Widerstände und Ineffizienz lassen sich mit klassischen Projektmanagement-Methoden nicht immer in den Griff kriegen – die systemische Sicht auf ein Projekt liefert wertvolle neue Impulse für mehr Produktivität - von Mathias W. Vaagt, PM Associate PM FIREFIGHTERS
Systemisches Vorgehen hilft Projekten aus der Kriseement pmff
1. Systemisches Vorgehen hilft Projekten aus der Krise
Widerstände und Ineffizienz lassen sich mit klassischen Projektmanagement-
Methoden nicht immer in den Griff kriegen – die systemische Sicht auf ein Projekt
liefert wertvolle neue Impulse für mehr Produktivität
von Mathias W. Vaagt, PM Associate PM FIREFIGHTERS
„Da ist einfach der Wurm drin.“ So lautet nicht selten die Antwort, wenn nach den Gründen
gefragt wird, warum ein Unternehmensprojekt in eine Krise geraten und vom Scheitern
bedroht ist. Eine Formulierung, die auf komplexe Ursachen hinweist. Und die verdeutlicht,
dass die Beteiligten selbst kaum noch in der Lage sind, verwobene Zusammenhänge zu
differenzieren und den Kern des Problems zu benennen. Genau das ist in einer solchen
Situation aber notwendig: Denn Krisenbewältigung im Projektmanagement heißt, Ursachen
zu identifizieren, Missstände klar zu benennen, belastbare Entscheidungen des
Managements herbeizuführen und neue Perspektiven für das Projekt zu entwickeln.
Eine Ausgangssituation, in der wertvolle Impulse von einer systemischen Herangehensweise
ausgehen können, deren Arbeitsweise wir nachfolgend näher erläutern. Im Mittelpunkt der
systemischen Arbeit steht ein Grundverständnis, das sowohl Individuen als auch Gruppen
als komplexe soziale Systeme versteht. Sie funktionieren nicht nach Ursache und Wirkung,
oder im Rahmen ihrer funktionalen Zuordnung, sondern steuern sich weitgehend selbst und
unterliegen dabei vielen Wechselwirkungen. Organisations- bzw. Projektkultur und
Kommunikationsbeziehungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Es ist eben nicht so,
dass der Sender einer kommunikativen Botschaft bestimmt, was beim Empfänger
verstanden wird, sondern letztendlich entscheidet der Empfänger, welche Botschaften
ankommen.
Komplexe Probleme können nicht gelöst werden, wenn sich die Betrachtung lediglich auf
offensichtliche sachliche Aspekte wie etwa das Zeitmanagement oder die Produktqualität
konzentriert. Denn die offensichtlichen Themen sind nicht das Thema - die alles
entscheidende Beziehungsebene liegt unter der Oberfläche, einem Eisberg vergleichbar.
Projektmanager sind daher gut beraten, eine wertschätzende Haltung einzunehmen, ihre
Kommunikation daraufhin zu überprüfen und auf die wohlwollende Unterstützung durch
Mitarbeiter und Stakeholder zu achten.
Auch Unternehmen, in denen immer wieder dieselben Probleme den Erfolg von Projekten
verhindern, profitieren von einer ganzheitlichen systemischen Sicht. Denn diese sorgt für
grundlegend neue Erkenntnisse und Konsequenzen, die den weiteren Verlauf einzelner
Projekte als auch die Rahmenbedingungen der Projektarbeit im Unternehmen maßgeblich
beeinflussen können.
Die systemische Betrachtungsweise hält derzeit immer weiter Einzug in die klassische
Projektmanagement-Methodik. Ausschlaggebend dafür ist auch die Einsicht, dass sich
Projekte und Organisationen gegenseitig beeinflussen - beide repräsentieren voneinander
abgegrenzte Systeme und stehen in einem Komplementär-Verhältnis zueinander. Für
Projektmanager erweist es sich daher grundsätzlich als hilfreich, im operativen
Tagesgeschäft durch die „systemische Brille“ auf das Geschehen zu schauen, weil es
dadurch sicherer gelingen kann, Problemfelder einzugrenzen.
PM FIREFIGHTERS Project Management GmbH l Zirkusweg 1 l 20359 Hamburg l E-Mail: kontakt@pmff.eu
2. Kommt es allerdings im Falle einer Projektkrise zur Notwendigkeit einer Intervention mit
nachhaltigen Veränderungen, kann der Projektleiter selbst die dafür nötige Neutralität nicht
gewährleisten, so dass ein externer Spezialist hinzugezogen werden muss.
Solche Organisationsberater unterstützen das Projektmanagement dahingehend, dass sie
mit systemischer Ausrichtung darauf setzen, zunächst die Regeln und Umstände zu
verstehen, die das Verhalten der Personen im Unternehmen, in den Abteilungen und
innerhalb des Projektteams beeinflussen. Gerät ein Projekt in eine Schräglage, so ist das ein
klarer Hinweis auf eine Störung im Gesamtsystem. Ein systemisch arbeitender Spezialist
arbeitet darauf hin, dieses zunächst zu identifizieren und gemeinsam mit dem Projektteam
eine neue Balance zu schaffen. Die Lösung muss dabei immer von den Beteiligten selbst
entwickelt werden, denn sie sind die „Experten des Problems“. Der systemische
Organisationsberater tritt in dieser Situation als Coach und Moderator im Projekt auf.
Das Ziel des Gruppenprozesses ist es, möglichst viele Dimensionen zu erkennen, die ein
Gesamtsystem und damit das Verhalten der Team-Mitglieder und deren Zusammenspiel
prägen. Dazu gehört immer ein Blick in die Frühphase des Projekts, der klärt, unter welchen
Prämissen die Mitarbeiter ins Projekt eingebunden wurden und mit welchen Erwartungen,
mit welchen Einstellungen sie hineingegangen sind.
Auch die Handlungs- und Verhaltensweisen des Projektmanagers sowie der
Geschäftsführung, von Stakeholdern und der beteiligten Linienstrukturen werden
ausgeleuchtet. Die Rahmenbedingungen wie die gesetzten Ziele und Aufgaben, die
Geschichte und Kultur des Unternehmens, die Strukturen und Prozesse sowie
Vertragsfragen fließen in die systemische Betrachtung mit ein. So entsteht eine umfassende
Transparenz, die von den Betroffenen zunächst oft als unbequem empfunden wird, weshalb
sie mitunter mit Ablehnung auf die systemische Arbeitsweise reagieren.
Nach der eingehenden Betrachtung der Systems formuliert der systemische Berater
Hypothesen über die Ursachen des Problems und entwickelt auf dieser Grundlage eine
Interventionsstrategie – das gezielte Umsetzen einzelner, auf den ersten Blick „kleiner“
Veränderungen mit potentiell großer Wirkung. Die Folgewirkungen dieser Maßnahmen
müssen anschließend wie alle Veränderungen im Projekt-Umfeld beobachtet und analysiert
werden. Denn die systemische Methode spielt ihre Stärken besonders dann aus, wenn sie
langfristig und konsequent angewendet wird.
Ein Projekt bedeutet in erster Linie Veränderung, die jedoch nie von allen Beteiligten in
gleicher Weise mitgetragen wird. Eine Energie, mit der Projektmanager bewusst umzugehen
lernen müssen. Denn letztlich scheitern die meisten Projekte nicht an unzureichender
Planung oder Steuerung, sondern an mangelnder Beteiligung.
FAZIT
Mit den Ansätzen der systemischen Organisationsberatung ist ein Instrumentarium
entstanden, das dem Projektmanagement wertvolle neue Einsichten und Methoden im
Hinblick auf die Einflussfaktoren liefert, die den Erfolg von Projekten maßgeblich
mitbestimmen. Eine steigende Erfolgsquote in der Projektarbeit, verbunden mit einer
wachsenden Produktivität und einer erhöhten Identifikation der Mitarbeiter sprechen dafür,
dass die Bedeutung systemischer Perspektiven in der Projektarbeit in den kommenden
Jahren weiter wachsen wird. .
PM FIREFIGHTERS Project Management GmbH l Zirkusweg 1 l 20359 Hamburg l E-Mail: kontakt@pmff.eu
3. Der Autor
Mathias W. Vaagt ist PM Associate bei der PM FIREFIGHTERS Project Management
GmbH (www.pm-firefighters.eu). Seit 1987 in unterschiedlichen operativen Rollen und
Funktionen mit Schwerpunkt General Management, Vertrieb und Projekte in
internationalen Unternehmen tätig, arbeitet er als Interim- und Projekt-Manager mit dem
Selbstverständnis eines operativ tätigen "hands-on" Prozess-Managers mit Fokus auf
Projektmanagement und Veränderung. Neben der Zertifizierung in klassischem
Projektmanagement und agiler Vorgehensweise ist er in systemischer
Organisationsberatung ausgebildet. Einer Methode, um Kommunikationsbeziehungen in
Organisationen, und damit die Umsetzung von Veränderung positiv zu beeinflussen.
PM FIREFIGHTERS Project Management GmbH l Zirkusweg 1 l 20359 Hamburg l E-Mail: kontakt@pmff.eu