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Nur Deutschland kann den Euro retten: Der letzte Akt
beginnt
(Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas)
Vorwort
In diesem Buch präsentieren die Autoren Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas eine
Alternative: einen kontrollierten Austritt aus dem Euro und eine Rückkehr zu national
souveränen Zentralbanken.
7. Kapitel – Was kann & was sollte die Linke tun?
Es wird auch wahrscheinlich viel Bargeld in Euro gehortet, wenn die Konfrontation mit der
EU an Härte gewinnt. Um die Auswirkungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich zu
halten, kann die Regierung unter Umständen kurzfristige Papiere (Scrip) ausgeben, die in
Euro ausgestellt sind. Diese Papiere würden unter Zwangsumlauf stehen, das heißt die
Regierung würde sie für Zahlungen im öffentlichen Sektor, auch für Steuern, zum
akzeptierten Zahlungsmittel erklären.
Eine linke Regierung dürfte sich als äußerst erfolgreich betrachten, wenn es ihr gelänge,
einen ausgehandelten (nicht konfrontativen) Austritt dieser Art zu abzusichern. Es wäre
denkbar, dass die EU diese Aussicht annehmbar fände, da ja das »Problemland« austreten
würde – mit der Folge, dass es dabei unweigerlich einige der Kosten übernähme und den
Rest der Währungsunion »gesünder« zurückließe. Ein Austritt könnte als der Preis
betrachtet werden, den Griechenland oder ein anderes Peripherieland für eine Abschreibung
seiner Schulden zu zahlen hätte.
Eine Erleichterung könnte es sein, wenn die EZB die Banken des Autrittslands noch für eine
gewisse Zeit mit Liquidität versorgen würde, vielleicht für sechs bis zwölf Monate. Eine
entscheidende Erleichterung für einen Austritt wäre die Stützung des Wechselkurses, um
einen Zusammenbruch zu vermeiden, bis das Land in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen.
Ein Ergebnis dieser Art wäre die bei weitem beste Lösung für die Peripherieländer, und sie
könnte auch für die EU selbst die unproblematischste sein.
Die Kreditgeber dürften kaum eine linke Regierung tolerieren, geschweige denn stützen, die
auf einer Abschreibung der Schulden und einer Aufgabe der Sparpolitik beharrt und die
Wirtschaftspolitik in eine gänzlich andere Richtung lenkt.
Folglich sollte eine Linksregierung auf einen konfrontativen Austritt vorbereitet sein, der
ebenfalls völlig machbar wäre, allerdings auch teuer.
Es ist wichtig, dass die Regierung deutlich macht, dass ihr der Austritt von der EU
aufgezwungen wird, weil diese sich weigert, annehmbare Bedingungen für einen
Schuldenschnitt und die Aufgabe der Sparpolitik zu akzeptieren.
Ein konfrontativer Austritt könnte auch von einer nationalistischen und autoritären
Regierung angestrebt werden, doch das hätte verheerende Folgen für die
Arbeitnehmer, weil er mit oppressiven politischen Maßnahmen verbunden wäre und
wahrscheinlich das Gros der Austrittskosten der Lohnarbeit und der Mittelklasse
aufbürden würde. Für eine linke Regierung sind die Sicherung ihrer politischen
Legitimität und die aktive Unterstützung durch das Volk für einen potenziellen
Austritt aus der Währungsunion Aufgaben, die umgehende politische Planung
erfordern.
8. Kapitel - Einen konfrontativen Austritt aus der Währungsunion bewältigen
Die folgenden Schritte dürften daher wichtig sein, wenn ein konfrontativer Austritt gelingen soll:
1. Es ist entscheidend, dass bereits Bank- und Kapitalkontrollen eingerichtet sind, wenn die
auf Euro ausgestellte Parallelwährung in Umlauf gebracht wird. Diese Maßnahmen können
während der laufenden Verhandlungen ergriffen werden, sie stärken so die Position einer linken
Regierung und erleichtern es, mit den Folgen des Austritts fertig zu werden. Ebenso sorgen sie für
Aufmerksamkeit, fördern die öffentliche Unterstützung und machen den Menschen die Probleme
bewusst, was für den Umgang mit dem Austritt von fundamentaler Bedeutung ist. Das ist das Beste,
was man sich an vorbereitenden Maßnahmen erhoffen kann.
Zu den unmittelbaren Problemen, die in der Folge auftreten werden, gehören
2. Redenominierung der Bilanz der nationalen Notenbank. Es wird eine juristische Beratung
nötig sein hinsichtlich der Verbindlichkeiten im Eurosystem sowie der
Notfallliquiditätshilfe. Zahlungsunfähigkeit ist für eine Notenbank eine weit komplexere
Angelegenheit als für eine reguläre Bank. Die nationale Zentralbank müsste mit neu
ausgegebenen Staatspapieren rekapitalisiert werden.
3. Redenominierung der Bilanzen der Geschäftsbanken. Verbindlichkeiten gegenüber der
Zentralbank können sofort geändert werden, ebenso wie Einlagen und unter inländischem Recht
abgeschlossene Kredite. Verbindlichkeiten nach ausländischem, inländischem und internationalem
Recht sollten jeweils zusammengefasst, isoliert und Schritt für Schritt behandelt werden. Eine
Struktur von »Good Banks« und »Bad Banks« muss geschaffen werden, und die Schulden der
Banken müssen einer sorgfältigen Revision unterzogen werden, um zu vermeiden, dass die
öffentlichen Kassen mit faulen Krediten befrachtet werden.
4. Redenominierung der Bilanzen der Unternehmen. Schulden unter ausländischem Recht
müssen gebündelt und vom Staat nach einer Revision garantiert werden. Staatlichen Hilfen
würden notwendig.
5. Redenominierung der Bilanzen der Haushalte. Einlagen, Hypotheken und andere
Schulden unter inländischem Recht müssen sofort redenominiert werden.
6. Die Redenominierungen können nach unterschiedlichen Sätzen berechnet werden,
vielleicht abhängig von der Höhe der Einlagen oder Schulden, um eine
Einkommensumverteilung zu bewirken und breiteren Schichten die Umstellung
schmackhaft zu machen. Die einfachste Lösung wäre es natürlich, durchgängig ein
Umtauschverhältnis von 1:1 zu wählen. Die Verwendung mehrerer Wechselkurse würde die
Komplexität erhöhen, aber auch eine Gelegenheit zur Umverteilung bieten.
7. Die Erfordernisse der Geldzirkulation könnten Schritt für Schritt von Banken abgedeckt
werden, die Liquidität in der neuen Währung erzeugen. In der ersten Phase werden jedoch
wahrscheinlich Euro-Banknoten gehortet, und es wird einige Zeit brauchen, Geldscheine der
neuen Währung zu drucken. Folglich sollte die Zirkulation einer Parallelwährung (nun in der
nationalen Währung denominiert) sofort ausgeweitet werden; ihr Wert wird bei
Transaktionen unter Dritten abnehmen, aber sie wird dennoch die notwendige Liquidität
bereitstellen.
8. Die neue Währung würde auf den internationalen Märkten erheblich abgewertet.
Diese Abwertung würde zu einem entscheidenden Hebel zur Rückgewinnung des
Inlandsmarktes und zur Ausweitung der Exporte. Viel wird davon abhängen, wie
einschneidend sie ausfällt. Die Fähigkeit, den Wechselkurs zu verteidigen, wäre auf
beträchtliche Zeit hin beschränkt, bis die Handelsbilanz positiv wird. Administrative
Maßnahmen und eine Bandbreite von Kapitalkontrollen würden notwendig. Es sollte
aber betont werden, dass die Bedingungen dafür in den meisten Peripherieländer 2014 weit
besser sind als noch 2010. Die gegenwärtigen Leistungsbilanzdefizite sind zumeist
geringer, weil die Importe aufgrund der Zerstörung der Wirtschaft im Lauf der
Rezession eingebrochen sind. Die Fähigkeit, den Wechselkurs zu verteidigen, ist folglich
deutlich größer.
9. Die Versorgung von Schlüsselmärkten – Medizin, Nahrung, Kraftstoff – dürfte
kurzfristig zu einem beträchtlichen Problem werden. Administrative Maßnahmen
werden sicherlich notwendig sein, um für die Industrie und die verwundbarsten
gesellschaftlichen Gruppen den Zugang zu Schlüsselgütern zu sichern. Doch
muss eine linke Regierung ja in jedem Fall energische administrative Schritte unternehmen,
um Grundgüter an die Bedürftigen zu verteilen, auch ohne Austritt aus der
Währungsunion. Außerdem ist bei praktisch ausgeglichener Leistungsbilanz die
Fähigkeit, für Importe zu zahlen, im Allgemeinen gegeben. Zu beachten ist auch, dass als
Folge des Einbruchs der Einkommen der Zugang zu Kraftstoff, Medizin & Nahrungsmitteln
bereits für breite Schichten der Arbeitnehmerschaft höchst prekär ist.
9. Kapitel - Die Demontage der Währungsunion
Je eher die Linke in ganz Europa erkennt, was auf dem Spiel steht, und realistische
Alternativen anbietet, desto besser für die europäischen Gesellschaften als Ganzes.
11. Kapitel - Ein alternativer Weg für Griechenland
Grafik 9 Quelle: IMF World Economic Outlook 2014; Berechnungen der Autoren
Ohne eine Änderung der gegenwärtigen Politik wird es 26 Jahre Sparpolitik brauchen,
damit Griechenland seine Verschuldung auf ein mit dem Maastricht-Vertrag im
Einklang stehendes Niveau senken kann.
12. Kapitel - Ein Hoffungsschimmer für Griechenland und Europa
Die Aussicht auf einen Austritt aus der Währungsunion ist weder furchteinflößend
noch unbeherrschbar, wie oben gezeigt. Es besteht allgemein eine tiefe und
drängende Notwendigkeit für Wandel in ganz Europa, um es von den Ketten des Euro zu
befreien.
Nachwort
„Der Zweck eines Ökonomiestudiums besteht nicht darin, eine Reihe fertiger Antworten
auf wirtschaftliche Fragen zu erhalten, sondern zu lernen, sich nicht von Ökonomen in die
Irre führen zu lassen.“ Joan Robinson

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  • 1. Nur Deutschland kann den Euro retten: Der letzte Akt beginnt (Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas) Vorwort In diesem Buch präsentieren die Autoren Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas eine Alternative: einen kontrollierten Austritt aus dem Euro und eine Rückkehr zu national souveränen Zentralbanken. 7. Kapitel – Was kann & was sollte die Linke tun? Es wird auch wahrscheinlich viel Bargeld in Euro gehortet, wenn die Konfrontation mit der EU an Härte gewinnt. Um die Auswirkungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, kann die Regierung unter Umständen kurzfristige Papiere (Scrip) ausgeben, die in Euro ausgestellt sind. Diese Papiere würden unter Zwangsumlauf stehen, das heißt die Regierung würde sie für Zahlungen im öffentlichen Sektor, auch für Steuern, zum akzeptierten Zahlungsmittel erklären. Eine linke Regierung dürfte sich als äußerst erfolgreich betrachten, wenn es ihr gelänge, einen ausgehandelten (nicht konfrontativen) Austritt dieser Art zu abzusichern. Es wäre denkbar, dass die EU diese Aussicht annehmbar fände, da ja das »Problemland« austreten würde – mit der Folge, dass es dabei unweigerlich einige der Kosten übernähme und den Rest der Währungsunion »gesünder« zurückließe. Ein Austritt könnte als der Preis betrachtet werden, den Griechenland oder ein anderes Peripherieland für eine Abschreibung seiner Schulden zu zahlen hätte. Eine Erleichterung könnte es sein, wenn die EZB die Banken des Autrittslands noch für eine gewisse Zeit mit Liquidität versorgen würde, vielleicht für sechs bis zwölf Monate. Eine entscheidende Erleichterung für einen Austritt wäre die Stützung des Wechselkurses, um einen Zusammenbruch zu vermeiden, bis das Land in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen. Ein Ergebnis dieser Art wäre die bei weitem beste Lösung für die Peripherieländer, und sie könnte auch für die EU selbst die unproblematischste sein. Die Kreditgeber dürften kaum eine linke Regierung tolerieren, geschweige denn stützen, die auf einer Abschreibung der Schulden und einer Aufgabe der Sparpolitik beharrt und die Wirtschaftspolitik in eine gänzlich andere Richtung lenkt.
  • 2. Folglich sollte eine Linksregierung auf einen konfrontativen Austritt vorbereitet sein, der ebenfalls völlig machbar wäre, allerdings auch teuer. Es ist wichtig, dass die Regierung deutlich macht, dass ihr der Austritt von der EU aufgezwungen wird, weil diese sich weigert, annehmbare Bedingungen für einen Schuldenschnitt und die Aufgabe der Sparpolitik zu akzeptieren. Ein konfrontativer Austritt könnte auch von einer nationalistischen und autoritären Regierung angestrebt werden, doch das hätte verheerende Folgen für die Arbeitnehmer, weil er mit oppressiven politischen Maßnahmen verbunden wäre und wahrscheinlich das Gros der Austrittskosten der Lohnarbeit und der Mittelklasse aufbürden würde. Für eine linke Regierung sind die Sicherung ihrer politischen Legitimität und die aktive Unterstützung durch das Volk für einen potenziellen Austritt aus der Währungsunion Aufgaben, die umgehende politische Planung erfordern. 8. Kapitel - Einen konfrontativen Austritt aus der Währungsunion bewältigen Die folgenden Schritte dürften daher wichtig sein, wenn ein konfrontativer Austritt gelingen soll: 1. Es ist entscheidend, dass bereits Bank- und Kapitalkontrollen eingerichtet sind, wenn die auf Euro ausgestellte Parallelwährung in Umlauf gebracht wird. Diese Maßnahmen können während der laufenden Verhandlungen ergriffen werden, sie stärken so die Position einer linken Regierung und erleichtern es, mit den Folgen des Austritts fertig zu werden. Ebenso sorgen sie für Aufmerksamkeit, fördern die öffentliche Unterstützung und machen den Menschen die Probleme bewusst, was für den Umgang mit dem Austritt von fundamentaler Bedeutung ist. Das ist das Beste, was man sich an vorbereitenden Maßnahmen erhoffen kann. Zu den unmittelbaren Problemen, die in der Folge auftreten werden, gehören 2. Redenominierung der Bilanz der nationalen Notenbank. Es wird eine juristische Beratung nötig sein hinsichtlich der Verbindlichkeiten im Eurosystem sowie der Notfallliquiditätshilfe. Zahlungsunfähigkeit ist für eine Notenbank eine weit komplexere Angelegenheit als für eine reguläre Bank. Die nationale Zentralbank müsste mit neu ausgegebenen Staatspapieren rekapitalisiert werden. 3. Redenominierung der Bilanzen der Geschäftsbanken. Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank können sofort geändert werden, ebenso wie Einlagen und unter inländischem Recht abgeschlossene Kredite. Verbindlichkeiten nach ausländischem, inländischem und internationalem Recht sollten jeweils zusammengefasst, isoliert und Schritt für Schritt behandelt werden. Eine Struktur von »Good Banks« und »Bad Banks« muss geschaffen werden, und die Schulden der Banken müssen einer sorgfältigen Revision unterzogen werden, um zu vermeiden, dass die öffentlichen Kassen mit faulen Krediten befrachtet werden. 4. Redenominierung der Bilanzen der Unternehmen. Schulden unter ausländischem Recht müssen gebündelt und vom Staat nach einer Revision garantiert werden. Staatlichen Hilfen würden notwendig. 5. Redenominierung der Bilanzen der Haushalte. Einlagen, Hypotheken und andere Schulden unter inländischem Recht müssen sofort redenominiert werden. 6. Die Redenominierungen können nach unterschiedlichen Sätzen berechnet werden,
  • 3. vielleicht abhängig von der Höhe der Einlagen oder Schulden, um eine Einkommensumverteilung zu bewirken und breiteren Schichten die Umstellung schmackhaft zu machen. Die einfachste Lösung wäre es natürlich, durchgängig ein Umtauschverhältnis von 1:1 zu wählen. Die Verwendung mehrerer Wechselkurse würde die Komplexität erhöhen, aber auch eine Gelegenheit zur Umverteilung bieten. 7. Die Erfordernisse der Geldzirkulation könnten Schritt für Schritt von Banken abgedeckt werden, die Liquidität in der neuen Währung erzeugen. In der ersten Phase werden jedoch wahrscheinlich Euro-Banknoten gehortet, und es wird einige Zeit brauchen, Geldscheine der neuen Währung zu drucken. Folglich sollte die Zirkulation einer Parallelwährung (nun in der nationalen Währung denominiert) sofort ausgeweitet werden; ihr Wert wird bei Transaktionen unter Dritten abnehmen, aber sie wird dennoch die notwendige Liquidität bereitstellen. 8. Die neue Währung würde auf den internationalen Märkten erheblich abgewertet. Diese Abwertung würde zu einem entscheidenden Hebel zur Rückgewinnung des Inlandsmarktes und zur Ausweitung der Exporte. Viel wird davon abhängen, wie einschneidend sie ausfällt. Die Fähigkeit, den Wechselkurs zu verteidigen, wäre auf beträchtliche Zeit hin beschränkt, bis die Handelsbilanz positiv wird. Administrative Maßnahmen und eine Bandbreite von Kapitalkontrollen würden notwendig. Es sollte aber betont werden, dass die Bedingungen dafür in den meisten Peripherieländer 2014 weit besser sind als noch 2010. Die gegenwärtigen Leistungsbilanzdefizite sind zumeist geringer, weil die Importe aufgrund der Zerstörung der Wirtschaft im Lauf der Rezession eingebrochen sind. Die Fähigkeit, den Wechselkurs zu verteidigen, ist folglich deutlich größer. 9. Die Versorgung von Schlüsselmärkten – Medizin, Nahrung, Kraftstoff – dürfte kurzfristig zu einem beträchtlichen Problem werden. Administrative Maßnahmen werden sicherlich notwendig sein, um für die Industrie und die verwundbarsten gesellschaftlichen Gruppen den Zugang zu Schlüsselgütern zu sichern. Doch muss eine linke Regierung ja in jedem Fall energische administrative Schritte unternehmen, um Grundgüter an die Bedürftigen zu verteilen, auch ohne Austritt aus der Währungsunion. Außerdem ist bei praktisch ausgeglichener Leistungsbilanz die Fähigkeit, für Importe zu zahlen, im Allgemeinen gegeben. Zu beachten ist auch, dass als Folge des Einbruchs der Einkommen der Zugang zu Kraftstoff, Medizin & Nahrungsmitteln bereits für breite Schichten der Arbeitnehmerschaft höchst prekär ist. 9. Kapitel - Die Demontage der Währungsunion Je eher die Linke in ganz Europa erkennt, was auf dem Spiel steht, und realistische Alternativen anbietet, desto besser für die europäischen Gesellschaften als Ganzes. 11. Kapitel - Ein alternativer Weg für Griechenland
  • 4. Grafik 9 Quelle: IMF World Economic Outlook 2014; Berechnungen der Autoren Ohne eine Änderung der gegenwärtigen Politik wird es 26 Jahre Sparpolitik brauchen, damit Griechenland seine Verschuldung auf ein mit dem Maastricht-Vertrag im Einklang stehendes Niveau senken kann. 12. Kapitel - Ein Hoffungsschimmer für Griechenland und Europa Die Aussicht auf einen Austritt aus der Währungsunion ist weder furchteinflößend noch unbeherrschbar, wie oben gezeigt. Es besteht allgemein eine tiefe und drängende Notwendigkeit für Wandel in ganz Europa, um es von den Ketten des Euro zu befreien. Nachwort „Der Zweck eines Ökonomiestudiums besteht nicht darin, eine Reihe fertiger Antworten auf wirtschaftliche Fragen zu erhalten, sondern zu lernen, sich nicht von Ökonomen in die Irre führen zu lassen.“ Joan Robinson