Social Media Lehrgang, SMI Köniz, Daniel Krebser, April 2012
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1. crowd
souRcing
BusinessVALUE24
widmet Crowdsourcing ein Themen-
special und beleuchtet in dieser Serie die
Ursprünge, Chancen und Risiken des Trends
Lesen Sie jede Woche mehr auf BusinessVALUE24:
www.businessvalue24.de
3. Inhalt
Crowdsourcing • Viele Köche und ein
Einheitsbrei?
Zukunftstrend oder Arbeitsplatzvernichtung?
Crowdsourcing ist umstritten.
S. 3
Wie der kunde arbeiten lernt
Beim Crowdsourcing wird der Konsument zum
„arbeitenden Kunden“ „Es ist ein neues Feld
.
von Arbeit, und es ist nicht immer spaßig.“
S. 6
Fleissige Könige • Über die Kunst den
Kunden zur Mitarbeit anzuregen
Crowdsourcing ist derzeit in aller Webmunde.
Doch wie bekomme ich König Kunde dazu für
mich zu arbeiten?
S. 9
"Wir stellen einen Bastelbogen
ins Internet"
Der Verbraucher als Designer: Bei der Plattform
„unserAller“ entwerfen Facebook-Mitglieder
lauter neue Produkte.
S. 12
"Bei Mass Customization die
Auswahl nicht übertreiben!"
Der Salzburger Marketingprofessor Prof. Domi-
nik Walcher warnt vor den Fallstricken der Mass
Customization.
S. 15
2
6. besten Ergebnissen eines Designwettbewerbs ist und wie die Crowd in die Wertschöpfung
können die User am Ende wiederum ihren Fa- einbezogen werden soll. Das funktioniert nur
voriten wählen. mit qualifizierten Mitarbeitern. Da sind noch
zwei ganz generelle Kritikpunkt: Geben Unter-
Daneben gibt es noch weitere Spielarten von nehmen nicht die Fäden aus der Hand? Und:
Crowdsourcing mit klangvollen Namen wie Kommt bei vielen Köchen nicht ein Einheitsbrei
Mass Customization, Open Innovation oder heraus?
Crowdfunding. Bei Mass Customization verei-
nen sich die Vorteile von Massenproduktion mit Erfahren Sie in den nächsten Wochen mehr auf
denen von Einzelanfertigung. Ein gern zitiertes BusinessVALUE24.
Beispiel ist „MyMuesli“ ein deutsches Start-
,
up Unternehmen. Kunden können aus einer
Vielzahl von Zutaten - von einfachen Hafer-
flocken bis hin zu Gummibärchen - genau die
auswählen, die sie am liebsten in ihrem Müsli
essen möchten. Open Innovation arbeitet an-
ders: Hier suchen Unternehmen mit der Inter-
netgemeinde nach starken Ideen, Einsparpo-
tenzialen in der Produktion oder Lösungen für
komplizierte Probleme. So können Organisa-
tionen auf einen riesigen Wissenspool zugrei-
fen. Wieder ein anderes Ziel verfolgt Crowd-
funding. Das Wort setzt sich zusammen aus
Crowd und Funding, also Finanzierung oder
Mittelbeschaffung. Damit ist das Konzept auch
schon auf den Punkt gebracht: Beim Crowd-
funding geben viele Menschen (meist kleinere)
Geldbeträge, um ein Projekt zu unterstützen.
Meist sind es künstlerische oder soziale Vorha-
ben, die auf Plattformen wie SellaBand oder
Betterplace gefördert werden.
Angst um Arbeitsplätze
Trotz der vielen Vorteile ist Crowdsourcing nicht
unumstritten. Kritiker befürchten Arbeitsplatz-
vernichtung. Sie bemängeln aber auch, dass
die Arbeit der User nicht angemessen entlohnt
werde und Kunden ausgebeutet würden. Auch
die Frage, wem die Urheberrechte der entwi-
ckelten Produkte gehören oder wer bei Mar-
kenrechtsverletzungen verantwortlich ist, ist
häufig strittig. Crowdsourcing eignet sich da-
rüber hinaus nicht für jede Aufgabenstellung.
Einem Projekt geht eine intensive Planungs-
phase voraus, die klären muss, ob die Ein-
beziehung der User im speziellen Fall sinnvoll
ist, Es muss ein Konzept geben, was das Ziel
5
9. arbeitenden Kunden binden“ sagt der So-
,
ziologe.
Der Digital Divide
Auch für Konsumenten habe Crowdsourcing
Vor- und Nachteile. Etwas selbst erledigen
zu können, stärkt das Selbstbewusstsein
und spart zudem Zeit und Geld. Allerdings
könne sich der sogenannte digital divide
böse auswirken, so Voß. Damit die Kunden
überhaupt mitarbeiten können, brauchten
sie die passende Ausrüstung, Qualifikation
und Zeit. „Menschen, die den Anforderun- Werden Sie
gen nicht gewachsen sind, müssen teilweise Gastautor!
mehr für analogen Service zahlen. Es gibt
eine Spaltungslinie zwischen denen, die es
können, und denjenigen, die es nicht kön-
nen.“ Unter den ganz jungen Menschen ent-
stehe gerade eine Generation, die es nicht
anders kenne. Ähnlich wie wir uns heute die
Selbstbedienung nicht mehr wegdenken
könnten. „Die Rolle des Kunden ändert sich,
es ist aber noch nicht klar, was daraus folgt.
Es ist ein Lernprozess.“
Professor Günter Voss lehrt an der
Technischen Universität Chemnitz.
Er erforscht unter anderem das Verhält-
nis von Produktion und Konsum. Dabei
untersucht er beispielsweise, wie Unter-
nehmen mit Hilfe neuer Medien, etwa
dem Web 2.0, private Arbeit und Kom-
petenzen nutzen.
Für unser nächstes Special „Die Welt in
3D - Wie die Technik Werbung und Ver-
marktung verändern wird“ suchen wir
noch spannende Texte.
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bis zum 31.07.2011
einfach an:
redaktion@businessvalue24.de!
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11. im Zusammenhang mit Crowdsourcing. Ein
einfaches Reiz-Reaktions-Denken ist dabei
Stichwort allerdings nicht ausreichend. Da man es mit
Motivation Menschen zu tun hat, die aktiv, wandelbar und
nicht unbedingt immer rational agieren, verhält
sich nun einmal jeder in einer bestimmten Situ-
ation anders. Generelle Ratschläge die immer
zum gleichen Ergebnis führen, können daher
nicht gegeben werden.
Grundsätzlich müssen gewisse Anreize für
den Beitritt zu einer Community oder einem
Crowdsourcing-Projekt geschaffen werden.
Das Ganze fängt bereits bei der Bekanntma-
chung einer Community an. Ist ein User auf der
Internetseite gelandet, sollte er sehen, was ei-
nem Mitglied für Möglichkeiten geboten wer-
den, die ihm als bloßem Besucher verwehrt
bleiben. Er muss motiviert und überzeugt wer-
den, dass die Community ihm einen Mehrwert
bieten kann. Nur so werden neue Mitglieder
gewonnen.
Doch damit ist die Arbeit seitens des Unter-
nehmens nicht getan. Durchschnittlich müssen
Motivation ist der innere Antrieb ein Ziel über 90 Prozent der Mitglieder zusätzlich an-
zu verfolgen oder eine Handlung auszu- gesprochen und motiviert werden um aktiv tä-
führen. tig zu sein. Wie bereits erwähnt, unterscheiden
sich Personen hinsichtlich ihrer Beitritts- und
Die Motivationstheorie unterscheidet Teilnahmemotive an einer Community.
zwischen intrinsischer und extrinsischer
Motivation: Die Kenntnis dieser Beweggründe ist nun von
entscheidender Bedeutung. Sind die Motive
Extrinsisch bedeutet, dass man etwas tut, erst einmal identifiziert, ist es ein Leichtes, die
weil es einen äußeren Zweck hat. Die richtigen Anreize für die unterschiedlichen Ziel-
Menschen beteiligen sich etwa an einem gruppen zu setzen.
Crowdsourcing Projekt, weil sie eine Ge-
genleistung erwarten. Das ist immer der Im Allgemeinen nehmen Personen an Crowd-
Fall, wenn es zum Beispiel Prämien oder sourcing-Communities und Projekten teil, da
eine Entlohnung gibt. sie durch die Partizipation ihre sozialen Be-
Intrinsisch ist eine Motivation dann, wenn dürfnisse befriedigt sehen. Sie suchen nach
ein Individuum aus sich heraus nach et- sozialer Anerkennung, Aufmerksamkeit und
was strebt. Die Ziele werden dann um ih- Wahrnehmung durch andere Menschen. Aber
rer selbst Willen verfolgt, etwa aus purem auch Spaß, Stolz und das Gefühl gebraucht
Spaß heraus. Äußere Belohnungsanreize zu werden beziehungsweise etwas zu leisten,
spielen bei der intrinsischen Motivation spielen eine Rolle. Diese sozialen und intrinsi-
keine Rolle. schen Motive können als Basismotive
10
15. So erhalten wir ein in sich kohärentes Konzept. deshalb ist das auch ein bisschen mein Pro-
Das ist auch deshalb wichtig, weil so die ge- dukt“ Deswegen heißen wir ja auch unserAller
.
samte Community das Gefühl hat, dass sie - quasi unser aller Produkte. Dadurch wollen
überall mitgemacht hat. Außerdem ist es bei unsere User auch wissen, was mit den Produk-
uns nicht ein einzelner, der am Ende „gewinnt“, ten passiert, ob das Unternehmen die Ideen
sondern es werden ganz viele Einzelentschei- auch ernst nimmt und umsetzt. Ich kann Ihnen
dungen getroffen, in die immer viele Menschen ein Beispiel nennen: Das von uns kreierte Egi-
involviert sind. Öl ist vor kurzem auf den Markt gekommen.
Wir haben auf auf Facebook gepostet, dass
BusinessVALUE24: Geben die Unternehmen das Öl auf der Lebensmittel Messe „Slow-
den gesamten Prozess der Produktentwicklung Food“ in Stuttgart erstmalig vorgestellt wird.
an die Community ab? Einige unserer Mitglieder sind tatsächlich nach
van Delden: Es gibt vor jeder Abstimmung ein Stuttgart gefahren und haben sich auf der
Review durch die Unternehmen, in der geprüft Messe das Produkt angeschaut. Da erfahren
wird, ob Ideen zur Auswahl stehen, die für un- wir eine große Identifikation mit dem Produkt.
seren Auftraggeber nicht umsetzbar sind. Das Ich denke, der Hauptgrund liegt darin, dass
ist von der Community auch akzeptiert. Man alle mitgemacht haben.
kann vorher nicht immer wissen, ob die Din-
ge auch technisch machbar sind. So haben BusinessVALUE24: Wie motivieren Sie ihre
die Unternehmen immer die Möglichkeit ein- Community?
zugreifen. Das Ergebnis passt am Ende zur van Delden: Wir hatten beim Bau der Plattform
Firmenstrategie und den Produktionsmöglich- geplant, dass die beteiligten User am Ende auf
keiten. das neue Produkt Rabatte erhalten, das Pro-
dukt geschenkt kriegen oder auch mitverdie-
BusinessVALUE24: Das Sprichwort „Viele Köche nen können - wie etwa bei der Badebombe.
verderben den Brei“ wird gern im Zusammen- Das sollte die Motivation sein sich zu beteili-
hang mit Crowdsourcing als Gegenargument gen. Was wir dann aber festgestellt haben ist,
aufgeführt. Wie schaffen Sie es, dass so viele dass die Selbermachpäckchen die eigentliche
Menschen gemeinsam zu einer Entscheidung Motivation sind. Die Leute haben Spaß daran,
kommen? zuhause ihre eigenen Produkte herzustellen, zu
van Delden: Ich denke, dass der Kern der Lö- basteln und auszuprobieren. Das ist fast wie
sung in unserer Plattform liegt. Die Prozesse, ein Spiel.
die Teilnahmemöglichkeiten und die Rahmen-
bedingungen werden so geschaffen, dass das
Ergebnis, zu dem die Community kommt, nicht
nur Mittelmaß ist. Man hat ja immer ein biss-
chen die Sorge, dass das Ergebnis bei demo-
kratischen Abstimmungen nur mittelmäßig ist,
was dann am Ende keiner mehr gut findet. Lesen Sie das vollständige Interview auf
BusinessVALUE24:
BusinessVALUE24: Es vergeht ein längerer Zeit- > Link zum vollständigen Interview
raum von der Planung eines Produktes bis es
endlich im Laden steht. Sind die Mitglieder von
unserAller nach Monaten noch an den Ergeb- Kontakt zu unserAller:
nissen interessiert? www.unseraller.de
van Delden: Auf jeden Fall. Unsere Mitglieder info@unseraller.de
haben das Gefühl „Ich habe da mitgemacht,
14
18. innovativ zu wirken? Ist das geklärt, kann man Fragen, die sich hier stellen sind etwa: Wie ist
die nächsten Schritte in drei große Blöcke un- die Navigation aufgemacht? Wie ist der Kom-
terteilen: Der erste ist der Solution Space. Hier munikationsprozess? Ist es leicht und intuitiv zu
muss man sich die Frage stellen: Was können bedienen? Empfindet der Kunde Spaß?.
wir dem Kunden anbieten? Welche Wahlmög-
lichkeiten hat er? Da haben wir festgestellt, BusinessVALUE24: Das US-Marktforschungsun-
dass es einen Grenznutzen gibt, eine optimale ternehmen Forrester Research sieht Mass Custo-
Menge an Wahlmöglichkeiten. Wenn es zuwe- mization als die Zukunft der Produkte. Wie se-
nig sind, ist der Kunde unzufrieden. Wenn es hen Sie das?
zuviele sind, ist es auch schlecht. Da spricht Prof. Walcher: So pauschal würde ich das nicht
man dann von Mass Confusion, der Kunde ist sagen. Da muss man auch nach Branchen
überfordert mit der Überzahl an Angeboten. unterscheiden, Mass Customization ist nicht
überall machbar. Aber ich denke, dass wir
BusinessVALUE24: Man muss also nicht alles erst am Anfang sind. Es gibt zwar schon schö-
anbieten, was möglich ist. ne Beispiele, aber wenn man einen richtigen
Prof. Walcher: Mass Customizatior der ersten großen Mass Customizer sucht, fällt mir immer
Generation haben das gern gemacht. Sie ha- nur der amerikanische Computerhersteller Dell
ben - überspitzt dargestellt - gesagt: „Bei uns ein. Meine persönliche Prognose ist: Es wird
kann man sich vierhundert Trilliarden Schuhe noch sehr viel passieren, aber es wird nicht so
customizen.“ – und ihre Kunden damit überfor- sein, dass es irgendwann nur noch individu-
dert. Das rechte Maß des solution spaces ist alisierte Produkte geben wird. Es wird immer
wichtig. Im nächsten Schritt muss sich das Un- auch Standardware geben.
ternehmen überlegen, ob es das Angebot um-
setzen und robuste Prozesse garantieren kann.
Es stellt sich also die Fragen: Was ist von der Professor
Produktion her möglich? Wie flexibel sind die Dominik Walcher
Produktionsverfahren und -prozesse? Oft ist es
hier ein Leichtes, aus den Standardprozessen,
die schon vorhanden sind, personalisierte Pro-
zesse zu machen. Manchmal sind es nur Klei-
nigkeiten, dass beispielsweise auf ein Produkt
noch der Name gedruckt wird oder es farblich
angepasst wird. Wichtig ist, dass man stabi-
le Prozesse hat, die auch skalierbar sind. Es
muss also vorher klar sein: 20 individualisier-
bare Stühle schaffen wir, aber 200 nicht. Der
dritte Punkt zielt auf die Kundenkommunikati- Prof. Walcher ist verantwortlich für die
on. In erster Linie geht es an dieser Stelle um strategische Entwicklung im Bereich
die sogenannte choice navigation, also wie Marketing & Unternehmensgründung an
der Kunde sich auf der Plattform zurechtfindet. der FH Salzburg.
Zusammen mit seinem Kollegen Frank
Piller hat er die Benchmark-Studie
The Customization500 durchgeführt
Lesen Sie das vollständige Interview auf und mehr als 500 online-Konfigurations-
BusinessVALUE24: systeme von Mass Customizern unter-
> Link zum vollständigen Interview sucht. Die Ergebnisse der Studie sollen
im Juli 2011 veröffentlicht werden.
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19. Impressum
Herausgeber:
VALUE24 Businessportale Deutschland GmbH
Jarrestraße 80
22303 Hamburg
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Email: info@businessvalue24.de
Geschäftsführer: Steffen Kneist
Fotos: fotolia.de, unserAller, Prof. Dominik
Walcher
Unser nächstes Themenspecial erscheint Autorinnen: Julia Räsch, Lea Mühlebach
im August. Layout und Illustration: Daniela Richardon
Thema: „Die Welt in 3D - Wie die Technik
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