«Die Nachfrage nach der Cloud steigt»
ERPsourcing ist auf das Hosting von SAP spezialisiert. Geschäftsführer Frank Geisler erklärt, in welchen Fällen sich das lohnt und welche Rolle dabei der Standort Schweiz spielt.
Viele Schweizer Unternehmen betreiben geschäftskritische IT-Systeme noch im eigenen Rechenzentrum.
Das ist teuer. Der Walliseller Anbieter ERPsourcing bietet als kostengünstigere Alternative SAP-Hosting an.
Ride the Storm: Navigating Through Unstable Periods / Katerina Rudko (Belka G...
Computerworld.ch 2017-06 - 19. Mai
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MARKT & MEINUNG Interview
6/2017
Viele Schweizer Unternehmen betreiben geschäftskriti-
sche IT-Systeme noch im eigenen Rechenzentrum. Das
ist teuer. Der Walliseller Anbieter ERPsourcing bietet als kos-
tengünstigere Alternative SAP-Hosting an. Doch die Kunden
wollen nicht nur Geld sparen, sondern wünschen sich auch
Datensicherheit, wie Frank Geisler von ERPsourcing betont.
Computerworld: Warum ist ERPsourcing ausschliesslich im
SAP-Umfeld unterwegs?
FrankGeisler:Der Grund liegt in der Historie. Die Gründer und
ursprünglichen Investoren kamen vom IT-Dienstleistungs
unternehmen SAP Stäfa, dem Vorgänger der Schweizer SAP-
Niederlassung. Die heutige ERPsourcing ist der einzige
Anbieter von Applikationsberatung und -entwicklung sowie
Hosting ausschliesslich in der Schweiz. Der Fokus liegt auf
mittelständischen Unternehmen. Dort herrscht Bedarf an SAP.
Allerdings lohnt sich oftmals eine eigene Infrastruktur für
diese Zielgruppe nicht, denn der Aufbau und Betrieb eines
Rechenzentrums für SAP bedeutet erhebliche Investitionen.
CW: Wer sind Ihre Kunden? Gibt es Gemeinsamkeiten?
Geisler: Wir haben ganz kleine Firmen wie selbstständige
Treuhänder als Kunden, die für Firmen die Buchhaltung oder
die Lohnabrechnung mit SAP machen. Aber auch sehr grosse
Organisationen wie das Catering-Unternehmen Gate Gour-
met und der Personaldienstleister Randstad lassen ihre SAP-
Systeme in unserem Rechenzentrum betreiben.
CW: Sie entwickeln auch selbst. Sind das kundenspezifische
Anpassungen Ihrer Lösungen oder Neuentwicklungen?
Geisler: Die Entwicklungsarbeiten gehen über unsere Lösun-
gen hinaus. Das SAP-Portfolio ist gross. Gleichzeitig ist aber
der Aufwand sehr hoch, eine Lösung für ein mittelständisches
Unternehmen anzupassen. Dafür hat ERPsourcing ein Frame-
work entwickelt, mit dem spezielle Prozesse wie die elektro-
nische Rechnungsstellung oder die Spesenabrechnung in
dividuell für den Kunden abgebildet werden können – nota-
bene zu einem realistischen Preis.
CW: Was wäre ein «realistischer» Preis?
Geisler: Kleinkunden können mit wenigen Hundert Franken
starten – wenn sie zum Beispiel die Spesenabrechnung von
ihren zehn Mitarbeitern machen wollen. Es ist günstiger, die
Abrechnung über ein SAP machen zu lassen, das Ergebnis
gleich einzubuchen und die Auszahlung ebenfalls über SAP
zu steuern. Kunden mit einem eigenen SAP-System zahlen
woanders bedeutend mehr.
CW: Gibt es Kunden, die den Wechsel in die öffentliche Cloud
prüfen?
ERPsourcing ist auf das Hosting von SAP spezialisiert. Geschäftsführer Frank Geisler erklärt,
in welchen Fällen sich das lohnt und welche Rolle dabei der Standort Schweiz spielt.
«Die Nachfrage nach
der Cloud steigt»
SAP-Hosting
Frank Geisler ist seit Ende 2014 CEO des SAP-Partners
ERPsourcing. Damals kam er von SAP Schweiz, wo er zuletzt das
Partnergeschäft betreute. Zuvor war Geisler bei SAP Schweiz
schon vier Jahre als Channel Development Manager tätig.
Weitere Managementpositionen hatte er unter anderem bei
Commodore, J. D. Edwards Deutschland und MRO Software in-
ne. Geisler besitzt einen Hochschulabschluss in Informatik und
Mathematik sowie ein Managementdiplom von der Studien
gemeinschaft Darmstadt.
Zur Person: Frank Geisler
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Interview MARKT & MEINUNG
6/2017
sen Netzwerks und unserer Social-Media-Präsenz hat sich
die Situation aber stark verbessert. Mittlerweile haben wir
mehr Bewerbungen als offene Stellen, können uns also die
Kandidaten aussuchen. Ausserdem fahren wir eine Doppel-
strategie mit fest angestellten Kollegen und einem Stamm
von Freiberuflern. Die Angestellten besitzen ein Know-how
in speziellen Themen oder Branchen. Die Freelancer sind
ebenfalls spezialisiert und arbeiten teilweise ausschliesslich
für ERPsourcing.
Was die Rekrutierung von SAP-Experten betrifft, sind heu-
te viele in einer Altersklasse, in der sie nicht noch einmal die
Schulbank drücken wollen, um sich Fachkenntnisse in SAP
Hana anzueignen. Auf der anderen Seite interessieren sich
die ganz jungen Entwickler nicht für das Programmieren von
Datenbanken. Sie wollen mobile Anwendungen entwerfen
und mit Java coole Software bauen. Vermutlich wird sich die
Schere zwischen Alt und Jung in den nächsten Jahren noch
weiter öffnen.
CW: Anwender erwarten heute ein attraktives Arbeitsumfeld,
keine Datenbankanwendungen. Wie begegnen Sie dem?
Geisler: Dazu haben wir selbst Tests gemacht: Der erfahrene
Buchhalter ist auf der klassischen Oberfläche immer schnel-
ler mit der Arbeit fertig als der Neueinsteiger am Tablet. Für
die meisten SAP-Anwendungen gibt es moderne Bedien-
oberflächen. Allerdings sind sie noch lange nicht überall ein-
geführt. Denn auch die Umstellung des GUI ist natürlich auch
ein Projekt, das Aufwand bedeutet, Trainings erfordert und
Zeit braucht. Diese haben nicht alle Unternehmen gleicher-
massen.
CW: Auf Kununu kritisierten 2014 die ERPsourcing-Mitarbei-
ter das Management als egozentrisch und unerfahren. Was
haben Sie geändert?
Geisler: Damals war ich noch nicht im heutigen Amt. Der frü-
here Geschäftsführer war durchaus in der Lage, ein Unter-
nehmen zu gründen und zu managen. Dem Manager mit
beruflichen Wurzeln in der Finanzindustrie fehlte jedoch das
Hintergrundwissen zur IT-Branche respektive SAP. Dieses
Know-how ist für das Geschäft von ERPsourcing zentral. Die
beiden Inhaber übernahmen selbst die Leitung und holten
mich als Co-CEO. Seitdem hat sich bei ERPsourcing vieles
zum Positiven verändert. ◾
Geisler: Nein, eher umgekehrt. Interessenten aus dem Aus-
land fragen explizit nach einem Anbieter mit Rechenzentren
in der Schweiz. Sie kommen aus Deutschland, Asien und den
USA. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach der Cloud bei
Schweizer Firmen. Die Kunden besitzen eigene Rechenzent-
ren oder Installationen im Ausland. Nun möchten sie aber
den Betrieb von SAP abgeben, weil sie sich auf das Kern
geschäft konzentrieren wollen. Hier kommt ERPsourcing mit
den Ressourcen in der Schweiz ins Spiel. Als einer von weni-
gen Anbietern besitzen wir das SAP-Zertifikat für eine «Part-
ner Managed Cloud» (PMC).
CW: Zwingen der Datenschutz und die Regulierung die Kun-
den, in der Schweiz zu bleiben? Oder ist es eher der Wunsch
der Kunden?
Geisler: Stark regulierte Unternehmen wie Banken und Ver-
sicherungen sowie die öffentliche Hand dürfen tatsächlich
nicht. Alle übrigen Kunden wollen oft nicht. Die IT-Verant-
wortlichen kommen zwar auf uns zu, weil sie aus Kostengrün-
den in die Cloud wechseln wollen. Jedoch äussern sie gleich-
zeitig den Wunsch, die Daten und Systeme in der Schweiz
zu behalten.
CW: Wie viele Unternehmen aus der Zielgruppe von
ERPsourcing betreiben das SAP noch on-premise?
Geisler: Bestimmt 70 Prozent betreiben das SAP-Kernsystem
noch on-premise. Die meisten haben begonnen, Teile des Sys-
tems in die Cloud auszulagern. Marketing und Vertrieb sind
dafür prädestiniert, da der mobile Zugriff mittlerweile sehr
wichtig ist. Neu sind Überlegungen einiger Firmen, auch das
HCM (Human Capital Management) in die Cloud zu bringen.
CW: Wenn Sie sich eine Funktion oder ein Merkmal eines
alternativen ERP-Systems wünschen dürften, was wäre das?
Und: Welche Lücken gibt es im Portfolio von ERPsourcing?
Geisler: Gute Frage. Es wirkt womöglich arrogant, wenn ich
jetzt sage: keine. Allerdings besitzt SAP alleine aufgrund
der Zukäufe ein so grosses Portfolio, dass wir es mit unseren
50 Angestellten schon nicht mehr abdecken können. Die He
rausforderung ist eher, bestimmte Produkte auszuwählen
und sich mit ihnen im Wettbewerb zu differenzieren.
ERPsourcing ist heute mit den Branchenlösungen, SAP Hana
und dem Internet of Things (IoT) gut aufgestellt für die
Deutschschweizer Kunden.
CW:Ist ERPsourcing ausschliesslich in der Schweiz aktiv? Gibt
es Expansionspläne?
Geisler: Bei international tätigen Kunden begleiten wir die
Unternehmen für die Dauer des Projekts durchaus ins Aus-
land. Anschliessend kehren wir aber zurück in die Schweiz.
Eine Expansion ist nicht geplant. Vielmehr fokussieren wir
ausschliesslich auf die Deutschschweiz.
CW: Ist die Rekrutierung von Fachkräften eine Herausforde-
rung für Sie?
Geisler: Bis vor zwei Jahren war es durchaus eine Herausfor-
derung, qualifiziertes Personal zu finden. Dank meines gros
«Regulierte Unternehmen
und Behörden dürfen nicht in
die Cloud. Alle Übrigen wollen
oft nicht»
Interview: Mark Schröder
ist Redaktor bei Computerworld:
www.computerworld.ch