Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Rauda: Rechtsgrundlagen des Kulturgutes Computerspiel
1. M Recht der neuen Medien
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Rechtsgrundlagen des Kulturgutes
Computerspiel
Dr. Christian Rauda
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Fachanwalt für gewerblichen
Rechtsschutz, Justiziar des deutschen Internetverbandes
Inhalt Seite
1. Computerspiele als Kulturgut? 2
2. Computerspiele als Chance für branchenfremde
(Kultur-)Unternehmen 2
3. Urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Computerspielen 3
3.1 Das Computerprogramm nach §§ 69a ff. UrhG 3
3.2 Das Multimediawerk nach § 2 Abs. 1 Nr.6 UrhG 3
3.3 Weitere Schutzrechte 4
4. Produktionsformen von Computerspielen 4
4.1 Echte Auftragsproduktion 5
4.2 Unechte Auftragsproduktion 5
5. Schutz gegen Nachahmung 5
6. Titelschutz von Computerspielen 6
7. Patentrechtlicher Schutz 7
8. Lizenzverträge 7
9. Verschiedene Modelle des In-Game-Advertising 10
9.1 Ad-Games 10
9.2 Sponsoring 10
9.3 Product Placement im Spiel 11
9.4 Statisches In-Game-Advertising 11
9.5 Dynamisches In-Game-Advertising 11
9.6 Rechtliche Rahmenbedingungen des In-Game-Advertising 11
10. Jugendschutz in Computerspielen 14
11. Zusammenfassung 16
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Vertragsgestaltung bei Computerspiel-Lizenzverträgen 8 15
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1. Computerspiele als Kulturgut?
Computerspiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Mittlerweile
spielen nicht nur Teenager die elektronischen Spiele, sondern auch zahlreiche
Erwachsene entdecken deren Faszination. Der wirtschaftliche Erfolg der Spiele
ist so groß, dass die Umsätze die Erlöse der Kinoproduktionen deutlich überstei-
gen. Neuartige intuitiv bedienbare Spielekonsolen und Bewegungssteuerungen
haben eine neue Käuferschicht erreicht. Aber auch inhaltlich sind die Spiele
anspruchsvoller geworden. Eine eigene Sparte, die „Serious Games“, haben den
Anspruch, Information und Bildung zu vermitteln. Auf dieser Weise werden
Lerninhalte in unterhaltsamer Form transportiert. Der technische Fortschritt hat
ferner dazu geführt, dass viele Spiele sich optisch Filmen stark annähern. Die
Computerprogramme werden so zu interaktiven Filmen, in deren Rahmen Ge-
schichten erzählt werden, die der Spieler als Protagonist miterlebt. Diese Ent-
wicklung hat dazu geführt, dass der Bundesverband der Entwickler von Compu-
terspielen (GAME) nach zähen Diskussionen im August 2008 als Mitglied im
Deutschen Kulturrat, dem Spitzenverband der Bundeskulturverbände in Deutsch-
land, aufgenommen wurde. Computerspiele nehmen immer häufiger auch aktuel-
le Themen auf. So muss der Spieler beispielsweise in dem Adventure „A New
Beginning“ die Welt retten – allerdings nicht vor bösen Drachen oder blutrünsti-
gen Aliens, sondern vor der Klimakatastrophe. Auch das internetbasierte, vernetz-
te Spielen nimmt zu. In Browser-Games treffen sich tausende von Spielern
gleichzeitig im Internet, um Galaxien zu besiedeln, als Piraten Seeschlachten
gegeneinander zu führen oder darum zu konkurrieren, wer die größte Stadt bauen
kann. Eine erhebliche Zunahme von Nutzern verzeichnen auch die Social Games,
die über soziale Netzwerke wie Facebook oder StudiVZ zusammen mit Freunden
gespielt werden können.
2. Computerspiele als Chance für
branchenfremde (Kultur-)Unternehmen
Der große wirtschaftliche Erfolg der Computerspiele geht mit einer Professionali-
sierung der Branche einher. Große Spielproduktionen wie „Grand Theft Auto“
haben ein Budget, das Spielfilmen in nichts nachsteht. Es versteht sich von selbst,
dass die rechtliche Absicherung solcher Investitionen daher immer stärker in den
Fokus gerät. Da aber anderseits auch die Entwicklung von sogenannten Casual
Games, also kleinen Spielen, die man nur ein paar Minuten lang spielt, immer
günstiger geworden ist, kommt es auch für klassische Unternehmen oder Firmen
aus anderen Medienzweigen in Betracht, sich ein „gebrandetes“ Spiel entwickeln
zu lassen. Museen können spielerisch Interesse für ihre Ausstellungen wecken,
Verlage können ihre „Properties“ auch in ein digitales Medium transportieren, das
M den Absatz ankurbelt. Daher ist es wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen
15 elektronischer Spiele zu beleuchten.
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Bevor über einzelne inhaltliche Anforderungen gesprochen werden kann, ist es
insbesondere aus wirtschaftlicher Perspektive von Bedeutung, wer welche Rechte
an einem produzierten Computerspiel hat und welche Abwehrmöglichkeiten es
gegenüber Plagiaten gibt.
3. Urheberrechtliche Schutzfähigkeit von
Computerspielen
Ein Computerspiel ist ein Werk, das aus verschiedenen Teilen besteht. Ein Spiel
hat grafische Elemente, nämlich Zeichnungen oder animierte Bilder. Hinzu tritt
Text, der entweder im Rahmen des Spiels vom Spieler gelesen werden muss oder
durch Sprecher vertont wurde. Regelmäßig sind auch Musikstücke in das Spiel
integriert. Insofern weisen elektronische Spiele gewisse Ähnlichkeiten mit Film-
werken auf. Computerspiele werden in § 2 Abs.1 UrhG als Werkart nicht er-
wähnt. Die Aufzählung der Werkarten in § 2 Abs.1 UrhG ist allerdings nicht
abschließend, sondern nur beispielhaft formuliert und neuen Werkarten gegen-
über offen. Ein Computerspiel zeichnet sich durch seine technische und ästheti-
sche Dichotomie aus. Der Schutz an der zugrundeliegenden Software und den im
Spiel enthaltenen multimedialen Elementen entsteht durch das Werkschaffen
selbst – eine Eintragung oder Anmeldung, wie sie bspw. im Marken- oder Patent-
recht erforderlich ist, bildet für den urheberrechtlichen Schutz keine Bedingung.
3.1 Das Computerprogramm nach §§ 69a ff. UrhG
Letztlich lässt sich ein Computerspiel wie jedes Computerprogramm auf einen
digitalen Code bestehend aus Nullen und Einsen herunterbrechen. Es existiert ein
Steuerungsprogramm, das das Computerspiel auf dem Rechner oder der Konsole
oder dem sonstigen Ausgabegerät ablaufen lässt. Dieses Computerprogramm ist
nach §§ 69a ff. UrhG urheberrechtlich geschützt. Der Schutz umfasst allerdings
nur den Quellcode. Bereits geringe Abweichungen von diesem Quellcode bewir-
ken, dass der Hersteller des Computerprogramms keine Rechte mehr nach
§§ 69a ff. UrhG geltend machen kann. Diese Vorschriften gewähren daher letzt-
lich nur Schutz bei einer unmittelbaren digitalen Kopie des Computerspiels, nicht
bei einer Veränderung des dem Spiel zugrunde liegenden Quellcodes.
3.2 Das Multimediawerk nach § 2 Abs. 1 Nr.6 UrhG
Neben das soeben erwähnte Computerprogramm tritt die wahrnehmbare audiovi-
suelle Spieldarstellung als eine Kombination von Grafik, Animation und Audio.
Es ist ein Multimediawerk, das starke Ähnlichkeiten mit einem Filmwerk hat.
Wie beim Film werden zahlreiche Werkgattungen zu einer neuen Einheit mitein- M
ander verschmolzen. Da es sich damit um Werke handelt, die ähnlich wie Film- 15
werke geschaffen werden (§ 2 Abs.1 Nr.6), sind auch die filmrechtlichen Sonder- S. 3
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regelungen der §§ 88 ff. UrhG anwendbar. Diese Regeln bieten für den Hersteller
von Computerspielen deutliche Erleichterungen. An der Produktion eines Com-
puterspiels sind – wie bei einem Film – zahlreiche Urheber und Leistungsschutz-
berechtigte beteiligt. Es besteht daher ein erhebliches Interesse daran, die Rechte
in der Hand des Produzenten zu bündeln, um die Auswertbarkeit des Werkes
sicherzustellen. Das gewährleisten die §§ 88-94 UrhG. Sie haben zum Ziel, dem
Produzenten des Spiels, der das wirtschaftliche Risiko der Auswertung trägt, eine
möglichst ungestörte Verwertung des Werkes zur Amortisation seiner erheblichen
Investitionen zu ermöglichen. Dadurch wird verhindert, dass ein einzelner Rech-
teinhaber die Auswertung des gesamten Spiels blockieren kann. Wenn das Com-
puterspiel auf einem vorbestehenden Werk aufbaut, etwa einem Buch oder einem
Film, wird zugunsten des Produzenten des Computerspiels vermutet, dass in dem
Vertrag zur Übertragung von Rechten an dem vorbestehenden Werk dem Produ-
zenten alle erforderlichen Rechte eingeräumt wurden (§ 88 UrhG). Auch die
Personen, die Beiträge zu einem Computerspiel leisten (Grafiker, Programmierer,
Tonspezialisten etc.), räumen dem Spieleproduzenten im Zweifel das ausschließ-
liche Recht ein, das Spiel umfassend auszuwerten (§ 89 UrhG). Diese Vorschrif-
ten weichen von der ansonsten im Urheberrecht geltenden Zweckübertragungs-
lehre ab, wonach Rechte im Zweifel beim Urheber verbleiben (§ 31 Abs. 5 UrhG).
Nach § 94 erwirbt der Produzent des Computerspiels ein eigenes Leistungs-
schutzrecht.
3.3 Weitere Schutzrechte
Weitere schutzfähige Elemente finden sich zudem außerhalb des eigentlichen
Computerspiels. Das gilt insbesondere für die Handbücher zu Computerspielen,
die Grafiken in diesen Handbüchern, die Grafiken und die Musik in den einzel-
nen Menüs sowie den gesamten Bereich des Merchandisings. Deshalb ist anzura-
ten, dass der Produzent sich alle betroffenen Rechte einzeln und ausdrücklich
benannt einräumen lässt. Rechte, die für die Erfüllung des Vertrages nicht zwin-
gend notwendig sind, verbleiben nämlich anderenfalls beim Schöpfer. In weiser
Voraussicht sollte sich der Produzent jedenfalls das Vervielfältigungsrecht, die
Senderechte, die Werberechte (bspw. für die Nutzung von Grafiken in Trailern)
und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sichern. Letzteres gestattet
es, den Vertragsgegenstand auch im Internet auszuwerten.
4. Produktionsformen von Computerspielen
Computerspiele werden in diversen Organisationsformen hergestellt, etwa im
Rahmen einer Auftragsproduktion oder Co-Produktion. Co-Produktionen, bei
denen mehrere Produzenten gemeinsam das Risiko tragen, sind relativ selten.
M Häufiger ist der Fall der Auftragsproduktion. Im Rahmen einer Auftragsprodukti-
15 on beauftragt der Publisher ein Entwicklungsstudio mit der Herstellung eines
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