Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Kirsten Wagner: Der Förderantrag. Leitfaden für Antragsteller
1. Finanzierung und Förderung F 2.4
Öffentliche Kulturförderung
Der Förderantrag
Leitfaden für Antragsteller
Kirsten Wagner
Jeder Antrag auf finanzielle Unterstützung für ein Kulturprojekt sollte individuell auf den Adressa-
ten abgestimmt sein. Dennoch gibt es durchaus verallgemeinerbare Regeln, die Antragsteller be-
achten sollten. Der nachfolgende Beitrag versteht sich als Leitfaden für Kulturschaffende, die Hin-
weise auf Erfordernisse und Inhalte von Förderanträgen wünschen. Er gibt zudem praktische Tipps
zum Umgang mit den Erwartungen von kulturfördernden Einrichtungen und zur Vermeidung der
häufigsten Fallen für Antragsteller.
Gliederung Seite
1. Der Förderantrag 2
1.1 Anschreiben 2
1.2 Projektbeschreibung 3
1.3 Kalkulation 6
1.4 Anhänge 8
1.5 Fallen 8
2. Erwartungen an den Antragsteller 9
2.1 Form 9
2.2 Inhalt 9
2.3 Durchführung des Projekts 10
3. Adressaten 11
3.1 Öffentliche Förderung 11
3.1.1 Landesebene 11
3.1.2 Bundesebene 12
3.1.3 Europa 12
3.2 Stiftungen 13
3.3 Sponsoring 14
4. Und nun? 15
5. Fazit 15
1
2. F 2.4 Finanzierung und Förderung
Öffentliche Kulturförderung
1. Der Förderantrag
Am Anfang jeden Antrags steht die Analyse mit Leitfragen wie „Was
für ein Profil hat das Projekt, für das Gelder akquiriert werden sol-
len?“ und „Welche Einrichtungen bzw. Firmen unterstützen solch ein
Profil?“. Denn Stiftungen und Firmen haben ein spezifisches Förder-
profil. Auch öffentliche Einrichtungen folgen Förderkriterien.
„Antragsprosa“ Es gibt für jeden Adressaten bestimmte Key-Words, häufig „Antrags-
prosa“ genannt, mit denen der Antragsteller nachweisen kann, dass er
vor Antragstellung recherchiert hat.
Zeitlicher Spielraum Noch wichtiger aber ist ein ausreichender zeitlicher Vorlauf zwischen
Antragstellung und Projektbeginn. Viele öffentliche Institutionen ha-
ben nur einen Abgabetermin für Anträge pro Jahr. Auch Firmen und
Stiftungen sind an Einreichungsfristen gebunden. Diese Ausschluss-
termine sollten also unbedingt erfragt werden.
Der zeitliche Vorlauf sollte in Relation zu dem finanziellen Gesamtvo-
lumen des Projekts stehen und so bemessen sein, dass der Förderent-
scheid wesentlich vor Beginn der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für
das Projekt liegt.
Trotz aller individuellen Unterschiede für Bestandteile eines Förderan-
trages gibt es vier allgemein gültige Elemente: Das Anschreiben, die
Projektbeschreibung, die Kalkulation (Finanzierungsplan) und die
Anhänge.
1.1 Anschreiben
Anschreiben sollten auf den Adressaten zuge-
schnitten sein. Zudem sollten sie auf einer
Seite begründen, weswegen sich der An-
tragsteller ausgerechnet an diese Stelle um
Förderung wendet. Es sollten Titel und Sparte
ebenso genannt werden wie die ‚Macher’, der
Key words Ort der Präsentation und die Fördersumme.
Im Anschreiben können Sie „key words“ des Widmen Sie dem Anschreiben und der Kurz-
Adressaten, den Sie anschreiben, einsetzen Charakterisierung Ihres Projekts ausreichend
bzw. paraphrasieren. D. h., ein Projekt, dass Sie Aufmerksamkeit. Denn sie entscheiden nicht
bei der Europäischen Kommission einreichen, nur über den ersten Eindruck, sondern zeigen
sollte „europaweite Bedeutung“ haben und von auch Ihre Qualitäten als Projektmanager.
„großer öffentlichen Ausstrahlungskraft und
regionaler Relevanz“ sein – diese Kriterien ver- Ihre Vertrautheit mit den Förderkriterien wird
rät die EU-Internetseite. ebenso wohlwollend zur Kenntnis genommen,
wie eine angemessen gewählte Fördersumme.
2
3. Finanzierung und Förderung F 2.4
Öffentliche Kulturförderung
Beispiel
Die Hamburgische Kulturstiftung fördert Projekte durchschnittlich mit
4.000 EUR. Wer dort also 70.000 EUR beantragt, der muss hierfür
schon sehr überzeugende Gründe vorbringen. Er sollte sich vorher
persönlich vergewissert haben, das die Projekt-Idee auf Wohlwollen
und Unterstützung trifft, da nur maximal drei Projekte im Jahr so hoch
gefördert werden können.
Unerlässlich ist es, eine Verbindung zwischen dem zu fördernden Pro-
jekt und der fördernden Institution herzustellen.
1.2 Projektbeschreibung
Die Projektbeschreibung dient dazu, das Projekt vorzustellen und zu
vermarkten. Sie soll Neugier wecken und zugleich begreiflich ma-
chen, was Förderer und Publikum erwartet. Sie müssen mit der Pro-
jektbeschreibung überzeugen, den Leser als
Fürsprecher für Ihr Vorhaben gewinnen.
Die Inhaltsangabe sollte dem Leser die Basis Inhalt
des beantragten Projekts zeigen – wie lautet
das Thema, welches Werk bzw. welche Lite-
ratur liegt dem Stück zugrunde? Je nach
Sparte kann dies wahlweise kurz, spezifisch Was kommt auf das Titelblatt?
oder ausführlich sein. Als Titelblatt empfiehlt sich ein Abriss aller Fak-
ten: Titel, drei bis fünf Sätze zum Inhalt, Zeit,
Wenn z. B. Shakespeares Hamlet oder Mor- Ort, Antragsteller mit Adresse für Rückfragen,
ton Feldmann, Durations II für Klavier und Rechtsform des Antragstellers, Antragsumme.
Cello die aufgeführten Werke sind, dann Einerseits als Hilfe für Sie, alles zu beinhalten,
sollte der Schwerpunkt weniger auf dem andererseits als Erleichterung für den Sachbe-
Inhalt denn der Beschreibung der Umsetzung arbeiter, sich an Ihr Projekt trotz der großen
des Stoffes liegen. Bei Adaptionen, Urauffüh- Anzahl zu bearbeitenden Anträge zu erinnern.
rungen oder weniger bekannten Grundlagen
empfiehlt sich, dem Leser den Inhalt detail-
lierter zu vermitteln. Je weniger das Projekt auf einem konkreten Werk
beruht, z. B. im Bereich der Bildenden Kunst, Fotografie, Performan-
ce, Tanz oder bei Interdisziplinären Projekten, desto wichtiger ist es,
dass Sie dem Leser verdeutlichen, auf welcher Basis das Konzept
Ihres Projekts aufgebaut ist. Ziel ist, dem Adressaten eine Vorstellung
davon zu geben, was Sie präsentieren wollen.
3
4. F 2.4 Finanzierung und Förderung
Öffentliche Kulturförderung
Neben dem Inhalt sind Besonderheiten und Charakteristika des bean-
tragten Projekts von großem Wert. Den Leser interessiert, was dieses
Projekt einzigartig und neu macht. Was unterscheidet es von bisheri-
gen Interpretationen zu diesem Thema, wo liegen seine individuellen
Qualitäten? Wichtig ist, dass Sie das Projekt
in ein Umfeld bzw. eine Tradition stellen und
auf vorherige Bearbeitungen des Themas
Bezug nehmen. Vielleicht wollen Sie mit
Traditionen brechen oder diese zitieren – dem
Leser geben derlei Informationen eine wich-
tige Orientierung, sowohl über das Stück als
An den Leser denken! auch über den ‚Markt’, auf dem es sich be-
Machen Sie Ihr Projekt dem Leser begreiflich, währen soll.
indem Sie sinnliche und sachliche Informationen
Besondere Merkmale
kombinieren. Illustrieren Sie Ihren Antrag mit Innerhalb der Projektbeschreibung dürfen
Fotos oder Skizzen, versuchen Sie durch Ihre künstlerische Ziele nicht fehlen: Warum wäh-
Wortwahl Bilder im Kopf des Lesers zu kreieren, len Sie gerade dieses Thema zu dieser Zeit?
ohne auf sachliche Informationen zu verzichten. Was möchten Sie beim Publikum bewirken –
Führen Sie Beispiele an. Unterhaltung, intellektuelle Auseinanderset-
zung, Provokation, ästhetisches Vergnügen,
sinnlicher Genuss? Gleichzeitig geben Ihnen
diese Erläuterungen Gelegenheit, die Relevanz des Projekts darzustel-
len und die Schwerpunkte der Interpretation bzw. des Konzepts her-
auszuarbeiten. Die Fördereinrichtung, bei der Sie finanzielle oder
sachliche Unterstützung beantragen, braucht Argumente, weswegen
ausgerechnet dieses Projekt förderungswürdig ist.
Umsetzung Stellen Sie schließlich dar, wie Sie Ihre Ziele erreichen wollen. Ge-
schieht es mit Hilfe von Technik, Bühnenbild, Einspielungen, erläu-
ternden Texten etc.? Versuchen Sie, Ihre Umsetzung des Projektinhalts
und ihrer künstlerischen Ziele so genau wie möglich zu beschreiben.
Gerade wenn Sie etwas völlig Neues präsentieren, braucht der Adres-
sat Anhaltspunkte, um sich ein Bild von Ihrem Vorhaben machen zu
können. Den Leser interessiert sehr, was das Publikum erwarten kann
und zu sehen bekommen wird.
Beteiligte Wer sind die Mitwirkenden an Ihrem Projekt? Bekannte Namen kön-
nen helfen, müssen aber nicht. Manche Förderer möchten den Nach-
wuchs unterstützen oder insbesondere regionale Künstler finanzieren.
In jedem Fall also sind Personalien interessant.
Rechtsform kann Für staatliche Förderung kann die Rechtsform des Antragstellers aus-
entscheiden schlaggebend sein. Hierüber sollten Sie sich informieren, da manche
Zuwendungen nur an „förderungsfähige Strukturen“ z. B. einen Verein
oder eine Institution, nicht aber an Einzelpersonen abgegeben werden
können.
4