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Do 30.12.2010
                                                   Gibt es etwas Männlicheres als Kajakfishing auf dem offenen Pazifik?
Hai‐Alarm 1                                        Schon beim Einbooten die ultimative Herausforderung: Schaffe ich es,
                                                   über die brechenden Brandungswellen zu paddeln, ohne dass es mich
                                                   grad wieder ans Ufer zurück spült?
                                                   "I did it!" schreie ich meinem local Fishingbuddy Phil Newman über die
                                                   Brandung hinweg euphorisch zu. Plötzlich rollt nochmals eine Welle
                                                   heran, den Kamm schon gefährlich weiss. Ich gebe alles, die Oberarme
                                                   brennen – im letzten Moment steche ich durch die Welle, die sich unter
                                                   meinem Kajak zu brechen beginnt.
                 Draussen ist es ruhiger, ein sanftes Auf und Ab. Jetzt heisst die grosse Frage: "Wo sind die Fische?" Phil
                 kennt sich auch nicht aus, er war erst einmal mit dem Kajak angeln und hat nichts gefangen. Wir angeln
                 nach dem System "Moeraki": schweres Grundblei, knapp darüber ein, zwei grosse Haken; eigentlich eine
                 überdimensionierte Dropshot‐Montage. Phil hängt Squid als Köder an den Haken, das ist Fleisch vom
                 Kalamar, und ich versuchs mit dem Fisch, den Lynn im Hafen gefangen hat.
                 Eine gute Stunde passiert nichts. Das vergisst man immer wieder, wenn man nach dem Trip mit dem Fang
                 prahlt: die meiste Zeit verbringt man mit "Leerangeln" (ausser natürlich auf geführten Trips). Das muss
                 man aushalten, sonst ist man nicht Angler. Ich döse vor mich hin. Wir paddeln herum, probierens hier und
                 da und langsam beginne ich zu frieren.
                 Plötzlich bin ich hellwach: ich spüre ganz feinen Fischkontakt. Der 30‐lb‐Silch überträgt das feine Zupfen in
                 20 Meter Tiefe via Rutenspitze in meine Hand. Das ist der absolute Flow‐Moment: Bringt man den Fisch
                 an den Haken? Ich warte einen kurzen Moment, bevor ich den Anhieb setze – und spüre das Zappeln in
                 der Tiefe. Jawoll: "Fish on!" rufe ich Phil zu. Ich kurble hoch und spüre: das kann nichts Riesiges sein. Es ist
                 ein Blue Cod, der leckere Speisefisch, von dem wir in Moeraki so viel gefangen haben.

Phil paddelt zu mir, um mir den Fisch abzunehmen (er hat mehr Platz im Kajak). Ich setze mit dem Filletierdolch den
Todesstich in den Kopf, so wie ich es bei den Lachsanglern im Hafen gesehen habe, und werfe den Fisch in Phils Kajak. Wir
angeln weiter.
                                                                                                                    Do 30.12.2010 / 1
Ich staune immer wieder: Nach dem ersten Fang – egal, wer im Team ihn
gezogen hat – ändert sich die psychische Qualität des Trips kategorial. Die
erwartungsvolle Nervosität ("fangen wir heute wohl etwas?") weicht einem
entspannten Glücksgefühl ("wir kommen nicht mit leeren Händen heim!").
Dieser grundsätzliche Stimmungswechsel findet nur zwischen Fisch null und
eins statt. Alle weiteren gefangenen Fische verstärken die Euphorie und den
Stolz, es tritt aber keine grundsätzlich andere Befindlichkeit mehr auf.
Kurz darauf habe ich einen grossen Red Cod am Haken; wieder ein "Fish on!"
in Richtung Phil. Ich spüre eine leichte Anspannung, als der Fisch neben
meinem Kajak im Wasser liegt: "Kann man den mit blossen Händen
anfassen?" Ja, der Red Cod hat wohl Zähne, aber keine stachlichen Flossen.
"Shit!": Als ich den Fisch vom Haken nehme und töten will, schlüpft er mir aus
der Hand und springt zurück ins Wasser. "Bugger!" ruft Phil.
Wir hören Moterengeknatter und drehen uns um. Der Zodiac mit den beiden
Coastguards brettert heran. "Bei euch Jungs alles in Ordnung?" fragen die
muskelbepackten Baywatcher. Sie hätten uns schon eine Weile hier draussen
beobachtet und wollten schnell mal nachschauen, ob wir Hilfe brauchen.
Nein, nein, meint Phil, aber Fische fangen dauert halt eine Weile. "Wisst ihr
Jungs zufällig, wo es hier ein Riff hat?" frage ich, bevor sie wieder abrauschen.
"Ja, ihr seid nicht weit davon entfernt. Etwa 20‐30 Meter ausserhalb der
Bojen, die das Hai‐Schutznetz markieren. Wow, was für ein Tipp. Jetzt
rappelts in der Kiste: Red Cod um Red Cod ziehen wir aus der Tiefe.
Auf einmal höre ich Phil rufen: "It's a bloody shark!" Schnell paddle ich zu ihm
hinüber und packe die Kamera aus. Was sollen wir mit dem Hai anfangen? Ich
fasse sicher keinen Hai mit blossen Händen an! Schwupp, schüttelt sich der
Räuber vom Haken und verschwindet in der Tiefe. "Problem solved!" meint
Phil lakonisch und wir paddeln mit vollem Kanister zurück. Als ich mit der
letzten Welle bis auf den Strand surfe, schreie ich vor Glück – ein perfekter
Trip.
                                                                                    Do 30.12.2010 / 2
Di 04.01.2011
Hai‐Alarm 2
Für unseren zweiten Kajaktrip haben wir nur zwei Stunden Zeit – Phil muss nachher zur Arbeit. Die See ist deutlich rauer als
beim ersten Mal. Aber der Erfolg vom letzten Mal verleiht uns Mut und Kraft. Und vor allem: Jetzt wissen wir, wo die Fische
hocken. Diesmal steche ich ohne mulmiges Gefühl durch die Brandungswellen. Zielstrebig paddeln wir zu den
Markierungsbojen, etwa 1 km ausserhalb der Brighton Beach und bestücken die Haken mit den bewährten "Baits".
Es vergehen keine 10 Minuten und ich kann den ersten Anhieb setzen. An meiner Leine rappelts und ziehts. Das muss etwas
Grösseres sein – und Kampfstarkes.
                                 EIN HAI! "Phil, ich brauche Hilfe mit meinem
                                 Sharky!" Ja, heute will ich ihn behalten. Mein
                                 Jägerinstinkt ist geweckt.
                                 Aber wie um alles in der Welt töte ich den Hai, der
                                 neben meinem Kajak am Haken zappelt? Ich sehe
                                 mich schon im Haischlund verschwinden! Zum
                                 Glück habe ich diesmal den Feumer dabei, den ich
                                 in Andys Werkstatt entdeckt habe. Und jetzt
                                 kommt der "Fishkiller" zum Einsatz, den ich gestern
                                 im Warehouse für 6 $ gekauft habe. Ein kurzer
                                 Stich durch den Schädel und der kleine Hai ist tot.
 Jetzt ist Phil am Drücker: er hat einen grossen Baracouta am Haken, den er aber
 wieder verliert. Und dann der krönende Abschluss: ein riesen Fisch, der Phils Rute
 nach unten spannt. Als der Fisch nach spannendem Drill auftaucht, staunen wir:
 Was ist das? Eine Art Barsch? "Keine Ahnung", meint Phil, "aber ich behalte ihn!"
 Später klären wir das Rätsel: Es ist ein Grouper, ein Speisefisch der edlen Sorte.
 Eine schöne Ausbeute für zwei Stunden. Gibt es ein schöneres Gefühl, als der Stolz
 der heimkommenden Fischer, die von ihren Frauen und Kindern mit grossem Hallo
 begrüsst werden?
                                                                                                                 Di 04.01.2011 / 1
Di 04.01.2011 / 2

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Hai-Alarm vor der Brighton Beach!

  • 1. Do 30.12.2010 Gibt es etwas Männlicheres als Kajakfishing auf dem offenen Pazifik? Hai‐Alarm 1 Schon beim Einbooten die ultimative Herausforderung: Schaffe ich es, über die brechenden Brandungswellen zu paddeln, ohne dass es mich grad wieder ans Ufer zurück spült? "I did it!" schreie ich meinem local Fishingbuddy Phil Newman über die Brandung hinweg euphorisch zu. Plötzlich rollt nochmals eine Welle heran, den Kamm schon gefährlich weiss. Ich gebe alles, die Oberarme brennen – im letzten Moment steche ich durch die Welle, die sich unter meinem Kajak zu brechen beginnt. Draussen ist es ruhiger, ein sanftes Auf und Ab. Jetzt heisst die grosse Frage: "Wo sind die Fische?" Phil kennt sich auch nicht aus, er war erst einmal mit dem Kajak angeln und hat nichts gefangen. Wir angeln nach dem System "Moeraki": schweres Grundblei, knapp darüber ein, zwei grosse Haken; eigentlich eine überdimensionierte Dropshot‐Montage. Phil hängt Squid als Köder an den Haken, das ist Fleisch vom Kalamar, und ich versuchs mit dem Fisch, den Lynn im Hafen gefangen hat. Eine gute Stunde passiert nichts. Das vergisst man immer wieder, wenn man nach dem Trip mit dem Fang prahlt: die meiste Zeit verbringt man mit "Leerangeln" (ausser natürlich auf geführten Trips). Das muss man aushalten, sonst ist man nicht Angler. Ich döse vor mich hin. Wir paddeln herum, probierens hier und da und langsam beginne ich zu frieren. Plötzlich bin ich hellwach: ich spüre ganz feinen Fischkontakt. Der 30‐lb‐Silch überträgt das feine Zupfen in 20 Meter Tiefe via Rutenspitze in meine Hand. Das ist der absolute Flow‐Moment: Bringt man den Fisch an den Haken? Ich warte einen kurzen Moment, bevor ich den Anhieb setze – und spüre das Zappeln in der Tiefe. Jawoll: "Fish on!" rufe ich Phil zu. Ich kurble hoch und spüre: das kann nichts Riesiges sein. Es ist ein Blue Cod, der leckere Speisefisch, von dem wir in Moeraki so viel gefangen haben. Phil paddelt zu mir, um mir den Fisch abzunehmen (er hat mehr Platz im Kajak). Ich setze mit dem Filletierdolch den Todesstich in den Kopf, so wie ich es bei den Lachsanglern im Hafen gesehen habe, und werfe den Fisch in Phils Kajak. Wir angeln weiter. Do 30.12.2010 / 1
  • 2. Ich staune immer wieder: Nach dem ersten Fang – egal, wer im Team ihn gezogen hat – ändert sich die psychische Qualität des Trips kategorial. Die erwartungsvolle Nervosität ("fangen wir heute wohl etwas?") weicht einem entspannten Glücksgefühl ("wir kommen nicht mit leeren Händen heim!"). Dieser grundsätzliche Stimmungswechsel findet nur zwischen Fisch null und eins statt. Alle weiteren gefangenen Fische verstärken die Euphorie und den Stolz, es tritt aber keine grundsätzlich andere Befindlichkeit mehr auf. Kurz darauf habe ich einen grossen Red Cod am Haken; wieder ein "Fish on!" in Richtung Phil. Ich spüre eine leichte Anspannung, als der Fisch neben meinem Kajak im Wasser liegt: "Kann man den mit blossen Händen anfassen?" Ja, der Red Cod hat wohl Zähne, aber keine stachlichen Flossen. "Shit!": Als ich den Fisch vom Haken nehme und töten will, schlüpft er mir aus der Hand und springt zurück ins Wasser. "Bugger!" ruft Phil. Wir hören Moterengeknatter und drehen uns um. Der Zodiac mit den beiden Coastguards brettert heran. "Bei euch Jungs alles in Ordnung?" fragen die muskelbepackten Baywatcher. Sie hätten uns schon eine Weile hier draussen beobachtet und wollten schnell mal nachschauen, ob wir Hilfe brauchen. Nein, nein, meint Phil, aber Fische fangen dauert halt eine Weile. "Wisst ihr Jungs zufällig, wo es hier ein Riff hat?" frage ich, bevor sie wieder abrauschen. "Ja, ihr seid nicht weit davon entfernt. Etwa 20‐30 Meter ausserhalb der Bojen, die das Hai‐Schutznetz markieren. Wow, was für ein Tipp. Jetzt rappelts in der Kiste: Red Cod um Red Cod ziehen wir aus der Tiefe. Auf einmal höre ich Phil rufen: "It's a bloody shark!" Schnell paddle ich zu ihm hinüber und packe die Kamera aus. Was sollen wir mit dem Hai anfangen? Ich fasse sicher keinen Hai mit blossen Händen an! Schwupp, schüttelt sich der Räuber vom Haken und verschwindet in der Tiefe. "Problem solved!" meint Phil lakonisch und wir paddeln mit vollem Kanister zurück. Als ich mit der letzten Welle bis auf den Strand surfe, schreie ich vor Glück – ein perfekter Trip. Do 30.12.2010 / 2
  • 3. Di 04.01.2011 Hai‐Alarm 2 Für unseren zweiten Kajaktrip haben wir nur zwei Stunden Zeit – Phil muss nachher zur Arbeit. Die See ist deutlich rauer als beim ersten Mal. Aber der Erfolg vom letzten Mal verleiht uns Mut und Kraft. Und vor allem: Jetzt wissen wir, wo die Fische hocken. Diesmal steche ich ohne mulmiges Gefühl durch die Brandungswellen. Zielstrebig paddeln wir zu den Markierungsbojen, etwa 1 km ausserhalb der Brighton Beach und bestücken die Haken mit den bewährten "Baits". Es vergehen keine 10 Minuten und ich kann den ersten Anhieb setzen. An meiner Leine rappelts und ziehts. Das muss etwas Grösseres sein – und Kampfstarkes. EIN HAI! "Phil, ich brauche Hilfe mit meinem Sharky!" Ja, heute will ich ihn behalten. Mein Jägerinstinkt ist geweckt. Aber wie um alles in der Welt töte ich den Hai, der neben meinem Kajak am Haken zappelt? Ich sehe mich schon im Haischlund verschwinden! Zum Glück habe ich diesmal den Feumer dabei, den ich in Andys Werkstatt entdeckt habe. Und jetzt kommt der "Fishkiller" zum Einsatz, den ich gestern im Warehouse für 6 $ gekauft habe. Ein kurzer Stich durch den Schädel und der kleine Hai ist tot. Jetzt ist Phil am Drücker: er hat einen grossen Baracouta am Haken, den er aber wieder verliert. Und dann der krönende Abschluss: ein riesen Fisch, der Phils Rute nach unten spannt. Als der Fisch nach spannendem Drill auftaucht, staunen wir: Was ist das? Eine Art Barsch? "Keine Ahnung", meint Phil, "aber ich behalte ihn!" Später klären wir das Rätsel: Es ist ein Grouper, ein Speisefisch der edlen Sorte. Eine schöne Ausbeute für zwei Stunden. Gibt es ein schöneres Gefühl, als der Stolz der heimkommenden Fischer, die von ihren Frauen und Kindern mit grossem Hallo begrüsst werden? Di 04.01.2011 / 1