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InderTraditiongefangen?
Talibanherrschaft, Krieg, Attentate, zuletzt auch Umweltkatastrophen — die Nachrichten aus
­Afghanistan sind selten positiv. Unser Autor war drei Jahre als landwirtschaftlicher
Berater vor Ort, um den Bauern zu helfen, ihre schwierigen Lebensumstände zu verbessern.
Fotos:Autor(11),Archiv(1)
110  agrarmanager Juni 2014 
Rundschau Afghanistan
N Landwirtschaft am Hindukusch
B
ilder und Berichte, die uns aus Af-
ghanistan erreichen, zeigen meist
ein raues Land mit patrouillieren-
den Soldaten und den Zerstörun-
gen der Taliban. Die Menschen dort haben in
mehr als drei Jahrzehnten Bürgerkrieg und
Talibanherrschaft sehr gelitten. Doch auch
davor war das Leben in dieser Region nicht
einfach, die Geschichte recht wechselhaft. So
bildeten sich unter dem Einfluss unterschied-
licher Kulturen und Religionen im Laufe der
Jahrhunderte verschiedene Reiche auf dem
Gebiet des heutigen Staates aus. In der An-
tike gehörte die Region am Hindukusch zum
Perserreich und wurde später von den Nach-
kommen der Truppen Alexanders des Gro-
ßen ab 300 v. Chr. regiert. Danach und bis
zu den muslimischen Vorstößen nach Afgha-
nistan im 7. Jahrhundert unserer Zeitrech-
nungwarderBuddhismusdievorherrschende
Religion. Dschingis Khan zerstörte mit ­seinen
Soldaten im 13. Jahrhundert Dörfer und
Städte. Bis in die Neuzeit prägten und prä-
gen Aufstände, Machtkämpfe und Kriege die
Situa­tion auf dem Gebiet Afghanistans.
Sehr trocken,
sehr heiß, sehr kalt
Die kriegerischen Auseinan-
dersetzungen der letzten Jahr-
zehnte hat auch die afghani-
sche Landwirtschaft schwer in
Mitleidenschaft gezogen. Mit
vielen kleinen Schritten ver-
sucht die Landbevölkerung nun
zur Selbstversorgung des Lan-
des beizutragen.
Das Erstaunliche
dabei ist, dass sie
dafür noch heute
althergebrachte
Agrartechniken
nutzt, die teils
schon vor Jahr-
tausenden in der
Region ihren
Ursprunghatten
—wie etwa der
Pflug, wasser-
betriebene Ge-
treidemühlen,
mitTierenbetriebeneÖlmühlenodergemein-
sam genutzte Bewässerungsanlagen.
Nach wie vor ist die Mehrheit der afghani-
schen Arbeitskräfte (etwa 60 %) in der Land-
wirtschaft beschäftigt. Dabei sind die natür-
lichen Lebensgrundlagen — also Boden, Wald
und Wasser — äußerst knapp. Laut Landwirt-
schaftsministerium werden nur 12 % der
Landesfläche ackerbaulich genutzt, keine 3 %
sind bewaldet, drei Viertel des Landes beste-
hen aus schwer zugänglichen Gebirgsregio-
nen mit oft minderwertigen Weidegebieten.
Und auch Klima und Geographie machen es N
Traditionell
Ob Pflug, ­Ölmühle
(oben) oder die
Getreidemühle am
Wasser — so wirtschaften die Bauern Afgha­
nistans schon seit Jahrhunderten. Der Weg in
die Moderne ist schwierig — wegen der Tradi­
tion, der natürli­chen Bedingungen und nicht
zuletzt wegen des jahrzehntelangen Kriegszu­
standes in dem sich das Land am Hindukusch
befindet.
Bergig Der Hindukusch und seine Ausläufer
prägen Afghanistan und seine Landwirtschaft.
Immerhin drei Viertel des Landes bestehen
aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen mit
oft minderwertigen Weidegebieten.
den Bauern nicht leicht. Abgesehen von den
Ebenen im Norden und Süden ist Afghanistan
ein ausgesprochenes Bergland.
Das kontinentale Trockenklima ist durch
große Temperaturunterschiede und extrem
geringe Niederschläge charakterisiert. In den
Tiefebenen im Norden und Süden steigen die
Mittagstemperaturen im Sommer auf über
40 °C. In den Gebirgslagen sinken die Tem-
peraturen nicht selten bis -25 °C. Die Nie-
derschläge sind auf wenige Monate des Jahres
begrenztundverdunstenbeihohenTempera-
turen schnell. Die durchschnittliche Nieder-
schlagsmengebeträgtimJahr300 bis400 mm;
in den Wüsten sind es nur 100 mm, im Hin-
dukusch hingegen bis zu 1.000 mm.
Persianer und Roh-Opium
Bis in die 70er-Jahre war Afghanistan trotz-
demeinederführendenExportnationenunter
anderem bei Trockenfrüchten wie Rosinen,
Mandeln, Pistazien, Walnüssen und Apriko-
sen.AndieseTraditionwillmannunanknüp-
fen.DanebenerzeugtAfghanistanauchSafran,
Rosen-undWalnussöl.Vondennochvorhan-
denen Maulbeerbäumen wird Seide erzeugt.
EinesehralteTraditionhabendieafghanischen
Teppiche aus Schafwolle und Ziegenhaar auf
Wolle oder Seide. Ihre typischen Merkmale
wie Robustheit und die dunklen roten Farben
haben sich bis heute erhalten.
Afghanistan ist einer der größten Produ-
zenten von Karakulschafen. Die zu den Fett-
schwanzschafen zählende Rasse ist für den
Export interessant, weil das Fell des jungen
Lamms als Persianerpelz vermarktet wird.
Regional nutzen die Bauern vor allem das
Fleisch, das Fell, die Wolle und das Schwanz-
fett. Eine weitere wichtige landwirtschaft-
lich basierte Exportbranche mit noch großem
­Potenzial ist die Kaschmirerzeugung. Hierbei
wird die weiche Unterwolle der Kaschmir-
ziege ausgerupft bzw. ausgekämmt. Jährlich
können zwischen nur 150 und 200 Gramm
Wolle je Tier gewonnen werden. Nach China,
derMongolei,IranundIndienzähltAfghanis-
tan zu den großen Produzenten von Kasch-
mirwolle.
Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass
Afghanistan seit Jahren der weltweit größte
Erzeuger von Schlafmohn zur Herstellung
von Roh-Opium ist, das bekanntlich der
 Juni 2014 agrarmanager  111
­Heroin-Produktion dient. 2013 ist die An-
baufläche auf einen neuen Rekordwert von
über200.000haangewachsen.DasLandstellt
damit rund 80 % des weltweiten Opiums her.
Nach Auskunft des Büros der Vereinten Natio­
nen für Drogen- und Verbrechensbekämp-
fung macht die Opiumproduktion mit einem
Wert von fast einer Milliarde Dollar etwa
4 % des Brutto­inlandsprodukts aus. Afgha-
nistan ist zwar nur der Ausgangspunkt für
einen weltweiten Milliardenmarkt. Doch der
Anbau von Schlafmohn stellt eine Bedrohung
fürdieGesundheit,StabilitätundEntwicklung
in Afghanistan dar. Und seine Eindämmung
bleibt weiterhin eine große ­Herausforderung
— für Afghanistan selbst und für die inter-
nationale Gemeinschaft.
Zur Eigenversorgung bauen die afgha-
nischen Bauern hauptsächlich Weizen, Reis
und Mais an. Im Prinzip kann man zwei
­typische landwirtschaftliche Systeme un-
terscheiden:
NN Intensiver bewässerter Ackerbau mit
zwei Getreideernten in Höhenlagen
unter 1.000 m, vorwiegend Weizen-
und Reisanbau in den Flussoasen.
NN Extensive, saisonale Weidewirtschaft
mit Regenfeldbau in weiten Teilen des
Landes.
Die kleinbäuerlichen Betriebsstrukturen sind
— trotz aller Umbrüche — oft noch sehr tra-
ditionell und feudal geprägt und weisen eine
starke Beharrlichkeit auf. Vertreibung und
Exil während der Kriegsjahre sowie Land-
flucht in die Städte haben zur Aufweichung
dörflicher Strukturen beigetragen. Für viele
Bauernsöhne sind Anstellungen bei Polizei
und Armee interessanter als Tagelöhner-Ar-
beit in der Landwirtschaft. In vielen Regio­
nen haben sich zudem Konflikte um natür­
liche Ressourcen wie etwa Wasserquellen
oder Land zu einem ernsten Problem entwi-
ckelt. Die Klärung der Eigentumsverhältnisse
ist zukünftig von zentraler Bedeutung.
Umweltprobleme und Armut
Neben dem Krieg bedrohen auch Klimawan-
del und Umweltzerstörung die Bevölkerung
Afghanistans. Unregelmäßige Regenfälle und
Dürren, aber auch Erdbeben und zu starke
Regenfälle führen immer wieder zu Ernte­
ausfällenunddamitzuNahrungsmittelknapp-
heit — und sie kosten Menschenleben, wie
der große Erdrutsch Anfang Mai zeigte. Das
Problem verstärkte sich in den letzten Jah-
ren durch eine rasch wachsende Bevölkerung
sowie durch Abholzung, Überweidung und
Erosion. Die traditionellen ländlichen Gesell-
schaftsformen mit kleinbäuerlichen Haushal-
ten und schwach funktionierenden Märkten
sind kaum in der Lage, solche Probleme zu
bewältigen. Deshalb sind staatliche und in-
ternationale Unterstützung dringend erfor-
derlich. Das gilt auch für die beiden anderen
großen Herausforderungen:
NN Die Armut ist, besonders bei der wach-
senden Anzahl von Landlosen, weit
verbreitet. Nach internationalen
­Berichten ist fast die Hälfte der Bevöl-
kerung unzureichend ernährt.
NN Der Drogenanbau hat unter mangeln-
der und unzureichender staatlicher
Gerichtsbarkeit und der wachsenden
gesellschaftlichen Kluft zwischen Arm
und Reich an Bedeutung gewonnen.
Mögliche Perspektiven
Aufgrund des vorwiegenden Subsistenz-
Charakters der Landwirtschaft sind Einkom-
menssteigerungen kurzfristig nur schwer zu
erzielen. Das Wohlergehen der dort beschäf-
tigten breiten Bevölkerungsschichten ist sehr
stark vom Einfluss des Wetters auf Ernte­
erträge und Viehzucht abhängig. Dies kann
— das zeigen unsere Entwicklungshilfepro-
jekte — durch verbesserte Bewässerungs-
techniken (sparsamer Wassereinsatz durch
Gefährlich Wegend der fortgesetz­
ten Abholzung ist die Gefahr von Erd­
rutschen (links) deutlich gestiegen.
Nützlich Solche einfachen und
­kostengünstigen Wasserspeicher (links)­
ermöglichen die Bewässerung ­
und damit Nahrungs- wie Einkommens­
sicherung in Dürrezeiten.
schützend Hilfsprojekte unterstützen
die afghanischen Bauern bei der Auf­
forstung und der Anpflanzung von
Obstbäumen (oben). Ziel ist es, die
­Einkommen zu verbessern und ­Erosion
zu vermindern.
Berater Unser Autor Wilhelm Kruse hat im
Norden Afghanistans den Bauern Alternativen
zum Schlafmohnanbau aufgezeigt.
112  agrarmanager Juni 2014 
Rundschau Afghanistan
N Landwirtschaft am Hindukusch
­effizientere Bewässerungsmethoden) und
­angepasste Fruchtfolgen verhindert werden.
Stichworte sind hier — um nur einige zu
­nennen — Widderpumpe, solar- und wind-
betriebene Wasserpumpen, Wasserspeicher,
Tröpfchen-Bewässerung.
Gewiss, der Schlüssel zur erfolgreichen
Umsetzung solcher Projekte liegt in der Wirt-
schaftlichkeit. Aber Berechnungen belegen,
dass Ernährungssicherheit, Wirtschaftlich-
keit und Umwelt nicht im Widerspruch zu-
einander stehen müssen. Erfahrungen in
chinesischen und indischen Gebirgsregi-
onen zeigen, dass sich durch den Bau bei-
spielsweise von Wasserbecken und Terras-
sen Wasser ansammeln lässt, mit dem die
Bewässerung in Dürreperioden möglich ist.
Das sichert nicht nur die Erträge von Nah-
rungsmitteln, sondern verbessert auch das
­finanzielleEinkommen dervon derLandwirt-
schaft lebenden Bevölkerung.
Leider werden solche Projekte zurzeit in
Afghanistan noch zu selten umgesetzt. Um
möglichst hohe Einkommens- und Beschäf-
tigungseffekte zu erzielen, müsste sich die
­afghanische Landwirtschaft noch stärker auf
Wertschöpfungsketten konzentrieren, die
der Ernährungssicherung dienen und zum
Lebensunterhalt beitragen, die Abhängig-
keit von Importen reduzieren und perspekti-
visch Exporte steigern können. Doch das ist
viel leichter gesagt als getan.
Enorme Herausforderungen
Trotz aller Probleme gibt es in Afghanistan
auch Anzeichen von Verbesserungen. So geht
es den meisten Einwohnern Afghanistans
heute deutlich besser als vor zehn Jahren.
Das jährliche Durchschnittseinkommen pro
Kopf hat sich von 500 € (2002) auf 1.000 €
im Jahr 2012 verdoppelt. Mehr Menschen
als zuvor haben heute Zugang zu Trinkwas-
ser und Strom, ärztlicher Versorgung und
Bildung. Die Lebenserwartung ist deutlich
angestiegen. Zahlreiche Straßen, Brücken,
Bewässerungskanäle und andere zerstörte
Infrastruktur wurden rehabilitiert oder neu
gebaut. Auch wurden erhebliche Fortschritte
beim Aufbau von Verwaltung und rechtstaat-
lichen Strukturen erzielt.
Mit dem Abzug der ISAF-Truppen bis
Ende 2014 werden sich allerdings der Zu-
fluss externer Fördermittel und die Nach-
frage nach Dienstleistungen reduzieren. Das
afghanische Wirtschaftswachstum ist bereits
zurückgegangen und wird den Truppenab-
zug auch perspektivisch nur schwer aus-
gleichen können. Zudem halten internati-
onale Unternehmen aus Unsicherheit über
die Zukunft des Landes aber auch wegen
mangelnder Rechtssicherheit und einge-
schränkter Leistungsfähigkeit des Finanz-
systems derzeit Investitionen zurück. Fast
500.000 junge Menschen drängen jährlich
neu auf den Arbeitsmarkt, dies ist nicht nur
ein wirtschaftliches, sondern auch ein so-
ziales Problem mit möglichen Auswirkun-
gen auf die ohnehin anfällige innenpoliti-
sche Stabilität.
Mittel- bis langfristig wird allerdings der
Erschließung afghanischer Rohstoffe — hier
vor allem Eisen, Kupfer, Kohle, Erdgas und
Erdöl — große Bedeutung für die wirtschaft-
liche Entwicklung Afghanistans beigemes-
sen. Wegen der anhaltenden ungewissen
Sicherheitslage hat der Tourismus nur eine
sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung und
wird wohl nicht wieder an die in den 60er-
und 70er-Jahren berühmt gewordene „Hip-
piestraße“ anschließen können. (he)
Unser Autor Wilhelm Kruse, Dipl.- Ing.
agr., ist seit mehr als 30 Jahren in der
Entwicklungshilfe tätig und war von 2010
bis 2013 in Afghanistan für die Gesell-
schaft für Internationale Zusammenar-
beit (GIZ) tätig.
Hilfreich Einfache Ideen wie die Imkerei, dungbetriebene Biogasanlagen (Mitte) oder die Anzucht von Pflanzen oder Gemüse in Folientunneln helfen
der ländlichen Bevölkerung, ihre Erträge und Einkommen zu verbessern und — wie im Falle der Mini-Biogasanlage — die Abholzung zu reduzieren.
 Juni 2014 agrarmanager  113
Auf einen Blick: Republik Afghanistan
Seit dem Jahr 2004 hat Afghanistan ein präsidiales Regierungssys­tem nach
dem Vorbild der USA. Der Präsident als Chef der Exekuti­ve wird für fünf
Jahre direkt vom Volk gewählt. Der bisheri­ge Präsident Karsai ist seit 2004
im Amt und darf nach zwei Amtsperioden nicht wiedergewählt werden.
Mit knapp 33 Mio. Einwohnern und einer Fläche von 647.500 km2 ist ­Afgha­-
nistan relativ dünn besiedelt. Der größte Teil der Bevölkerung, fast 80 %,
lebt auf dem Land. Die größten ethnischen Gruppen bilden die Paschtunen
(42 %), die Tadschiken (20 %), die Hazara (9 %) und die Usbeken (9 %).
Afghanistan grenzt im Norden an Usbekistan, Tadschikistan und Turkme­
nistan, im Osten ein kurzes Stück an China. Der gesamte Süden des Landes
grenzt an Pakistan und der Westen an den Iran.
Der Hindukusch durchzieht das Land wie ein Rückgrat. Über die Hälfte des
Gebirgslandes befindet sich in Höhen zwischen 600 und 1.800 m, rund ein
Drittel zwischen 1.800 und 3.000 m, nur etwa 10 % liegen unter 500 m. Im
Osten steigt das Gebirge über 7.000 m.
Kandahar
Kabul
Masar-e Scharif
TurkmenistanTurkmenistan
Afghanistan
6000m
5000m
4000m
3000m
2000m
1500m
1000m
600m
300m
0m
Tadschi-
kistan
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  • 1. InderTraditiongefangen? Talibanherrschaft, Krieg, Attentate, zuletzt auch Umweltkatastrophen — die Nachrichten aus ­Afghanistan sind selten positiv. Unser Autor war drei Jahre als landwirtschaftlicher Berater vor Ort, um den Bauern zu helfen, ihre schwierigen Lebensumstände zu verbessern. Fotos:Autor(11),Archiv(1) 110  agrarmanager Juni 2014 Rundschau Afghanistan N Landwirtschaft am Hindukusch
  • 2. B ilder und Berichte, die uns aus Af- ghanistan erreichen, zeigen meist ein raues Land mit patrouillieren- den Soldaten und den Zerstörun- gen der Taliban. Die Menschen dort haben in mehr als drei Jahrzehnten Bürgerkrieg und Talibanherrschaft sehr gelitten. Doch auch davor war das Leben in dieser Region nicht einfach, die Geschichte recht wechselhaft. So bildeten sich unter dem Einfluss unterschied- licher Kulturen und Religionen im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Reiche auf dem Gebiet des heutigen Staates aus. In der An- tike gehörte die Region am Hindukusch zum Perserreich und wurde später von den Nach- kommen der Truppen Alexanders des Gro- ßen ab 300 v. Chr. regiert. Danach und bis zu den muslimischen Vorstößen nach Afgha- nistan im 7. Jahrhundert unserer Zeitrech- nungwarderBuddhismusdievorherrschende Religion. Dschingis Khan zerstörte mit ­seinen Soldaten im 13. Jahrhundert Dörfer und Städte. Bis in die Neuzeit prägten und prä- gen Aufstände, Machtkämpfe und Kriege die Situa­tion auf dem Gebiet Afghanistans. Sehr trocken, sehr heiß, sehr kalt Die kriegerischen Auseinan- dersetzungen der letzten Jahr- zehnte hat auch die afghani- sche Landwirtschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen. Mit vielen kleinen Schritten ver- sucht die Landbevölkerung nun zur Selbstversorgung des Lan- des beizutragen. Das Erstaunliche dabei ist, dass sie dafür noch heute althergebrachte Agrartechniken nutzt, die teils schon vor Jahr- tausenden in der Region ihren Ursprunghatten —wie etwa der Pflug, wasser- betriebene Ge- treidemühlen, mitTierenbetriebeneÖlmühlenodergemein- sam genutzte Bewässerungsanlagen. Nach wie vor ist die Mehrheit der afghani- schen Arbeitskräfte (etwa 60 %) in der Land- wirtschaft beschäftigt. Dabei sind die natür- lichen Lebensgrundlagen — also Boden, Wald und Wasser — äußerst knapp. Laut Landwirt- schaftsministerium werden nur 12 % der Landesfläche ackerbaulich genutzt, keine 3 % sind bewaldet, drei Viertel des Landes beste- hen aus schwer zugänglichen Gebirgsregio- nen mit oft minderwertigen Weidegebieten. Und auch Klima und Geographie machen es N Traditionell Ob Pflug, ­Ölmühle (oben) oder die Getreidemühle am Wasser — so wirtschaften die Bauern Afgha­ nistans schon seit Jahrhunderten. Der Weg in die Moderne ist schwierig — wegen der Tradi­ tion, der natürli­chen Bedingungen und nicht zuletzt wegen des jahrzehntelangen Kriegszu­ standes in dem sich das Land am Hindukusch befindet. Bergig Der Hindukusch und seine Ausläufer prägen Afghanistan und seine Landwirtschaft. Immerhin drei Viertel des Landes bestehen aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen mit oft minderwertigen Weidegebieten. den Bauern nicht leicht. Abgesehen von den Ebenen im Norden und Süden ist Afghanistan ein ausgesprochenes Bergland. Das kontinentale Trockenklima ist durch große Temperaturunterschiede und extrem geringe Niederschläge charakterisiert. In den Tiefebenen im Norden und Süden steigen die Mittagstemperaturen im Sommer auf über 40 °C. In den Gebirgslagen sinken die Tem- peraturen nicht selten bis -25 °C. Die Nie- derschläge sind auf wenige Monate des Jahres begrenztundverdunstenbeihohenTempera- turen schnell. Die durchschnittliche Nieder- schlagsmengebeträgtimJahr300 bis400 mm; in den Wüsten sind es nur 100 mm, im Hin- dukusch hingegen bis zu 1.000 mm. Persianer und Roh-Opium Bis in die 70er-Jahre war Afghanistan trotz- demeinederführendenExportnationenunter anderem bei Trockenfrüchten wie Rosinen, Mandeln, Pistazien, Walnüssen und Apriko- sen.AndieseTraditionwillmannunanknüp- fen.DanebenerzeugtAfghanistanauchSafran, Rosen-undWalnussöl.Vondennochvorhan- denen Maulbeerbäumen wird Seide erzeugt. EinesehralteTraditionhabendieafghanischen Teppiche aus Schafwolle und Ziegenhaar auf Wolle oder Seide. Ihre typischen Merkmale wie Robustheit und die dunklen roten Farben haben sich bis heute erhalten. Afghanistan ist einer der größten Produ- zenten von Karakulschafen. Die zu den Fett- schwanzschafen zählende Rasse ist für den Export interessant, weil das Fell des jungen Lamms als Persianerpelz vermarktet wird. Regional nutzen die Bauern vor allem das Fleisch, das Fell, die Wolle und das Schwanz- fett. Eine weitere wichtige landwirtschaft- lich basierte Exportbranche mit noch großem ­Potenzial ist die Kaschmirerzeugung. Hierbei wird die weiche Unterwolle der Kaschmir- ziege ausgerupft bzw. ausgekämmt. Jährlich können zwischen nur 150 und 200 Gramm Wolle je Tier gewonnen werden. Nach China, derMongolei,IranundIndienzähltAfghanis- tan zu den großen Produzenten von Kasch- mirwolle. Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass Afghanistan seit Jahren der weltweit größte Erzeuger von Schlafmohn zur Herstellung von Roh-Opium ist, das bekanntlich der Juni 2014 agrarmanager  111
  • 3. ­Heroin-Produktion dient. 2013 ist die An- baufläche auf einen neuen Rekordwert von über200.000haangewachsen.DasLandstellt damit rund 80 % des weltweiten Opiums her. Nach Auskunft des Büros der Vereinten Natio­ nen für Drogen- und Verbrechensbekämp- fung macht die Opiumproduktion mit einem Wert von fast einer Milliarde Dollar etwa 4 % des Brutto­inlandsprodukts aus. Afgha- nistan ist zwar nur der Ausgangspunkt für einen weltweiten Milliardenmarkt. Doch der Anbau von Schlafmohn stellt eine Bedrohung fürdieGesundheit,StabilitätundEntwicklung in Afghanistan dar. Und seine Eindämmung bleibt weiterhin eine große ­Herausforderung — für Afghanistan selbst und für die inter- nationale Gemeinschaft. Zur Eigenversorgung bauen die afgha- nischen Bauern hauptsächlich Weizen, Reis und Mais an. Im Prinzip kann man zwei ­typische landwirtschaftliche Systeme un- terscheiden: NN Intensiver bewässerter Ackerbau mit zwei Getreideernten in Höhenlagen unter 1.000 m, vorwiegend Weizen- und Reisanbau in den Flussoasen. NN Extensive, saisonale Weidewirtschaft mit Regenfeldbau in weiten Teilen des Landes. Die kleinbäuerlichen Betriebsstrukturen sind — trotz aller Umbrüche — oft noch sehr tra- ditionell und feudal geprägt und weisen eine starke Beharrlichkeit auf. Vertreibung und Exil während der Kriegsjahre sowie Land- flucht in die Städte haben zur Aufweichung dörflicher Strukturen beigetragen. Für viele Bauernsöhne sind Anstellungen bei Polizei und Armee interessanter als Tagelöhner-Ar- beit in der Landwirtschaft. In vielen Regio­ nen haben sich zudem Konflikte um natür­ liche Ressourcen wie etwa Wasserquellen oder Land zu einem ernsten Problem entwi- ckelt. Die Klärung der Eigentumsverhältnisse ist zukünftig von zentraler Bedeutung. Umweltprobleme und Armut Neben dem Krieg bedrohen auch Klimawan- del und Umweltzerstörung die Bevölkerung Afghanistans. Unregelmäßige Regenfälle und Dürren, aber auch Erdbeben und zu starke Regenfälle führen immer wieder zu Ernte­ ausfällenunddamitzuNahrungsmittelknapp- heit — und sie kosten Menschenleben, wie der große Erdrutsch Anfang Mai zeigte. Das Problem verstärkte sich in den letzten Jah- ren durch eine rasch wachsende Bevölkerung sowie durch Abholzung, Überweidung und Erosion. Die traditionellen ländlichen Gesell- schaftsformen mit kleinbäuerlichen Haushal- ten und schwach funktionierenden Märkten sind kaum in der Lage, solche Probleme zu bewältigen. Deshalb sind staatliche und in- ternationale Unterstützung dringend erfor- derlich. Das gilt auch für die beiden anderen großen Herausforderungen: NN Die Armut ist, besonders bei der wach- senden Anzahl von Landlosen, weit verbreitet. Nach internationalen ­Berichten ist fast die Hälfte der Bevöl- kerung unzureichend ernährt. NN Der Drogenanbau hat unter mangeln- der und unzureichender staatlicher Gerichtsbarkeit und der wachsenden gesellschaftlichen Kluft zwischen Arm und Reich an Bedeutung gewonnen. Mögliche Perspektiven Aufgrund des vorwiegenden Subsistenz- Charakters der Landwirtschaft sind Einkom- menssteigerungen kurzfristig nur schwer zu erzielen. Das Wohlergehen der dort beschäf- tigten breiten Bevölkerungsschichten ist sehr stark vom Einfluss des Wetters auf Ernte­ erträge und Viehzucht abhängig. Dies kann — das zeigen unsere Entwicklungshilfepro- jekte — durch verbesserte Bewässerungs- techniken (sparsamer Wassereinsatz durch Gefährlich Wegend der fortgesetz­ ten Abholzung ist die Gefahr von Erd­ rutschen (links) deutlich gestiegen. Nützlich Solche einfachen und ­kostengünstigen Wasserspeicher (links)­ ermöglichen die Bewässerung ­ und damit Nahrungs- wie Einkommens­ sicherung in Dürrezeiten. schützend Hilfsprojekte unterstützen die afghanischen Bauern bei der Auf­ forstung und der Anpflanzung von Obstbäumen (oben). Ziel ist es, die ­Einkommen zu verbessern und ­Erosion zu vermindern. Berater Unser Autor Wilhelm Kruse hat im Norden Afghanistans den Bauern Alternativen zum Schlafmohnanbau aufgezeigt. 112  agrarmanager Juni 2014 Rundschau Afghanistan N Landwirtschaft am Hindukusch
  • 4. ­effizientere Bewässerungsmethoden) und ­angepasste Fruchtfolgen verhindert werden. Stichworte sind hier — um nur einige zu ­nennen — Widderpumpe, solar- und wind- betriebene Wasserpumpen, Wasserspeicher, Tröpfchen-Bewässerung. Gewiss, der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung solcher Projekte liegt in der Wirt- schaftlichkeit. Aber Berechnungen belegen, dass Ernährungssicherheit, Wirtschaftlich- keit und Umwelt nicht im Widerspruch zu- einander stehen müssen. Erfahrungen in chinesischen und indischen Gebirgsregi- onen zeigen, dass sich durch den Bau bei- spielsweise von Wasserbecken und Terras- sen Wasser ansammeln lässt, mit dem die Bewässerung in Dürreperioden möglich ist. Das sichert nicht nur die Erträge von Nah- rungsmitteln, sondern verbessert auch das ­finanzielleEinkommen dervon derLandwirt- schaft lebenden Bevölkerung. Leider werden solche Projekte zurzeit in Afghanistan noch zu selten umgesetzt. Um möglichst hohe Einkommens- und Beschäf- tigungseffekte zu erzielen, müsste sich die ­afghanische Landwirtschaft noch stärker auf Wertschöpfungsketten konzentrieren, die der Ernährungssicherung dienen und zum Lebensunterhalt beitragen, die Abhängig- keit von Importen reduzieren und perspekti- visch Exporte steigern können. Doch das ist viel leichter gesagt als getan. Enorme Herausforderungen Trotz aller Probleme gibt es in Afghanistan auch Anzeichen von Verbesserungen. So geht es den meisten Einwohnern Afghanistans heute deutlich besser als vor zehn Jahren. Das jährliche Durchschnittseinkommen pro Kopf hat sich von 500 € (2002) auf 1.000 € im Jahr 2012 verdoppelt. Mehr Menschen als zuvor haben heute Zugang zu Trinkwas- ser und Strom, ärztlicher Versorgung und Bildung. Die Lebenserwartung ist deutlich angestiegen. Zahlreiche Straßen, Brücken, Bewässerungskanäle und andere zerstörte Infrastruktur wurden rehabilitiert oder neu gebaut. Auch wurden erhebliche Fortschritte beim Aufbau von Verwaltung und rechtstaat- lichen Strukturen erzielt. Mit dem Abzug der ISAF-Truppen bis Ende 2014 werden sich allerdings der Zu- fluss externer Fördermittel und die Nach- frage nach Dienstleistungen reduzieren. Das afghanische Wirtschaftswachstum ist bereits zurückgegangen und wird den Truppenab- zug auch perspektivisch nur schwer aus- gleichen können. Zudem halten internati- onale Unternehmen aus Unsicherheit über die Zukunft des Landes aber auch wegen mangelnder Rechtssicherheit und einge- schränkter Leistungsfähigkeit des Finanz- systems derzeit Investitionen zurück. Fast 500.000 junge Menschen drängen jährlich neu auf den Arbeitsmarkt, dies ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein so- ziales Problem mit möglichen Auswirkun- gen auf die ohnehin anfällige innenpoliti- sche Stabilität. Mittel- bis langfristig wird allerdings der Erschließung afghanischer Rohstoffe — hier vor allem Eisen, Kupfer, Kohle, Erdgas und Erdöl — große Bedeutung für die wirtschaft- liche Entwicklung Afghanistans beigemes- sen. Wegen der anhaltenden ungewissen Sicherheitslage hat der Tourismus nur eine sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung und wird wohl nicht wieder an die in den 60er- und 70er-Jahren berühmt gewordene „Hip- piestraße“ anschließen können. (he) Unser Autor Wilhelm Kruse, Dipl.- Ing. agr., ist seit mehr als 30 Jahren in der Entwicklungshilfe tätig und war von 2010 bis 2013 in Afghanistan für die Gesell- schaft für Internationale Zusammenar- beit (GIZ) tätig. Hilfreich Einfache Ideen wie die Imkerei, dungbetriebene Biogasanlagen (Mitte) oder die Anzucht von Pflanzen oder Gemüse in Folientunneln helfen der ländlichen Bevölkerung, ihre Erträge und Einkommen zu verbessern und — wie im Falle der Mini-Biogasanlage — die Abholzung zu reduzieren. Juni 2014 agrarmanager  113 Auf einen Blick: Republik Afghanistan Seit dem Jahr 2004 hat Afghanistan ein präsidiales Regierungssys­tem nach dem Vorbild der USA. Der Präsident als Chef der Exekuti­ve wird für fünf Jahre direkt vom Volk gewählt. Der bisheri­ge Präsident Karsai ist seit 2004 im Amt und darf nach zwei Amtsperioden nicht wiedergewählt werden. Mit knapp 33 Mio. Einwohnern und einer Fläche von 647.500 km2 ist ­Afgha­- nistan relativ dünn besiedelt. Der größte Teil der Bevölkerung, fast 80 %, lebt auf dem Land. Die größten ethnischen Gruppen bilden die Paschtunen (42 %), die Tadschiken (20 %), die Hazara (9 %) und die Usbeken (9 %). Afghanistan grenzt im Norden an Usbekistan, Tadschikistan und Turkme­ nistan, im Osten ein kurzes Stück an China. Der gesamte Süden des Landes grenzt an Pakistan und der Westen an den Iran. Der Hindukusch durchzieht das Land wie ein Rückgrat. Über die Hälfte des Gebirgslandes befindet sich in Höhen zwischen 600 und 1.800 m, rund ein Drittel zwischen 1.800 und 3.000 m, nur etwa 10 % liegen unter 500 m. Im Osten steigt das Gebirge über 7.000 m. Kandahar Kabul Masar-e Scharif TurkmenistanTurkmenistan Afghanistan 6000m 5000m 4000m 3000m 2000m 1500m 1000m 600m 300m 0m Tadschi- kistan Pakistan