Die Auslagerung von Unternehmensteilen hat in der breiten Öffentlichkeit ein fragwürdiges Image erlangt, denn zumeist wird Outsourcing mit dem Verlust von Arbeitsplätzen bzw. mit der Verlagerung derer in Billiglohnländer in Verbindung gebracht. Diese einseitige Darstellung zeigt nur unzureichend die Pros und Contras der Strategie eines Outsourcing-Projekts auf. Es wird jedoch deutlich, dass auf Grund dieser Populärmeinung ein Ansehensverlust bei Unternehmen, die auf diese Organisationsform zurückgreifen, nicht auszuschließen ist.
Der vorliegende Kurzüberblick setzt sich mit der Theorie des Shared Service Center auseinander. Es werden Herkunft und Verbreitung beleuchtet, wie auch eine Abgrenzung zu Zentralisierung und Outsourcing getroffen. Zudem werden die mit der Einführung verbundenen strategischen Ziele wie kritischen Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung benannt und dargestellt.
2. Inhaltsverzeichnis
Der Shared Services Center-Ansatz in der Theorie ......................................................................................... 3
Herkunft und Verbreitung des Organisationskonzepts............................................................................... 3
Eigenschaften und Merkmale eines Shared Services Center ...................................................................... 5
Abgrenzung zu Zentralisierung und externem Outsourcing ....................................................................... 8
Strategische Ziele ........................................................................................................................................ 9
Kostensenkung sowie Qualitätssteigerung ............................................................................................. 9
Refokussierung auf Kernkompetenzen ................................................................................................. 11
Standardisierung und Harmonisierung ................................................................................................. 11
Kritische Erfolgsfaktoren ........................................................................................................................... 11
Kundenorganisation, Wettbewerbsvergleich und Best-Practices......................................................... 12
Standardisierung des Leistungsangebots .............................................................................................. 13
Vereinbarung von Performancekriterien und klare Berichtsstrukturen ............................................... 13
Exzellenz in der Transition und Transformation von Prozessen ........................................................... 14
Rahmenbedingungen für eine hocheffiziente Leistungserbringung ..................................................... 14
Festlegung einer Governance-Struktur ................................................................................................. 15
Berücksichtigung der Aspekte Personal und Kommunikation .............................................................. 16
Literaturverzeichnis ....................................................................................................................................... 18
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Dezentralisierung in Business Units ......................................................................................................4
Abb. 2: Shared Services als das Ergebnis aus Dezentralisierung und Zentralisierung ......................................4
Abb. 3: Grundlegende Merkmale eines Shared Services Center ......................................................................5
Abb. 4: SLA definieren die Schnittstelle zwischen SSC und Kunde....................................................................6
Abb. 5: Anteile Outsourcing von kerngeschäftsnahen/-fremden Aktivitäten in % ...........................................7
Abb. 6: Shared Services vereinen Merkmale von Zentralisierung und Outsourcing ........................................8
Abb. 7: Schrittweise Kosteneinsparungen durch Shared Services ..................................................................10
Abb. 8: Auf dem Weg zum Marktpreis ............................................................................................................12
Abb. 9: Die drei beteiligten Parteien und deren Wechselwirkungen .............................................................15
Abb. 10: „Direktbeziehung mit Koordination“ und „Drei-Schichten-Modell“ ................................................16
2
3. Der Shared Service Center-Ansatz in der Theorie
Die Auslagerung von Unternehmensteilen hat in der breiten Öffentlichkeit ein fragwürdiges Image
erlangt, denn zumeist wird Outsourcing mit dem Verlust von Arbeitsplätzen bzw. mit der Verlagerung
1
derer in Billiglohnländer in Verbindung gebracht. Diese einseitige Darstellung zeigt nur unzureichend
die Pros und Contras der Strategie eines Outsourcing-Projekts auf. Es wird jedoch deutlich, dass auf
Grund dieser Populärmeinung ein Ansehensverlust bei Unternehmen, die auf diese Organisationsform
2
zurückgreifen, nicht auszuschließen ist.
Shared Service Center (SSC), auch als internes Outsourcing bezeichnet, werden definiert als eine
(semi-)autonome Organisationseinheit „that has a management structure designed to promote
efficiency, value generation, cost savings, and improved service for the internal customers of the
parent corporation“ 3. Eine zuvor ausschließlich unternehmensintern und dezentralisiert erbrachte
4
Dienstleistung wird zur gemeinsamen Nutzung konzernweit bereitgestellt. Unternehmen
versprechen sich dabei, neben Kostenvorteilen, eine gesteigerte Prozessqualität sowie eine
5
(Re-)Fokussierung auf das Kerngeschäft.
Fall- und sonstige Studien ergeben, dass diese Fakten bei Unternehmen auf Zuspruch treffen und der
SSC-Ansatz positiv aufgenommen wird. Die Umsetzungskompetenz ist jedoch nicht immer gegeben,
wodurch Projekte teilweise scheitern. 6 Eine umfangreiche wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
dem Thema ist noch nicht geschehen, so dass der eine und diesbezüglich „goldene“ Weg zur
Umsetzung noch länger auf sich warten lässt. 7
Herkunft und Verbreitung des Organisationskonzepts
Zu Beginn der 80er Jahre waren Unternehmenszentralen zumeist „groß, übermächtig und unflexibel
geworden“. 8 Als Antwort darauf setze eine Dezentralisierungswelle ein, im Zuge welcher die ehemals
zentralistisch geprägten Organisationen dazu übergingen, ihre Geschäftsbereiche nach
Kundengruppen oder Produkten in Business Units zu segmentieren (vgl. Abb. 15). Ziel war dabei, die
durch Zentralisierung verlorengegangene Flexibilität wiederzugewinnen und Wettbewerbsvorteile zu
generieren. 9
1
Vgl. Dressler [2007b], S. 9.
2
Vgl. Viehöver [2003], S. 22.
3
Bergeron [2003], S. 3.
4
Vgl. Krüger [2006], S. 83.
5
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 1 sowie Siemens [2005], http://w1.siemens.com und Westerhoff [2006], S. 70.
6
Vgl. Dressler [2007b], S. 9.
7
Vgl. Dressler [2007b], S. 9.
8
Westerhoff [2006], S. 56.
9
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 2.
3
4. 10
Abb. 1: Dezentralisierung in Business Units
Infolgedessen wurden die einzelnen Business Units spezifisch auf die Belange des jeweiligen
Geschäftsfeldes angepasst. Trotzdem gab es Aufgaben, die gleichsam über mehrere BUs hinweg
anfielen, mit dem Ergebnis, dass „heterogene Landschaften für vergleichbare Leistungen
entstanden“ 11. Diese Parallelstrukturen, mit redundanter Leistungserbringung, verhinderten eine
Kostendegression, beispielsweise durch Economies of Scale, nahezu gänzlich und ein einheitliches
Auftreten gegenüber Lieferanten und Kunden war, auf diese Weise, nicht gegeben. 12
In den 90er Jahren wurde man sich dieser Schwächen bewusster, so dass die Suche nach einer
Organisationsform angestrengt wurde, die eine Segmentierung nach Geschäftsfeld ermöglicht, aber
zugleich heterogene Strukturen auf ein Minimum reduziert. Ziel war es, die bereits erreichten
Verbesserungen der Dezentralisierung in Bezug auf Flexibilität zu erhalten, jedoch gleichzeitig auch
mit den Besten in Bezug auf Preis und Qualität konkurrieren zu können. 13 Im Ergebnis entwickelte sich
aus diesen Anforderungen der Shared Services-Ansatz, der die bestehenden Vorteile, wie etwa
Skaleneffekte aus der zentralisierten Organisation, mit der Flexibilität der Dezentralisierung verknüpft
– bei fortwährender Autonomie der Geschäftseinheiten (vgl. Abb. 1). 14
15
Abb. 2: Shared Services als das Ergebnis aus Dezentralisierung und Zentralisierung
10
Quelle: Wißkirchen [2001], S. 3.
11
Westerhoff [2006], S. 56.
12
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 2 und Westerhoff [2006], S. 56.
13
Vgl. Westerhoff [2006], S. 57 und Wißkirchen [2001], S. 4.
14
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 4 und Ibold, Mauch [2006], S. 452.
15
Quelle: Schindler [2006], S. 11.
4
5. Verbreitung fanden die SSC zuerst in den USA, wo sie seit Anfang der 90er Jahre von vornehmlich
internationalen Unternehmen eingesetzt werden. In Europa zeichnete sich der Trend zu dieser neuen
Organisationsform erst etwa fünf Jahre später ab, als amerikanische Tochterunternehmen
zunehmend das Konzept auch dort einsetzten. Hindernisse, wie Sprachbarrieren und Staatsgrenzen,
verhinderten eine frühere Adaption. Entsprechende Gesetzgebungsverfahren sowie die Einführung
einer Gemeinschaftswährung führten dann allerdings zu einer raschen Verbreitung auch innerhalb der
Europäischen Union. 16
Im Jahr 1995 gaben bereits 40 % der im S&P 500 gelisteten Unternehmen an, eine Art des SSC
umgesetzt zu haben, und auch erste europäische Unternehmen hatten sich mit dem Konzept
beschäftigt, es teilweise initiiert oder sogar umgesetzt. 17 Heute haben beispielsweise nach einer
Studie von ISPA 18 70 % der deutschen Konzerne ihre Personalfunktion in ein Shared Service Center
auslagert oder sind gerade in einer Umstrukturierungsphase damit beschäftigt. 19 Erste Analysen über
den wirtschaftlichen Erfolg eines SSC zeigten Kosteneinsparpotenziale von 25 bis zu 50 % gegenüber
der bisherigen Organisationsform, je nach Ausgangssituation und ausgelagertem Unternehmensteil. 20
Die notwendigen Investitionen amortisieren sich in der Regel innerhalb der ersten zwei Jahre. 21
Eigenschaften und Merkmale eines Shared Service Center
Wenn man diesen Ansatz charakterisieren und einordnen möchte, so stößt man in der Literatur
wiederholt auf einen Satz von vier Merkmalen, die man als charakteristisch für ein Shared Services
Center bezeichnen darf. Die nachfolgende Abbildung stellt diese bildlich dar:
22
Abb. 3: Grundlegende Merkmale eines Shared Services Center
16
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 4 und besonders Campenhausen, Rudolf [2000], S. 84.
17
Vgl. Dressler [2007b], S. 20.
18
Weitere Informationen bietet Ackermann [2005], S. 10f.
19
Vgl. Höhmann [2006], S. A8ff. Die Analyse weißt jedoch eine nur geringe Rücklaufquote auf und darf
nicht unbedingt als repräsentativ betrachtet werden.
20
Vgl. Westerhoff [2006], S. 57.
21
Vgl. Hermes, Schwarz [2005], S. 101.
22
Quelle: Wißkirchen [2001], S. 5.
5
6. Das SSC interagiert also als Dienstleister der einzelnen Business Units im Konzernverbund und weißt
dabei die folgenden Merkmale auf: 23
• die Organisation in einer eigenständigen Geschäftseinheit,
• mehrere interne Kunden, die mit Leistungen beliefert werden,
• eine strikte Kunden- und Prozessorientierung,
• sowie einen Fokus auf den Ressourceneinsatz.
Bedingt durch die Organisation in eine eigenständige Einheit, entstehen automatisch Kunden- und
Lieferantenbeziehungen zwischen dem SSC und den belieferten Einheiten. Diese neue Situation
zwingt das Center dazu, bisherige Prozesse und Produkte zu überdenken und letztendlich
„marktfähige Leistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen für die spezifischen Bedürfnisse der
jeweiligen Unternehmenseinheit [zu] liefern“. 24 Vertragliche Basis sind dafür zumeist Service Level
Agreements (SLA), welche schriftlich die zu beziehenden Leistungen und deren Beschaffenheit
festhalten. 25 Basierend darauf kann anschließend ein Soll-Ist-Abgleich bspw. in Form einer
Leistungsprüfung erfolgen (vgl. Abb. 4).
26
Abb. 4: SLA definieren die Schnittstelle zwischen SSC und Kunde
Als auslagerungsfähige Unternehmensfunktionen werden in der Literatur zumeist Support- oder
Querschnittsfunktionen, wie IT, Finanzen oder Controlling, genannt, die drei Kriterien zu erfüllen haben:
Standardisierbarkeit, Isolierbarkeit der Prozesse und Konsolidierbarkeit. Nur dann sei es möglich, eine
effektive und effiziente Leistungserbringung in Form eines SSC zu erzielen.Festlegung einer
Governance-Struktur“, S. 50) kritisch, wie auch der Aufbau entsprechender Kennzahlensysteme zur
23
Vgl. Westerhoff [2006], S. 58.
24
Westerhoff [2006], S. 58f.
25
Vgl. Hess, Benlian [2006], S. 273.
26
Quelle: Niebuer, Schwerin [2006], S. 26.
6
7. Kontrolle (vgl. „Vereinbarung von Performancekriterien und klare Berichtsstrukturen“, S. 48). 27 Des
Weiteren muss die jeweilige Leistung oder das Produkt eine unternehmensweite Nachfrage erfahren, um
28
Kostenvorteile durch Skaleneffekte realisieren zu können. Die Auslagerung von Kernaktivitäten spielt in
der Literatur kaum eine Rolle. Laut Bergeron sei besonders die adäquate Berücksichtigung des Faktors
Management (vgl. „Festlegung einer Governance-Struktur“, S. 15) kritisch, wie auch der Aufbau
entsprechender Kennzahlensysteme zur Kontrolle (vgl. „Vereinbarung von Performancekriterien und klare
Berichtsstrukturen“, S. 13). 29
Verdeutlicht wird diese Randbedeutung von kerngeschäftsnahen Auslagerungen durch eine Studie von
Accenture aus dem Jahr 2002. So werden von einem Großteil der Unternehmen ausschließlich
kerngeschäftsfremde Funktionen in SSC ausgelagert (vgl. Abb. 19).
30
Abb. 5: Anteile Outsourcing von kerngeschäftsnahen/-fremden Aktivitäten in %
31
Versuche, dieses Konzept bei Medienunternehmen anzuwenden, stecken noch in den „Kinderschuhen“ ,
könnten aber Synergiepotentiale entfalten, sofern es gelingt, Content über Redaktionsgrenzen hinweg
mehrfach zu verwerten. Diese Ansicht deckt sich auch mit Aris, die betont, dass es schwer sei,
redaktionelle, kreative Prozesse in ein Raster zu zwängen und zu vereinheitlichen, da sie keinem festen,
immer gleichen Arbeitsablauf unterliegen. Gleichzeitig wird der Anwendung in der Medienbranche jedoch
ein großes Optimierungspotential zugesprochen, sofern man die o. g. Herausforderungen angemessen
meistert. 32
27
Vgl. Keuper et al. [2006], S. VI und Breuer, Kreuz [2006], S. 145.
28
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 84.
29
Vgl. Bergeron [2003], S. 4.
30
Quelle: Fink [2002], S. 6.
31
Vgl. Hess, Benlian [2006], S. 271.
32
Vgl. Aris, Bughin [2006], S. 177.
7
8. Abgrenzung zu Zentralisierung und externem Outsourcing
„In der Praxis hat sich gezeigt (…), daß häufig nicht zwischen den verwandten
Organisationskonzepten Outsourcing, Zentralisierung und Shared Services
unterschieden wird.“ 33
Dieses Zitat macht deutlich, dass Kenntnisse über die unterschiedlichen Ansätze der Konzepte fehlen,
obwohl eindeutige Merkmale diese voneinander abgrenzen. Die undifferenzierte Verwendung der Begriffe
geht zumeist damit einher, dass in allen drei Ansätzen ehemals intern erbrachte Leistungen in neue
Verantwortungsbereiche abgegeben werden. 34 Ein anderer Grund mag die bewusste Verwendung eines
eigentlich inadäquaten Begriffs sein, um kommunikationspolitisch negative Auswirkungen einer
Restrukturierung positiv erscheinen zu lassen. Das Shared Services Center wirke positiver als der negativ
35
konnotierte Ausdruck Zentralisierung.
Fakt ist, dass ein Shared Services Center sich bei Merkmalen der Zentralisierung und des (externen)
Outsourcings bedient und diese zu einem eigenen, kombinierten Ansatz zusammenfügt, wie es die
folgende Abb. 20 darstellt.
36
Abb. 6: Shared Services vereinen Merkmale von Zentralisierung und Outsourcing
Im Gegensatz zur Zentraleinheit fungieren SSC als ein Profit Center, da sie als autonome Geschäftseinheit
nicht nur ein Budget verwalten, sondern auch Preise und Leistungen selbstständig mit ihren internen und
externen Kunden verhandeln. Eine Organisation hingegen, als zentralisierte Einheit, erlaubt dabei nur die
Führung als ein Cost Center. 37 Ein weiterer, wesentlicher Unterschied ist damit auch bereits benannt: die
rechtliche Selbstständigkeit. Neben der wirtschaftlichen Selbstständigkeit als Profit Center existiert auch
eine rechtliche Selbstständigkeit, da ein SSC als eigenständiges Unternehmen am Markt auftritt und damit
38
auf Augenhöhe ihren Kunden begegnet. Dies macht deutlich, dass die Kundenorientierung im SSC-Modell
33
Wißkirchen [2001], S. 6.
34
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 7.
35
Vgl. Schwarz [2005], S. 28 und Wißkirchen [2001], S. 6.
36
Quelle: Wißkirchen [2001], S. 12.
37
Vgl. Westerhoff [2006], S. 60.
38
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 9.
8
9. eine weitaus höhere Priorität als beispielsweise bei der Zentralisierung einnimmt, da es bei den
39
angebotenen Leistungen und Produkten theoretisch mit externen Wettbewerbern am Markt
konkurriert. 40
Im Vergleich zum (externen) Outsourcing verbleibt beim SSC sämtliches Know-how im Konzern und wird
somit nicht nach außen tradiert. Des Weiteren begibt man sich nicht in die Abhängigkeit Dritter, da die
Leistungserstellung im Konzern geschieht und dadurch in höherem Maße Einfluss auf die Prozesse im
Unternehmen und auf den Output genommen werden kann, weshalb auch häufig nur von einer
semi-autonomen Geschäftseinheit gesprochen wird. 41 In der Regel werden daher auch nur Funktionen
extern ausgelagert, die sich auf Grund der deutlichen Distanz vom Kerngeschäft dafür eignen. 42
Strategische Ziele
Die Einführung von Shared Services Centern in Konzernen ist zumeist mit drei Hauptzielen verbunden, die
43
sich wie folgt darstellen:
• Kostensenkung bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung,
• (Re-)Fokussierung auf Kernkompetenzen,
• Unternehmensweite Standardisierung und Harmonisierung von Prozessen, Produkten, etc.
In den folgenden Unterkapiteln soll auf diese Ziele detaillierter eingegangen werden.
Kostensenkung sowie Qualitätssteigerung
Eine Kostenreduktion im SSC wird auf Grund verschiedener Faktoren erzielt. Ehemals parallel erbrachte
Leistungen in den dezentralisierten Geschäftseinheiten werden nun zusammengefasst, standardisiert und
zentral an einem Ort in höherer Quantität erbracht. Dadurch lassen sich Skaleneffekte, beispielsweise
durch Verteilung der Fixkosten auf eine höhere Ausbringungsmenge und Lernkurveneffekte, nutzen und
zugleich Synergieeffekte realisieren. Außerdem wird eine Effizienzsteigerung durch Business Process
Reengineering (BPR), d.h. die Neugestaltung und/ oder Optimierung der Geschäftsprozesse zur
Leistungserbringung, erreicht. In der Praxis ist die Verschlankung der Abläufe mit einem Abbau von
personellen Überkapazitäten verbunden, der zu fortschreitenden Einsparungen führt. Eine weitere
Ursache ist in der Kunden-/ Lieferantenschnittstelle zu sehen, da marktübliche Preise die Sensibilität
gegenüber Kosten bei den Mitarbeitern fördern, wodurch diese, laut Wißkirchen, „nur noch die tatsächlich
benötigten Leistungen Anspruch nehmen“ 44. Außerdem werden durch die Neugestaltung der Prozesse in
der Regel Ressourcen frei, wie beispielsweise Geschäftsräume und Maschinen, die nun anderweitig
45
genutzt oder sogar veräußert werden können.
Die Angaben zu tatsächlich in der Praxis realisierten Kostensenkungen variieren stark, da auch die
Ausgangssituationen zumeist sehr unterschiedlich sind. Festzuhalten ist jedoch, dass die möglichen
46
Einsparpotentiale mit der Anzahl der dezentralen Einheiten zusammenhängen. Westerhoff spricht
39
In der Regel sind die zu beliefernden Einheiten des SSC an den konzerninternen Dienstleister auf Grund
einer Managemententscheidung gebunden. Nur in Ausnahmefällen wird davon abgewichen (vgl.
„Kundenorganisation, Wettbewerbsvergleich und Best-Practices“, S. 11).
40
Vgl. Westerhoff [2006], S. 60.
41
Vgl. Deloitte [2004], S. 4.
42
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 7.
43
Vgl. Westerhoff [2006], S. 61.
44
Wißkirchen [2001], S. 14.
45
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 14.
46
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 13.
9
10. beispielsweise von bis zu 50 % Einsparungen bei der Personalfunktion und zwischen 25 bis 30 % im Umfeld
47
der IT. Wißkirchen beruft sich hingegen darauf, dass es schwer sei, „seriöse Durchschnittszahlen für
48
Kostenreduzierungen zu nennen“ , tut dies jedoch trotzdem und hält 10-30 % für machbar, in
Sonderfällen bis zu 40 %, ohne dabei nach Branchen zu differenzieren. Nach einer Studie von A.T. Kearney
im Jahre 2004 rechnen europäische Unternehmen branchenübergreifend mit einer Kostensenkung von 18
% vor Einsatz eines SSC gegenüber der bisherigen Form der Leistungserbringung, bei der nach Einführung
durchschnittlich 14 % realisiert werden. 49
Campenhausen fügt diesen Überlegungen außerdem eine zeitliche Komponente bis zur Realisierung der
gesamten Kosteneinsparung, die in der Regel bei der operativen Geschäftseinheit und nicht im SSC
realisiert wird, hinzu. So beschreibt er, dass bei der Einführung eines SSC noch nicht sämtliche
Geschäftsprozesse standardisiert und optimiert worden sind und zumeist noch ein Standardortwechsel
aussteht, bevor das volle Potential ausgeschöpft werden kann (vgl. Abb. 21). 50
51
Abb. 7: Schrittweise Kosteneinsparungen durch Shared Services
In der gelebten Praxis ist jedoch zu beachten, dass die neue Preisgebung meist schon vor der Optimierung
der Geschäftsprozesse auf die neue Organisationsstruktur erfolgt, wodurch eine zügige Neugestaltung
52
sichergestellt wird (siehe auch „Exzellenz in der Transition und Transformation von Prozessen“, S. 14).
Dieselben Gründe sind weiterhin für eine Steigerung des Qualitätsniveaus in Bezug auf die erstellte
Leistung verantwortlich, dessen genaue Quantifizierung sich jedoch schwierig gestaltet, da geeignete,
direkte Indikatoren fehlen. Die Kunden-/ Lieferantenbeziehung und die Verrechnung erbrachter Leistungen
zu marktüblichen Preisen leisten ebenfalls einen Beitrag hierzu. Da die SSC (potentiell) in Konkurrenz zu
externen Anbietern am Markt stehen, spielen die Wünsche der zu beliefernden, operativen Einheit
(Kunde) eine wichtige Rolle, und der Dienstleister versucht diese in vollem Umfang zu erfüllen. 53 Des
Weiteren sorgt die Auslagerung von Funktionen in ein SSC für eine Entlastung von
47
Vgl. Westerhoff [2006], S. 57.
48
Wißkirchen [2001], S. 12.
49
Dressler [2007a], S. 39 und A.T. Kearney [2004].
50
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 89.
51
Quelle: Campenhausen, Rudolf [2000], S. 88.
52
Vgl. Westerhoff [2006], S. 65.
53
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 89.
10
11. Management-Kapazitäten in den operativen Einheiten, die zum Ausbau des Kerngeschäfts genutzt werden
54
können (siehe „Refokussierung auf Kernkompetenzen“, S. 11).
Refokussierung auf Kernkompetenzen
Durch die Auslagerung von Funktionsbereichen aus dezentralisierten Unternehmungen in ein
eigenständiges SSC, werden wie bereits genannt, Management-Ressourcen frei, da die Verantwortung für
die übertragende Leistung nun in den Händen der neuen Serviceeinheit liegt. Dies erlaubt eine
(Re-)Fokussierung auf das eigentliche Kerngeschäft des Unternehmens. Nichtsdestotrotz muss dabei
natürlich berücksichtigt werden, dass Schnittstellen zum SSC definiert und administriert werden müssen,
da die erbrachten Leistungen kontrolliert und fortwährend auf die Bedürfnisse in der dezentralisierten
Unternehmenseinheit angepasst werden müssen. Es gilt also, einen Ansprechpartner zu benennen und die
Zusammenarbeit zu managen. Dies steht in der Regel jedoch in keiner Relation zu den Kosten des
Managements eines kompletten Unternehmensbereiches.55
Standardisierung und Harmonisierung
Nach einer Studie von Deloitte ist unter deutschen Konzernen das Hauptargument für SSC in der
Standardisierung und Verbesserung von Geschäftsprozessen zu finden. 80 bis 90 % der Teilnehmer gaben
56
dies als wichtigsten Grund an, durch den das Potential dieses strategischen Ziels deutlich wird.
Die Standardisierung bewirkt die Schaffung von einheitlichen Schnittstellen zu den belieferten Einheiten
und die Anpassung von Prozessabläufen, so dass beispielsweise Durchlaufzeiten verringert werden. Damit
trägt sie, zusammen mit der Harmonisierung der genutzten Ressourcen, wesentlich zu den Zielen der
Kostenreduktion sowie der Qualitätssteigerung bei. Gleichzeitig ist Standardisierung generell nötig, um
diese Ziele zu erreichen. 57
Bei erfolgreicher Umsetzung wird es dem Konzern möglich, deutlich flexibler auf sich abzeichnende
Marktveränderungen zu reagieren, da das Management zentral im Shared Services Center ansetzen kann,
um die nötigen Anpassungen durchzuführen. Ein Gang durch die einzelnen dezentralisierten Einheiten ist
nun nicht länger nötig, sofern nur der gemeinsame Dienstleister isoliert betroffen ist. 58 Dem Controlling
wird zudem eine einfache Möglichkeit zur Kontrolle durch eine Standardisierung der Daten eingeräumt.
Erst durch diese Vergleichbarkeit ist es dem Controller möglich, aussagekräftige Kennzahlensysteme zu
59
entwickeln und anzuwenden sowie ein Risikomanagement aufzubauen.
Kritische Erfolgsfaktoren
Um die zuvor genannten strategischen Ziele zu erreichen, ist ein spezifisches Vorgehen erforderlich.
Die folgenden Erfolgsfaktoren nach Westerhoff zeigen diese auf und beschreiben deren Relevanz für
die Umsetzung eines Shared Services Center. Es handelt sich dabei konkret um:
• Kundenorganisation, Wettbewerbsvergleiche und Best-Practices,
• Standardisierung des Leistungsangebots,
• Vereinbarung von Performanzkriterien und klaren Berichtsstrukturen,
• Exzellenz in der Transition und Transformation,
• Rahmenbedingungen für eine hocheffiziente Leistungserbringung,
54
Vgl. Westerhoff [2006], S. 61.
55
Vgl. Westerhoff [2006], S. 61f, Wißkirchen [2001], S. 14 und Sommerwerck [2004].
56
Vgl. Hermes, Schwarz [2005], S. 104.
57
Vgl. Wißkirchen [2001], S. 14.
58
Vgl. Westerhoff [2006], S. 62.
59
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 89.
11
12. • Festlegung einer Governance-Struktur und die
• Berücksichtigung der Aspekte Personal und Kommunikation.
Kundenorganisation, Wettbewerbsvergleich und Best-Practices
Mit der Auslagerung von Leistungen in ein SSC gehen Dienstleister und die zu beliefernden Einheiten
ein Kunden-/ Lieferantenverhältnis ein. Charakteristisch dafür ist, dass Leistungen nur angefordert
und abgenommen werden, wenn sie in Art und Qualität den Ansprüchen des Kunden genügen und
zugleich im Wettbewerb, beispielsweise bezüglich des Marktpreises, bestehen können. 60
Denn wurden die Leistungen vormals zu Verrechnungspreisen verbucht, sollte es das Ziel des SSC sein,
ihren Kunden ihre Dienste zu marktüblichen Preisen anzubieten und ausschließlich tatsächlich in
Anspruch genommene Leistungen transparent abzurechnen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der
Leistung zu untersuchen, bietet es sich auf Kundenseite an, periodische Benchmarks durchzuführen. 61
Die Ergebnisse geben dem Kunden ein wichtiges Instrument an die Hand, um, bei künftigen
Vertragsverhandlungen mit dem internen Dienstleister, den Preis weiter Richtung Marktniveau zu
drücken. Die Folge dessen ist, dass SSC fortwährend unter den Druck geraten, ihre angebotenen
Leistungen auf Optimierungspotential bezüglich der Dimensionen Preis und Qualität hin zu
untersuchen sowie Best-Practices des Marktes umzusetzen. Um diesen Weg zu gehen, ist es nötig,
Transparenz in Bezug auf den in Rechnung gestellten Betrag zu schaffen und parallel dazu zu
analysieren, aus welchen Komponenten sich dieser in welcher Höhe zusammensetzt. So lässt sich im
nächsten Schritt der Vergleich mit externen Wettbewerbern suchen, wenn ein entsprechendes
Marktpreisniveau erreicht worden ist (siehe Abb. 8 am Beispiel einer IT-Funktion). 62
63
Abb. 8: Auf dem Weg zum Marktpreis
Kann der Dienstleister sein Preisniveau nicht dem Marktniveau anpassen, obliegt es dem
Konzernmanagement, ob die Bindung an den SSC-Dienstleister von den internen Kunden gelöst
werden darf. Ist dies der Fall, so steht es den operativen Einheiten frei, seinen Dienstleister frei auf
60
Vgl. Westerhoff [2006], S. 63 und Westerhoff [2006], S. 59.
61
Vgl. Niebuer, Schwerin [2006], S. 27.
62
Vgl. Niebuer, Schwerin [2006], S. 27ff.
63
Quelle: eigene, vereinfachte Darstellung von Niebuer, Schwerin [2006], S. 29.
12
13. dem Markt auszuwählen. Bei der Wahl hinderlich ist jedoch, dass das SSC zumeist mit einem
speziellen Know-how agiert, welches nur schwer gleichwertig von Externen erbracht werden kann,
64
wodurch die Wahlmöglichkeiten in der Praxis eingeschränkt werden.
Standardisierung des Leistungsangebots
Ein Shared Services Center besitzt den Auftrag, sein Leistungsangebot und die damit verbundenen
Produktionsprozesse so weit wie möglich zu standardisieren (vgl. „Standardisierung und
Harmonisierung“, S. 11). Zugleich agiert es als selbstständige Unternehmenseinheit im
Konzernverbund, wodurch eine Kunden-/ Lieferantenschnittstelle zwischen Dienstleister und
Leistungsabnehmer entsteht, mit dem Ziel, den Kundenbedarf an Leistung optimal zu decken. Daraus
kann resultieren, dass das Leistungsangebot breiter und tiefer ausfällt als im Sinne der
Standardisierung positiv wäre und Kosten- und Qualitätsziele nicht im vorher geplanten Umfang
realisiert werden können. 65
Ein SSC befindet sich also in einem Spannungsfeld zwischen Kostendruck und Kundenbefriedigung.
Hier ist das Management der Gesamtunternehmung gefragt, einen Rahmen zu schaffen und im
Zweifelsfall zu entscheiden, ob eine benötigte, spezialisierte Leistung mit Preisaufschlag oder
alternativ direkt in der belieferten Einheit selbst erbracht wird. 66
Vereinbarung von Performancekriterien und klare Berichtsstrukturen
Die Schaffung einer Kunden-/ Lieferantenschnittstelle zwischen operativer Geschäftseinheit und SSC
führt dazu, dass es nötig wird, Service Level Agreements einzuführen. Diese vertragliche Basis regelt
die Zusammenarbeit und definiert die zu erbringenden Leistungen durch das SSC. Darüber hinaus
muss dort jedoch nicht nur die Leistung an sich festgehalten werden, sondern eben auch deren
Beschaffenheit, die Qualität und eventuelle Abgabefristen. Westerhoff führt dazu ein Beispiel eines
Call Centers an, in dem sowohl festgeschrieben ist, wie lange ein Anrufer maximal auf einen
Gesprächspartner warten darf, als auch welche Quote erfolgreich bearbeiteter Anfragen erzielt
werden muss. 67
Um die erbrachten Leistungen im nächsten Schritt auch für beide Seiten nachprüfbar zu machen,
müssen Berichtsstrukturen geschaffen werden. Diese sollen die Frage beantworten können, ob die
Leistungen im vollen Umfang erbracht worden sind oder wo es noch Schwachstellen gibt bzw. die
Leistung nicht den Ansprüchen der operativen Einheit genügt. Die Berichte sind dann auch
Ausgangsbasis für (Nach-)Forderungen an das SSC in Form von monetärer Kompensation und einer
Fehlerdiagnose. 68
Des Weiteren wird die Abgabe der Verantwortung, für eine ehemals in der dezentralisierten Einheit
erbrachte Leistung, begleitet von dem Verlust von Kontrollmöglichkeiten über die
Produktionsprozesse und deren Output. Dadurch, dass eine Leistung nunmehr im SSC geschaffen
wird, obliegt die primäre Verantwortung nicht mehr dem Management der dezentralisierten Einheit
und damit den zukünftigen Kunden, sondern wird in der Regel ebenfalls an das SSC abgetreten. Dieser
Verlust an Einflussmöglichkeiten kann und muss kompensiert werden, damit eine dezentralisierte
Einheit weiterhin Informationen von Interesse und Wert erhält. Es gilt also auch hier,
64
Vgl. Niebuer, Schwerin [2006], S. 28.
65
Vgl. Westerhoff [2006], S. 63.
66
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 87 und Westerhoff [2006], S. 63.
67
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64.
68
Vgl.Westerhoff [2006], S. 64.
13
14. Reportingstrukturen aufzubauen, die dem Interesse des SSC-Kunden dienen.69 Um den Gedanken von
Westerhoff fortzuführen: Ein intern ausgelagertes Helpdesk-Call Center nimmt nicht nur
Supportanfragen der dezentralisierten Einheiten entgegen, sondern es berichtet auch an dessen
Management, wie viele Anfragen es gab und wo die Schwerpunkte liegen. Daraus kann dann
beispielsweise ein Schulungsbedarf bei Mitarbeitern abgeleitet werden. 70 Zudem lassen sich durch
geeignete Berichte transparente Belohnungssysteme für Mitarbeiter schaffen sowie Vergleiche mit
externen Wettbewerbern realisieren, um die eigene Performance zu messen und
71
Optimierungspotentiale aufzudecken.
Exzellenz in der Transition und Transformation von Prozessen
Die Übertragung der Verantwortung für das Erbringen einer Leistung, von der belieferten Einheit hin
72
zum SSC, und die Optimierung der Prozesse verläuft in zwei Phasen.
Die erste Stufe, die sogenannte Transition der Prozesse, kennzeichnet den Übergang der
Verantwortung zur Leistungserbringung an den neuen zentralen Dienstleister. Eine Adaption auf die
neuen Gegebenheiten in Form von Standardisierung und Harmonierung findet noch nicht statt. Ziel ist
es, diese Phase möglichst schnell und reibungslos abzuschließen, ohne dabei das operative Geschäft
der Kunden zu beeinträchtigen, was durch eine sorgfältige Planung im Vorfeld sichergestellt werden
kann. Durch den Übergang und die Schaffung der Kunden-/ Lieferantenschnittstelle, wird es
erforderlich Leistungen nunmehr nach Verbrauch abzurechnen, wodurch sich einzelne Routinen
zwangsläufig ändern. 73 Die Rechnungsstellung erfolgt dabei meist bereits zu einem Preis, der
eigentlich erst nach Abschluss der zweiten Phase, der Transformation, realisierbar ist. Somit agiert ein
SSC zu Beginn der Umwandlung in der Regel nicht kostendeckend. Die Einheit ist also gezwungen, die
Transition auch im eigenen Interesse möglichst zügig abzuschließen, um die Transformation hin zu
einem wettbewerbsfähigen Dienstleister zu beginnen. 74 Durch den neuen Preis der Leistung lässt sich
eine deutliche Kostensenkung bei den belieferten Einheiten feststellen, welche die Leistung nun
konzernintern beziehen anstatt sie selbst zu erbringen. Dies funktioniert allerdings erst
zufriedenstellend, nachdem die Prozesse beim Dienstleister optimiert, automatisiert und
standardisiert wurden. Daher kommt diesem Faktor, lt. Westerhoff und Hermes, die höchste Priorität
auf dem Weg zu Kosteneffizienz und Qualitätssteigerung zu. 75
Rahmenbedingungen für eine hocheffiziente Leistungserbringung
Das Organisationskonzept SSC ist von Beginn an darauf ausgelegt, so effizient wie möglich zu agieren,
um das Primärziel Kostenreduktion zu erreichen. Westerhoff merkt dazu an, dass man bei der
Einführung und Umsetzung des Dienstleisters nicht ausschließlich die Leistung an sich im Blick haben
solle. Denn Rahmenbedingungen wie Organisationsstruktur, Wahl des Standorts oder die eingesetzten
Ressourcen haben, seiner Meinung zufolge, einen wesentlichen Einfluss auf den Grad der Erreichung
der strategischen Ziele. 76
69
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64.
70
Eigenes Beispiel.
71
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 87 und Westerhoff [2006], S. 64.
72
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64.
73
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64.
74
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64.
75
Vgl. Westerhoff [2006], S. 64f und Hermes, Schwarz [2005], S. 115.
76
Vgl. Westerhoff [2006], S. 65.
14
15. Festlegung einer Governance-Struktur
Unter einem Governance-Rahmen (zu deutsch etwa Lenkungsrahmen) versteht man nach Westerhoff
die „Steuerung, Aufgabenverteilung und -zuordnung der an den Shared Services beteiligten Parteien“,
die sich in der Regel wie folgt darstellen: 77
78
Abb. 9: Die drei beteiligten Parteien und deren Wechselwirkungen
Notwendig wird ein solcher Rahmen, um das SSC im Sinne strategischer und operativer Interessen der
Gesamtunternehmung und der zu beliefernden Einheiten zu beeinflussen und auf einen Nenner zu
bringen. 79 Aus strategischer Sicht gilt es das Center auf eine Linie mit Unternehmenswerten, wie
Geschäftsmission, Renditezielen und CSR-Prinzipien, zu bringen. Aus operativer Sicht ist darauf zu
achten, dass die Kundenbedürfnisse der dezentralisierten Einheiten beachtet werden und, sofern
nötig, die Schnittstellen weiter auf die Bedürfnisse angepasst werden, um das erzielte Qualitätsniveau
fortwährend zu steigern. 80
In der Theorie existieren nach Westerhoff zwei Führungsmodelle (siehe Abb. 24), die jedoch in der
Praxis nicht in ihrer Reinform gelebt werden. Bedingt durch die jeweilige Unternehmenssituation
sowie Art und Komplexität der ausgelagerten Funktion muss ein Modell auf die spezifischen
81
Anforderungen gemünzt werden.
77
Westerhoff [2006], S. 65.
78
Quelle: eigene Darstellung nach Westerhoff [2006], S. 65.
79
Vgl. Campenhausen, Rudolf [2000], S. 85.
80
Vgl. Accenture [2007], S. 4.
81
Vgl. Westerhoff [2006], S. 66.
15
16. 82
Abb. 10: „Direktbeziehung mit Koordination“ und „Drei-Schichten-Modell“
Das Modell „Direktbeziehung mit Koordination“ wird dadurch charakterisiert, dass SSC und die zu
beliefernde Einheit in unmittelbarem Kontakt stehen, um Leistungsangebot und -bezug direkt
miteinander zu verhandeln, ohne dass es dabei einer übergreifenden Einheit bedarf. Diese wird nur
tätig, um das Wohl der Gesamtunternehmung zu sichern sobald es Handlungsbedarf sieht. Vorteilig
sind hier die kurzen Kommunikationswege zwischen SSC und belieferter Einheit, wodurch eine
optimale Berücksichtigung der Kundenwünsche gewährleistet ist. Als nachteilig darf der hohe
Aufwand bezeichnet werden, da das Center mit jedem einzelnen Kunden in Verhandlung treten muss,
wodurch Standardisierungspotentiale eingebüßt werden können. Als Resultat können dann
strategische Ziele, wie Kostensenkung und Qualitätssteigerung, nicht in vollem Umfang realisiert
werden. 83
Beim alternativen „Drei-Schichten-Modell“ werden Leistungserbringung und Governance voneinander
getrennt. Das SSC liefert zwar die erbrachten Leistungen direkt an die zu beliefernde Einheit und führt
mit dieser ein Berichtswesen (siehe „Vereinbarung von Performancekriterien und klare
Berichtsstrukturen“, S. 13); Vereinbarungen über die Art und Beschaffenheit der Leistung werden
jedoch in einer übergeordneten Unternehmenseinheit getroffen, die ihrerseits mit den zu
beliefernden Einheiten in Kontakt steht. Positiv ist hier anzuführen, dass das SSC deutlich bei der
Abstimmung von Leistungen entlastet wird, da nur mit einer Institution Verhandlungen geführt
werden müssen und so Standardisierung begünstig wird. Genau darin liegt jedoch auch ein negativer
Aspekt: Da das Center nicht in direktem Kontakt mit den zu beliefernden Einheiten steht, werden die
Möglichkeiten der Kunden-/ Lieferantenschnittstelle nicht ausgenutzt; spezielle Kundenwünsche
können nicht berücksichtigt werden. Der Koordinierungsaufwand wird lediglich auf die übergelagerte
Einheit übertragen und verringert sich letztlich nicht durch dieses Modell. 84
Berücksichtigung der Aspekte Personal und Kommunikation
Ein SSC führt zu einschneidenden Veränderungen, die sich nicht nur auf die Organisationsstruktur
beschränken. Neue, optimierte Geschäftsprozesse und damit verbundene Arbeitsabläufe sowie
externe Personalfreistellungen führen zu einem hohen Maß an Unsicherheit bei den betroffenen
Mitarbeitern. 85 Auch die Existenz zweier Vergütungssysteme kann dazu beitragen, da übernommene
82
Quelle: Westerhoff [2006], S. 67.
83
Vgl. Westerhoff [2006], S. 66.
84
Vgl. Westerhoff [2006], S. 66.
85
Vgl. Westerhoff [2006], S. 66f.
16
17. Mitarbeiter aus den dezentralisierten Einheiten in der Regel höher vergütet werden als neu
86
beschäftigtes Personal.
Eine gezielte Kommunikation seitens des Dienstleiters ist also nötig, um das Betriebsklima im Sinne
der Unternehmensinteressen zu beeinflussen. Dies sollte möglichst frühzeitig in Form von
Mitarbeiterversammlungen, Aushängen und der gezielten Ansprache der Mitarbeiter durch das
Management geschehen, da diese die Umsetzung im Wesentlichen tragen müssen. 87 Eine mangelnde
88
Unterstützung ist außerdem kritisch für das Gelingen der SSC-Unternehmung. Dabei sollen, bei
einem ganzheitlichen Kommunikationsansatz, neben Mitarbeitern auch Personal- und Betriebsrat
miteinbezogen werden, da die Einführung eines SSC und damit verbundene Effizienzziele zumeist mit
89
einer wesentlichen Reduktion von Stellen einhergehen.
86
Vgl. Lowag [1999], S. 38.
87
Vgl. Westerhoff [2006], S. 67.
88
Vgl. Niebuer, Schwerin [2006], S. 31.
89
Vgl. Hermes, Schwarz [2005], S. 115.
17
18. Literaturverzeichnis
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