder ungerade sind,
ˆ F = 0, wenn h, k, l gerade und ungerade sind.
Im einphasigen f.c.c.-Gitter des reinen Nickels erscheinen die verbotenen Re-
flexe, etwa [100], nicht. In geordnetem Ni3Al erscheinen die verboten Reflexe
als sogenannte ¨Uberstrukturreflexe. Die Einheitszelle ist bei (0,0,0) mit ei-
nem Aluminiumatom besetzt, auf den Fl¨achenmitten weiterhin mit Nickel.
In einem Ni3Al-Kristall bilden die Aluminiumatome eine ¨Uberstruktur. Alle
Ecken des kubisch fl¨achenzentrierten W¨urfels sind von ihnen besetzt. Be-
trachtet man Gleichung 3.1 verschwindet die Streuamplitude bei gemischten
Indizes nicht, da die Atomformfaktoren verschieden sind. Gleichung 3.3 wird
zu:
Fhkl = fAl + fNi{eπi(h+k)
+ eπi(h+l)
+ eπi(k+l)
} (3.4)
und die Streuamplituden ver¨andern sich zu:
ˆ F = fAl + 3fNi, wenn alle h, k, l gerade oder ungerade sind,
ˆ F = fAl − fNi, wenn h, k, l gerade und ungerade sind.
3.4 Elektronenmikroskopie 42
Die ¨Uberstruktorreflexe sind zwar wesentlich schw¨acher als die der 1. Ord-
nung, verschwinden aber nicht. In einer zweiphasigen Legierung, wie das un-
tersuchte Ni12at.%Al, tragen nur die Ni3Al-Ausscheidungen zu den ¨Uber-
strukturreflexen bei, w¨ahrend in der Matrix lediglich die
”
regul¨aren” Beu-
gungsreflexe zu sehen sind. Die Ausscheidungen sind koh¨arent in die Matrix
eingebaut, d.h. die Gitterebenen von Matrix und Ausscheidung liegen paral-
lel. In einer homogenen Legierung verschwinden die verbotenen Reflexe, da
die Al-Atome keine ¨Uberstruktur mehr bilden.
3.4.3 Radienverteilung der Aussscheidungen
In den Dunkelfeldabbildungen wurden die Ausscheidungen hinsichtlich ih-
rer Gr¨oße ausgewertet. Die Auswertung erfolgte mit dem Programm
”
depp
2.1Ӡ
. Das Programm bietet die M¨oglichkeit im manuellen Betrieb am Rand
des Teilchens vier Markierungen zu plazieren. Das Programm errechnet ei-
ne passende Ellipse und stellt diese am Bildschirm dar. Passen Umfang und
Ellipse nicht zueinander, k¨onnen die Markierungen und die Elipse gel¨oscht
und die Auswertung der Ausscheidung wiederholt werden. Die automatische
Auswertung erwies sich als wenig brauchbar, da Ausscheidungen, die sich
schlecht von der Matrix abheben, nicht erfasst werden. Die beiden Halb-
achsen der gefundenen Ellipsen werden in einer Datei f¨ur weitere Auswer-
tungen gespeichert. Zus¨atzlich erh¨alt man weitere Informationen, wie etwa
Fl¨ache und Position des Teilchens auf dem Photo. Die L¨ange der Halbachsen,
die nach der Auswertung mit
”
depp” in Pixel gespeichert sind, werden der
Vergr¨oßerung des Bildes entsprechend in Nanometer umgerechnet. Aus den
Daten werden Mittelwert und Standardabweichung berechnet. Die Standard-
abweichung σ dient als Maß f¨ur die Klassenbreite des Histogramms, in das
die Meßwerte eingeteilt werden. Die Klassenbreite bestimmt sich nach der
”
Normal Bin Width Reference Rule”:
ˆh = 3,5 ˆσ n−1/3
, (3.5)
†
”
depp 2.1” (Digital Esoteric Photo Processor) wurde von H. Voß an der Universit¨at
G¨ottingen 1996 entwickelt.
3.4 Elektronenmikroskopie 43
die sich aus der
”
Normal Density Reference Rule” ableitet und f¨ur experi-
mentelle Daten von Vorteil ist, da die Standardabweichung der Meßwerte
genommen werden kann [Sco92]. Die aus den Meßwerten gewonnenen Histo-
gramme lieferten die gew¨unschten Information ¨uber Radienverteilung. Eine
Reduzierung der Klassenbreite f¨uhrte zu raueren Histogrammen, ohne zu-
s¨atzliche Information zu liefern.
4 Ergebnisse
4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven
4.2 TEM-Untersuchung
4.3 Erweitertes Modell nach Hornbogen
4.4 Dynamisches Phasendiagramm
Das Kapitel
”
Ergebnisse” vergleicht die gemessenen Verfestigungskurven mit
den
”
mikroskopischen” Ergebnissen der tem-Untersuchung. Die gemessenen
Teilchenradien werden den errechneten Werten gegen¨ubergestellt, die mit
Hilfe eines erweiterten Modells von Hornbogen bestimmt wurden. Eine Ein-
teilung der einzelnen Messungen bez¨uglich Verfestigungskurve, Verformungs-
geschwindigkeit, Temperatur und Morphologie der Ausscheidungen der Le-
gierung f¨uhrt zu einem
”
dynamischen Phasendiagramm”.
Die Versuchsreihe wird unter Variation der Parameter Temperatur, Deh-
nungsamplitude und Verformungsfrequenz durchgef¨uhrt. Aus Verformungs-
frequenz und Dehnungsamplitude wird die Verformungsgeschwindigkeit be-
rechnet, die f¨ur das
”
dynamische Phasendiagramm” aussagekr¨aftiger ist. Der
Temperaturbereich wird von Raumtemperatur und von T = 500 ‰ begrenzt.
H¨ohere Temperaturen wurden nicht gew¨ahlt, da einerseits die L¨oslichkeitsli-
nie nur 200 ‰ h¨oher liegt, andererseits ein Versagen der Apparatur bef¨urch-
tet wurde. Die Frequenz wird von 0,025 Hz bis 5 Hz variiert. Unterhalb von
0,025 Hz verliert die Pr¨ufmaschine an Genauigkeit. Die niedrigste, einstell-
bare Frequenz ist 0,001 Hz. Oberhalb von 5 Hz k¨onnen keine ausreichenden
Dehnungsamplituden mehr eingestellt werden.
Zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse werden zuerst Messungen
bei konstanter Frequenz von 2 Hz ¨uber den Temperaturbereich hinweg durch-
44
4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 45
gef¨uhrt. Anschließend wird die Temperatur bei RT und ca. 400 ‰ konstant
gehalten und die Frequenz f¨ur die Verformung ge¨andert. Messungen bei aus-
gew¨ahlten Frequenzen und Temperaturen erg¨anzen die Ergebnisse.
4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven
W¨ahrend der zyklischen Verformung wird die Position des Hubkolbens und
die korrespondierende Kraft gemessen. Aus der Position des Hubkolbens und
der Kraft lassen sich die totale Dehnung εtot bzw. die Spannung σ berechnen:
σ(t) =
F(t)
π R2
0
, εtot(t) =
P0 − P(t)
l0
. (4.1)
F(t) bezeichnet die zu einer bestimmten Position P(t) gemessene Kraft, l0
die Eichl¨ange der Probe, P0 die Anfangsposition und R0
∗
den Radius zu Be-
ginn der Verformung. Tr¨agt man die Spannung ¨uber der Dehnung auf, erh¨alt
man typische zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurven, wie in Abbildung 4.1
dargestellt. Die positive Richtung der Achsen ist in Zugrichtung, die nega-
tive in Druckrichtung. Bei Beginn der Verformung sind Dehnung und Span-
nung gleich null. Mit Ansteigen der Dehnung steigt die Spannung bis der
erste Umkehrpunkt erreicht ist. Die elastische Dehnung verringert sich durch
Umkehren der Verformungsrichtung. Die elastische Spannung nimmt ab und
verschwindet, wenn die Spannung gleich null ist. Die verbleibende Dehnung
ist die plastische Dehnung eines halben Zyklus. Die Probe wird weiter pla-
stisch gedehnt bis zum n¨achsten Umkehrpunkt. Es folgt die Umkehrung der
Verformungsrichtung mit einhergehender elastischer Entspannung und an-
schließender plastischer Dehnung. Bei zyklischer Verformung wiederholt sich
dieser Vorgang bis zum Abbruch des Versuchs. Deutlich ist in Abbildung
∗
Strenggenommen m¨ußte statt R0 R(t) in die Gleichungen (4.1) eingesetzt werden.
Da R(t) nicht gen¨ugend bestimmbar ist, wird der Anfangsradius der Probe verwendet.
In diesem Fall erh¨alt man das sogenannte technische Spannungs-Dehnungs-Diagramm.
Die wahre Spannung, die R(t) ber¨ucksichtigt, weicht von der sogenannten Nennspannung,
die auf den Anfangsradius bezogen ist, erst f¨ur Dehnungen oberhalb der Zugfestigkeit
wesentlich ab. Die Dehnung bei plastischer Wechselverformung bleibt deutlich unter diesem
Wert.
4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 46
4.1 die Zunahme der Spannung am Umkehrpunkt zu sehen. Die von der Hy-
steresekurve eingeschlossene Fl¨ache entspricht die aufgewandte Energie pro
Volumeneinheit, die gr¨oßtenteils dissipiert. W¨ahrend der ersten zwei Zyklen
−0,4
−0,2
0
0,2
0,4
−0,06 −0,04 −0,02 0 0,02 0,04 0,06
Spannungσ[GPa]
Dehnung εtot
εpla' E
Abbildung 4.1: Die ersten f¨unf Zyklen einer Spannungs-Dehnungs-Kurve.
Die nach einem halben Zyklus verbleibende plastische Dehnung bei Kraft
gleich null ist mit εpla eingezeichnet.
wurde die totale Dehnung bis zu ihrem Sollwert gesteigert, um ein sponta-
nes Versagen der Probe zu vermeiden. Die
”
Umkehrpunktspannung” wird als
∆σ/2 bezeichnet. Das automatischen Umschalten der Steuerelektronik der
Pr¨ufmaschine von einem Meßbereich in einen anderen erzeugt die stufenf¨or-
migen Abs¨atze in der Meßkurve.
Wird ∆σ/2 ¨uber die jeweiligen Halbzyklen aufgetragen, ergibt sich die so-
genannte Spannungs-Dehnungs-Kurve der Wechselverformung. Da zu jedem
Halbzyklus eine gewisse plastische Dehnung geh¨ort, kann man ∆σ/2 auch
¨uber die sogannte kumulative plastische Dehnung auftragen. F¨ur die Zug-
und Druckrichtung ist dies in Abbildung 4.2 dargestellt. Alle Spannungs-
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  • 1. Verformungsinduzierte Phasenumwandlung in Ni12at.%Al Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakult¨at der Universit¨at Augsburg vorgelegt von Peter Drechsler aus Neustadt an der Aisch Lehrstuhl f¨ur Experimentalphysik I Institut f¨ur Physik Universit¨at Augsburg Dezember 2003
  • 2. Referent: Prof. Dr. rer. nat. Ferdinand Haider Koreferent: Priv.-Doz. Dr. habil. J¨org Lindner Tag der Pr¨ufung: 30. Januar 2004
  • 3. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 4 2 Grundlagen 8 2.1 Das System Nickel-Aluminium 8 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 11 2.3 Zyklische Verformung 14 2.3.1 Spannungs-Dehnungs-Kurve von Einkristallen 15 2.3.2 Polykristalline Metalle und Legierungen 17 2.3.3 Verfestigungsmechanismen bei Verformung 18 2.3.4 Entordnung 20 2.3.5 Aufl¨osung 21 2.3.6 Kritische Keimbildung unter Verformung 23 2.3.7 Leerstellenerzeugung durch Verformung 25 3 Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung 30 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 30 3.1.1 Versuchsaufbau 30 3.1.2 Versuchssteuerung 33 3.2 Probenpr¨aparation 34 3.2.1 Zugprobenherstellung 34 3.2.2 W¨armebehandlung 36 3.2.3 TEM-Probenherstellung 36 3.3 Versuchsablauf 37 2
  • 4. INHALTSVERZEICHNIS 3 3.4 Elektronenmikroskopie 38 3.4.1 Hell- und Dunkelfeldabbildung 38 3.4.2 Entstehung von ¨Uberstrukturreflexen 40 3.4.3 Radienverteilung der Aussscheidungen 42 4 Ergebnisse 44 4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 45 4.1.1 Verfestigung des NiAl-Mischkristalls 48 4.1.2 Experimentelle Verfestigungskurven 49 4.2 TEM-Untersuchung 51 4.2.1 Unverformte Probe 51 4.2.2 Verformte Proben 53 4.2.3 Morphologie der Ausscheidungen 61 4.2.4 Nachtr¨aglich gealterte Proben 62 4.3 Erweitertes Modell nach Hornbogen 66 4.3.1 Modellentwicklung 66 4.3.2 Radienverteilung 74 4.4 Dynamisches Phasendiagramm 78 5 Zusammenfassung 83 Literaturverzeichnis 93 Abbildungsverzeichnis 95 Tabellenverzeichnis 96 Dank 97 Lebenslauf 98
  • 5. 1 Einleitung Nickel-Superlegierungen sind seit Jahren Gegenstand intensiver Forschung. Ihre Bedeutung rechtfertigen diese Legierungen mit Eigenschaften, die von anderen, meist billigeren, Materialien nicht oder ungen¨ugend erf¨ullt werden. Nickelbasierte Legierungen werden unter anderem in korrosiven Umgebungen eingesetzt, in denen Edelstahl zu schnell korrodiert oder andere Nichtmetalle zu kurze Lebensdauern haben. Die chemische Industrie setzt Nickelsuperle- gierungen in Anwendungen ein, die im Umgang mit aggressiven Gasen eine Rolle spielen. Nickel-Molybd¨an-Chrom-Legierungen werden beispielsweise als Reaktionsgef¨aße in der Petrochemie eingesetzt. Eine weiteres Anwendungsgebiet der Nickelsuperlegierungen sind Hochtem- peraturanwendungen. Bei Einsatztemperaturen von 800–1000 ‰ bewahren sie ihre Festigkeit. Sie sind in heißen Gasen korrossionsbest¨andig und sehr kriechfest. Die nickelbasierten Superlegierungen werden als Turbinenschau- feln in Flugzeugmotoren oder in station¨aren Gasturbinen eingesetzt. Der Wir- kungsgrad von Turbinen konnte durch immer h¨ohere Gaseinlasstemperatu- ren in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Damit konnten der Brennstoffverbrauch und die Schadstoffemission gesenkt werden. Nickel-Basis-Superlegierungen sind zweiphasige Legierungen, die aus der γ- (Matrix) und γ -Phase (Ausscheidungen) bestehen. Die Matrixphase ist eine mischkristallgeh¨artete, kubisch-fl¨achenzentrierte Phase, deren Haupt- bestandteil Nickel ist. Weitere Elemente k¨onnen Chrom, Kobalt und Mo- lybd¨an sein. Die γ -Phase (Ni3(Al,Ti,Ta)) wird zus¨atzlich zum Nickel aus den Elementen Aluminium, Titan und Tantal gebildet. Ein anschauliches und eindrucksvolles Bild der ausgeschiedenen Phase zeigt Yokokawa et al. 4
  • 6. KAPITEL 1. EINLEITUNG 5 [YON+ 03]. Eine geeignete W¨armebehandlung l¨aßt die γ -Phase ausscheiden. Die γ -Phase ist ebensfalls kubisch-fl¨achenzentriert mit der sogenannten L12- Struktur. Die Majorit¨atsatome sitzen auf den Fl¨achenmitten, w¨ahrend die Legierungsatome die W¨urfelecken besetzen. Der Volumenanteil der ausge- schiedenen Phase erreicht in den neuesten Legierungen (CMSX-4) bis zu 80 %. Die Hochtemperaturfestigkeit der Superlegierungen liegt interessanter- weise ¨uber der der Einzelphasen. Die Forschung an nickelbasierten Superlegierungen reicht von plastischer Wechselverformung [FT88] [Wil81] [SCSW90] bis hin zu Bestrahlungsexperi- menten [BCAW94] [CAB+ 96]. Um h¨ohere Einsatztemperaturen f¨ur Gastur- binen zu realisieren bzw. die Leistungsdichte und Energieeinsparung zu ver- bessern, sind bei den Ni-Superlegierungen die Kriechfestigkeit, Thermoerm¨u- dungsfestigkeit und Gef¨ugestabilit¨at weiter zu steigern. Bestrahlungsexperi- mente dienen der Sicherheit von Atomanlagen. Einsatz finden Ni-Superlegie- rungen als Reaktorgef¨aß oder als Container f¨ur nukleares Material. Zum besseren Verst¨andnis der technischen Legierungen dienen Untersu- chungen an bin¨aren Legierungen, etwa an NiAl. An ihnen lassen sich Aus- wirkungen auf die geordnete Phase durch ¨außere St¨orungen besser studieren. Die vielen Komponeten in kommerziellen Legierungen, wie Nimonic PE 16, behindern oft quantitative Untersuchungen oder deren Modellierung. St¨orungen treiben das System weit weg von seiner Gleichgewichtslage. Das Gleichgewicht der bin¨aren Legierung kann durch Bestrahlung mit Elektronen oder Ionen gest¨ort werden. Wird eine entmischte NiAl-Legierung Bestrah- lung ausgesetzt, entstehen Defekte wie Leerstellen oder Zwischengitteratome. Stoßkaskaden erzeugen weitere Defekte, die die Ordnung der Ausscheidungen aufl¨osen. Durch Ionenbestrahlung k¨onnen Phasen stabilisiert werden, die im Gleichgewicht nicht oder nur metastabil sind [BA03]. Bei Bestrahlungsexpe- rimenten unter erh¨ohten Temperaturen bleibt die Ordnung l¨anger erhalten [Ewe98], da offensichtlich thermische Prozesse, wie R¨uckordnung, in Kon- kurrenz zur Aufl¨osung der Teilchen durch St¨orung in Form von Bestrahlung stehen. Eine andere M¨oglichkeit St¨orungen zu induzieren, w¨are plastische Verfor- mung. Durch die plastische Verformung werden Versetzungen gebildet, die ei- nerseits durch Wechselwirkung miteinander Leerstellen erzeugen, anderseits
  • 7. KAPITEL 1. EINLEITUNG 6 die ausgeschiedenen Teilchen schneiden. Das Schneiden der Teilchen zerst¨ort deren Ordnung. Die Leerstellenbildung f¨uhrt zu einer beschleunigten Diffusi- on. Beide Prozesse beeinflussen die Aufl¨osung der Ausscheidungen. Es findet also eine Phasenumwandlung vom Zweiphasengebiet des Gleichgewichts zur homogenen Nichtgleichgewichtsphase oder zur Stabilisierung von metastabi- len Phasen statt [Vos97]. Selbst Neubildung von Teilchen ist m¨oglich [Stu64] [BLMVG87]. Als Verfahren f¨ur die plastische Verformung werden u.a. Wechselverfor- mung, Kugelmahlen und ” Equal Channel Angular Pressing” (ECAP) ange- wandt. Die beiden letzt genannten z¨ahlen zu den Verfahren der Extremver- formung. Extremverformte Metalle und Legierungen weisen eindruckvolle Ei- genschaften auf, wie hohe Festigkeit und hohes Diffusionsverm¨ogen [LLW98]. Nachteilig wirkt sich f¨ur das Kugelmahlen aus, daß die Prozessparameter wie Dehnungsrate, Temperatur etc. schlecht quantifizierbar sind. Die in dieser Arbeit angewandte plastische Wechselverformung hat den Vorteil, daß die Versuchsparameter genau einstellbar und ¨uberwachbar sind. Mikrostrukturelle Ver¨anderungen k¨onnen den ¨außeren St¨orungen, mikrosko- pische Ergebnisse den makroskopischen Spannungs-Dehnungs-Kurven zuge- ordnet werden. Die Wahl des Versuchsaufbau erlaubt die M¨oglichkeit, Wech- selverformung unter erh¨ohten Temperaturen kontrolliert durchzuf¨uhren. Ziel der Arbeit ist es, den Einfluß von Verformung und Temperatur auf eine entmischte Ni12at.%Al-Legierung zu untersuchen: ˆ Welchen Einfluß ¨ubt die Temperatur w¨ahrend der Verformung auf die Ausscheidungen aus? ˆ Welcher Art ist der Zusammenhang zwischen Plastizit¨at und Phasen- umwandlung? ˆ Lassen sich athermische Prozesse, wie Schneiden der Ausscheidungen, und thermische Prozesse, wie R¨uckordnung und Wachstum der Teil- chen, quantifizieren? Obige Fragen werden sowohl experimentell als auch an Hand eines Modells untersucht und beschrieben.
  • 8. KAPITEL 1. EINLEITUNG 7 Die Arbeit gliedert sich in f¨unf Kapitel. Im Kapitel ” Grundlagen”wird das untersuchte System NiAl vorgestellt, allgemeine Aspekte der Wechselwirkung von Versetzungen mit Hindernissen und die plastische Wechselverformung mit ihren Einfl¨ussen auf entmischte Systeme vorgestellt. Im Anschluß wird in Kapitel ” Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung” der Versuchaufbau, die Versuchsdurchf¨uhrung, die Probenherstellung und -pr¨aparation sowie Un- tersuchungsmethoden erl¨autert. Das Kapitel ” Ergebnisse” vergleicht und be- wertet Spannungs-Dehnungs-Kurven und Untersuchungen mit dem Trans- missionselektronenmikroskop. Die exprimentellen Ergebnisse werden einem Modell gegen¨ubergestellt, welches das Schrumpfen und Wachsen der Aus- scheidungen simuliert. Am Ende des Kapitels zeigt ein ” dynamisches Phasen- diagramm” den Einfluß von Verformung und Temperatur auf die untersuchte Legierung. Eine Zusammenfassung schließt die Arbeit ab.
  • 9. 2 Grundlagen 2.1 Das System Nickel-Aluminium 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 2.3 Zyklische Verformung Im folgenden Kapitel wird die untersuchte Legierung Nickel-Aluminium vor- gestellt. Im Einzelnen werden das Phasendiagramm und die Kristallstruk- tur n¨aher erl¨autert. Anschließend wird die Verfestigung durch Wechselverfor- mung in einkristallinen und polykristallinen kubisch fl¨achenzentrierten Me- tallen und Legierungen beschrieben. Es werden M¨oglichkeiten gezeigt, wie sich in entmischten Legierungen geordente Ausscheidungen z.B. durch En- tordung ” aufl¨osen” k¨onnen. Zum Abschluß zeigen zwei Modelle die kritische Keimbildung und die Leerstellenbildung unter Verformung. 2.1 Das System Nickel-Aluminium Auf der nickelreichen Seite des Phasendiagramms, wie in Abbildung 2.1 zu sehen, liegen die f¨ur diese Arbeit interessanten intermetallischen Phasen. Die γ -Phase zwischen 73 und 75 at.% Nickel bleibt bis zu ihrem Schmelzpunkt bei 1362 ‰ in der sogenannten L12-Struktur geordnet. Die γ-Phase, die bei 600 ‰ eine L¨oslichkeit von bis zu 11at.% Aluminium aufweist, ist kubisch- fl¨achenzentriert. Im Mischkristall besetzen die Aluminiumatome statistisch verteilt Nickelgitterpl¨atze. Zwischen den beiden Phasen liegt das Zweipha- sengebiet, γ + γ . Bei vollst¨andiger Entmischung und einer vorher ¨ubers¨at- tigten L¨osung mit 12at.%Al scheiden sich Ni3Al-Teilchen in einer Nickelma- trix aus. In der L12-Struktur nehmen die Aluminiumatome die Eckpl¨atze im 8
  • 10. 2.1 Das System Nickel-Aluminium 9 40 50 60 70 80 90 100 At.-% Nickel 60 70 80 90 100 Wt.-% Nickel 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 TemperaturT[‰] 600 870 1170 1455 • ◦ 1638‰ 1360‰ 1362‰ 700‰ NiAl (Ni) Ni3Al Al3Ni5 γ + γ L ................................................................................................ ................................................................................................................................. ............................. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ...................................................................................................................................................................................................................................................................... ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... .............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. .............................................................................................................................................................................................................................................................................................. ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ............................................................................................................................. .................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ ....................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ................................................................................ .... .... .... .... ... ................................................................................ .... .... .... .... ... Abbildung 2.1: Das Phasendiagramm des Systems NiAl nach T. B. Mas- salski [Mas87], verbessert von H. Okamoto [Oka93] im Bereich von 40–100 % Nickel. Die gestrichelte Linie zeigt die ¨ubers¨atigte L¨osung bei 12at.%Al. ž repr¨asentiert die Homogenisierungstemperatur, ˆ die Temperatur des Span- nungsarmgl¨uhen und die Alterungstemperatur.
  • 11. 2.1 Das System Nickel-Aluminium 10 fcc-Gitter ein und bilden eine sogenannte ¨Uberstruktur. Die L12-Struktur ist in Abbildung 2.2 dargestellt. Auf den Fl¨achenmitten sitzen weiterhin Nicke- latome. Der Gitterparameter der Matrix betr¨agt 0,353 nm [AI75], der Gitter- parameter der Ausscheidung 0,357 nm [Pea67] [VC96]. Die Fehlpassung liegt bei 1,1 %. Die L12-Ausscheidungen sind zur Matrix koh¨arent. Diese geringe Fehlpassung f¨uhrt bei Nickelsuperlegierungen dazu, daß sich ein sehr großer Volumenanteil der γ -Phase koh¨arent ausscheiden kann. Nach langen Aus- lagerungszeiten bilden sich quaderf¨ormige Ausscheidungen, die regelm¨aßig angeordnet sind [YON+ 03]. In der Nickelsuperlegierung, Nimonic 115, neh- men die geordneten Teilchen einen Volumenbruchteil bis zu 40 % ein [FT88]. Al ~ Ni i .......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... 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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... Abbildung 2.2: Kubisch fl¨achenzentrierte L12-Struktur von Ni3Al. Die Aluminiumatome sitzen auf den W¨urfelecken, die Nickelatome auf den Fl¨a- chenmitten. Die schraffierte Fl¨ache stellt eine {111}-Ebene dar. Entlang der 110 -Richtungen ist die ¨Uberstruktur der L12-Struktur erkennbar.
  • 12. 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 11 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Ver- setzungen Eine Versetzung kann eine geordnete Ausscheidung schneiden und erzeugt eine Antiphasengrenze (APB von engl. Antiphase Domain Boundary) in der Ausscheidung. Auf die Versetzung wirkt entgegen ihrer Bewegungsrichtung eine Kraft. F¨ur sph¨arische Ausscheidungen betr¨agt die mittlere maximale Kraft [Rep93]: Fm = π 2 γAP B r. Diese Kraft muß durch externe Schubspannungen aufgebracht werden, will die Versetzung das Teilchen passieren. Auf eine nachfolgende Versetzung auf der selben Gleitebene wirkt eine Kraft in ihrer Bewegungsrichtung, da die Wiederherstellung der Ordnung weniger Energie in Anspruch nimmt, als die Entordnung. Die Versetzung, die sich ohne ¨außere Spannungen bewegen kann, a) c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c css s s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s c c c c c c c cs c c c c c c c c c c cs s s c c c c c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c .................................................................................................................................................................................................................................... ........ ........ ........ ................................................ ........ ........ ........ ........ ................................................ ........ ........ ........ ................ ........ ........ ........ ........................................................................................................................ ........ ........ ........ ........ Ni...................................................................... ................ Al...................................................................... ................ b) c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c css s s s s s c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s s c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s sc c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s s c c c cs c c c c c c c c c c c c c c cs s s s sc c c c c c c c c c c c c c c c c c cs s s s c c c c c c c cs c c c c c c c c c c cs s s c c c c c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c c c c c sc c c c c c c c c c c c c c c .................................................................................................................................................................................................................................... ........ ........ ........ ................................................ ........ ........ ........ ........ ................................................ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........................................................................................................................ ........ ........ ........ ........ Abbildung 2.3: Entstehung einer Antiphasengrenze (APB) durch eine Stu- fenversetzung: Die erste Versetzung schneidet die geordnete Ausscheidung und erzeugt in der Ausscheidungsphase eine Antiphasengrenze (a) mit einer Antiphasenenergie γAP B. Eine nachfolgende Versetzung hebt die APB der er- sten wieder auf (b). Werden zwei Versetzungen derart gekoppelt entsteht eine sogenannte Superversetzung. hebt die APB wieder auf. Auf die beiden Versetzungen wirkt eine attraktive Kraft durch die Entstehung der APB und eine abstoßende durch ihre eige-
  • 13. 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 12 nen Spannungsfelder, da der Burgersvektor der Versetzungen gleich ist. In geordneten Legierungen bewegen sich daher Versetzungen immer paarweise als sogenannte Superversetzungen. Die Erh¨ohung der kritischen Schubspan- nung, τAP B, durch Superversetzungen kann folgendermaßen beeinflußt werden [GH65b]: 1. Die kritische Schubspannung ist von der Teilchengr¨oße und vom Volu- menbruchteil der ausgeschiedenen Phase abh¨angig. Zwei Versetzungen, die einander auf derselben Gleitebene nachfolgen, liefern folgenden Bei- trag zur kritischen Schubspannung: τAP B = 1 2 γAP B b 0.98 γAP Brf TL 1/2 − f . (2.1) Der Beitrag zur kritischen Schubspannung ist proportional zur Qua- dratwurzel des Teilchenradius. Dies gilt allerdings nur f¨ur kleine Radi- en und kleine Volumenbruchteile der ausgeschiedenen Phase. TL ist die Linienspannung der vorauseilenden Versetzung. Die beiden Versetzun- gen schneiden verschiedene Teilchen auf der selben Gleitebene. An den Ausscheidungen wird die vorauseilende Versetzung festgehalten. Zwi- schen den Ausscheidungen beult sich die Versetzung in Richtung ihrer Bewegung aus, bis das Gleichgewicht zwischen der vorw¨arts treiben- den ¨außeren Scherspannung und der Kraft, die durch die Erzeugung der Antiphasengrenze entgegenwirkt, ¨uberschritten ist. Die nachfolgen- de Versetzung beult sich nicht aus, da auf sie durch das Aufheben der APB zus¨atzlich zur ¨außeren Scherspannung eine Kraft in Richtung der vorauseilenden Versetzung wirkt und sie von den Ausscheidungen nicht aufgehalten wird. Der Abstand der beiden Versetzungen ist durch die abstoßende Kraft ihrer Spannungsfelder gegeben. Gleichung (2.1) be- schreibt den Beitrag zur kritischen Schubspannung der vorauseilenden Versetzung, der um den Anteil der nachfolgenden Versetzung gemindert wird. Wenn der Volumenanteil f und der Teilchenradius durch Scheid- prozesse kleiner wird, sinkt der Beitrag zur kritischen Schubspannung. 2. Wird der Radius der Ausscheidungen so groß, daß sich beide Verset- zungen im selben Teilchen als sogenannte Superversetzung befinden,
  • 14. 2.2 Schneiden der Ausscheidungen durch Versetzungen 13 nimmt τAP B ∼ 1/ √ r ab. Die resultierende Kraft der APB wird klei- ner, da nur noch der Abstand der Versetzungen als Widerstand wirkt [GH68]. Superversetzungen k¨onnen Ausscheidungen mit einer geringe- ren Scherspannung passieren als Einzelversetzungen. W¨achst die Aus- scheidung noch weiter, umgeht die Versetzung das Teilchen und l¨aßt einen Versetzungsring zur¨uck ( ” Orowan-Looping”). Mittlere Teilchen- radien f¨ur den Beginn des ” Orowan-Looping” sind f¨ur Nimonic PE 16 80–120 nm [Rep93]. Auf den Mechanismus des ” Orowan-Looping” wird nicht weiter eingegangen, da er f¨ur diese Arbeit nicht von Bedeutung ist. Die in dieser Arbeit untersuchten mittleren Teichenradien betragen ca. 3–7 nm, so daß die in Punkt 2 erw¨ahnten Mechanismen ausgeschlos- sen werden k¨onnen. Die Erh¨ohung der kritischen Schubspannung durch Teilchenh¨artung in Ab- h¨angigkeit von Teilchenradius und Volumenbruchteil der ausgeschiedenen Phase ist in Abbildung 2.4 skizziert. F¨ur koh¨arente, geordnete Ausscheidungen ergibt sich eine Abh¨angigkeit der kritischen Schubspannung vom Teilchenradius. Ein Maximum der kriti- schen Schubsspannung liegt nach Berechnungen und Messungen von Gleiter et al. [GH65a] [GH65b] bei einem Teichendurchmesser von 10–15 nm. Der Beitrag zur kritischen Schubsspannung f¨ur kugelf¨ormige Teilchen, die einen Durchmesser von 10–15 nm nicht ¨uberschreiten, l¨aßt sich folgendermaßen be- rechnen [BL79]: ∆τ = 0.28 γ 3 2 f 1 3 r 1 2 0 G 1 2 b2 . (2.2) F¨ur Vielkristalle ergibt sich mit dem Taylorfaktor, M, die Fließspannung: ∆σ = M∆τ. (2.3) G ist der Schermodul der Matrix, b der Burgersvektor der Versetzung und r0 der mittlere Ausscheidungsradius. Die Antiphasengrenzenergie f¨ur Ni3Al in der {111}-Ebene wurde von Veyssi`ere et al. mit γ111 AP B = 180 ± 30 mJm−2 gemessen.
  • 15. 2.3 Zyklische Verformung 14 0 25 50 75 100 125 150 r [nm] 0 200 400 ∆τ/ √ f[MPa] ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ......... ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ......... ∼ √ r ∼ 1/ √ r Orowan ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ Abbildung 2.4: Abh¨angigkeit der Teilchenh¨artung vom Radius der Aus- scheidungen f¨ur Nimonic PE 16 nach Reppich et. al. [Rep93]. F¨ur kleine Radien ist τ im Wesentlichen von √ r abh¨angig. Werden die Ausscheidungen gr¨oßer als 15 nm, so daß die Supervesetzung sich im Teilchen befindet, ist die Abh¨angigkeit 1/ √ r. Ab ca. 100 nm setzt das ” Orowan-Looping” ein. 2.3 Zyklische Verformung Zur Untersuchung von plastischen Eigenschaften von Kristallen werden u. a. Zug- und Druckexperimente durchgef¨uhrt. Dabei wird zwischen statischer und dynamischer Versuchsdurchf¨uhrung unterschieden. Wird die Schubspan- nung konstant gehalten, spricht man von statischer, bei konstanter Abgleit- geschwindigkeit von dynamischer Versuchsdurchf¨uhrung. Bei der einsinni- gen Verformung von Einkristallen bezeichnet man den Zusammenhang zwi- schen Schubspannung τ und Abgleitgeschwindigkeit ˙a als Verfestigungskurve [See58]. Die Verfestigung τv ist die Differenz zwischen der Spannung, τ, die f¨ur eine Weiterverformung bei einer bestimmten Abgleitung notwendig ist, und der kritischen Schubspannung τ0 bei der die plastische Verformung einsetzt. Die Verfestigungsrate θ = dτ da (2.4) wird Verfestigungskoeffizient genannt.
  • 16. 2.3 Zyklische Verformung 15 Bei Verformungsversuchen von Polykristallen wird die im Zugversuch er- mittelte Beziehung zwischen der Normalspannung σ und der Dehnung ε als Verfestigungskurve oder Spannungs-Dehnungs-Kurve bezeichnet [See58]. Die kritische Schubspannung τ0 wird bei der Verformung von Polykristallen Fließ- spannung σ0 genannt [HW01]. Der Verfestigungskoeffizient wird als θ = dσ dε (2.5) definiert. 2.3.1 Spannungs-Dehnungs-Kurve von Einkristallen Als ¨ubliche Methode f¨ur Erm¨udungsuntersuchungen wird die zyklische Wech- selverformung angewandt. Die Amplitude der plastischen Dehnung wird kon- stant gehalten. Die Dehnungsgeschwindigkeit bleibt bis zum Maximum kon- stant und wird umgekehrt. Im Minimum kehrt sich der Prozeß wieder um und komplettiert einen Zyklus. W¨ahrend der ersten Zyklen stellt man am Um- kehrpunkt eine massive Zunahme des Spannungsmaximums fest. Der Anstieg der Spannung in den weiteren Zyklen nimmt kontinuierlich ab bis eine Art ” S¨attigung” erreicht ist. W¨ahrend der weiteren Verformung bleibt die Span- nungs-Dehnungs-Kurve stabil. Tr¨agt man die Maximalspannungen der einzelnen Zyklen ¨uber die kumu- lative plastische Dehnung εpl auf, erh¨alt man in Anlehnung an die ein- sinnige Verformung die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve oder zyklische Verfestigungskurve, wie in Abbildung 2.5 dargestellt. Diese unterscheidet drei Bereiche. Der erste Bereich, A, zeigt eine massive Verfestigung. Im Bereich B bleibt die Fließspannung weitgehend konstant. Der Bereich C verfestigt ¨ahnlich dem Bereich A. Die Verfestigung im Bereich A entsteht durch Ver- setzungen, die sich im Hauptgleitsystem ansammeln. Zusammen mit Stufen- versetzungen von umgekehrten Vorzeichen in benachbarten, parallelen Glei- tebenen bildet sich bei weiteren Zyklen ein Netzwerk aus Versetzungsdipo- len. Dieses Versetzungsnetzwerk bezeichnet man als ” Venen-Struktur (engl. Veins)”. Im Raum zwischen den Venen dominieren Schraubenversetzungen, die quergleiten. Das Hindernis f¨ur die Versetzungsbewegung stellt die Zu- nahme des Venennetzwerks dar, dessen Dichte mit zunehmender Verformung
  • 17. 2.3 Zyklische Verformung 16 τs γpl A B C εAB εBC ∆σ/2 ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung 2.5: In nebenstehender Abbildung sind die Bereiche der Ver- festigungskurve nach Messungen von H. Mughrabi [Mug78] f¨ur Einkristalle skizziert. Der stark verfestigende Bereich A, das Plateau im Bereich B und die weitere Verfestigung im Bereich C. die H¨alfte des Volumens einnehmen kann. Mit Beginn des Plateaus der zy- klischen Spannungs-Dehnungs-Kurve, d. h. Bereich B, konzentriert sich das Versetzungsgleiten in bestimmten B¨andern, sogenannten ” persistenten Gleit- b¨andern (PSB)”. Die persistenten Gleitb¨ander k¨onnen bis zu 5000 Gleitebe- nen umfassen und werden bis 1 µm dick [Sur93]. Die Versetzungsdichte in den W¨anden der PSB liegt in der Gr¨oßenordnung von 1015 –1016 m−2 . Im Gleit- bandinneren ist die Versetzungsdichte bis zu 1000-fach geringer. Die PSB sind weicher als die umgebende Matrix. Die plastische Dehnung im Bereich B ist gr¨oßtenteils in den persistenten Scherb¨andern lokalisiert. Steigt die Dehnung weiter an, k¨onnen die Versetzungen ihre Gleitebene verlassen und quergleiten [Mug85] . Im Bereich C formt sich durch Sekund¨argleiten aus den PSB eine Labyrinth- oder Zellstruktur. Die Verfestigung steigt weiter an. Die Verfesti- gung im Bereich C ist meist geringer als im Bereich A, da sich Verfestigungs- und Entfestigungsmechanismen ¨uberlagern. Versetzungen mit unterschiedli-
  • 18. 2.3 Zyklische Verformung 17 chem Vorzeichen des Burgersvektor k¨onnen sich gegenseitig annihilieren. Ein Teil der Spannungen wird dabei abgebaut und die resultierende Verfestigung ist geringer. In der einsinnigen Verformung gibt es mit der Entstehung von Verset- zungsnetzwerken, der Dehnungslokalisierung entlang der Abgleitungsb¨ander und der Bildung von Zellstrukturen Parallelen zur Wechselverformung von Einkristallen. Folgende Unterschiede sind bei der Wechselverformung gegen- ¨uber der einsinnigen Verformung festzuhalten [Sur93]: ˆ W¨ahrend der einsinnigen Verformung entstehen an der Probenober- fl¨ache Abgleitungstufen, die eine treppenartige Struktur aufweisen. Die Wechselverformung f¨uhrt zur Oberfl¨achenrauigkeit an Stellen, an denen die PSB die Probe verlassen. ˆ PSB entstehen nur bei Wechselverformung. ˆ Die Versetzungsdichte ist wesentlich h¨oher als bei der einsinnigen Ver- formung. Die Versetzungsdichte betr¨agt 1015 –1016 m−2 bei Wechselver- formung, bei der einsinnigen Verformung 1010 –1012 m−2 [See58]. ˆ Der S¨attigungsbereich wird ebenfalls nur bei Wechselverformung beob- achtet. 2.3.2 Polykristalline Metalle und Legierungen Manche der Resultate, die die Wechselverformung an Einkristallen ergeben hat, lassen sich auf polykristalline Metalle und Legierungen ¨ubertragen. Die Existenz von Korngrenzen, Einschl¨ussen und anderen Inhomogenit¨aten er- lauben nur eine relativ ungenaue Interpretation der Erm¨udungsmechanis- men. Einer der wesentlichen Unterschiede zu den Einkristallen ist, daß die Leiterstruktur in den PSB bisher in Polykristallen nicht beobachtet wurde [Lai96]. Die Entstehung von PSB in Polykristallen beginnt in K¨ornern, die an der Probenoberfl¨ache liegen [CL74]. In K¨ornern, die in Richtung der maximalen Scherung orientiert sind, bilden sich die PSB in den ersten Verformungszyklen [LG85] [Wil81]. Die K¨orner verfestigen und die Dehnung geht in weichere
  • 19. 2.3 Zyklische Verformung 18 K¨orner ¨uber, deren Orientierung von der Richtung der maximalen kritischen Schubspannung abweicht. Dieser Dehnungs¨ubergang bleibt bestehen, bis sich in allen K¨ornern Abgleitungsb¨ander gebildet haben, alle K¨orner verfestigt sind und die gr¨oßte Spannungsamplitude erreicht ist. 2.3.3 Verfestigungsmechanismen bei Verformung Die Erh¨ohung der Fließspannung bei plastischer Verformung setzt sich aus den Beitr¨agen folgender Mechanismen zusammen: 1. Mischkristallh¨artung: Die in der Matrix gel¨osten Legierungsatome behin- dern die Versetzungen. Substitutionsatome bilden meist ein symmetri- sches Spannungsfeld und ihre Wechselwirkung mit den Volumenspan- nungen der Versetzungen ist gering. Der Anteil zur Fließspannungser- h¨ohung kann folgendermaßen abgesch¨atzt werden [HW01]: ∆σM ∼ G/100 · √ cB. (2.6) Die Fließspannung steigt mit der Quadratwurzel der Konzentration der Legierungsatome. A. Seeger n¨ahert die Mischkristallh¨artung mit G/400 an [See58]. 2. Feinkornh¨artung: Korngrenzen sind Hindernisse f¨ur die Versetzungsbe- wegung. Die Versetzungen stauen sich an der Korngrenze. F¨ur den mitt- leren Korndurchmesser d gilt die sogenannte Hall Petch-Beziehung: ∆σK = ky · d−1/2 . (2.7) ky ist eine materialabh¨angige Konstante. Da die K¨orner der untersuch- ten Legierung mit 0,1–1 mm sehr groß sind, wird der Beitrag der Fein- kornh¨artung zur Fließspannung vernachl¨assigbar klein. 3. Verfestigung durch Versetzungen: Die Verfestigung durch Versetzungs- Versetzungs-Wechselwirkung wurde in Kapitel 2.3.1 diskutiert. Der Bei- trag zur Fließspannungserh¨ohung ist proportional zur Quadratwurzel der Versetzungsdichte: ∆σV ∼ √ . (2.8)
  • 20. 2.3 Zyklische Verformung 19 4. Teilchenh¨artung: Einen großen Beitrag zur Fließspannung, σA, liefert die Teilchenh¨artung, die Kapitel 2.2 beschrieben wurde. Alle Beitr¨age zur Erh¨ohung der Fließspannung lassen sich n¨aherungs- weise im Rahmen ihrer meßbaren oder berechenbaren Genauigkeit addieren [HW01]: σ = ∆σM + ∆σK + ∆σV Nichtteilchenverfestigung +∆σA (2.9) Martin et al. untersuchten, ob lineare oder pythagor¨aische Addition f¨ur die Teilchen- und Mischkristallh¨artung besser geeignet w¨aren [MN80]. Sind die Beitr¨age in etwa gleich groß, liefert die pythagor¨aische Addition die bes- seren Ergebnisse. Nembach et. al konnten folgende Gleichung experimentell best¨atigen [NPL03] [Nem97]: σ = (∆σk M + ∆σk A)1/k . (2.10) ∆σM stellt den Spannungsanteil der Wechselwirkung der Versetzungen mit den in der Matrix gel¨osten Minorit¨atsatome dar, ∆σA den Anteil der Wechsel- wirkung der Versetzungen mit den Ausscheidungen und σ die Fießspannung. Der Parameter k wird f¨ur die Nickelsuperlegierung, Nimonic PE 16, mit ei- nem ausgeschiedenen Volumenanteil von 8 % mit 1,23 angegeben [NN80]. Die Wechselwirkung der Versetzungen mit gel¨osten Minorit¨atsatomen in der Matrix ist klein gegen¨uber der Wechselwirkung mit den Ausscheidungen [NPL03], deshalb kann k n¨aherungsweise gleich eins gesetzt werden. Eine Absch¨atzung der einzelnen Beitr¨age zeigt Tabelle 2.1. F¨ur die weitere Be- trachtung werden die Beitr¨age zur Fließspannung Feinkornh¨artung, Verset- zungsh¨artung und Mischkristallh¨artung, zusammengefaßt unter dem Begriff ” Nichtteilchenverfestigung”(ntv), ∆σNTV , behandelt. F¨ur die in Tabelle 2.1 angegebenen Werte liefert eine pythagor¨aische Addition der Mischkritallh¨ar- tung und der Versetzungsverfestigung im Vergleich zur linearen Addition die besseren Ergebnisse. Die pythagor¨aische Addition ergibt ungef¨ahr 300– 350 MPa, die lineare Addition 350–500 MPa, das Experiment, wie Abbildung 4.3 zeigt 300 MPa. Da im Experiment die ” Nichtteilchenverfestigungs”-Terme nicht unterscheidbar sind und das Verh¨altnis der Beitr¨age zur Fließspannung von ” Nichtteilchenverfestigung” zu Teilchenh¨artung 3 zu 1 ist, werden beide
  • 21. 2.3 Zyklische Verformung 20 H¨artungs- Mischkristall- Feinkorn- Versetzungs- Teilchen- mechanismus h¨artung h¨artung verfestigung h¨artung Beitrag zur Fließspannung ++/+++ + +++ ++/+++ ∆σX [MPa] 100–240 10 250 130 Tabelle 2.1: Einfluß und Absch¨atzung der einzelnen H¨artungsmechanismen zur Fließspannungserh¨ohung. Beitr¨age linear addiert, da der Fehler gegen¨uber der pythagor¨aischen Addi- tion klein bleibt: σ = ∆σNTV + ∆σA (2.11) M¨oglichkeiten f¨ur die Entfestigung von zweiphasigen Legierungen, d. h. der Abschw¨achung der Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung, sind ei- nerseits Entordung, andererseits Aufl¨osung der Ausscheidungen. 2.3.4 Entordnung Calabrese et al. [CL74] f¨uhren die Entfestigung durch zyklisches Verformen auf Entordnung der Ausscheidungen in Al-4at.%Cu zur¨uck. W¨ahrend der anf¨anglichen Verfestigung schneiden Versetzungen die Teilchen und bilden Antiphasengrenzen. Im Laufe der Verfestigung interagieren die Versetzungen immer h¨aufiger miteinander. Die hohe Jog-Bildungrate und die ” komplizierte” Versetzungsstruktur l¨aßt die Versetzungen sich selten auf den selben Wegen vorw¨arts und r¨uckw¨arts bewegen unter zyklischer Verformung. Die unter- schiedlichen Versetzungspfade f¨uhren zu einer Vermischung der Atome in den Ausscheidungen. Die Teilchen werden entordnet. In den Anf¨angen der Ver- formung ist die Versetzungsstruktur relativ einfach, doch mit zunehmender Verfestigung wird die Struktur komplizierter und damit das Entordnen effek- tiver. Im Verfestigungspeak wird aus dem zweiphasigen Material ein Misch- kristall mit erh¨ohter Konzentration der Minorit¨atsatome im Bereich der fr¨u- heren Ausscheidungen im Vergleich mit der umgebenen Matrix. Die schnelle
  • 22. 2.3 Zyklische Verformung 21 Anfangsverfestigung, die auf Versetzungs-Versetzungs-Wechselwirkung und Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung basiert, wird auf Versetzungs- Versetzungs-Wechselwirkung reduziert. Dies f¨uhrt zu einer kontinuierlichen Entfestigung bis zum Bruch. Die zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurve ist in Abbildung 2.6 dargestellt. Durch planares Gleiten, d. h. die Abgleitung findet konzentriert auf wenigen Gleitebenen statt, werden die Entordnungs- und Entfestigungseffekte durch Bildung von Gleitb¨andern verst¨arkt. Durch die lokalisierte Dehnung werden die Ausscheidungen st¨arker entordnet. Dies f¨uhrt zum Ansteigen der lokalen Dehnung und zur weiteren Entfestigung. In ihrem Modell zur Entfestigung ber¨ucksichtigen Calabrese et al. nur geordnete Ausscheidungen, da f¨ur ungeordnete Ausscheidungen kein Ent- festigungsmechanismus vorliegt. 2.3.5 Aufl¨osung In Wechselverformungsexperimenten von Lerch et al. an Nimonic 80a, wel- ches γ -Ausscheidungen enth¨alt, steigt die Spannungsamplitude stark an und f¨allt nach ¨Uberschreiten eines maximalen Wertes ab [LG85]. Der Verlauf ist in Abbildung 2.6 skizziert. Die Entfestigung wird durch eine kontinuierliche Reduzierung des Teilchendurchmesser, hervorgerufen durch Scherprozesse, erkl¨art. Die reduzierten Ausscheidungen ¨uben weniger Widerstand auf die Versetzungen aus. Gerold et. al. untersuchten eine Cu-2%Co-Legierung, die inkoh¨arente Ausscheidungen enth¨alt [GS82]. Die Probe verfestigt bis zum Ma- ximum, anschließend entfestigt die Legierung. Die Entfestigung n¨ahert sich asymptotisch einer ” S¨attigungsspannung”. Gerold et al. erkl¨aren die Entfe- stigung mit der Entstehung von PSB kurz vor Erreichen des Maximums und einer Lokalisierung der Dehnung in den PSB. Die Lokalisierung der Verset- zungsbewegung f¨uhrt zu h¨aufigem Schneiden der Ausscheidungen. Die Aus- scheidungen werden in kleine Teile zerschnitten und die Spannungsamplitude wird kleiner, die Probe entfestigt. Die Entfestigung ist umgekehrt proportio- nal zur Teilchengr¨oße. Die Versetzungs-Ausscheidungs-Wechselwirkung wird mit zunehmender Zyklenzahl geschw¨acht oder entf¨allt, resultierend in einer Verringerung der Fließspannung. In der gleichen Legierung weisen Steiner et al. nach zyklischer Verformung ausscheidungsfreie B¨ander nach [SBG+ 83].
  • 23. 2.3 Zyklische Verformung 22 100 101 102 103 104 Zyklen N 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 ∆σ/2[GPa] ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. (a) ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. (b) ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................. (e) ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................. (d) ◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ ◦ ◦◦◦◦◦◦◦◦ (c) Abbildung 2.6: Verfestigungskurven verschiedener Legierungen. (a) Ni- monic 80a: Der Verfestigung folgt Entfestigung durch Scherung der γ - Auscheidungen in lokalisierten Scherb¨andern. (b) Nimonic PE16: Entfesti- gung nach Verfestigung. (c) Ni3Al: Verfestigungskurve dieser Arbeit. (d) Cu- 7.5%Al und (e) Cu: Die Verfestigung erreicht eine S¨attigungsspannung ohne zu erweichen. Ursache hierf¨ur ist wiederum die Nukleation von PSB w¨ahrend der Verfesti- gung und die Lokalisierung der Dehnung in den PSB mit verbundener Sche- rung der Auscheidungen. Der Volumenanteil der PSB betr¨agt ca. 5–10 %. Die Aufl¨osung der Ausscheidungen durch zyklisches Schneiden in lokalisier- ten PSB wird durch Lendvai et al. f¨ur L12-Auscheidungen in Al-Li best¨atigt [LGG88]. Kleinere Ausscheidungen werden m¨oglicherweise nur von Einzel- versetzungen geschnitten. Gr¨oßere hingegen meist durch Superversetzungen (Siehe Kapitel 2.2). Die erste Versetzung schneidet das Teilchen und bildet eine Antiphasengrenze, die zweite Versetzung, die der ersten auf der selben Gleitebene folgt, stellt die Ordnung wieder her.
  • 24. 2.3 Zyklische Verformung 23 2.3.6 Kritische Keimbildung unter Verformung Mit dem Modell von Brechet et al. [BLMVG87] l¨aßt sich ein kritischer Radius der Ausscheidungen berechnen, unterhalb dessen sich die Teilchen aufl¨osen, werden sie durch Versetzungen geschnitten. Der Zuwachs der Gibbsschen freien Energie ∆G bei Keimbildung eines kugelf¨ormigen Teilchens im Mischkristall lautet [Haa96]: ∆G = − 4 3 πr3 γv + 4πr2 γs, (2.12) γv = ∆gV + ∆gP , mit der Differenz der freien Energie pro Volumeneinheit ∆gV , der Verzer- rungsenergie pro Volumeneinheit ∆gP und der Grenzfl¨achenenergie zwischen Keim und Matrix γs. Ein kritischer Radius wird durch δ∆G/δr = 0 definiert: r∗ = 2 γs γv . (2.13) F¨ur geordnete Auscheidungen, die von Versetzungen geschnitten werden, m¨ussen zur freien Energie ∆G zwei weitere Terme addiert werden. Schneidet eine Versetzung eine Ausscheidung, bildet sich eine Antiphasengrenze mit der Antiphasengrenzfl¨achenenergie γa auf einer durchschnittlichen Fl¨ache, 2 3 πr2 , und eine Stufe auf der Grenzfl¨ache zwischen Keim und Matrix mit der Grenzfl¨achenenergie γs auf einer durchschnitlichen Fl¨ache, 1 4 π2 rb. Diese bei- den Terme m¨ussen mit der Anzahl von Schneidereignissen gewichtet werden. Die Anzahl der Versetzungen dn, die ein Teilchen mit Durchmesser, d = 2r, in einem Zeitabschnitt dt schneiden k¨onnen betr¨agt: dn = 2rρvdt. (2.14) ρ ist die Dichte der beweglichen Versetzungen und v ihre Durchschnittsge- schwindigkeit. Mit der Orowanschen Beziehung f¨ur die Abgleitgeschwindig- keit ˙ε = bρv, (2.15) l¨aßt sich Gleichung (2.14) integrieren [Sev93]: n = 2r b ε. (2.16)
  • 25. 2.3 Zyklische Verformung 24 F¨ur ∆G folgt: ∆G = − 4 3 πr3 γv + 4πr2 γs + 1 2 π2 r2 εγs Stufe + 4 3 πr3 ε b γa APB . (2.17) Gegen¨uber dem APB-Term ist der Stufenterm vernachl¨assigbar, da b r und γs γa ist. Mit Einf¨uhrung einer effektiven Volumenenergie ˜γv und einer effektiven Grenzfl¨achenenergie ˜γs wird ∆G(r,ε) zu: ∆G(r,ε) = −4 3 πr3 ˜γv + 4πr2 ˜γs, ˜γv = 1 − γaε bγv , ˜γs = 1 + πε 8 . (2.18) Ber¨ucksichtigt man, daß eine nachfolgende Versetzung eine entstandene APB wieder aufheben kann, f¨uhrt Brechet eine effektive Dehnung ein: ˜ε = 1 2α 1 − e− Z 2 (1 − e−2α∆ε ) . (2.19) α ist die Wahrscheinlichkeit, daß zwei Versetzungen die Ausscheidung auf der selben Gleitebene schneiden. Damit berechnet sich mit Gleichung (2.13) und (2.18) ein kritischer Radius: ˜rc(˜ε) = r0     1 + π 8 ˜ε 1 − ˜ε ˜εc     . (2.20) ˜εc ist ein kritischer Wert f¨ur die Dehnung ˜ε. Oberhalb dieser kritischen Deh- nung existiert kein kritischer Radius mehr und die Ausscheidungen l¨osen sich sofort auf. ˜εc = b γv γa . (2.21) Mit den Werten f¨ur Ni3Al, γv = 3,05 · 107 N/m2 , b = 0,252 nm und γa = 0,180 J/m2 ergibt sich eine kritische Dehnung, ˜εc = 4,3 · 10−2 . Diese kritische Dehnung ist bei Dehnungen, 8,0 · 10−3 < ε < 6,0 · 10−2 , innerhalb weniger Zyklen erreicht.
  • 26. 2.3 Zyklische Verformung 25 2.3.7 Leerstellenerzeugung durch Verformung Bei plastischer Verformung werden Punktdefekte in Metallen durch Verset- zungsbewegung erzeugt [Mot52] [Mot53] [Sei52]. Schneiden sich zwei Schrau- benversetzungen entstehen Versetzungsspr¨unge, sogenannte Jogs, wie Abbil- dung 2.7 zeigt. Jogs in Schraubenversetzungen k¨onnen sich unter dem Einfluß einer Schubspannung nur unter Erzeugung oder Vernichtung von Zwischen- gitteratomen oder Leerstellen bewegen. Der Jog ist eine Stufenversetzung mit der L¨ange eines Burgersvektor. Die Bewegung des Jogs ist ein Klettern des Stufensegments, da sich die Stufe senkrecht zu ihrem Burgersvektor be- wegen muß. Klettern von Stufenversetzungen ist je nach Bewegungsrichtung 1) bT v¨¨% ................................................................. ...................................................................................................................................................................................................................................................................................... brrj ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... 2) brrj ................................ .................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... bT v¨¨% ......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. .. ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . Abbildung 2.7: Entstehung von Jogs in Schraubenversetzungen. Schneiden sich zwei Schraubenversetzungen muß in jede Versetzung ein Stufensegment der L¨ange b eingebaut werden, ein sogenannter Jog. Bewegt sich die Schrau- benversetzung weiter, emittiert oder absorbiert sie entlang der eingeschobe- nen Stufe Leerstellen oder Zwischengitteratome, da die Stufe klettern muß. nur durch Erzeugen oder Vernichten von Leerstellen oder Zwischengittera- tomen m¨oglich. W. Witzel konnte zeigen, daß die Leerstellenkonzentration der mechanisch durch Schneidprozesse erzeugten ¨Uberschußleerstellen nicht
  • 27. 2.3 Zyklische Verformung 26 ausreicht, um Diffusionsvorg¨ange oberhalb von 0,4 TS zu erk¨aren [Wit73]. Wird die Bildung von Leerstellen, die durch thermische Jogs bei h¨oheren Temperaturen erzeugt werden, ber¨ucksichtigt, werden die gemessen Diffusi- onskoeffizienten erreicht. Im Gleichgewicht besitzt eine Schraubenversetzung eine gewisse Anzahl von thermischen Jogs. Bei Temperaturen oberhalb 0,4 TS liefern thermische Jogs bei der ¨Uber- schußleerstellenbildung einen nennenswerten Beitrag. F¨ur das in dieser Arbeit untersuchte Ni12at.%Al sind 0,4 TS ca. 400 ‰. Der Beitrag zur Leerstellen- bildung durch thermische Jogs kann deshalb nicht vernachl¨assigt werden, da die Versuche bei Meßtemperaturen bis zu 500 ‰ durchgef¨uhrt wurden. Die Bildungsrate der ¨Uberschußleerstellen wird, wie folgt, beschrieben: Π = χ σVm Qf ˙ε MechanischerAnteil + ζ cjVm 4b3 ˙ε ThermischerAnteil . (2.22) Der mechanische Beitrag zur Leerstellenbildung in Gleichung (2.22) ist pro- portional zur Dehnungsrate ˙ε mit der Fließspannung σ der Leerstellenbil- dungsenergie Qf , dem Atomvolumen Vm, und dem Burgersvektor b. Die Konstante χ betr¨agt nach Mecking et al. ca. 0,1 [ME80]. Die Entstehung von athermischen Jogs ist in Abbildung 2.7 beschrieben. Schneiden sich zwei Schraubenversetzungen wird in jede ein Stufensegment der L¨ange, b, einge- baut. Gleitet die Schraubenversetzung weiter, emittiert oder absorbiert die Stufe Leerstellen oder Zwischengitteratome. Da die Bildung von Leerstellen energetisch g¨unstiger ist als die Bildung von Zwischengitteratomen, fungiert ein Jog einer Schraubenversetzung als Leerstellenquelle. Der Beitrag der ther- mischen Jogs zur Leerstellenbildung wurde von W. Witzel [Wit73], wie folgt, eingef¨uhrt. Die Konzentration der thermischen Jogs ist cj = e − Ej kT mit Ej = Gb3 4π(1 − ν) . (2.23) Ej ist die Jogbildungsenergie, die mit der Linienenergie einer Stufe EL = Gb2 4π (2.24) pro L¨angeneinheit abgesch¨atzt werden kann. A. Seeger sch¨atzt diese Ener- gie auf Gb2 /10 pro L¨angeneinheit [See55]. Bei Schraubenversetzungen ist die
  • 28. 2.3 Zyklische Verformung 27 Linienenergie um den Faktor (1 − ν) kleiner. G ist der Schermodul und ν die Poissonzahl. Die Konstante ζ in Gleichung (2.22) gibt an mit welcher Rate thermische Jogs Leerstellen erzeugen und vernichten. Bei hoher Kon- zentration Leerstellen vernichtender Jogs verschwindet der Einfluß auf die Kriechgeschwindigkeit durch die ¨außere Spannung, da der mittlere Abstand der Jogs sehr klein wird [BN65] und Leerstellenvernichtung die Leerstellen- bildung ¨uberwiegt. Durch die große Anzahl Leerstellen absorbierender Jogs, verschwindet der Beitrag der thermischen Jogs [MSJ94] und ζ geht gegen null. F¨ur gr¨oßere Jogabst¨ande (20–200 b) bzw. einer geringeren Jogkonzen- tration verschwindet der Einfluß auf die Kriechgeschwindigkeit nicht. ζ = 0,5 f¨ur cj 1. Die Vernichtung von Leerstellen findet an Korngrenzen und Versetzungen statt und ist diffusionsabh¨angig. Die Vernichtungsrate η h¨angt von der Kon- zentration der ¨Uberschußleerstellen cex der Senkendichte und der Leerstellen- diffusivit¨at ab. Die Diffusionskonstante der Leerstellen ist gegeben durch die Leerstellenwanderungsenergie Qm: Dv = Dv0 e − Qm RT . (2.25) Die Vernichtungsrate an Versetzungen und Korngrenzen stellt sich folgender- maßen dar: η = Dv κ2 cex + Dv L2 cex. (2.26) ist die Versetzungsdichte, L die Korngr¨oße. κ ist ein struktureller Parame- ter, der die Versetzungsverteilung widerspiegelt. F¨ur eine homogene Verset- zungsverteilung ist κ = 1, sonst κ > 1 und f¨ur zell¨ahnliche Strukturen gleich zehn [ME80]. Die Korngr¨oßen der in dieser Arbeit untersuchten Legierung betragen ca. 0,1 mm bis 1 mm. Der Beitrag zur Leerstellenvernichtungsrate an Korngrenzen ist wegen Dv L2 cex Dv κ2 cex (2.27) vernachl¨assigbar. Die effektive Bildungsrate der ¨Uberschußleerstellen ist dcex dt = Π − η = 0 (2.28)
  • 29. 2.3 Zyklische Verformung 28 f¨ur den sogenannten ” steady state”-Zustand bei konstanter Dehnungsgeschwin- digkeit. Die Konzentration der ¨Uberschußlehrstellen im ” steady state”-Zustand wird damit zu: cs = χσ Qf + ζcj 4b3 κ2 s Vm Dv ˙ε (2.29) mit der von G. I. Taylor∗ entwickelten Formel f¨ur die Versetzungsdichte s = σ Gb 2 . (2.30) s ist die Versetzungsdichte im ” steady state”, wenn s (0), d.h. die Ver- setzungsdichte w¨ahrend der Verformung wesentlich gr¨oßer ist als zu Beginn. Der effektive Diffusionskoeffizient D∗ kann analog zur Selbstdiffusion mit D∗ = D0 1 + cex cth e − QSD RT (2.31) dargestellt werden, wobei der Faktor, (1 + cex/cth), den Zuwachs der ¨Uber- schußleerstellen durch plastische Verformung ber¨ucksichtigt. Die thermische Leerstellenkonzentration ist: cth = e − Qf − Sf T RT (2.32) mit der Leerstellenbildungsenthalpie Qf und der Leerstellenbildungsentropie Sf . Sf ist ungef¨ahr 1 kB. Im ” steady state”ist die Leerstellenkonzentration der ¨Uberschußleerstellen cex gleich cs und D∗ wird mit den Gleichungen (2.25), (2.29), (2.30) und (2.32) zu: D∗ = D0 e− QSD RT    1 + 1 Dv0 1 e− Qf +Qm RT Vm eSf /kB χσ Qf + ζcj 4b3 κ G b σ 2 α ˙ε     , bzw. = D0 e− QSD RT + D0 Dv0 α ˙ε. (2.33) Die effektive Selbstdiffusionskonstante in Nickel bei Verformung ist also die der Selbstdiffusion erweitert um einen Term, der im Wesentlichen von ∗ Die von G. I. Taylor gefundene Formel lautet: τ = α1 Gb √ mit α1 ≈ 1 3 . F¨ur Polykri- stalle gilt: σ = M τ mit dem Taylorfaktor, M = 3,06 [Haa96].
  • 30. 2.3 Zyklische Verformung 29 der Dehnungsgeschwindigkeit ˙ε abh¨angig ist. F¨ur ˙ε = 5 · 10−2 1/s ist D∗ in Abbildung 2.8 dargestellt. Im Temperaturbereich von Raumtemperatur bis zu 1000 ‰ ist die Diffusionskonstante nur von der Dehnungsrate abh¨angig und nicht mehr von der Temperatur, da sich die temperaturabh¨angigen Terme, wie in Gleichung (2.33) zu sehen, f¨ur die Erzeugung der ¨Uberschußleerstellen aufheben. 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 Rez. Temperatur 1000 T 1 K RT200400800Tm Temperatur T [‰] 10−24 10−22 10−20 10−18 10−16 10−14 10−12 D∗ [m2 /s] ...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. ............. Abbildung 2.8: ( - - - ) Leerstellendiffusion in Nickel, ( — ) effektive Diffu- sion bei Verformung f¨ur ˙ε = 5 · 10−2 1/s.
  • 31. 3 Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 3.2 Probenpr¨aparation 3.3 Versuchsablauf 3.4 Elektronenmikroskopie Das Kapitel, Experimenteller Aufbau und Durchf¨uhrung, beschreibt den Ver- suchsaufbau, die Pr¨aparation der Proben vor und nach der Wechselverfor- mung, die thermische Behandlung, die Versuchsdurchf¨uhrung und die elek- tronenmikroskopischen Untersuchungen. Die Probenpr¨aparation unterteilt sich in die Herstellung des Probenmate- rials, dessen Weiterverarbeitung zu Zugproben und die thermische Behand- lung, die vor dem Zug-Druck-Versuch angewandt wurde, und die Pr¨apara- tion der wechselverformten Proben f¨ur die Elektronenmikroskopie. Der Ab- schnitt ” Versuchsdurchf¨uhrung” erl¨autert die Wechselverformung der Proben bei verschiedenen Temperaturen. Den Abschluß bildet eine kurze Erl¨auterung der Probenuntersuchung mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (tem). 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 3.1.1 Versuchsaufbau Der Aufbau f¨ur das Verformungsexperiment ist in einen servohydraulischen Pr¨ufrahmen der 8500-Serie einer Werkstoffpr¨ufmaschine der Firma instron eingebaut. Der Pr¨ufrahmen besteht im Wesentlichen aus dem sogenannten 30
  • 32. 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 31 Querhaupt Hubkolben Gas Tisch Probe Zonenofen Probenhalter Muffelrohr Öldichtung Kraftmeßdose Abbildung 3.1: Versuchsaufbau.
  • 33. 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 32 Tisch, in dem der Hubkolben einbaut ist, zwei F¨uhrungsstangen f¨ur das Quer- haupt und dem Querhaupt selbst, an dem eine Kraftmeßdose befestigt ist (Siehe Abbildung 3.1). An die Kraftmeßdose ist die obere Probenaufnahme geschraubt. Diese h¨alt das Muffelrohr des Ofens. Die obere Aufnahme enth¨alt eine Gaszuf¨uhrung, um Experimente unter kontrollierten atmosph¨arischen Bedingungen zu erlauben, und ebenso Durchf¨uhrungen f¨ur Thermoelemente, die zur Steuerung des Ofens und zur Messung der Probentemperatur dienen. Auf die untere Probenaufnahme wird eine zylindrische ¨Olwanne gesteckt, in die das Muffelrohr nach dem Zusammenfahren der oberen und unteren Probenaufnahme eintaucht. Gef¨ullt mit ¨Ol wird das Muffelrohr dicht abge- schlossen. Die Proben, wie in Abbildung 3.2 zu sehen, sitzen in Quetschfut- tern, die mit ¨Uberwurfmuttern gegen die Probenaufnahmen verspannt wer- den. Keramikpaste zwischen ¨Uberwurfmutter und Gewinde verhindert das ” Festbacken” der Mutter bei h¨oheren Temperaturen. Andere Probenaufnah- .............................................................................................................................................................................................................................................................................................. .............................................................................................................................................................................................................................................................................................. ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. ...................... .......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... .................................... .................................... ............................................................................. ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ ............................................................................................................................. ................................................................................................................................................................................... ........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ .............................................. ..................................................................................................................................................................................... ................................................................................................................................................................................................................................................................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................................................................................................................................................................................................................. Probe ................................................................................................................................................................................................................................. Spannfutter .................................................................................................................................................. ¨Uberwurfmutter .................................................................................................................................... Probenaufnahme Abbildung 3.2: Unmaßst¨abliche Skizze der Probenhalterung. Die Probe sitzt in einem Quetsch- oder Spannfutter, das mit einer ¨Uberwurfmutter ge- gen die Probenaufnahme verspannt ist.
  • 34. 3.1 Versuchsaufbau und -steuerung 33 men, die aus zwei sich gegen¨uberliegenden Klemmbacken bestanden, haben sich nicht bew¨ahrt. Die getesteten Vorrichtungen konnten die Probe nicht festhalten. Die Proben rutschten w¨ahrend der Verformung. In H¨ohe der Probe ist um das Muffelrohr ein Drei-Zonen-Ofen angebracht, der Temperaturen bis 1000 ‰ erreicht. Drei Eurotherm-PID-Regler steuern die jeweiligen Zonen des Ofens. Die Heizwendel sind von einem Glasrohr umgeben, das innen goldbeschichtet ist. Durch ausreichendes Licht wird der Ofen transparent und das Experiment kann beobachet werden. 3.1.2 Versuchssteuerung Die servohydraulische Pr¨ufmaschine l¨aßt sich in zwei Regelungsarten betrei- ben: positions- oder kraftgeregelt. In beiden F¨allen gibt man einen Positions- oder Kraftweg vor, der linear oder zyklisch verl¨auft. Zu den linearen Signa- len z¨ahlen Rampen und Trapeze, zu den zyklischen Sinus-, Dreiecks- und Rechteckformen. ¨Uber die Vorgabe wird gesteuert, w¨ahrend die andere Gr¨o- ße gemessen wird. Abbildung 3.3 stellt die Regelung schematisch dar. Der maximale Verfahrweg betr¨agt ±75 mm, die maximale Kraft ±250 kN. Die ma- ximale Frequenz bei zyklischen Signalen betr¨agt 500 Hz. Messung der Kraft erfolgt ¨uber eine Kraftmeßdose am Querhaupt, Messung der Position ¨uber einen sogenannten lvdt (Linear Variable Differential Transformer)∗ , der an den Hubkolben im ” Tisch” angeschlossen ist. Beide Meßger¨ate liefern ana- loge elektrische Signale, die im Steuerrechner digitalisiert werden. Die Re- gelung erfolgt digital. Das errechnete Steuersignal wird analog an das Ser- voventil ¨ubertragen. Das Servoventil regelt den Hubkolben bis entweder die gew¨unschte Position oder Kraft erreicht ist. Diese sogenannte ” closed loop control” erlaubt eine akkurate Durchf¨uhrung von Wechselverformungsexperi- menten. Die 16 Bit-Digitalisierung sorgt f¨ur eine ausreichende Aufl¨osung der Messung und Regelung. Eine Reihe weiterer Einstellungsm¨oglichkeiten, etwa freie Wegprogrammierung, w¨aren vorhanden, sind aber f¨ur die durchgef¨uhr- ten Wechselverformungsexperimente ohne Belang. ∗ Ein lvdt ist ein elektrisches Meßger¨at auf Induktionsbasis, welches eine elektrische Spannung proportional zur Verschiebung seines Magnetkerns liefert. Eine sehr anschauliche Prinzipskizze ist unter http://www.lvdtcollins.com/lvdt/lvdt.htm zu finden.
  • 35. 3.2 Probenpr¨aparation 34 F x T T x F Maschinen− steuerung PC Keithley Kraftmeßdose Hubkolben Abbildung 3.3: Versuchssteuerung. Die Meßwerte aus Hubkolben und Kraftmeßdose werden in der Maschinensteuerung digitalisiert und an einen PC ¨ubertragen. Im umgekehrten Weg k¨onnen Steuerbefehle an Hubkolben und Meßdose ¨ubertragen werden. Parallel dazu wird die Probentemperatur mit Hilfe eines Keithley-Digitalmultimeter aufgezeichnet. Am Bildschirm des PC k¨onnen alle Daten angezeigt und in einer Datei gespeichert werden. Die Meßdaten werden digital zu einem PC ¨ubertragen. Als Gr¨oßen er- h¨alt man den Zeitpunkt der Meßwertspeicherung, die aktuelle Position und die dazugeh¨orige Kraft. Die Probentemperatur wird parallel dazu ¨uber ein Keithley-Multimeter ausgelesen. Alle Meßgr¨oßen werden in einer Datei zur Weiterverarbeitung gespeichert. W¨ahrend der Messung k¨onnen Kraft-Weg- Diagramme oder Weg/Kraft-Zeit-Kurven am Bildschirm dargestellt werden. 3.2 Probenpr¨aparation 3.2.1 Zugprobenherstellung Das Oak Ridge National Laboratory in Oak Ridge, tn legierte einen Stab von 1 m L¨ange und einem Durchmesser von 8 mm mit Hilfe eines Lichtbogen- ofens im Vakuum. Die Zusammensetzung der Ni12at.%Al-Legierung wurde
  • 36. 3.2 Probenpr¨aparation 35 102 103 104 105 100 200 300 400 500 600 Anzahl Kanal Stabanfang ++++++++++ + ++ + ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ + + + + ++ + + + + +++++++++++ + + + ++ + + + +++++++ ++++++++++++++++++++++++++++ ++++++++++++ + Stabmitte bbbbbbbbbb b bb b bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb b b b b bb b b b b bbbbbbbbbbb b b b bb b b b bbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbbb b Stabende rrrrrrrrrr r rr r r rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr r r r r rr r r r r rrrrrrrrrrr r r r rr r r r r rrrrrr r rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr r Abbildung 3.4: edx-Messung am Anfang, der Mitte und am Ende des Stabes. Die Homogenit¨at entlang des Stabes ist ausreichend gew¨ahrleistet. am Lehrstuhl f¨ur Experimentalphysik II mittels edx ¨uberpr¨uft und stimmt im Rahmen der Meßgenauigkeit mit der Forderung ¨uberein. Die Homogenit¨at der Legierung ist ¨uber die gesamte L¨ange des Stabes gew¨ahrleistet (siehe Ab- bildung 3.4). Die am eigenen Lehrstuhl im Lichtbogenofen legierten Proben erwiesen sich als zu spr¨ode zum Umformen in die gew¨unschte Form durch Walzen. Proben, die am Institut f¨ur Materialphysik der Universit¨at G¨ottin- gen mit Hilfe eines Mittelfrequenzofens geschmolzen wurden, waren ebenfalls f¨ur eine Umformung zu spr¨ode. Aus dem Stab wurden Zylinder mit einer L¨ange von 25 mm und einem Durchmesser von 6 mm gedreht. An die Enden der Zylinder schweißte die Firma kuka, Augsburg, zylindrische Stahlstifte mit einer L¨ange von 40 mm mittels Rotationschweißen. Die Stahlstifte dienen als Halterung. Der Legie- rungsteil der Proben wurde anschließend zum Teil auf einen Durchmesser von 4 mm ged¨unnt. Der ¨Ubergang zu den Halterungen verl¨auft fließend. Die Form der Proben, wie in Abbildung 3.5 gezeigt, erinnert an ein ” Stundenglas”. Die Eichl¨ange betr¨agt 6 mm.
  • 37. 3.2 Probenpr¨aparation 36                                     ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¡ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ ¢ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ £ 640 104 Stahl Ni12at.%Al Abbildung 3.5: Probengeometrie. 3.2.2 W¨armebehandlung F¨ur die W¨armebehandlung wurden die Zugproben unter Vakuum in Quarz- glasr¨ohrchen eingeschweißt. Die Proben wurden bei 1170 ‰ f¨ur 72 Stunden homogenisiert. Anschließend wurde die Temperatur zur Spannungsreduzie- rung auf 870 ‰ gesenkt und f¨ur 24 Stunden gehalten. Diese Temperatur liegt oberhalb der L¨oslichkeit der γ + γ - Phase. Die Abschreckung der Proben erfolgte im Salzwasserbad. Vor dem Zug-Druck-Versuch wurden die Proben f¨ur 24 Stunden bei 600 ‰ ausgelagert und anschließend in Salzwasser abge- schreckt. Die Gr¨oße der gebildeten Ausscheidungen lag bei 10–15 nm. Die ein- zelnen Temperaturen sind im Phasendiagramm, Abbildung 2.1, eingezeich- net. 3.2.3 TEM-Probenherstellung F¨ur die Untersuchung im tem wurden mit Hilfe einer Fadens¨age 150 µm dicke Pl¨attchen aus der verformten Probe ges¨agt. Der Schnitt verlief entlang sicht- barer Gleitb¨ander auf der Probenoberfl¨ache und in einem Winkel von 45° zur Verformungsrichtung. Anschließend wurden Scheiben mit einem Durchmesser von 3 mm gestanzt. Die Scheibchen wurden elektrolytisch in einer Tenupol der Firma Struers poliert. Der Elektrolyt bestand aus einer L¨osung aus 5 % 60-prozentiger HClO4 (Perchlors¨aure) + 95 % CH3COOH (Eisessig). Die op- timalen Polierparameter waren: V = 90 V, I = 0,25 A und T =14,5 ‰. Das entstandene Loch liegt meist in der Probenmitte, dessen R¨ander im Quer-
  • 38. 3.3 Versuchsablauf 37 schnitt keilf¨ormig zum Loch hin auslaufen, so daß die n¨otige Dicke 0–150 nm f¨ur das Elektronendurchstrahlverfahren gegeben ist. 3.3 Versuchsablauf Die pr¨aparierte Probe wurde in die Anlage eingebaut und Kraftschluß herge- stellt. Das Muffelrohr wurde mit Stickstoff gesp¨ult, um eine nicht oxidierende Atmosph¨are zu erhalten. W¨ahrend des Versuchs wurde ein geringer Stick- stoffdurchfluß eingestellt, um eventuelle Verluste auszugleichen. Die Pr¨ufma- schine wurde zun¨achst im kraftgeregelten Modus betrieben, wobei als Soll- kraft 0 kN eingestellt wurde. Der Ofen heizte die Probe auf die gew¨unschte Temperatur. Die Kraft von 0 kN sorgte daf¨ur, daß sich Stempel und Probe w¨ahrend der Aufheizphase ausdehnen k¨onnen ohne zus¨atzliche Spannungen f¨ur die Probe. Die Aufheizphase dauerte 30 Minuten. Nach 30 Minuten war die Versuchsanordnung im stabilen Gleichgewicht und es fand keine weitere temperaturbedingte Ausdehnung statt. Die Wechselverformung wird weggesteuert durchgef¨uhrt, um eine gleich- bleibende plastische Dehnungsamplitude in jedem Zyklus zu gew¨ahrleisten. W¨ahrend der ersten Zyklen wird die Dehnungsamplitude kontinuierlich von null auf die maximale Dehnung erh¨oht, um ein vorzeitiges Versagen der Pro- be zu vermeiden. Die Dehnungsgeschwindigkeit bleibt w¨ahrend des Verfor- mungsexperiments konstant. Sie wird ¨uber die Dehnungsamplitude und die Frequenz geregelt. Auf Grund der Position der Wegmessung kann lediglich eine Gesamtdehnung eingestellt werden. In dieser Gesamtdehnung sind die elastischen Dehnungsanteile der Pr¨ufmaschine, der Versuchsanordnung, der Probe und die plastische Dehnung der Probe enthalten. Im Spannungsnull- durchgang wird nur die plastische Dehnung gemessen, da die elastischen Dehnungsanteile verschwinden. Generell wird in Wechselverformungsexpe- rimenten, die an Luft und bei Raumtemperatur stattfinden, die Dehnung direkt entlang der Eichl¨ange der Probe mit speziellen Dehnungsmeßger¨aten gemessen. Bei Versuchen, die unter von Luft verschiedenen Atmosph¨aren, wie Schutzgas o. ¨a., und h¨oheren Temperaturen stattfinden und deshalb einen we- sentlichen h¨oheren und komplexeren experimentellen Aufbau fordern, ist es
  • 39. 3.4 Elektronenmikroskopie 38 durchaus ¨ublich das Wegsignal, das der lvdt aufnimmt, als Dehnungssignal zu verwenden. Die Auswertung der Spannungs-Dehnungs-Kurven ergab eine sehr geringe Abweichung der plastischen Dehnung von ihrem Mittelwert w¨ahrend des Ver- suchs. Die Abweichung liegt unter 10 %. Die Proben wurden bis zur Rissbil- dung wechselverformt. Der Beginn der Rissbildung ist in der Hystereseschlei- fe mit der Bildung einer Kraftspitze im Druckbereich zu erkennen. Mit der Rissausbreitung wird die effektive Fl¨ache der Probe kleiner. Die zur Verfor- mung ben¨otigte Kraft wird geringer. Schließt sich der Riss in der Druckphase, steigt die Kraft stark an, da die Anfangsfl¨ache wieder erreicht ist. Nach Ende der Verformung wird die Probe mit Stickstoff gek¨uhlt. Da- bei werden K¨uhlraten von 200 K/min erreicht. Die abgek¨uhlte Probe wird ausgebaut und f¨ur die Transmissions-Elektronenmikroskopie vorbereitet. 3.4 Elektronenmikroskopie F¨ur die Mikrostrukturanalyse der Proben wird die konventionelle Trans- missions-Elektronenmikroskopie genutzt. Die elektronenmikroskopische Cha- rakterisierung wurde mit einem cm120-Transmissions-Elektronen-Mikroskop der Firma Philips durchgef¨uhrt. Das Mikroskop besitzt eine LaB6-Kathode und wird mit 120 kV Beschleunigungsspannung betrieben. F¨ur die Abbildung im konventionellen Hell- und Dunkelfeldmodus bei Vergr¨oßerung von 10–45- tausendfach reicht die Beschleunigungsspannung v¨ollig aus. Im Wesentlichen besteht das tem aus der Elektronenquelle, der Abbildungss¨aule mit ihren vier Linsengruppen, einem Leuchtschirm zur Darstellung und einer Photoeinheit mit einer herk¨ommlichen Photoplatte und einer Digitalkamera. 3.4.1 Hell- und Dunkelfeldabbildung Die Wechselwirkung des Elektronenstrahls mit der Probe erm¨oglicht eine zweidimensionale Abbildung des durchstrahlten Probenvolumens. Bei der Durchstrahlung der Probe wird der Elektronenstrahl an den Gitterebenen der Probe gebeugt und das sogenannte erste Beugungsbild entsteht. Mit einer entsprechenden Blende in der Ebene des ersten Beugungsbildes, der Kontrast-
  • 40. 3.4 Elektronenmikroskopie 39 200 220 020 100 110 010 210 120 Abbildung 3.6: Beugungsbild einer Ni12at.%Al-Legierung in [100]- Richtung. Zwischen den Reflexen der 1. Ordnung sind die sogenannten ver- boten Reflexe oder ¨Uberstrukturreflexe zu erkennen (teilweise mit ihrer In- dizierung markiert). oder Objektivblende, lassen sich einzelne Beugungsreflexe selektieren. Wird lediglich ein ungebeugter Strahl, der sogenannte Nullstrahl, gew¨ahlt, wird mit Hilfe der Zwischen- und Projektionslinse ein Hellfeldbild am Leuchtschirm abgebildet. Dabei erscheinen Bereiche der Probe, an denen Beugungsbedin- gungen erf¨ullt sind, dunkel. In diesen Bereichen sind die Kristallebenen so verdreht, daß der dort abgebeugte Stahl durch die Kontrastblende gefiltert wird und nicht zum Bild beitr¨agt. Der Nullstrahl hingegen passiert die Pro- be ungehindert und erscheint hell. Ohne Kontrastblende und einer anderen Anregung der Zwischenlinse wird im Beugungsmodus das erste Beugungsbild auf den Leuchtschirm abgebildet. Zu sehen sind Beugungsreflexe der Probe, wie in Abbildung 3.6 gezeigt. Im Dunkelfeldmodus wird statt dem Nullstrahl einer der abgebeugten Re- flexe mit der Kontrastblende gew¨ahlt. Der Elektronenstrahl wird derart ver- kippt, daß der gebeugte Strahl durch die Kontrastblende tritt. Am Leucht- schirm entsteht das Dunkelfeldbild. Im Dunkelfeld erscheinen nur die Pro-
  • 41. 3.4 Elektronenmikroskopie 40 benbereiche hell, in denen die Beugungsbedingung erf¨ullt ist. W¨ahlt man als abgebeugten Reflex einen der ¨Uberstrukturreflexe der Ni12at.%Al-Legierung mit ihren Ausscheidungen ” leuchten” diese, w¨ahrend die umgebende Matrix dunkel bleibt. Die Hell- und Dunkelfeldaufnahmen wurden unter folgenden Bedingungen aufgenommen: Die Probe wurden in einen Doppelkipphalter eingebaut, bei dem sich die beiden Achsen in der Probenebene um ±60° bzw. ±30°drehen lassen. Damit l¨aßt sich die Probe in die gew¨unschte Orientierung kippen. Meist wurden Orientierungen verwendet, die m¨oglichst niedrig indiziert sind, etwa [001], [011] oder [112], und deren Verkippungswinkel zur Probennorma- len relativ klein war, um einen m¨oglichst großen durchstrahlbaren Bereich zu gew¨ahrleisten. Je mehr die Probe verkippt ist, desto dicker wird sie und der auswertbare Bereich wird sehr klein. Der untersuchte Polykristall erlaubte es leider nicht, die tem-Probe in einer bestimmten Orientierung zu pr¨apa- rieren. Zu jeder Probe wurden Hell- und Dunkelfeldbilder in verschiedenen Vergr¨oßerungen, sowie Beugungsbilder aufgenommen. Zu jedem Dunkelfeld- bild existiert das korrespondierende Hellfeldbild. Die Proben sind nach der Verformung so stark verspannt, daß h¨ochaufl¨osende Bilder nicht aufgenom- men werden konnten. Die Proben waren so verbogen, daß selbst bei einer relativ niedrigen Vergr¨oßerung (28-tausendfach) Bereiche des Bildes außer- halb des Fokus lagen. Die Hellfeld-, Dunkelfeld- und Beugungsbilder wurden auf Photoplatten aufgenommen. F¨ur die digitale Bearbeitung und Auswertung wurden die Ne- gative gescannt. 3.4.2 Entstehung von ¨Uberstrukturreflexen Die Kontrastentstehung an kristallinen Objekten und die Charakterisierung von Kristallbaufehlern auf der Grundlage der kinematischen Kontrasttheorie sind ausf¨uhrlich u. a. in [WC96] beschrieben. Im Folgenden wird kurz erl¨au- tert, warum bei Beugungsbildern von Kristallen mit L12-Struktur ¨Uberstruk- turreflexe auftreten.
  • 42. 3.4 Elektronenmikroskopie 41 Die Streuamplitude eines bestimmten Beugungsreflexes des Kristalls be- rechnet sich wie folgt: Fhkl = i fie2πi(hxi+kyi+lzi) . (3.1) fi ist der atomabh¨angige Formfaktor. Gleichung 3.1 gilt f¨ur alle Kristallgitter, die ideal und unendlich groß sind. Im kubisch fl¨achenzentrierten Gitter ist die Einheitszelle an folgenden Positionen besetzt: (x,y,z) = (0,0,0),( 1 2 , 1 2 ,0),( 1 2 ,0, 1 2 ), (0, 1 2 , 1 2 ). (3.2) Einsetzen dieser Werte in Gleichung 3.1, ergibt: Fhkl = f{1 + eπi(h+k) + eπi(h+l) + eπi(k+l) }. (3.3) F¨ur die m¨oglichen Kombinationen von h, k und l werden letztlich zwei F¨alle unterschieden: ˆ F = 4f, wenn alle h, k, l gerade oder ungerade sind, ˆ F = 0, wenn h, k, l gerade und ungerade sind. Im einphasigen f.c.c.-Gitter des reinen Nickels erscheinen die verbotenen Re- flexe, etwa [100], nicht. In geordnetem Ni3Al erscheinen die verboten Reflexe als sogenannte ¨Uberstrukturreflexe. Die Einheitszelle ist bei (0,0,0) mit ei- nem Aluminiumatom besetzt, auf den Fl¨achenmitten weiterhin mit Nickel. In einem Ni3Al-Kristall bilden die Aluminiumatome eine ¨Uberstruktur. Alle Ecken des kubisch fl¨achenzentrierten W¨urfels sind von ihnen besetzt. Be- trachtet man Gleichung 3.1 verschwindet die Streuamplitude bei gemischten Indizes nicht, da die Atomformfaktoren verschieden sind. Gleichung 3.3 wird zu: Fhkl = fAl + fNi{eπi(h+k) + eπi(h+l) + eπi(k+l) } (3.4) und die Streuamplituden ver¨andern sich zu: ˆ F = fAl + 3fNi, wenn alle h, k, l gerade oder ungerade sind, ˆ F = fAl − fNi, wenn h, k, l gerade und ungerade sind.
  • 43. 3.4 Elektronenmikroskopie 42 Die ¨Uberstruktorreflexe sind zwar wesentlich schw¨acher als die der 1. Ord- nung, verschwinden aber nicht. In einer zweiphasigen Legierung, wie das un- tersuchte Ni12at.%Al, tragen nur die Ni3Al-Ausscheidungen zu den ¨Uber- strukturreflexen bei, w¨ahrend in der Matrix lediglich die ” regul¨aren” Beu- gungsreflexe zu sehen sind. Die Ausscheidungen sind koh¨arent in die Matrix eingebaut, d.h. die Gitterebenen von Matrix und Ausscheidung liegen paral- lel. In einer homogenen Legierung verschwinden die verbotenen Reflexe, da die Al-Atome keine ¨Uberstruktur mehr bilden. 3.4.3 Radienverteilung der Aussscheidungen In den Dunkelfeldabbildungen wurden die Ausscheidungen hinsichtlich ih- rer Gr¨oße ausgewertet. Die Auswertung erfolgte mit dem Programm ” depp 2.1”† . Das Programm bietet die M¨oglichkeit im manuellen Betrieb am Rand des Teilchens vier Markierungen zu plazieren. Das Programm errechnet ei- ne passende Ellipse und stellt diese am Bildschirm dar. Passen Umfang und Ellipse nicht zueinander, k¨onnen die Markierungen und die Elipse gel¨oscht und die Auswertung der Ausscheidung wiederholt werden. Die automatische Auswertung erwies sich als wenig brauchbar, da Ausscheidungen, die sich schlecht von der Matrix abheben, nicht erfasst werden. Die beiden Halb- achsen der gefundenen Ellipsen werden in einer Datei f¨ur weitere Auswer- tungen gespeichert. Zus¨atzlich erh¨alt man weitere Informationen, wie etwa Fl¨ache und Position des Teilchens auf dem Photo. Die L¨ange der Halbachsen, die nach der Auswertung mit ” depp” in Pixel gespeichert sind, werden der Vergr¨oßerung des Bildes entsprechend in Nanometer umgerechnet. Aus den Daten werden Mittelwert und Standardabweichung berechnet. Die Standard- abweichung σ dient als Maß f¨ur die Klassenbreite des Histogramms, in das die Meßwerte eingeteilt werden. Die Klassenbreite bestimmt sich nach der ” Normal Bin Width Reference Rule”: ˆh = 3,5 ˆσ n−1/3 , (3.5) † ” depp 2.1” (Digital Esoteric Photo Processor) wurde von H. Voß an der Universit¨at G¨ottingen 1996 entwickelt.
  • 44. 3.4 Elektronenmikroskopie 43 die sich aus der ” Normal Density Reference Rule” ableitet und f¨ur experi- mentelle Daten von Vorteil ist, da die Standardabweichung der Meßwerte genommen werden kann [Sco92]. Die aus den Meßwerten gewonnenen Histo- gramme lieferten die gew¨unschten Information ¨uber Radienverteilung. Eine Reduzierung der Klassenbreite f¨uhrte zu raueren Histogrammen, ohne zu- s¨atzliche Information zu liefern.
  • 45. 4 Ergebnisse 4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 4.2 TEM-Untersuchung 4.3 Erweitertes Modell nach Hornbogen 4.4 Dynamisches Phasendiagramm Das Kapitel ” Ergebnisse” vergleicht die gemessenen Verfestigungskurven mit den ” mikroskopischen” Ergebnissen der tem-Untersuchung. Die gemessenen Teilchenradien werden den errechneten Werten gegen¨ubergestellt, die mit Hilfe eines erweiterten Modells von Hornbogen bestimmt wurden. Eine Ein- teilung der einzelnen Messungen bez¨uglich Verfestigungskurve, Verformungs- geschwindigkeit, Temperatur und Morphologie der Ausscheidungen der Le- gierung f¨uhrt zu einem ” dynamischen Phasendiagramm”. Die Versuchsreihe wird unter Variation der Parameter Temperatur, Deh- nungsamplitude und Verformungsfrequenz durchgef¨uhrt. Aus Verformungs- frequenz und Dehnungsamplitude wird die Verformungsgeschwindigkeit be- rechnet, die f¨ur das ” dynamische Phasendiagramm” aussagekr¨aftiger ist. Der Temperaturbereich wird von Raumtemperatur und von T = 500 ‰ begrenzt. H¨ohere Temperaturen wurden nicht gew¨ahlt, da einerseits die L¨oslichkeitsli- nie nur 200 ‰ h¨oher liegt, andererseits ein Versagen der Apparatur bef¨urch- tet wurde. Die Frequenz wird von 0,025 Hz bis 5 Hz variiert. Unterhalb von 0,025 Hz verliert die Pr¨ufmaschine an Genauigkeit. Die niedrigste, einstell- bare Frequenz ist 0,001 Hz. Oberhalb von 5 Hz k¨onnen keine ausreichenden Dehnungsamplituden mehr eingestellt werden. Zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse werden zuerst Messungen bei konstanter Frequenz von 2 Hz ¨uber den Temperaturbereich hinweg durch- 44
  • 46. 4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 45 gef¨uhrt. Anschließend wird die Temperatur bei RT und ca. 400 ‰ konstant gehalten und die Frequenz f¨ur die Verformung ge¨andert. Messungen bei aus- gew¨ahlten Frequenzen und Temperaturen erg¨anzen die Ergebnisse. 4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven W¨ahrend der zyklischen Verformung wird die Position des Hubkolbens und die korrespondierende Kraft gemessen. Aus der Position des Hubkolbens und der Kraft lassen sich die totale Dehnung εtot bzw. die Spannung σ berechnen: σ(t) = F(t) π R2 0 , εtot(t) = P0 − P(t) l0 . (4.1) F(t) bezeichnet die zu einer bestimmten Position P(t) gemessene Kraft, l0 die Eichl¨ange der Probe, P0 die Anfangsposition und R0 ∗ den Radius zu Be- ginn der Verformung. Tr¨agt man die Spannung ¨uber der Dehnung auf, erh¨alt man typische zyklische Spannungs-Dehnungs-Kurven, wie in Abbildung 4.1 dargestellt. Die positive Richtung der Achsen ist in Zugrichtung, die nega- tive in Druckrichtung. Bei Beginn der Verformung sind Dehnung und Span- nung gleich null. Mit Ansteigen der Dehnung steigt die Spannung bis der erste Umkehrpunkt erreicht ist. Die elastische Dehnung verringert sich durch Umkehren der Verformungsrichtung. Die elastische Spannung nimmt ab und verschwindet, wenn die Spannung gleich null ist. Die verbleibende Dehnung ist die plastische Dehnung eines halben Zyklus. Die Probe wird weiter pla- stisch gedehnt bis zum n¨achsten Umkehrpunkt. Es folgt die Umkehrung der Verformungsrichtung mit einhergehender elastischer Entspannung und an- schließender plastischer Dehnung. Bei zyklischer Verformung wiederholt sich dieser Vorgang bis zum Abbruch des Versuchs. Deutlich ist in Abbildung ∗ Strenggenommen m¨ußte statt R0 R(t) in die Gleichungen (4.1) eingesetzt werden. Da R(t) nicht gen¨ugend bestimmbar ist, wird der Anfangsradius der Probe verwendet. In diesem Fall erh¨alt man das sogenannte technische Spannungs-Dehnungs-Diagramm. Die wahre Spannung, die R(t) ber¨ucksichtigt, weicht von der sogenannten Nennspannung, die auf den Anfangsradius bezogen ist, erst f¨ur Dehnungen oberhalb der Zugfestigkeit wesentlich ab. Die Dehnung bei plastischer Wechselverformung bleibt deutlich unter diesem Wert.
  • 47. 4.1 Spannungs-Dehnungs-Kurven 46 4.1 die Zunahme der Spannung am Umkehrpunkt zu sehen. Die von der Hy- steresekurve eingeschlossene Fl¨ache entspricht die aufgewandte Energie pro Volumeneinheit, die gr¨oßtenteils dissipiert. W¨ahrend der ersten zwei Zyklen −0,4 −0,2 0 0,2 0,4 −0,06 −0,04 −0,02 0 0,02 0,04 0,06 Spannungσ[GPa] Dehnung εtot εpla' E Abbildung 4.1: Die ersten f¨unf Zyklen einer Spannungs-Dehnungs-Kurve. Die nach einem halben Zyklus verbleibende plastische Dehnung bei Kraft gleich null ist mit εpla eingezeichnet. wurde die totale Dehnung bis zu ihrem Sollwert gesteigert, um ein sponta- nes Versagen der Probe zu vermeiden. Die ” Umkehrpunktspannung” wird als ∆σ/2 bezeichnet. Das automatischen Umschalten der Steuerelektronik der Pr¨ufmaschine von einem Meßbereich in einen anderen erzeugt die stufenf¨or- migen Abs¨atze in der Meßkurve. Wird ∆σ/2 ¨uber die jeweiligen Halbzyklen aufgetragen, ergibt sich die so- genannte Spannungs-Dehnungs-Kurve der Wechselverformung. Da zu jedem Halbzyklus eine gewisse plastische Dehnung geh¨ort, kann man ∆σ/2 auch ¨uber die sogannte kumulative plastische Dehnung auftragen. F¨ur die Zug- und Druckrichtung ist dies in Abbildung 4.2 dargestellt. Alle Spannungs-