Ohde, Brendler-Lodigkeit: Steuerliche Aspekte im Hospitality- Bereich, Teil 2
Prof. Dr. Raphaela Henze: Nutzung des Web 2.0 an deutschen Theatern und Schauspielhäusern
1. H 3.8
Nutzung des Web 2.0 an deutschen Theatern und
Schauspielhäusern
Eine empirische Untersuchung
Prof. Dr. Raphaela Henze
Im Sommersemester 2011 haben sich zehn Studierende1 des Bachelorstudiengangs Betriebswirt-
schaft, Kultur- und Freizeitmanagement der Hochschule Heilbronn mit dem Thema Web 2.0 an
deutschen Theatern und Schauspielhäusern befasst.2 Die Studierenden haben im Rahmen einer
Fragebogenstudie 141 öffentliche sowie 78 private Bühnen angeschrieben und Informationen zu
deren Web 2.0 Aktivitäten gesammelt. Die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse dieser wissen-
schaftlichen Studie werden nachfolgend vorgestellt.
Gliederung Seite
1. Einleitung 2
2. Nutzung von Web 2.0 3
3. Social Media Tools 3
4. Zuständigkeit und Finanzierung 5
5. Gründe für oder gegen den Einsatz von Web 2.0 6
6. Erfolgsmessung 8
7. Beispiele aus der Praxis 9
8. Fazit 12
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2. H 3.8 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
1. Einleitung
A life spent making mistakes is not only more honorable,
but more useful than a life spent doing nothing.
George Bernard Shaw
Partizipation und Bereits die Begriffsbestimmung von Web 2.0 und insbesondere die
Interaktion stehen Abgrenzung zu Social Media ist schwierig, weshalb sie – um dem
im Vordergrund Fragebogen nicht eine längere Abhandlung zur Definition des Begriffs
im Anschreiben vorangehen zu lassen – für die vorliegende Untersu-
chung auch nicht trennscharf vorgenommen wurde. Web 2.0 wird im
Sinne eines Oberbegriffs verwendet. Als bekannt kann vorausgesetzt
werden, dass es sich beim Web 2.0 um das sog. „Mitmachweb“ han-
delt. Partizipation und Interaktion stehen, anders als noch bei der rei-
nen „Einweg-Kommunikation“ des Web 1.0, im Vordergrund. Social
Media Tools wie Blogs, Foren, Networks und der Microblogging
Dienst Twitter sollen dabei helfen, die jeweilige Zielgruppe schneller
und effektiver anzusprechen.
Web 2.0 ist in der Kultur Die ARD/ZDF Onlinestudie 2011 zur aktuellen Internetentwicklung in
angekommen Deutschland3 belegt, dass Social Media mittlerweile alle Teile der
Gesellschaft erreicht. An Social Media kommt man daher weder privat
noch beruflich vorbei, auch wenn sich dies mancher – durchaus auch
aus nachvollziehbaren Gründen – noch wünschen mag. Mit der ersten
stARTconference in Duisburg im Jahr 20094, die sich einer hohen
Teilnehmerzahl und eines ebensolchen Interesses erfreute (und daher
seither jährlich fortgesetzt wird), wurde – wie der Name schon vermu-
ten lässt – der Startschuss zur näheren Auseinandersetzung mit diesem
Thema im Kultursektor gegeben.5 Die Web 2.0 Aktivitäten von Muse-
en und Orchestern wurden bereits empirisch untersucht.6 Nicht jedoch
die von Theatern und Schauspielhäusern, weshalb sich die Kulturma-
nagement-Studierenden dieses Themas annahmen. Im Vordergrund
stand die Erhebung des Status quo. Welche Instrumente des Web 2.0
werden von den deutschen Bühnen zu Kommunikationszwecken genutzt
und was versprechen sich die jeweiligen Häuser von ihren Aktivitäten?
Rücklaufquote bei Die Rücklaufquote auf den zweiseitigen Fragebogen mit insgesamt 17
knapp 33 % Fragen ist mit 72 Antworten (eine weitere Antwort erreichte uns leider
erst nach Abschluss der Auswertung) und damit knapp 33 % im Rah-
men des Erwartbaren geblieben.7 Mit 35,5 % haben sich die öffentli-
chen Bühnen etwas stärker an der Umfrage beteiligt als die privat-
rechtlich organisierten Theater mit lediglich 28,2 %. 20 % der Häuser
sind mit 1–10 Mitarbeitern relativ klein, 43 % gehören mit über 200
Mitarbeitern zu den großen Häusern. Die Größe der Einrichtung spielte
jedoch keine Rolle bei der Nutzung des Web 2.0. Zwischen privaten
und öffentlichen Theatern und Schauspielhäusern gab es interessan-
terweise nur bei der Frage nach dem Vorhandensein eines Budgets für
die Aktivitäten einen signifikanten Unterschied.
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3. Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit H 3.8
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
2. Nutzung von Web 2.0
Knapp 82 % der Befragten gaben an, Web 2.0 zu Marketing- und Überwiegende
Kommunikationszwecken einzusetzen. Die überwiegende Mehrheit Mehrheit nutzt Web 2.0
der Nutzer ist im Laufe der vergangenen zwei Jahren dazu übergegan-
gen, sich der Möglichkeiten des viralen Marketings und der Kommu-
nikation zu bedienen. Zwar nutzen 18 % der Befragten das Web 2.0
bis dato noch nicht, aber 81 % von ihnen wollen dies in Zukunft än-
dern. Ihre größten Sorgen sind jedoch der hohe Zeitaufwand und mög-
liche Rufschädigungen. Ein Nichtnutzer sah keine Notwendigkeit für
den Einsatz, da die Zielgruppe über Social Media nicht zu erreichen sei.
Die hohe Nutzerzahl zeigt deutlich, dass die Mehrheit der Verantwort-
lichen an deutschen Bühnen den Eindruck hat, dass kaum ein Weg an
dieser Form der Kommunikation und des Marketings vorbeiführt.
Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren haben sich die meisten
Häuser dazu entschlossen, das Web 2.0 für die eigenen Zwecke zu
nutzen. Vor dem Hintergrund, dass deutschen Kultureinrichtungen
häufig der Vorwurf gemacht wird, nicht schnell genug auf Neuerungen
zu reagieren und hinter den Entwicklungen im anglo-amerikanischen
Raum hinterherzuhinken8, muss dieses Ergebnis verwundern. Beweist
es doch, dass die deutschen Theater – anders als von vielen erwartet –
zeitnah auf aktuelle Trends reagieren und durchaus bereit sind, etwas
auszuprobieren. „Mediendistanz“ kann relativ wenigen Einrichtungen
attestiert werden. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass
2/3 der Angeschriebenen auf unsere Anfrage nicht geantwortet haben.
In dieser Gruppe findet sich möglicherweise eine größere Zahl von
Personen, die noch relativ wenig mit Web 2.0 für ihre Bühne anfangen
kann.
3. Social Media Tools
Bei der näheren Spezifizierung, wie denn die Nutzung des Web 2.0 an Facebook als wichtigstes
den jeweiligen Theatern aussieht, erklärten über 50 % derjenigen, die Social Media Tool
Web 2.0 für ihre Kommunikation einsetzen, täglich das soziale Netz-
werk Facebook zu nutzen, 29 % tun dies immerhin noch wöchentlich.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich mit Facebook weltweit ca. 800
Mio. Nutzer erreichen lassen und davon über 20 Mio. in Deutschland9,
erscheint dieses Kommunikationsmedium mit dem sich u.a. Profilsei-
ten, Gruppen und Fanpages anlegen lassen, für insgesamt 88 % der
Web 2.0 nutzenden Theater eine gute Wahl.
61 % der befragten Nutzer setzen auf das Video-Sharing Portal Youtube
(und/oder Vimeo, drei Befragte nennen auch flickr zum Bilderhochla-
den) und damit auf die Veröffentlichung von bewegten Bildern. 2 %
tun dies sogar täglich und 17 % wöchentlich. Gerade für Theater
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4. H 3.8 Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
scheint dieses Medium, das – will man professionelles Bildmaterial
veröffentlichen – rasch recht teuer werden kann, ein guter Weg zu
sein, Inhalte emotionaler und dem Medium Theater entsprechender zu
kommunizieren als dies allein mit Text möglich ist.
37 % der Befragten nutzen die 140 Zeichen des seit 2006 existieren-
den Microblogging-Dienstes Twitter, um kurze Nachrichten an ihre
Follower zu senden und sie tun dies intensiv: Die Twitternutzer zwit-
schern wöchentlich bis täglich und hoffen möglichst viele der derzeit
200 Mio. überwiegend jüngeren Menschen, die Twitter nutzen, mit
ihren Tweets zu erreichen.
Nur wenige Diese erstaunlich hohen Zahlen insbesondere bei Facebook belegen,
nutzen Blogs dass der Wunsch nach Ansprache einer jüngeren Zielgruppe hoch ist.
Verwunderlich ist vor diesem Hintergrund jedoch, dass das ebenfalls
relativ leicht zu handhabende Instrument des Blogs10 so selten ver-
wendet wird. Gerade in Blogs findet der von den Theatern gewünschte
Austausch statt. Keiner der Befragten gab an, täglich zu bloggen. Dies
muss umso mehr erstaunen, da der Begriff Weblog eine Zusammen-
setzung der Begriffe Web und log ist und damit ein Log- bzw. Tage-
buch im Internet beschreibt. Noch nicht einmal ein Viertel der Web 2.0
Nutzer nutzt überhaupt Blogs. Nur 15 % von ihnen bloggen zumindest
wöchentlich. Die geringe Zahl der Blogs steht auch im Widerspruch
zur relativ regen Nutzung von Twitter. Zumeist wird Twitter genutzt,
um auf Blog-Einträge aufmerksam zu machen, die detailliertere In-
formationen zulassen als die 140 Twitter-Zeichen. Blogs haben ge-
genüber der Webseite nicht nur den Vorteil schneller und einfacher
aktualisierbar zu sein, sondern auch schneller über Suchmaschinen
gefunden zu werden. Üblicherweise können sie auch von Interessier-
ten per RSS-Feed abonniert werden. Sobald ein neuer Text im Blog
veröffentlicht wird, erfahren es die Abonnenten des Feed auf ihren
Feedreadern und müssen sich so nicht daran erinnern, die Information
auf der Webseite abzuholen, vielmehr kommt die Information direkt
zu ihnen und kann – ein weiterer ganz wesentlicher Vorteil – schnell
weiterverbreitet werden.
Standortbezogene Dienste wie etwa Foursquare, Friendticker, Gowalla
und DailyPlaces mit Mobile-Web optimierten Inhalten wurden von
keinem der Befragten genannt11, obwohl diesen für 2012-2013 eine
weiter wachsende Bedeutung prognostiziert wird.12 Podcasts und Wi-
kis fanden in dieser Befragung ebenso wenig Erwähnung wie etwa
Handy Apps13 oder Bewertungsportale wie Qype und Pointoo14. Auch
Second Life15 wurde nicht genannt. Jedoch wurde die eigene Webseite
unter der Rubrik „Sonstige“ häufig aufgeführt. Daraus lässt sich fol-
gern, dass vielen der Befragten die Feinheiten der Unterscheidung
zwischen Web 1.0 und 2.0 doch noch nicht völlig präsent sind.
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