Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Prof. Dr. Friedrich Loock: Methoden und Verfahren der Markt- und Bedarfsforschung
1. D 3.10
Methoden und Verfahren der Markt- und
Bedarfsforschung
Prof. Dr. Friedrich Loock
Fälschlicherweise wird „Marktforschung“ allzu oft mit „Konsumentenforschung“ gleichgesetzt.
Korrekterweise ist es sehr viel mehr: Konsumenten sind nur eine von vielen Anspruchsgruppen, mit
denen sich Institutionen und Einzelpersonen über Märkte austauschen.
Marktforschung wird zudem fälschlicherweise eher allein bei gewinnorientierten Betrieben vermu-
tet. Ein solcher Irrglaube aber wäre verhängnisvoll für nicht-gewinnorientierte Einrichtungen –
auch sie sollten über hinreichende Kenntnisse zu Marktgeschehen und Marktpartnern verfügen, um
langfristig erfolgreich zu sein. Denn Anspruchsgruppen wie beispielsweise Freunde und Förderer,
Zuwendungsgeber und Kooperationspartner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Politik und Medien
sind erkennbar höchst relevante Marktpartner auch für nicht-gewinnorientierte Kultureinrichtungen
– direkt und indirekt.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Marktsegmentierung und Zielgruppenanalysen 2
3. Konsumentenbefragungen – Haushaltsumfragen 4
3.1 Instrumentarium zur Verhaltensermittlung 5
3.2 Quantitative und qualitative Methoden 11
3.3 Online-Marktforschung 19
4. Innerbetriebliche Informationsquellen 25
5. Fazit 28
1
2. D 3.10 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
1. Einleitung
Bekanntlich bewegen wir uns in einem marktwirtschaftlichen System
– folglich decken wir all unsere Bedarfe nach begrenzt verfügbaren
Produkten und Dienstleistungen über entsprechende Märkte. Kenntnis
zu erlangen über entsprechende Bedarfe und entsprechende Märkte,
bedarf diverser Erforschungen – und somit ist „Markt- und Bedarfs-
forschung“ sogleich in einem größeren Zusammenhang erkennbar.
Erforschung bezieht Ein Beispiel: Wollen wir Freunde und Förderer für unsere Arbeit ge-
sich auf sämtliche winnen, dann müssen wir wissen, wie wir die potenziellen Freunde
Zielgruppen und Förderer erreichen und ansprechen. Dies wiederum kann man
„nicht einfach so“ wissen, sondern dazu sind mehr oder weniger um-
fassende Erforschungen erforderlich. Die Erforschung der relevanten
Märkte und der als relevant angesehenen Marktpartner reduziert sich
somit leicht erkennbar nicht nur auf Konsumenten, sondern auch auf
andere Zielgruppen und Zielpersonen.
All dies gilt selbstverständlich ebenso für Kultureinrichtungen und
Kulturschaffende. Und daher sind auch für sie Methoden zu Markt-
und Bedarfsforschung wissenswert. In Ergänzung zu den in diesem
Handbuch bereits vorhandenen Darstellungen über Marktforschung
(vgl. beispielsweise Beitrag von Prof. Dr. Brigitte Clemens-Ziegler)
werden nachfolgend weitere wichtige Modelle vorgestellt.
2. Marktsegmentierung und
Zielgruppenanalysen
Märkte kann man in der Regel nicht in Gänze bearbeiten, dazu sind
sie viel zu vielschichtig und vielfältig. Sinnvollerweise teilt man sie
folglich in bearbeitbare Segmente; der heterogene Gesamtmarkt wird
in homogene Teilmärkte aufgeteilt und somit auch die Auswahl von
Zielgruppen neu definiert. Beispielhaft veranschaulicht anhand der
Zielgruppe „Konsumenten“ (Nachfolgendes gilt gleichermaßen für an-
dere Anspruchsgruppen) bedeutet dies:
Auf Basis der Marktsegmentierung kann in den ausgewählten Ziel-
märkten
1. den Kundenansprüchen durch einen zielgruppengerecht abge-
stimmten Marketing-Mix besser entsprochen werden,
2. die Kundenzufriedenheit gezielt gesteigert werden,
3. eine höhere Kundenloyalität erreicht werden,
4. die Marktbearbeitung insgesamt effizienter gestaltet werden.
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3. Planung und Steuerung D 3.10
Evaluation und Qualitätsmanagement
Nach marktspezifischen Verhaltensstilen gebildete Segmentierungen sind
gegenüber alternativen Ansätzen – wie z. B. rein soziodemographisch
orientierte Segmentierungen – insbesondere deshalb im Vorteil, weil
1. sich die Typen im Hinblick auf das marktrelevante Verhalten trenn-
scharf voneinander unterscheiden,
2. sie zeitlich weitgehend stabil sind, da keine schnell veränderlichen
Einflussgrößen bei der Typenbildung eingehen,
3. sie klare Hinweise für die Ableitung segmentspezifischer Marke-
tingstrategien erlauben.
Im ersten Schritt einer Marktsegmentierung werden all jene Merkma-
le, Einstellungsdimensionen und Motive identifiziert, die das Verhal-
ten der Kunden im betrachteten Markt determinieren. Idealerweise
wird dieses Spektrum verhaltensrelevanter Dimensionen anhand von
psychologischen Tiefeninterviews offengelegt. Auf Grundlage dieser
qualitativen Ergebnisse wird im nächsten Schritt das quantitative Er-
hebungsinstrument für die sich anschließende standardisierte repräsen-
tative Befragung entwickelt. Die Vielfalt der Einstellungen, Motive
und Handlungsmuster, die Gegenstand der Befragung sind und zur
Erklärung und Prognose des Verhaltens im betrachteten Markt beitra-
gen, werden faktorenanalytisch verdichtet und fließen dann in die
Clusteranalyse zur Identifikation der einzelnen Marktsegmente ein.
Abschließend wird der für den spezifischen Fall gesuchte Ideal-
Cluster ausgewählt. Als Ergebnis erhält man demzufolge
1. einen umfassenden Überblick über die im betrachteten Markt hand-
lungsrelevanten Einstellungen, Motive und Ansprüche,
2. eine detaillierte Beschreibung der Marktsegmente,
3. Marktpotenzialanalysen für die identifizierten Segmente,
4. konkrete Hinweise zur Unterstützung bei der Auswahl der Zielgruppen,
5. Maßnahmenvorschläge für das Zielgruppenmarketing,
6. Typeninformationen mittels Data Mining, die in Kundendatenban-
ken eingespielt werden, so dass jeder Kunde klassifiziert werden
kann.
Um Entscheidungssicherheit zu gewinnen, sollte man beispielsweise
wissen, wie groß die Zielgruppe für ein bestimmtes Produkt ist oder
wie zufrieden die Zielgruppe mit den Gütern ist. Dazu steht eine große
Auswahl an Befragungsformen zur Verfügung, von denen einige nach-
folgend vorgestellt werden:
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4. D 3.10 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
Face-to-Face-Befragung
Eine Befragung „von Angesicht zu Angesicht“ ist eine persönliche,
mündliche Befragung bei der Zielperson zu Hause, am Arbeitsplatz,
am Point of Sale (z. B. im Kaufhaus) oder auf der Straße. Die Befra-
gung kann per „paper and pencil“ oder Computergestützt (CAPI)
durchgeführt werden, die Auswahl der Befragungsteilnehmer erfolgt
entweder nach dem Zufalls- oder nach dem Quotaprinzip.
Telefoninterview, telefonische Befragung
Im Gegensatz zur Face-to-Face-Befragung gibt es andere Befragungs-
formen, die zentral über geschulte Interviewer bzw. über eine compu-
tergestützte (CATI) Interviewerführung erfolgen.
Schriftliche Befragungen
Bei schriftlichen Befragungen werden Fragebögen z. B. an Kunden
oder an eine andere Zufallsstichprobe geschickt. Es können Fragebögen
aber auch Broschüren, Zeitschriften oder Programmheften beigelegt
werden.
Online-Befragungen
Bei Online-Befragungen erfolgt das Hosting eines Fragebogens im
Netz (z. B. auf der Homepage) oder Fragebögen werden per E-Mail
z. B. als HTML, in Form eines Word/Excel-Formulars oder durch ein
spezielles Befragungstools verschickt.
3. Konsumentenbefragungen –
Haushaltsumfragen
Konsumentenbefragungen liefern wichtige Anhaltspunkte zu unter-
schiedlichen Themen des Konsumentenverhaltens, zu Verbraucher-
wünschen sowie zum Produkt- und Betriebsimage. Das „Ohr am Puls
der Verbraucher“ zu sein, ist für Betriebe gerade in Zeiten zunehmen-
der Individualisierung von Lebenslagen und dynamischer Lebensstile
von enormer Bedeutung. Nur so lassen sich neue Märkte erschließen,
neue Produkte konsequent marktorientiert entwickeln und neue Kun-
den gewinnen.
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