1. Webwissenschaft(en)?
Versuch einer Einordnung im Rahmen des
Propädeutikums Webwissenschaften 2014.
H. Mittendorfer, September 2014
Universität Linz.
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2. Was ist Webwissenschaft?
• Kann aus den Webwissenschaften eine
eigenständige Wissenschaft extrahiert werden?
• Oder handelt es sich um ein System
kooperierender Wissenschaften?
• Oder trifft vielleicht beides zu?
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3. Warum die „Wissenschaftstheorie für
Wirtschaftswissenschaften“
nach Kornmeier 2007?
..weil die Wirtschaftswissenschaften seit Anbeginn mit
anderen Wissenschaften in einer
Mittel-Zweck-Beziehung stehen und namhafte
Überschneidungen zu sogenannten Schwester- oder
Nachbarwissenschaften aufweisen.
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4. Wissenschaft nach
Kornmeier ist:
1. „Der Prozess zum Erkenntnisgewinn“
2. „Eine Institution aus Menschen und Objekten“
(Organisationen, Anm.)
3. „Der Erkenntnisgewinn“ (Das Ergebnis aus 1. und
2. Anm.)
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5. Anwendungsbezug
• „Es besteht ein enger Bezug zwischen Forschung
und Lehre“ (Kornmeier 2007). Grundlage einer
forschungsgeleiteten Lehre.
• „Anwendung hervorgegangener Erkenntnisse auf
konkrete Vorgänge in der Praxis“ (ebenda). Hinweis
auf eine anwendungs-, fall- oder
phänomenbezogene Forschung.
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6. Das „Web“: Objekt der
Webwissenschaften
Das Web, 1989 von Berners-Lee
als Nebenprodukt seiner damals
„eigentlichen Arbeit“ in der
Forschungseinrichtung CERN
entwickelt “... my boss said, I can
do it on aside” (Berners-Lee,
2009), war als Anwendung für
hypertextuelles, paralleles
Dokumentieren gedacht. Mit dem
ursprünglich entwickelten Web
sollte kollaboratives, vernetztes
Arbeiten erleichtert und ein
einfaches Austauschen verteilter
Dokumente verbessert werden.
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7. Die Disziplinen der
Webwissenschaften..
.. scharen sich um das gemeinsame Phänomen
„Web“, welches in ihre angestammten Gegenstände
namhaft und unübersehbar eingedrungen ist. Dieses
Phänomen ist ursprünglich „nur“ als Technologie
wahrgenommen worden.
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8. Inter- bzw.
Transdisziplinarität
„Es gibt Methoden, die in vielen
Wissenschaften Anwendung
finden und Gegenstände
(Objekte), die in vielen
Wissenschaften auftauchen“.
(Kornmeier 2007).
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Das Web
9. Zur
Mittel-Zweck-Beziehung
Betrachtet man die ehemalige Betriebsinformatik als
eine der Wurzeln der Webwissenschaften, so war das
Verhältnis zwischen den Zielen der Betriebs-wirtschaftslehre
und der Informatik als Mittel-Zweck-
Beziehung konzipiert, in der die Betriebs-wirtschaftslehre
an der Spitze der Hierarchie
angesiedelt war. Die Betriebswirtschaftslehre hatte
versucht, die Informatik zu instrumentalisieren.
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10. Mittel-Zweck-Umkehr
Viele Prozesse in der betrieblichen Praxis erweckten
jedoch den Eindruck, dass die Triebfeder und der
Ausgangspunkt für die Einführung betrieblicher EDV-Systeme
(Computer) vielmehr in den Fortschritten der
Informatik zu suchen waren, als in Modellen der
Betriebswirtschafts- bzw. Organisationslehre.
Beispiel: Vom Belegfluss zum Workflow.
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11. Lösung: oszillierende
Dominanz der Disziplinen
Die oszillierende Dominanz in
den Mittel-Zweck-Beziehungen,
sowie die Gleichbewertung der
„Schwester-Disziplinen“ in den
Webwissenschaften bilden ein
grundlegendes Kooperations-modell.
Abbildung
M.C. Escher 1957: Mosaic II.
Was ist Vorder-, was
Hintergrund?
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12. Das aktuelle Web..
..ist zur umfassenden Technologie migriert, die
beinahe alle Anwendungsbereiche der ehemaligen
“Datenverarbeitung und Telekommunikation bzw.
Telematik” für alle Endgeräte (PC, Laptop, Netbook,
Tablet, Smartphone, Wearable) bzw. Benutzer-schnittstellen
abdeckt und mit der Maschine-zu-
Maschine Kommunikation integriert. Die Entwicklung
der Mobilkommunikation beschleunigt den Aus-dehnungs-
bzw. Integrationsprozess.
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13. Sicht auf das Ganze
Die Webwissenschaften sind auf
Inter- bzw. Transdisziplinarität
angewiesen und nicht auf Aus- und
Abgrenzung. Die Einzel-wissenschaften
betrachten ein- und
dasselbe Phänomen aus
unterschiedlichen Perspektiven.
Das Web kann nur - wenn
überhaupt – hinreichend
verstanden werden, wenn es als
interdisziplinäres Phänomen
verstanden wird.
Die Webwissenschaften können
keine „HTTP-Wissenschaften“ sein.
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Hofstadter D. 1985, Titelblatt Teil I
14. Phänomenologie
„Um das Web in seinem Wesen zu verstehen, muss
eine Phänomenologie des Webs entwickelt werden.“
(Volpers 2010).
„Neue Phänomene sind dabei besonders durch die
Zielgruppen erklärbar.“ (ebenda)
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15. Was kennzeichnet die
Webwissenschaften?
Die Einzelwissenschaften bleiben bestehen, doch die Phänomene
und Forschungsziele verbinden. Die Theoriebildung formt sich an
den gestellten intradisziplinären Forschungsfragen.
Neue Phänomene sind dabei besonders durch die Zielgruppen
erklärbar.
Der transdisziplinäre Forschungsprozess ist von wechselnder
Dominanz einzeldisziplinärer Sichtweisen gekennzeichnet.
Die Systemgrenzen zwischen den Disziplinen sind nicht scharf
abgegrenzt. An ihnen entwickeln sich möglicher Weise neue
Methoden und vor allem Begriffssysteme.
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16. Studienzweige der
Webwissenschaften an der JKU
• Social Web
• Web Art & Design
• Web Business & Economy
• Web Engineering
• Web und Recht
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17. Und die Webwissenschaft?
Ausgehend vom Fokus auf die Systemgrenzen, den
Kommunikations- und Organisationsprozessen
zwischen den Forschungs- und Lehrvorhaben der
einbezogenen Disziplinen, kann der Spekulation auch
auf eine singuläre Webwissenschaft zum Ausdruck
verholfen werden, welche sich methodisch wie
kommunikativ/organisierend um den deutlich höheren
Integrationsgrad der transdisziplinären, (als der
interdisziplinären) Webwissenschaften kümmert.
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18. Beispiel Antikythera
Seit 1903 beforscht, erst 2012 im transdisziplinären
Projekt „Antikythera Mechanism Project“ gelöst.
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19. Quellen
• Kornmeier M. 2007: Wissenschaftstheorie und
Wissenschaftliches Arbeiten, Eine Einführung für
Wirtschaftswissenschafter, Heidelberg 2007
• Hofstadter D. 1985: Gödel, Escher, Bach, ein
Endloses Geflochtenes Band, Stuttgart 1985
• Scherfer K. 2010: Webwissenschaft - Eine
Einführung, Berlin 2010
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