Beitrag zum Thema 4-2 "Mein Europa, dein Europa – unser Europa!" beim 64. Europäischen Wettbewerb von David Lemle vom Privaten Gymnasium der Zisterzienserabtei
Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaft an der Universität Duisburg_Essen
Lemle
1.
2. Modul 4-2
Mein Europa, dein Europa – unser Europa!
„Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen.
Sie wurde eine Hoffnung für viele.
Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“
(Konrad Adenauer, 1876-1967, deutscher Politiker, erster Bundeskanzler)
Wo ist Europa für Sie Traum und Hoffnung?
Wo wird Europa für Sie im Alltag notwendig?
1)
Das oben angeführte Zitat ist die entscheidende Passage aus Adenauers Bundes-
tagsrede vom 15.12.1954 in Bezug auf Europa. Er erwähnt den Begriff Europa nicht
mehr nur in geographischer, sondern auch in politischer Hinsicht. Der Bundeskanz-
ler der Bundesrepublik Deutschland wusste offenbar davon, dass Europa als Idee
schon seit langer, langer Zeit von politischen Denkern immer wieder formuliert
wurde. Ich greife z.B. den berühmten französischen Romantiker Victor Hugo her-
aus, der 1851 in einer Rede vor dem französischen Parlament von den „Vereinigten
Staaten von Europa“2)
unter dem Spott von Abgeordneten gesprochen hatte. Leider
gelang es ihm nicht, die Idee mit der Macht der Abgeordneten zu verbinden. Mehre-
re Kriege sind gefolgt. Erst Robert Schuman, Konrad Adenauer u.a. gelang es, die
Europaidee mit politischem Willen und Handeln zu verbinden. Der jetzt möglich
Europa - unser Europa!“ zusammenfassen, die ich nachfolgend interpretieren will.
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land seit 1946 3)
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3. „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen.“
Europa, wie wir es heute kennen, wäre für jemanden, der im dunklen, grausamen
Zeitalter des Nationalsozialismus aufwuchs, niemals denkbar gewesen. Allein die
Laufe der Zeit stetig zuspitzte, ließ aus objektiver Sicht betrachtet keine Option
nach dem Ersten Weltkrieg den Deutschen aufgezwungene Versailler Vertrag, der
ihnen die alleinige Kriegsschuld zusprach. So wurde beispielsweise um 1940 Schü-
-
„dreckigen Deutschen“, wie es mir mein Opa zur Vorbereitung einer Geschichts-
von Minderheiten eine Gesellschaft, die durch den krankhaft nationalistischen
Eroberungswillen einzelner schließlich in den Zweiten Weltkrieg geführt wurde.
Die Berliner Sportpalast-Rede von Jo-
seph Goebbels und das Einschwören
des deutschen Volkes auf den „Totalen
welcher erbitterten Härte und Men-
schenverachtung dieser Krieg sowohl
seitens der Deutschen als auch seitens
der späteren Siegermächte geführt
wurde: „Ich frage euch: Wollt ihr den
totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns
heute überhaupt noch vorstellen können?“5)
. Dieser Kampf um die endgültige
Vormachtstellung in Europa koste-
te laut einer Kriegsbilanz von W. van
Mourik6)
mehr als 53 Millionen Soldaten das Le-
Opfer des von Deutschland zu verant-
wortenden Holocaust, der ab 1942 so-
gar industriell und somit in unvorstell-
barem Ausmaße durchgeführt wurde.
4)
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4. In den letzten Kriegstagen, bevor die Wehrmacht am 08. Mai 1945 bedingungs-
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-
Keine erneute, sondern die alleinige
Kriegsschuld Deutschlands, Mord an
Millionen Juden - und auch „Lebens-
unwürdigen“, wie sie das NS-Regime
bezeichnete -, keine rechtzeitige Kapi-
tulation Deutschlands und in bereits
eroberten Gebieten willkürliche Tö-
tungen Einheimischer. Spätestens am
Tag der Kapitulation endet die zwölf-
jährige NS-Schreckensherrschaft und
der 56 Monate lang geführte Zweite Weltkrieg auf europäischem Boden.
8)
Den vielen hungernden, obdachlosen und teils schwer leidenden Deutschen war
allerdings nach Kriegsende genauso unklar wie auch meinem Großvater, wie die
Siegermächte mit ihnen umgehen würden: Werden sie an uns Rache nehmen?
Zerstückelungspläne Deutschlands wie der schon vor Kriegsende verfasste ame-
rikanische Morgenthau-Plan, der vorsah, Deutschland in ein Agrarland umzu-
FRIEDEN - eine Chimäre?
Regierungen der Sieger- und Nachbarstaaten hatten gro-
ße Angst vor Deutschland. Gegen diese pessimistischen
Gedankenansätze gab es bei einigen auch humane Träu-
me über eine friedliche Zusammenarbeit mit kriegsbe-
teiligten Nationen, egal ob Siegermächte oder Besiegte.
„Sie wurde eine Hoffnung für viele.“
Noch fehlte für die Kriegsüberlebenden ein zukunftsweisender Vorschlag von einer
Regierung, um aus dem Traum von der Einheit Europas eine echte Hoffnung wer-
den zu lassen. Nachdem Churchill in seiner Züricher Rede im September 194610)
erstmals als Staatsmann die „Vereinigten Staaten von Europa“ vorgeschlagen
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boren 1886 als Reichsdeutscher in Luxemburg, in einer Rede am 09. Mai 1950 11)
,
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3
5. Grundlage sollte sein: „Die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und
Stahlproduktion unter eine gemeinsame Oberste Aufsichtsbehörde zu stellen…,
die den anderen europäischen Ländern … offensteht“. Diese Zusammenlegung
„wird sofort die Schaffung gemeinsamer Grundlagen für die wirtschaftliche Ent-
wicklung sichern. … und wird der gesamten Welt … zur Verfügung gestellt, um
beizutragen. Europa wird dann mit vermehrten Mitteln … eine seiner wichtigs-
ten Aufgaben verfolgen können: die Entwicklung des afrikanischen Erdteils.“
Mit der Gründung der EGKS 1952, nur sieben Jahre nach Kriegsende, war der
-
sich dadurch ergebenden Chancen für Westdeutschland, sich mit den Weststaa-
ten auszusöhnen, zum Glück unserer heutigen Generationen. Erst Bundeskanzle-
Kontinents.
-
Widerstandes in der französischen Nationalversammlung 1954. Die Hoffnung lag
nun mehr auf dem Erfolg der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Schon 1962
waren die Zölle auf den Handel in der EWG abgeschafft.
Zu den bisher im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Interessen treten ab
1993 mit dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags zur Gründung der Euro-
12)
-
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ischen Kontinent verdanken wir vor al-
lem auch der Politik der konsequenten
Westintegration Adenauers. Es folgten
aufgrund des anhaltenden Erfolges
der EGKS und auch wegen des Öl- und
Erdgasbooms verbunden mit weitge-
hender Verdrängung der Kohle vom
4
6. dessen Kennzeichen
Waren-, Personen-,
Kapital- und Dienst-
leistungsverkehr sind.
Seither sind viele Eu-
ropäer bezüglich des
Bestehenbleibens der
Einheit Europas, die
45 Jahre zuvor kaum
hätte erträumt werden
können, sehr optimis-
tisch gestimmt.
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„Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“
Nur noch extreme Nationalisten und Gedankenlose können sich eine Welt ohne
-
dens und des wirtschaftlichen Wohlergehens Europas hineingeboren wurde, kennt
schließlich nichts Anderes. Sie musste weder Krieg noch Hungersnöte überstehen.
Dennoch ist aus heutiger Sicht die
europäische Zusammenarbeit be-
sonders aus sicherheitspolitischen
Gründen dringender denn je. Kein
Staat in Europa, nicht einmal
Deutschland, wäre in der Lage,
sich allein bei einer kriegerischen
Auseinandersetzung beispielswei-
se mit Russland erfolgreich zu ver-
teidigen. Daher ist die transatlan- 14)
tische Zusammenarbeit im Rahmen der NATO von existenzieller Bedeutung für
Schon aus Adenauers Sicht war es damals notwendig, Deutschland aus der wirt-
schaftlichen Isolierung herauszuholen und andere Märkte zu öffnen. Das roh-
5
7. können sich einzelne Mitgliedstaaten, nicht einmal Deutschland, gegenüber den
Im Rotterdamer Hafen 15)
voranzutreiben, die ich im Zusammenhang mit
ich auch die Einigung Europas als eine wichti-
ge Voraussetzung. Die Globalisierung und die
damit einhergehende Digitalisierung weisen
zum Beispiel mit Smartphones oder Handys
den Verfolgten, Hungernden und Arbeitslosen direkt den Weg nach Europa.
Wieso ist Europa für mich Traum und Hoffnung?
Wo ist Europa in meinem Alltag notwendig?
Die damals gesehene Notwendigkeit erscheint mir heute noch notwendiger, weil
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verkehr und freier Warenverkehr sind für mich und meine Generation pure Selbst-
verständlichkeit. Diese Erfolge eröffnen nicht nur den erwachsenen Europäern,
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sondern auch mir als Schüler eine
Vielzahl an Möglichkeiten. Im freien
Personenverkehr kann ich ohne Pass-
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gliedstaaten reisen, was für mich von
großer Bedeutung ist. Dies erscheint
mir heute bedroht durch wiederein-
geführte Kontrollen wegen illegaler
mit dem freien Personenverkehr ist die gemeinsame Währung, der Euro, der in
Musste man zum Beispiel früher bei einer Reise nach Italien Deutsche Mark in
italienische Lira wechseln und einen nicht unerheblichen Wechselkursverlust
hinnehmen, so kann man heute seine Pizza wie in Deutschland auch dort mit
dem Euro bezahlen. Der Euro macht somit das Einkaufen innerhalb der Eurozo-
ne einfacher und schneller. Darüber hinaus bin ich sehr über die Vielzahl unter-
schiedlicher wirtschaftlicher und kulinarischer Angebote aus den Mitgliedstaaten
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8. würde.SogarimWesterwaldlassensichnebendeutschenCurrywürstenauchgriechi-
Der freie Handel ist aber nicht nur für mich sehr bedeutsam, sondern gerade auch
für ganz Deutschland von hoher Wichtigkeit wegen seiner Exportabhängigkeit.
geschaffen werden, sondern auch für viele nichtdeutsche Europäer und somit der
Wohlstand auch in deren Staaten gefördert wird.
Bereits in meinem Alter bringt mir der freie europäische Handel ohne Zölle und
-
handel günstig und schneller zu beziehen. Wenn ich mir ein neues Computerspiel
kaufen möchte, welches in Deutschland noch nicht zu beziehen ist, kann ich es
über das Internet im Ausland bestellen und mir kostengünstig, teils sogar kosten-
Handel außerdem die Möglichkeit, Sammlermünzen direkt bei den Prägestätten
ohne Zwischenhändler zu kaufen und kann mir somit sicher sein, dass es sich um
Originale zu einem günstigen Einkaufspreis handelt.
Studienmöglichkeiten wird dadurch beachtlich vergrößert. Sollte ich nach abge-
-
-
den oder als Arbeitnehmer dort zu arbeiten.
Zudem gewinnt die Digitalisierung durch die elektronische Kommunikation in der
sich globalisierenden Welt immer grö-
ßere Bedeutung. Aktuelle Ereignisse
sind in Echtzeit überall auf der Welt
abrufbar. So wird es mir beispielswei-
se ermöglicht, mich mit meinem Smart-
phone, meinem Computer oder meinem
informieren. Die Kommunikation mit
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7
9. -
ken dieser Kommunikationsart, fake news genannt, nicht übersehen werden. Mit
der schamlosen und faktenfalschen E-Mail, deutsche Soldaten hätten in Litauen
ein Mädchen vergewaltigt, soll wohl die dortige Bevölkerung in ihrer Haltung ge-
Die gemeinsame innere und äußere Sicherheit ist für uns nur durch gemeinsames
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Gegensätze aufgefasst, sondern müssen in Übereinstimmung gebracht werden.
18)
Denn das Wetter richtet sich nicht nach nationalen Grenzen. Luft- und Wasser-
qualität sind zwar schon lange gemeinsam geregelt, sind aber meiner Auffassung
nach, dringend überholungsbedürftig, wie es die Statistik „Nationale Treibhaus-
Selbstverständlichkeit werden, weil Energiepolitik zur Wirtschaftspolitik gehört.
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10. Italien anrufen kann.
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deuten, und ich für ihre weitere Aufrechterhaltung eintrete, nahm ich mit vie-
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gien verbreiteten, teil. Es ging den zahlreichen Mitdemonstranten und mir darum,
ein deutliches Zeichen für ein freies, tolerantes und offenes Europa zu setzen. Denn
nichts zu sagen oder sich nicht einzumischen, ist aus meiner Sicht das Schlimms-
te, was man tun kann, wenn gegen die bestehende rechtsstaatliche Ordnung und
Deshalb kann ich nur dazu aufrufen: Kämpft für die sich noch in der Entwicklung
Jahre hinweg geschaffen hat und sichert. Mein Traum bleibt das bundesstaatlich
geeinte Europa, eben die Vereinigten Staaten von Europa! Dazu müssen mehr
Kompetenzen u.a. in den Politikfeldern der inneren und äußeren Sicherheit und
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11. höhe mit den Großmächten in der Weltpolitik verhandeln.
Weil Menschen immer
auch unterschiedli-
che Interessen ha-
ben, muss es einen
gestärkten Europäi-
schen Gerichtshof in
Luxemburg geben.
Schon heute ist die
mehr zu den Waffen
gegriffen, sondern
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menschenwürdiges Leben in Europa.
20)
21)
10
12. Quellennachweis:
1)
2)
Victor Hugo Dokument 25, S. 222
3)
4)
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5) Chronik des 20. Jahrhunderts, Chronik Verlag im Bertelsmann
Lexikon Verlag, S.598
6)
8)
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9)
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10)
11) Jürgen Wahl, Robert Schuman Visionär – Politiker – Architekt Europas,
Paulinus Verlag, S.92
(Quelle: http://image.stern.de/6804740/uncrop
ped-0-0/93ef0ced898b05f45152b877fe2d705f/HK/nato-russland-polen.jpg)
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(Quelle: http://www.umweltbundesamt.de/daten/klimawandel/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#textpart-1)
19) Eigenbild des Autors
20) Europäischer Gerichtshof in Luxemburg (Quelle: http://image.stern.de/7233206/uncropped-0-0/7a
f5e707694e22553ec665f8c21fc25e/tS/blauer-brief-europaeische-union.jpg)
21) Offizielle Europaflagge
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