1. Stand: Juni 2009
Pflegereform 2008
Gliederung:
I. Auswirkungen zugunsten der Pflegebedürftigen
1. Stärkung der häuslichen Pflege……………………………………………………………… Seite 2
2. Ausweitung der Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz……. Seite 4
3. Stärkung von Prävention und Rehabilitation in der Pflege………………………….......... Seite 6
4. Bessere ärztliche Versorgung in Pflegeheimen und Entlassungsmanagement………… Seite 7
5. Ausbau des Ehrenamtes……………………………………………………………………… Seite 7
II. Auswirkungen auf pflegebedürftige Kinder
1. Verbesserungen im Rahmen der Kurzzeitpflege…………………………………………… Seite 8
2. Begutachtungsverfahren……………………………………………………………………… Seite 9
III. Auswirkungen auf die Rentnerinnen und Rentner …………………………………………… Seite 10
IV. Auswirkungen zugunsten der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen
1. Verbesserungen im Rahmen der Verhinderungspflege…………………………………… Seite 11
2. Einführung einer Pflegezeit…………………………………………………………………… Seite 12
3. Pflegestützpunkte und Pflegeberatung……………………………………………………… Seite 13
4. Mehr Qualität und Transparenz in den Einrichtungen…………………………………….. Seite 16
V. Auswirkungen zugunsten der Pflegenden bzw. der Pflegeeinrichtungen
1. Entbürokratisierung und Wirtschaftlichkeit der Versorgung……………………………….. Seite 19
2. Ortsübliche Vergütung für Pflegekräfte und andere Vergütungsfragen………………….. Seite 20
Das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwick-
lungsgesetz) vom 28. Mai 2008 (BGBl. I, S. 874), das am 1. Juli 2008 in Kraft getreten ist,
verändert die Strukturen der Pflege zugunsten aller Beteiligten, insbesondere zugunsten der
Pflegebedürftigen, der Angehörigen und der Pflegenden. Entscheidend ist, dass die
Pflegeversicherung noch besser auf die Bedürfnisse und Wünsche der Pflegebedürftigen1
sowie ihrer Angehörigen ausgerichtet wird. Dies wird insbesondere pflegebedürftigen ältern
Menschen, die die ganz überwiegende Mehrheit der Leistungsbezieher der Pflegeversicherung
ausmachen, zu Gute kommen.
Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz enthält insbesondere folgende Elemente:
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Hervorzuheben ist, dass der Großteil der im Gesetz vorgesehenen Neustrukturierungen im
Leistungsrecht auch solchen Pflegebedürftigen zu Gute kommt, die daneben Ansprüche im Rahmen ihrer
„Behinderteneigenschaft“ über das Neunte bzw. Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch gegenüber den
Sozialhilfeträgern geltend machen können. Eine besondere Differenzierung sah und sieht das Pflege-
Versicherungsgesetz (SGB XI) nicht vor, daher gelten die nachfolgenden Ausführungen auch für
Menschen mit Behinderungen.
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I. Auswirkungen zugunsten der Pflegebedürftigen
1. Stärkung der häuslichen Pflege
Der Gesetzgeber hat sich maßgeblich davon leiten lassen, dass der häuslichen Pflege in
Zukunft entscheidende Bedeutung für die Sicherstellung der Versorgung zukommen wird. Denn
unbestreitbar wünscht sich der ganz überwiegende Teil der Bürgerinnen und Bürger, im
Pflegefall so lange wie möglich in der vertrauten häuslichen Umgebung bleiben zu können.
Deshalb ist die Reform von dem bereits heute geltenden, aber bisher nicht ausreichend
umgesetzten Prinzip „ambulant vor stationär“ geprägt. Dieser Grundsatz wird dadurch gestärkt,
dass vor allem die finanziellen Leistungen bei ambulanter Pflege ab dem 1. Juli 2008
schrittweise angehoben werden. Nach der Anhebungsphase werden ab 2015 zudem alle
Leistungen der Pflegeversicherung dynamisiert, das heißt, alle drei Jahre wird geprüft, ob und
inwieweit eine Anpassung der Leistungen an die Preisentwicklung erforderlich ist.
Die ambulanten Sachleistungsbeträge werden bis 2012 stufenweise wie folgt angehoben:
Bis 30. Juni 2008
Pflegestufe Ab 1. Juli 2008** 2010 2012
€
Stufe I 384 420 440 450
Stufe II 921 980 1.040 1.100
Stufe III* 1.432 1.470 1.510 1.550
* Die Stufe III für Härtefälle im ambulanten Bereich in Höhe von 1.918 € monatlich bleibt unberührt.
** Die Beträge für 2008 gelten – auch in den nachfolgenden Tabellen – ab dem 1. Juli 2008.
Das Pflegegeld wird bis 2012 wie folgt angehoben:
Bis 30. Juni 2008
Pflegestufe Ab 1. Juli 2008 2010 2012
€
Stufe I 205 215 225 235
Stufe II 410 420 430 440
Stufe III 665 675 685 700
Wichtig ist, dass auch die begleitenden Leistungen, die der Stützung der häuslichen
Versorgung dienen, ausgebaut werden.
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3. -3-
In der Hauptsache gilt dies für die Tages- und Nachtpflege. Hier steigen die Leistungen im
selben Maße wie die ambulanten Pflegesachleistungen. Darüber hinaus können Leistungen
künftig noch besser individuell kombiniert werden. Der höchstmögliche Gesamtanspruch aus
der Kombination von Leistungen der Tages- und Nachtpflege mit ambulanten Sachleistungen
oder dem Pflegegeld steigt durch die Reform auf das 1,5-fache des bisherigen Betrages.
Werden also beispielsweise 50 % der Leistung der Tages- und Nachtpflege in Anspruch
genommen, besteht künftig daneben noch ein 100-prozentiger Anspruch auf Pflegegeld oder
Pflegesachleistung. Letzterer erhöht sich allerdings nicht, wenn weniger als 50 % der Leistung
für die Tages- und Nachtpflege in Anspruch genommen werden.
Auch bei der Kurzzeitpflege erhöhen sich in den kommenden Jahren die jährlichen Leistungen.
Bis zum Inkrafttreten der Pflegereform lag die Grenze bei 1.432 Euro pro Jahr. In den
kommenden Jahren erhöhen sich die Leistungen stufenweise wie folgt:
Euro jährlich Bis 30. Juni 2008 Ab 1. Juli 2008 2010 2012
Maximal 1.432 1.470 1.510 1.550
Darüber hinaus ist die Kurzzeitpflege für pflegebedürftige Kinder unter 18 Jahren künftig
auch in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen oder anderen geeigneten
Einrichtungen möglich. Bisher mussten Kinder häufig in den zugelassenen Einrichtungen der
Altenpflege versorgt werden oder der Anspruch auf Kurzzeitpflege konnte gar nicht genutzt
werden.
Zur gezielten Stärkung der häuslichen Versorgung zählen neben den genannten
Leistungsverbesserungen auch strukturelle Verbesserungen. Hervorzuheben ist hier vor allem
die neu geschaffene Möglichkeit des „Poolens“ von Leistungen. Versicherte können künftig
Pflegeleistungen auch gemeinsam mit anderen Leistungsberechtigten in Anspruch nehmen.
Das so genannte „Poolen“ von Leistungsansprüchen soll insbesondere die Situation bei
ambulant betreuten Wohnformen und Senioren-WGs verbessern und ihre Nutzung fördern. Die
durch „gepoolte“ Leistungsansprüche erschlossenen Wirtschaftlichkeitsreserven sind
ausschließlich im Interesse der am „Pool“ beteiligten Pflegebedürftigen für die Betreuung zu
nutzen.
Außerdem wurde die Inanspruchnahme von Einzelpersonen für die häusliche Pflege
erleichtert. Während dies bisher nur in Ausnahmefällen zulässig war, wenn nämlich die
Versorgung nicht durch Pflegedienste sichergestellt werden konnte, können Einzelpersonen
und Pflegekassen Verträge zur Versorgung bestimmter Pflegebedürftiger nun unter leichteren
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4. -4-
Bedingungen schließen. So sind Einzelverträge möglich, wenn die Versorgung durch den
Einsatz der Einzelperson besonders wirksam und wirtschaftlich ist, die Pflege durch eine
Einzelperson dem Pflegebedürftigen in besonderem Maße hilft, ein möglichst selbständiges und
selbstbestimmtes Leben zu führen, oder, wenn dadurch zum Beispiel den besonderen
Wünschen von Pflegebedürftigen zur Gestaltung der Hilfe besser Rechnung getragen werden
kann. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zwischen der Einzelperson und der Pflegekasse.
Trotz der nachdrücklichen Stärkung der häuslichen Pflege bleibt die stationäre Pflege ein
wichtiges Standbein der pflegerischen Versorgung. Denn insbesondere bei schwierigen
Versorgungssituationen, die nicht mehr angemessen ambulant bewältigt werden können, bedarf
es gegebenenfalls der stationären Versorgung. Aus diesem Grund werden auch die stationären
Sachleistungsbeträge in Stufe III sowie im Härtefall der Pflegestufe III stufenweise wie folgt
aufgestockt:
Bis 30. Juni 2008
Pflegestufe Ab 1. Juli 2008 2010 2012
€
Stufe III 1.432 1.470 1.510 1.550
Stufe III
1.688 1.750 1.825 1.918
Härtefall
Die stationären Sachleistungsbeträge der Stufen I und II bleiben zunächst unverändert.
2. Ausweitung der Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz
Mehr ambulante Leistungen
Pflegebedürftige Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen
Behinderungen oder psychischen Erkrankungen haben häufig einen allgemeinen Hilfe- und
Betreuungsbedarf, der von dem derzeit geltenden verrichtungsbezogenen
Pflegebedürftigkeitsbegriff nicht erfasst wird.
Für sie hatte der Gesetzgeber daher bereits zum 1. Januar 2002 mit dem Gesetz zur
Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen (Pflegeleistungs-
Ergänzungsgesetz - PflEG) vom 14. Dezember 2001 Verbesserungen bei der häuslichen
Versorgung eingeführt, indem sie seitdem für Betreuungsleistungen zusätzlich einen Betrag in
Höhe von bis zu 460 Euro pro Jahr von der Pflegekasse erhielten. Dieser Betrag diente der
Erstattung von Aufwendungen, die den Pflegebedürftigen im Zusammenhang mit der
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5. -5-
Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, von
zugelassenen Pflegediensten – sofern es sich um besondere Angebote der allgemeinen
Anleitung und Betreuung und nicht um Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen
Versorgung handelt – oder von nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen
Betreuungsangeboten entstanden. Niedrigschwellige Betreuungsangebote können
Betreuungsangebote sein, bei denen Helferinnen und Helfer die Betreuung von
Pflegebedürftigen in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen sowie pflegende
Angehörige entlasten und beratend unterstützen. Hierbei kommen in Betracht:
• Betreuungsgruppen für Demenzkranke,
• Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich,
• Tagesbetreuung in Kleingruppen oder Einzelbetreuung durch anerkannte Helfer,
• Familienentlastende Dienste und ähnliche Angebote.
Angesichts der Notwendigkeit zur weiteren Verbesserung der Versorgungssituation und des zu
erwartenden Anstiegs der Zahl der Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wurden
mit der Pflegereform 2008 gezielte Verbesserungen für diesen Personenkreis eingeführt. So
wurde im Bereich der ambulanten Versorgung der Betreuungsbetrag erheblich aufgestockt.
Versicherte mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf können nunmehr Kostenerstattung
für zusätzliche Betreuungsleistungen bis zu einem Grundbetrag von 100 Euro bzw. einem
erhöhten Betrag von bis zu 200 Euro monatlich beanspruchen. Dabei erhalten Personen mit
einem vergleichsweise geringeren allgemeinen Betreuungsaufwand den Grundbetrag und
Personen mit einem im Verhältnis dazu höheren allgemeinen Betreuungsbedarf den erhöhten
Betrag. Auch Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die noch nicht die
Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllen (sog. „Pflegestufe 0“), haben seit Inkrafttreten der
Pflegereform einen Anspruch auf diesen Betreuungsbetrag.
Zudem ist die Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten, wie sie bereits im bis
zum 30. Juni 2008 geltenden Recht vorgesehen war, um 15 Mio. Euro auf 25 Mio. Euro
angehoben worden. Somit stehen zusammen mit der Kofinanzierung durch die Länder und
Kommunen insgesamt 50 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung. In die Förderung werden künftig
auch ehrenamtliches Engagement und die Selbsthilfe im ambulanten Bereich einbezogen.
Mehr stationäre Leistungen
Daneben wird durch die Reform anerkannt, dass ein nicht unerheblicher Bedarf an
Betreuungsleistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz in Pflegeheimen
besteht. Auch das Leistungsangebot in Heimen wird daher durch gesonderte Angebote der
zusätzlichen Betreuung und Aktivierung für diesen Personenkreis verbessert. Eingeführt wird
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6. -6-
erstmals ein Anspruch der vollstationären Dauer- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen auf
zusätzliches Betreuungspersonal für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem
Betreuungsbedarf. Die Kosten für das Zusatzpersonal werden durch die Pflegekassen und
privaten Versicherungsunternehmen getragen. Für rund 25 demenziell erkrankte
Heimbewohnerinnen und Heimbewohner soll in der Regel eine zusätzliche Betreuungskraft
vorgesehen werden.
4. Stärkung von Prävention und Rehabilitation in der Pflege
Bereits im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes wurde ein Rechtsanspruch auf
ambulante und stationäre Rehabilitationsleistungen eingeführt und ambulante
Rehabilitationsleistungen werden nun auch in Pflegeheimen erbracht. Darüber hinaus sind im
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz weitere Maßnahmen zur Stärkung von Prävention und
Rehabilitation in der Pflege ergriffen worden:
Zeitnahe Einleitung von Reha-Maßnahmen
Zum einen werden die Pflegekassen verpflichtet, mit Einverständnis des Versicherten
unmittelbar das Verfahren zur Einleitung einer Rehabilitationsmaßnahme in Gang zu setzen.
Wird eine notwendige Rehabilitationsmaßnahme von der Krankenkasse nicht rechtzeitig, d.h.
innerhalb von sechs Monaten nach der Antragsstellung, erbracht, muss diese der Pflegekasse
einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 3.072 Euro zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Krankenkasse
die fehlende Leistungserbringung nicht zu vertreten hat. Die Krankenkasse hat ihrer
Aufsichtsbehörde jährlich über die Fälle, in denen ein solcher Ausgleichsbetrag fällig geworden
ist, zu berichten (§ 40 Absatz 3 SGB V). Wegen der sechsmonatigen Frist können
Ausgleichszahlungen frühestens im Januar 2009 fällig geworden sein. Aus der Quartalsstatistik
sind, da dieser Zeitraum noch zu kurz ist, verlässliche Aussagen über die Wirkung der
Neuregelung noch nicht möglich.
Anreize durch Bonuszahlungen (§ 87a Abs. 4 SGB XI)
Zum anderen werden finanzielle Anreize durch Bonuszahlungen gesetzt, um die
Anstrengungen von Einrichtungen der dauerhaften stationären Pflege in den Bereichen der
aktivierenden Pflege und der Rehabilitation zu fördern. Kann eine pflegebedürftige Person dank
der Bemühungen des Pflegeheimes in eine niedrigere Pflegestufe eingestuft werden, erhält das
Heim als Bonus einen einmaligen Geldbetrag in Höhe von 1.536 Euro. Wird der oder die
Pflegebedürftige allerdings innerhalb von sechs Monaten wieder höher eingestuft, ist dieser
Betrag ohne Rücksicht auf die Höherstufungsgründe an die Pflegekasse zurückzuzahlen. Im
zweiten Halbjahr 2008 wurden ca. 110.000 € Bonuszahlungen geleistet, im 1. Quartal stieg der
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7. -7-
Betrag auf rd. 170.000 Euro an. Rückschlüsse, welche Höhe an Bonuszahlungen mittelfristig zu
erwarten ist, lassen sich aus dieser noch geringen Datenbasis verlässlich nicht ziehen.
5. Bessere ärztliche Versorgung in Pflegeheimen und Entlassungsmanagement
In manchen Fällen kann die medizinische Versorgung der Pflegebedürftigen in Pflegeheimen
allein von örtlichen Ärzten nicht hinreichend gewährleistet werden. In diesen Fällen können die
Pflegeeinrichtungen künftig Kooperationsverträge mit geeigneten Ärztinnen, Ärzten oder
medizinischen Versorgungszentren schließen. Falls Kooperationsverträge nicht zustande
kommen, kann das Pflegeheim einen Heimarzt anstellen, der die Heimbewohnerinnen und
Heimbewohner medizinisch versorgt.
Das so genannte Entlassungsmanagement gewährleistet Patientinnen und Patienten einen
nahtlosen Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung, zur Rehabilitation oder in
ein Pflegeheim. Die Beratung beginnt schon im Krankenhaus: Speziell geschulte Mitarbeiter der
Klinik kümmern sich zum Beispiel um die pflegebedürftigen Menschen und planen gemeinsam
mit den Betroffenen, den Angehörigen und der Pflegeberaterin oder dem Pflegeberater das
weitere Vorgehen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat Betroffene zudem
innerhalb von einer Woche zu begutachten, wenn sie sich im Krankenhaus, in einer stationären
Rehabilitationseinrichtung oder in einem Hospiz befinden oder ambulant palliativ versorgt
werden.
6. Ausbau des Ehrenamtes
Auch die Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements in der Pflege kann einen Beitrag
zur Sicherstellung der Betreuung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen leisten. Bürgerliches
Engagement hat darüber hinaus aber auch einen erheblichen gesellschaftlichen Wert an sich.
Denn die Wahrung von Lebensqualität und Würde ist nicht nur Aufgabe professioneller
Dienstleister, sondern ein Gestaltungsauftrag an alle Teilbereiche des Gemeinwesens.
Ehrenamtliche Tätigkeit in der Pflege ist damit auch ein Beitrag zu einer verantwortlichen
Zivilgesellschaft. Im stationären Bereich verhindert eine Öffnung der Heime gegenüber dem
Gemeinwesen die pauschale Verantwortungsabgabe von Bürgerinnen, Bürgern und
Angehörigen an eine Institution. Durch die Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements
in der Pflege wird die „neue Kultur des Helfens“ vorangebracht. Das Ehrenamt wird daher mit
der Pflegereform über die bereits im Gesetz verankerten Maßnahmen hinaus weiter gestärkt.
Hinzuweisen ist insbesondere auf nachfolgende Maßnahmen:
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8. -8-
Die Ausweitung der Fördermittel für niedrigschwellige Pflege- und Betreuungsangebote wird
auch dem bürgerschaftlichen Engagement und der Selbsthilfe zugute kommen.
Trotz der ehrenamtlichen und damit im Kern unentgeltlichen Tätigkeit der bürgerschaftlich
engagierten Helfer sowie der Mitglieder von Selbsthilfegruppen können den
Pflegeeinrichtungen Kosten für die vorbereitende und begleitende Schulung, für die
Organisation und die Planung des Einsatzes und für die den Ehrenamtlichen zu
erstattenden Aufwendungen entstehen. Derartige Aufwendungen und Erstattungen können
in den Pflegevergütungen angemessen berücksichtigt werden.
Die Vertragspartner auf Landesebene erhalten den Auftrag, Möglichkeiten aufzuzeigen, die
für Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegekräfte und sonstige zum
bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen bestehen, um sich an der Versorgung
pflegebedürftiger Personen in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie in der
häuslichen Pflege und in ambulant betreuten Wohneinrichtungen zu beteiligen.
II. Auswirkungen auf pflegebedürftige Kinder
Ende 2008 waren in der sozialen Pflegeversicherung rund 93.000 Pflegebedürftige unter
20 Jahre alt. Dies sind 4,4 % der Leistungsbezieher der sozialen Pflegeversicherung. Ihnen
bringt das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – neben den bereits oben angesprochenen
Leistungsverbesserungen und sonstigen Neuerungen – insbesondere folgende
Verbesserungen:
1. Verbesserungen im Rahmen der Kurzzeitpflege
Bei der Kurzzeitpflege erhöhen sich in den kommenden Jahren die jährlichen Leistungen (s.o.).
Darüber hinaus ist die Kurzzeitpflege für pflegebedürftige Kinder unter 18 Jahren künftig auch in
Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen oder in anderen geeigneten Einrichtungen
möglich.
Bisher mussten Kinder häufig in den zugelassenen Einrichtungen der Altenpflege versorgt
werden, die jedoch für die Pflege und Betreuung von behinderten Kindern in der Regel nicht
geeignet sind. Dies führte dazu, dass der Anspruch auf Kurzzeitpflege von pflegebedürftigen
behinderten Kindern kaum genutzt wurde.
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Während Familien in vielen Fällen bisher zur Entlastung im häuslichen Bereich „nur“ den
Anspruch auf Verhinderungspflege hatten, steht ihnen nunmehr zusätzlich der Anspruch auf
Kurzzeitpflege zur Verfügung. Den pflegebedürftigen behinderten Kindern und ihren Familien
wird damit eine neue Finanzierungsmöglichkeit eröffnet, damit sie z.B. Betreuungsplätze, die
von Behindertenwohnheimen in den Ferien angeboten werden, nutzen können. Die
Pflegeversicherung übernimmt die Finanzierung der Kurzzeitpflege in geeigneten Einrichtungen
von bis zu vier Wochen in Höhe von bis zu 1.470 Euro jährlich (vom 1. Juli 2008 bis zum
31. Dezember 2009; danach steigt der Leistungsbetrag weiter an). Darüber hinaus kann für
pflegebedürftige Kinder weiterhin der Anspruch auf Verhinderungspflege in Höhe von bis zu
1.470 Euro jährlich (vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009; danach steigt der
Leistungsbetrag weiter an) genutzt werden.
Der in begründeten Einzelfällen vorgesehene erweiterte Leistungsanspruch im Rahmen der
Kurzzeitpflege für Kinder unter 18 Jahren, die zu Hause gepflegt werden, soll allein den
Interessen der pflegebedürftigen Kinder und ihren Familien dienen. Er zielt nicht darauf ab,
andere Finanzierungsträger im Bereich der Hilfe für behinderte Menschen finanziell zu
entlasten. Wenn also beispielsweise behinderte pflegebedürftige Kinder zwölf Monate im Jahr in
einer Einrichtung leben, dann sollen nicht vier Wochen im Jahr als Kurzzeitpflege umdeklariert
werden können. Die Pflegekassen werden deshalb in jedem Einzelfall nach pflichtgemäßem
Ermessen prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Finanzierung als Kurzzeitpflege durch die
Pflegeversicherung vorliegen.
2. Begutachtungsverfahren
Durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz wurde die Begutachtungspraxis des Medizinischen
Dienstes der Krankenversicherung (MDK) klarer und besser auf die besondere Situation und
die Bedürfnisse von pflegebedürftigen Kindern ausgerichtet. Dazu wurde folgende Regelung in
den § 18 SGB XI, der das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit regelt, neu
aufgenommen (diese Neuregelung schließt das Verfahren bei der Begutachtung des
Pflegebedarfs von – behinderten – Kindern mit ein).
„Die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern ist in der Regel durch besonders geschulte
Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderärztin oder Kinderarzt vorzunehmen.“
Vor Inkrafttreten des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes gab es im SGB XI nur die allgemeine
Regelung in § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI, wonach die Begutachtung zur Feststellung von
Pflegebedürftigkeit durch Ärzte in enger Zusammenarbeit mit Pflegefachkräften und anderen
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geeigneten Fachkräften wahrgenommen wird. Die Begutachtungsrichtlinien des
Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen regeln darüber hinaus, dass Arzt und Pflegefachkraft
des MDK gemeinsam festlegen sollen, welcher Gutachter (Arzt und/oder Pflegefachkraft,
spezielles Fachgebiet, speziell geschulte Gutachter für die Begutachtung von Kindern) den
Besuch durchführt.
Die Begutachtung von Kindern setzt besondere Kenntnisse und Erfahrungen voraus. Die
Neuregelung durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz in § 18 Abs. 7 Satz 2 SGB XI stellt
nunmehr gesetzlich sicher, dass dabei in der Regel nur entsprechende Fachkräfte eingesetzt
werden dürfen. Dies sichert die Qualität der Begutachtung und erhöht die Akzeptanz des
Begutachtungsverfahrens bei den betroffenen Eltern. Mit der Verwendung der
Berufsbezeichnung „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ bzw. „Gesundheits- und
Kinderkrankenpfleger“ wird der geänderten Bezeichnung im Krankenpflegegesetz Rechnung
getragen. Der Verzicht auf die zusätzliche Aufzählung der alten Bezeichnungen trägt dem
Interesse der Rechtsklarheit Rechnung. Er ist möglich, weil die Übergangsvorschriften in § 23
des Krankenpflegegesetzes klarstellen, dass die Personen, die über eine Berufserlaubnis nach
altem Recht verfügen, die neue Berufsbezeichnung verwenden dürfen, ohne eine
entsprechende Erlaubnis nach dem neuen Krankenpflegegesetz von 2004 zu beantragen. Sie
werden daher von den Vorschriften, in denen nur noch die neuen Bezeichnungen Verwendung
finden, mit umfasst.
III. Auswirkungen auf die Rentnerinnen und Rentner
Die oben dargestellten Leistungsverbesserungen kommen im Wesentlichen den heute
Pflegebedürftigen sowie den pflegenahen Jahrgängen zugute.
Ende 2008 gehörten in der sozialen Pflegeversicherung rund 1,67 Mio. Pflegebedürftige zu der
Altersgruppe ab 65 Jahre und älter. Dies sind 79 % der Leistungsbezieher der sozialen
Pflegeversicherung. Von den Verbesserungen profitieren also insbesondere Rentnerinnen und
Rentner, die entweder bereits pflegebedürftig sind oder zu den so genannten pflegenahen
Jahrgängen zu rechnen sind.
Die demografisch bedingte Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen, die Erhöhung der
Leistungen um einen Inflationsausgleich sowie die sonstigen Leistungsverbesserungen sind mit
dem bisher gesetzlich festgelegten Beitragssatz in Höhe von 1,7 % (Kinderlose 1,95 %) nicht
finanzierbar und machten daher eine Erhöhung des Beitragssatzes der sozialen
Pflegeversicherung unumgänglich.
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Auch wenn gut nachvollziehbar ist, dass von Rentnerinnen und Rentnern im Hinblick auf die
Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages eine kurzfristige Kompensierung auf anderem
Wege gewünscht wird, ist dennoch Folgendes zu bedenken:
Die moderate Beitragssatzerhöhung um 0,25 % ist die erste allgemeine Beitragssatz-
erhöhung der sozialen Pflegeversicherung seit ihrer Einführung im Jahr 1995.
Die Beitragssatzerhöhung um 0,25 % betrifft alle Versicherten der sozialen
Pflegeversicherung, wobei nicht nur die versicherten Rentnerinnen und Rentner die
Beitragssatzerhöhung allein tragen müssen, sondern z.B. auch „kleine“ Selbständige oder
selbst versicherte Hausfrauen.
Die Koppelung der Beitragshöhe an die Höhe des individuellen Einkommens trägt dazu bei,
dass der Einzelne nicht finanziell überfordert wird. Bei einer Rente von zum Beispiel 1.000
Euro monatlich beträgt die zusätzliche Beitragsbelastung 2,50 Euro monatlich.
Die heutige Rentnergeneration kann – obschon sie sich erst seit wenigen Jahren an der
Finanzierung der Pflegeversicherung beteiligt – ohne jede Einschränkung auf das gesamte
Leistungsspektrum der Pflegeversicherung in voller Höhe zurückgreifen.
Der Wegfall des Buß- und Bettages als gesetzlicher Feiertag, der mit der Einführung der
Pflegeversicherung einherging und maßgeblich ihrer Grundfinanzierung diente, belastete
einseitig die erwerbstätige Generation.
Die Einstellung einer hälftigen Beitragstragung durch die gesetzliche Rentenversicherung
erfolgte im Jahre 2004 zur Stabilisierung der Finanzsituation der gesetzlichen
Rentenversicherung. Sie diente ausschließlich der Sicherung der Rentenstabilität und kam
nicht der sozialen Pflegeversicherung zugute. Die Pflegeversicherung hat hierdurch keine
zusätzlichen Finanzmittel erhalten.
IV. Auswirkungen zugunsten der Pflegebedürftigen und ihrer
Angehörigen
1. Verbesserungen im Rahmen der Verhinderungspflege
Wer einen Angehörigen pflegt, hatte bereits bisher über die Pflegeversicherung Anspruch auf
so genannte Verhinderungspflege. Das bedeutet: Möchte ein Angehöriger Urlaub machen oder
ist er selbst erkrankt, besteht Anspruch auf eine Pflegevertretung für bis zu vier Wochen im
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Kalenderjahr. Zur weiteren Stärkung der häuslichen Pflege wird die Vorpflegezeit durch das
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz für die erstmalige Inanspruchnahme der Verhinderungspflege
von bisher zwölf auf sechs Monate verkürzt. Gleichzeitig wird der Leistungsbetrag wie bei der
Kurzzeitpflege erhöht.
Zur Alterssicherung der Pflegepersonen, die nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden
wöchentlich pflegen, werden von den Pflegekassen Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet. Die Beitragszahlung ruhte bisher, wenn die Pflegeperson
aufgrund eines Urlaubs an der Pflege gehindert war. Für die Zeit eines Urlaubs bestand keine
Versicherungs- und Beitragspflicht. Das Ruhen der Beitragszahlung für die Dauer des Urlaubs
bewirkte einen geringeren Anspruch auf Rente aufgrund der Pflegetätigkeit. Künftig besteht ein
Anspruch auf Leistungen der Alterssicherung auch für die Zeit eines Erholungsurlaubs der
Pflegeperson, so dass der Rentenanspruch ungeschmälert erhalten bleibt.
2. Einführung einer Pflegezeit
Der Stärkung der häuslichen Pflege dient auch das Pflegezeitgesetz, das ebenfalls zum 1. Juli
2008 in Kraft getreten ist. Es wurde im Interesse pflegebedürftiger Angehöriger unter
besonderer Berücksichtigung der verschiedenen Pflegesituationen und des unterschiedlichen
Pflegebedarfs entwickelt. Die Pflegezeitregelungen basieren auf zwei Säulen, so dass in jeder
Pflegesituation die Sicherstellung der Pflege gewährleistet ist:
Bei unerwartetem Eintritt einer besonderen Pflegesituation haben Beschäftigte das Recht,
bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben (kurzzeitige Arbeitsverhinderung). Sie
erhalten somit nach Akutereignissen die Möglichkeit, sich über Pflegeleistungsangebote zu
informieren und die notwendigen Organisationsschritte einzuleiten. Das Recht, kurzfristig
der Arbeit fernzubleiben, soll aber auch dazu beitragen, dass Pflegebedürftige, die nach
einem Krankenhausaufenthalt nicht direkt in einer geeigneten Pflegeeinrichtung
untergebracht werden können, zunächst kurzfristig von ihren Angehörigen zu Hause
versorgt werden können. Das Recht auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung haben Beschäftigte
unabhängig von der Anzahl der beim Arbeitgeber in der Regel Beschäftigten.
Daneben haben Beschäftigte, die in häuslicher Umgebung einen pflegebedürftigen
Angehörigen pflegen oder in der letzten Phase des Lebens begleiten wollen, Anspruch auf
Freistellung von der Arbeitsleistung für längstens sechs Monate (Pflegezeit). Die
Beschäftigten können insoweit zwischen vollständiger und teilweiser Freistellung wählen.
Der Anspruch auf Pflegezeit besteht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel mehr als
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fünfzehn Beschäftigten. Er ist mit dem Recht verbunden, nach Inanspruchnahme der
Pflegezeit zu denselben Arbeitsbedingungen zurückzukehren wie vor der Pflegezeit
(Sonderkündigungsschutz). Damit werden Menschen, die bereit sind, Angehörige zu
pflegen, vor einem unfreiwilligen Berufsausstieg bewahrt. Gleichzeitig wird eine
Verschlechterung der beruflichen Entwicklungschancen durch die Möglichkeit der teilweisen
Freistellung und durch das Rückkehrrecht in die Vollzeitbeschäftigung vermieden.
Während der Pflegezeit ist die notwendige soziale Absicherung gewährleistet. In der
Arbeitslosenversicherung wird die Pflegezeit als Versicherungszeit berücksichtigt und die
Pflegeversicherung übernimmt die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. In der Kranken-
und Pflegeversicherung gewährt die Pflegeversicherung in den Fällen, in denen keine
anderweitige Absicherung, insbesondere durch eine Familienversicherung, besteht, einen
Beitragszuschuss zur freiwilligen Versicherung. Dieser Zuschuss ist so bemessen, dass er
in der Regel den tatsächlich zu zahlenden Beitrag abdeckt. In der Rentenversicherung sind
– wie dies bereits vor Einführung der Pflegezeit der Fall war – Zeiten der nicht
erwerbsmäßigen häuslichen Pflege Pflichtbeitragszeiten, soweit die häusliche Pflege
mindestens 14 Stunden wöchentlich beträgt und der Pflegebedürftige Leistungen aus der
Pflegeversicherung erhält. Bei Pflegezeit in Form einer teilweisen Freistellung darf jedoch
nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich gearbeitet werden. Auch die Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung werden – in Abhängigkeit von der Pflegestufe und dem
Umfang der Pflegetätigkeit – von der Pflegeversicherung übernommen.
3. Pflegestützpunkte und Pflegeberatung
In der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung liegen Effizienzreserven verborgen, weil
die Systeme nicht hinreichend vernetzt und aufeinander abgestimmt sind. Hinzu kommt, dass
die Leistungsangebote nicht immer flexibel genug auf die Bedürfnisse der Betroffenen
ausgerichtet sind. Ein wichtiges Anliegen der Pflegereform ist daher eine bessere Vernetzung
und Verzahnung von wohnortnahen Leistungsangeboten und deren Ausrichtung auf die
individuelle Bedarfslage. Nicht zuletzt geht es darum, den oft überforderten Betroffenen und
ihren Familien zu helfen, sich in der für sie neuen und zum Teil – etwa nach einem
Krankenhausaufenthalt – unvermittelt auftretenden Pflegesituation besser zurecht zu finden.
Die Pflegereform sieht hierzu – neben weiteren Maßnahmen – vor allem die flächendeckende
Schaffung von Pflegestützpunkten vor, die im Sinne des Care-Managements arbeiten. Am
1. Januar 2009 ist ein Anspruch auf Pflegeberatung hinzugetreten, der auf das Case-Manage-
ment ausgerichtet ist.
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Pflegestützpunkte
In den Pflegestützpunkten werden die Beratung über alle pflegerischen, medizinischen und
sozialen Leistungen sowie deren Vernetzung unter einem Dach gebündelt. Ein Pflegestützpunkt
ist keine neue oder zusätzliche Behörde. Er bildet lediglich das gemeinsame Dach, unter dem
das Personal der Pflege- und Krankenkassen, der Altenhilfe und der Sozialhilfeträger sich
abstimmt und den Rat und Hilfe suchenden Betroffenen die einschlägigen Sozialleistungen
erläutert und vermittelt sowie die Inanspruchnahme begleitet. Alle Angebote rund um die Pflege
sollen erfasst sein, also zum Beispiel auch die örtliche Altenhilfe und die Hilfe zur Pflege nach
dem Recht der Sozialhilfe. Auch ehrenamtlich Tätige sollen in die Arbeit der Pflegestützpunkte
einbezogen werden.
Pflege- und Krankenkassen haben Pflegestützpunkte in einem Bundesland aufzubauen, wenn
sich dieses Bundesland für Pflegestützpunkte entscheidet. Dies ist bereits in Berlin,
Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und dem
Saarland geschehen. Darüber hinaus werden auch in anderen Ländern Pflegestützpunkte
eingerichtet, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Die Pflegestützpunkte müssen unabhängig sein und eine umfassende Beratung anbieten. Sie
sollen ortsnah und gut erreichbar im Wohnviertel oder in der Kommune eingerichtet werden,
damit pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen das Beratungsangebot aufsuchen und
nutzen können, ohne weite Wege zurücklegen zu müssen. Dabei können Pflegestützpunkte
auch bei Leistungserbringern angesiedelt sein, wenn dies nicht zu einer unzulässigen
Wettbewerbsverzerrung führt. So wäre ein Pflegestützpunkt sowohl neben einem Pflegedienst
als auch in einem Ärztehaus denkbar.
Pflege- und Krankenkassen greifen beim Aufbau von Pflegestützpunkten auf vorhandene
Angebote zurück. Funktionierende Strukturen sollen weder gefährdet noch zerstört, sondern
einbezogen und im Sinne der gesetzlichen Konzeption weiterentwickelt werden. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bereits bestehenden Beratungsstellen können von den
Kassen in die Pflegeberatung eingebunden werden, um Aufgaben zu übernehmen, wie zum
Beispiel die Koordinierung und Vernetzung von Leistungsträgern und -angeboten.
Die für den Betrieb des Pflegestützpunktes erforderlichen Aufwendungen werden von den an
den Verträgen beteiligten Kostenträgern gemeinsam auf Grund einer im Einzelfall
auszuhandelnden Vereinbarung anteilig getragen. Um möglichst rasch einen bundesweiten
Aufbau von Pflegestützpunkten voranzutreiben, gibt es aus dem Ausgleichsfonds der
Pflegeversicherung eine Anschubfinanzierung von insgesamt 60 Mio. Euro. Je Pflegestützpunkt
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kann der Aufbau mit einem dem Bedarf entsprechenden Betrag von bis zu 45.000 Euro
gefördert werden. Zusätzlich können 5.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, wenn
ehrenamtlich Tätige und Selbsthilfegruppen nachhaltig in die Tätigkeit des Pflegestützpunktes
einbezogen werden.
Pflegeberatung
Seit dem 1. Januar 2009 hat jeder Pflegebedürftige einen einklagbaren Rechtsanspruch auf
Hilfe und Unterstützung durch eine Pflegeberaterin oder einen Pflegeberater. Deren Aufgabe ist
es insbesondere,
• den Hilfebedarf unter Berücksichtigung der Feststellungen der Begutachtung durch den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) systematisch zu erfassen und zu
analysieren,
• einen individuellen Versorgungsplan mit den im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen
und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen
medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen zu erstellen,
• auf die für die Durchführung des Versorgungsplans erforderlichen Maßnahmen
einschließlich deren Genehmigung durch den jeweiligen Leistungsträger hinzuwirken,
• die Durchführung des Versorgungsplans zu überwachen und erforderlichenfalls einer
veränderten Bedarfslage anzupassen sowie
• bei besonders komplexen Fallgestaltungen den Hilfeprozess auszuwerten und zu
dokumentieren.
Sofern Pflegestützpunkte eingerichtet sind, müssen die Pflegeberaterinnen und -berater dort
angesiedelt werden. Es ist allerdings möglich, dass nicht in allen Bundesländern sofort
flächendeckend Pflegestützpunkte errichtet werden. Auch in diesen Fällen haben
Pflegebedürftige seit dem 1. Januar 2009 einen Anspruch auf Pflegeberatung gegenüber ihrer
Pflegekasse oder ihrem privaten Versicherungsunternehmen. Die Pflegeberaterinnen und
Pflegeberater werden in aller Regel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegekassen sein.
Aber auch die Übertragung der Beratungsaufgabe auf Dritte ist möglich.
Wichtig ist auch bei der Pflegeberatung, dass vorhandene und funktionierende
Beratungsstrukturen weder ersetzt noch durch überflüssige Parallelstrukturen verdoppelt
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werden sollen. Die Pflegeberatung hat zudem alle an der pflegerischen Versorgung Beteiligten
einzubinden.
Die komplexe Tätigkeit der Pflegeberatung setzt entsprechend qualifiziertes Personal voraus.
Als Erstausbildungen kommen, neben einer Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellte
oder einem Studium der Sozialarbeit, vor allem Ausbildungen nach dem Altenpflegegesetz oder
nach dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege in Betracht. Zusätzlich zu den in der
Berufsausbildung oder im Studium erworbenen Grundqualifikationen müssen die
Pflegeberaterinnen und Pflegeberater die für die Beratungstätigkeit erforderlichen Fertigkeiten
und Kenntnisse durch Weiterbildungen sowie ein Pflegepraktikum nachweisen. Der
Spitzenverband Bund der Pflegekassen hat am 29. August 2008 entsprechende Empfehlungen
sowohl zur Anzahl als auch zur Qualifikation der Pflegeberaterinnen und Pflegeberater
abgegeben.
4. Mehr Qualität und Transparenz in den Einrichtungen
Durch eine Reihe von Maßnahmen wird die Qualität der von den Pflegeheimen und
Pflegediensten zu erbringenden Pflegeleistungen angehoben. Die Reform reagiert damit auf die
immer wieder geführte Klage schlechter Pflege. Pflegequalität stützt sich nunmehr auf drei
Säulen:
1. Säule: Qualitätsentwicklung durch Verankerung von Expertenstandards
In der Verantwortung der Vertragsparteien der Pflegeselbstverwaltung werden
Qualitätsstandards in Form von Expertenstandards wissenschaftlich erarbeitet. Diese
Expertenstandards sollen den allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegerischen
Erkenntnisse zu einem bestimmten Thema (Beispiel: Expertenstandard „Dekubitusprophylaxe
in der Pflege“) konkretisieren und den professionell Pflegenden Unterstützung, Sicherheit und
praktische Expertise im Pflegealltag geben. Als ein wichtiges Instrument der internen
Qualitätsentwicklung in der Pflege werden die Expertenstandards für alle Pflegekassen und
deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sein.
2. Säule: Strenge Vorgaben für die externe Qualitätssicherung durch den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Die Häufigkeit von Qualitätsprüfungen im ambulanten und stationären Bereich wird erhöht:
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17. - 17 -
• Ab dem Jahr 2011 werden alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen einmal im Jahr
geprüft (Regelprüfung).
• In einem Übergangszeitraum wird jede zugelassene Pflegeeinrichtung bis Ende 2010
mindestens einmal geprüft.
Alle Prüfungen erfolgen grundsätzlich unangemeldet. Der Schwerpunkt der Prüfungen durch
den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) liegt künftig auf dem Pflegezustand
der Pflegebedürftigen und der Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen
(Ergebnisqualität). Einbezogen werden auch die neu eingeführten zusätzlichen
Betreuungsmaßnahmen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz in Pflegeheimen.
Die Aufgabe des Medizinischen Dienstes, die Pflegeeinrichtungen in Fragen der
Qualitätssicherung zu beraten, wird gestärkt. Die Prüfer geben künftig Empfehlungen, was
gegen Mängel getan werden kann. Damit bei Qualitätsprüfungen immer die neuesten
pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse einfließen, wird sichergestellt, dass die einschlägigen
Richtlinien des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen regelmäßig an den medizinisch-
pflegefachlichen Fortschritt angepasst werden.
Wiederholungsprüfungen, die bei schlechten Regelprüfungsergebnissen notwendig oder von
Einrichtungen selbst gewünscht werden, sind zukünftig für den Leistungserbringer
kostenpflichtig.
3. Säule: Stärkere Anerkennung des internen Qualitätsmanagements und
Transparenz der Ergebnisse
Das Gesetz sieht vor, dass Prüfergebnisse aus Zertifizierungen, was die Prozess- und
Strukturqualität anbelangt, als Ersatz für die Prüfung des MDK anerkannt werden können.
Voraussetzung ist, dass dieses Verfahren zur Messung und Bewertung der Pflegequalität von
den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannt ist, für das Anerkennungsverfahren muss
die (sog.) Pflegeselbstverwaltung noch die entsprechenden Anforderungen definieren. Die
Ergebnisqualität ist in den Pflegeeinrichtungen jedoch immer durch den MDK zu prüfen.
Mit der Reform wird mehr Transparenz der Prüfergebnisse geschaffen, so dass gute Pflege
leichter zu erkennen sein wird. Die Ergebnisse der Prüfberichte sind verständlich und
verbraucherfreundlich zu veröffentlichen (im Internet, aber auch an anderer geeigneter Stelle
wie z.B. im Pflegestützpunkt). In Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten müssen
Zusammenfassungen der Prüfergebnisse an gut sichtbarer Stelle ausgehängt werden. Das gilt
auch für Ergebnisse anderer Prüfverfahren, die teilweise an die Stelle der MDK-Prüfungen
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treten können. Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind in gleicher Weise zeitnah zu
veröffentlichen.
Die Qualität der Leistungen von Pflegeeinrichtungen soll künftig nach einer klaren Systematik
veröffentlicht werden. Die Vereinbarungspartner der sogenannten Pflegeselbstverwaltung
(Spitzenverband Bund der Pflegekassen, Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger
der Sozialhilfe, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen
der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene) haben unter Beteiligung des
Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) eine
Gesamtbewertung in Form von Schulnoten von "sehr gut" bis "mangelhaft" vereinbart. Die
Bewertung von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen nach dem vertrauten System
der Schulnoten erleichtert die Orientierung über die Qualität der angebotenen Leistungen.
Betroffenenverbände, Verbraucherorganisationen und Berufsverbände wurden - wie gesetzlich
vorgesehen - beteiligt. Damit stehen die Vereinbarungen auf einem breiten, konsentierten
Fundament.
Grundlage der Bewertung ist eine Qualitätsprüfung durch den MDK oder eine gleichwertige
Prüfung. Für die Gesamtnote wird eine Vielzahl von Kriterien herangezogen, dabei ist deren
angemessene Gewichtung und eine differenzierte Darstellung gewährleistet. Dargestellt wird
sowohl die Gesamtnote (1. Ebene) als auch das Ergebnis für jede einzelne Frage (2. Ebene).
Die Verbraucher erhalten dadurch sowohl den gewünschten Gesamtüberblick als auch die
Möglichkeit, diejenigen Fragen und Schwerpunkte der Ergebnis- und Lebensqualität, die ihnen
besonders wichtig erscheinen, konkret zu überprüfen.
In die Gesamtbewertung gehen im stationären Bereich 64 Einzelkriterien ein, die
Bewohnerbefragung (18 Kriterien) wird gesondert dargestellt. Für die Gesamtbewertung eines
Heimes ist die Qualität der Pflege und der medizinischen Versorgung mit 35 (von 64) Kriterien
die wichtigste Bestimmungsgröße. Außerdem fließen Aspekte des Umgangs mit
demenzkranken Bewohnern und anderen gerontopsychiatrisch veränderten Menschen (10
Kriterien), der sozialen Betreuung und Alltagsgestaltung (10 Kriterien) sowie von Wohnen,
Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene (9 Kriterien) in die Gesamtbewertung ein. Die
pflegefachlichen Prüfkriterien – die hauptsächlich aus dem Prüfkatalog der MDK übernommen
wurden - haben ein deutliches Übergewicht.
Für die ambulante Pflege wurden 49 Bewertungskriterien festgelegt, die sich in vier -
unterschiedlich zur stationären Versorgung definierte – Qualitätsbereiche aufteilen (Pflegerische
Leistungen, ärztlich verordnete pflegerische Leistungen, Dienstleistungen und Organisation,
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Befragung der Kunden). Das Resultat der Kundenbefragung wird zu Recht gesondert
ausgewiesen, aus den Bewertungen der übrigen Einzelkriterien wird folgerichtig ein
Gesamtergebnis gebildet.
Die Systematik gewährleistet aufgrund der Anzahl und Zuordnung der Kriterien, dass sich gute
wie auch schlechte Pflege im Gesamtergebnis widerspiegeln. Damit ist es Pflegebedürftigen
und Angehörigen zukünftig möglich, sich ein differenziertes Bild von der Qualität einer
Einrichtung zu machen. Die von den Vertragsparteien vorgeschlagene Form der Darstellung ist
inzwischen konsentiert. Die sog. Transparenzvereinbarungen findet man auf der Internetseite
des GKV-Spitzenverbandes unter Gesetzliche Pflegeversicherung, Rahmenvereinbarungen und
Empfehlungen zum Download.
V. Auswirkungen zugunsten der Pflegenden bzw. der
Pflegeeinrichtungen
1. Entbürokratisierung und Wirtschaftlichkeit der Versorgung
Von Einrichtungsträgern und Pflegenden wird immer wieder ein überhöhter bürokratischer
Aufwand bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen beklagt. Die Reform enthält vor
diesem Hintergrund viele Maßnahmen zur Entbürokratisierung. Insbesondere sind
nachfolgende Regelungen hervorzuheben, die zum großen Teil auch auf Anregungen des
Runden Tisches Pflege beruhen:
Die Landesverbände der Pflegekassen haben den Prüfumfang der Regelprüfung -
abgesehen von der Ergebnisqualität, diese wird immer vom MDK geprüft - in angemessener
Weise zu verringern, soweit ihnen aufgrund einer Prüfung der zuständigen
Heimaufsichtsbehörde Erkenntnisse darüber vorliegen, dass die Qualitätsanforderungen
nach dem SGB XI erfüllt sind. Diese Regelung wird dazu beitragen, die unterschiedlichen
Prüfungen nach dem Recht der Pflegeversicherung und nach dem Heimrecht besser
aufeinander abzustimmen. Dies war eines der Hauptanliegen von Einrichtungsträgern.
Darüber hinaus sind unter bestimmten Voraussetzungen, die von der sog.
Pflegeselbstverwaltung noch näher zu definieren sind, auch Prüfergebnisse aus von
Einrichtungen oder ihren Trägern selbstveranlassten Zertifizierungen bei der Prüftätigkeit
des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu berücksichtigen, was die Prüfung
der Prozess- und Strukturqualität anbelangt. Dies wird zu einer Entlastung gerade der
Einrichtungen mit guten internem Qualitätsmanagement führen.
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Dokumentationspflichten werden von den Einrichtungen und ihren Mitarbeitern vielfach als
bürokratieträchtig wahrgenommen. Die Beteiligten auf Bundesebene unter Einbeziehung der
Pflegefachkräfte haben daher den gesetzlichen Auftrag, sich auf Anforderungen an
Dokumentationen einigen, die übermäßigen Aufwand vermeiden, ohne den Zweck der
Dokumentation und der Qualitätssicherung zu vernachlässigen.
Die Regelungen der Pflege-Buchführungsverordnung werden von Einrichtungen und ihren
Verbänden immer wieder als zu verwaltungsaufwendig und bürokratisch kritisiert.
Dementsprechend hat die Reform die Möglichkeit der Vereinbarung von Grundsätzen
ordnungsgemäßer Pflegebuchführung geschaffen, bei deren Wahrnehmung durch die
Beteiligten die Pflege-Buchführungsverordnung entbehrlich und daher vom
Verordnungsgeber aufgehoben wird.
Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen dürfen nur noch durchgeführt werden, wenn
konkrete Anhaltspunkte für Defizite in diesen Bereichen bestehen. Die Durchführung von
Ermessensprüfungen, für die kein konkreter Anhaltspunkt besteht, ist untersagt.
Auch die Abschaffung der gesonderten Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen trägt dazu
bei, den Aufwand bei Kosten- und Einrichtungsträgern zu verringern. Statt dessen werden
die Leistung und deren Qualität künftig als Gegenleistung der Pflegeeinrichtung für den zu
zahlenden Pflegesatz vereinbart.
Die bessere Vernetzung und Verzahnung der Versorgungsangebote wird nicht nur zu einer
wirtschaftlicheren Versorgung führen, sondern insbesondere auch den pflegebedürftigen
Menschen helfen, sich an den Schnittstellen der Versorgungssysteme besser zurecht zu
finden und damit die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten.
Der Bundespflegeausschuss ist abgeschafft worden und der Turnus zur Vorlage des
Berichts über die Entwicklung der Pflegeversicherung ist von drei auf vier Jahre verlängert
worden.
2. Ortsübliche Vergütung für Pflegekräfte und andere Vergütungsfragen
Zugelassene Pflegeeinrichtungen haben einen Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung
für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie bei stationärer Pflege auf ein
angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1
Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI). Die Vergütung muss so bemessen sein, dass sie
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einer Pflegeeinrichtung bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglicht, ihren
Versorgungsauftrag gegenüber den pflegebedürftigen Menschen zu erfüllen.
Pflegeeinrichtungen müssen ihren Pflegekräften mindestens die ortsübliche Vergütung
zahlen. Dies ist nunmehr Voraussetzung für die Zulassung einer Pflegeeinrichtung durch
Versorgungsvertrag und für die Aufrechterhaltung der Zulassung. Damit wird sichergestellt,
dass Pflegeeinrichtungen eine Arbeitsvergütung an ihre Beschäftigten zahlen, die dem
ortsüblichen Lohnniveau im Wirtschaftskreis entspricht. Mit der Neuregelung soll verhindert
werden, dass Billiganbieter, die ihrem Personal weniger als die ortsübliche Vergütung
zahlen, im Kreis der zugelassenen Pflegeeinrichtungen Fuß fassen. Gleichzeitig soll damit
die Attraktivität des Pflegeberufs erhalten bzw. verbessert und ein Beitrag zur Qualität der
Pflege geleistet werden.
Ergänzender Hinweis: Eine Lohnuntergrenze wird schließlich im Interesse der Pflegekräfte
sowie der pflegebedürftigen Menschen durch die Möglichkeit der Festlegung eines
Mindestlohnes gezogen. Am 22. Januar 2009 hat der Deutsche Bundestag die Aufnahme
der Pflegebranche (Altenpflege und häusliche Krankenpflege) in das Arbeitnehmer-
Entsendegesetz beschlossen; der Bundesrat hat der Aufnahme der Pflegebranche in das
Arbeitnehmer-Entsendegesetz am 13. Februar 2009 zugestimmt.
Auf Antrag wird eine Kommission zur Erarbeitung von Arbeitsbedingungen bestimmt. Diese
Kommission besteht aus acht Mitgliedern, die sich zu gleichen Teilen aus den
Tarifvertragsparteien der Pflegebranche (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) sowie der
Dienstgeber- und Dienstnehmerseite kirchlicher Kommissionen rekrutieren. Damit wird dem
Umstand Rechnung getragen, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche durch
kollektiv ausgehandelte Regelungen geprägt sind. Diese kollektivrechtliche Prägung der
Arbeitsbedingungen beruht jedoch nicht nur auf Tarifverträgen, sondern auch auf
spezifischen kirchenrechtlichen Regelungen im sog. „Dritten Weg“.
Trifft die Kommission einen Beschluss, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
im Anschluss durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die von der Kommission
vorgeschlagenen Arbeitsbedingungen auf alle Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich der Empfehlung fallen, Anwendung finden.
Am 24. April 2009 ist das neugefasste Arbeitnehmer-Entsendegesetz in Kraft getreten. Ein
Antrag auf Errichtung der Pflege-Kommission ist zwischenzeitlich beim BMAS eingegangen.
Das BMAS hat daraufhin am 19. Mai 2009 das weitere Verfahren zur Errichtung der Pflege-
Kommission eingeleitet und die nach § 12 Arbeitnehmer-Entsendegesetz
vorschlagsberechtigten Stellen durch eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger zur Abgabe
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von Personalvorschlägen für die Besetzung der Pflege-Kommission innerhalb einer
Ausschlussfrist von sechs Wochen aufgefordert. Die Frist endet am 30. Juni 2009.
Bei der Verhandlung über die Pflegesätze einer Einrichtung können die Preise anderer
Pflegeeinrichtungen angemessen berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass sie nach
Art und Größe gleichartig sind. Dieser so genannte externe Vergleich der Pflegesätze erfolgt
jedoch nur, wenn sich die Verhandlungspartner darauf einigen.
Den Trägern wird es ferner ermöglicht, unter einem einheitlichen vertraglichen „Dach“ im
Rahmen eines so genannten Gesamtversorgungsvertrages mehrere Einrichtungen an
einem Ort (z. B. einen Pflegedienst mit einer Tagespflegeeinrichtung und einer
vollstationären Pflegeeinrichtung) mit der Folge zu betreiben, dass für mehrere oder für alle
von dem Gesamtversorgungsvertrag erfassten Einrichtungen nur eine verantwortliche
Pflegefachkraft (sog. Pflegedienstleitung) erforderlich ist.
Künftig wird in den Vergütungsverhandlungen für die stationäre Versorgung aufgrund der
Abschaffung der gesonderten Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen nicht nur die Höhe
des Pflegesatzes, sondern zugleich auch die im Einzelnen zu erbringende Leistung samt
ihrer Qualität und das dafür benötigte Personal individuell vereinbart.
In der vollstationären Pflege wird zudem sichergestellt, dass der Versorgungsaufwand für
Pflegebedürftige, die als Härtefall anerkannt sind, besser als bisher in den Vergütungen
Berücksichtigung findet. Dies kann dadurch geschehen, dass zusätzlich zum Pflegesatz der
Pflegeklasse 3 eine Vergütung in Höhe des Härtefallzuschlags vom Pflegebedürftigen an
das Pflegeheim zu zahlen ist.
Ferner haben Träger der Pflegeheime die Möglichkeit, besonders pauschalierte Pflegesätze
über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren modellhaft zu erproben, so dass ein für alle
Bewohner einheitlicher Pflegesatz ebenso wie eine andere Pflegesatzgestaltung als die
gesetzlich vorgesehenen drei Pflegesätze (z.B. nur zwei unterschiedliche Pflegesätze) unter
wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden kann.