Die Digitalisierung des Geschäftslebens ist geprägt von tiefgreifender Veränderung. Dabei
spielen bestimmte Führungskompetenzen eine entscheidende Rolle.
Lessons Learned aus Lessons Learned: Die lernende Organisation verwirklichen
Erfolgsfaktoren bei Veränderungen
1. 60 12/2017
Verband der Wirtschaftsinformatik
Welches sinddie Erfolgsfaktoren
bei Veränderungen, die in der
jetzigen Zeit so gefordert sind?
Nimmt man die Studie von Cap-
gemini Consulting, heisst es:
«The human factor» steht weit
vornimRankingdervonerfahre-
nen Change Managern benann-
ten Erfolgsfaktoren:
• Sicherstellung von Mobilisie-
rung.
• Commitment von Manage-
ment, Mitarbeitern und weite-
ren Stakeholdern.
• Klare Vision und Definition
von Ziel und Veränderungs-
strategie; dem vorausgehend:
• Situation und Umfeld analy-
sieren und verstehen;
• Führung fördern;
• Kultur weiterentwickeln;
• Qualifizierung und Entwick-
lung stets zielgruppenorien-
tiert durchführen.
Das heisst implizit, dass das
jeweilige Unternehmensumfeld
stimmen muss: Erfolg braucht
Freiheitsgrade. Laut der Analyse
sind erfolgreiche Change-Pro-
jektenebenderPersonvorallem
auch vom Umfeld des Verände-
rers und dem Führungsteam des
Unternehmens abhängig. Dazu
gehörteineoffene,vonVertrauen
und Feedback geprägte Unter-
nehmenskultur genauso wie
die institutionalisierte Verände
rungsfähigkeit der Organisation.
Insbesondere die erfolgreichen
Change Leader berichten dabei
von den hohen Freiheitsgraden
in ihrem letzten Projekt (72 Pro-
zent Zustimmung).
Mindset statt Projekt
In seinem Artikel «Change Mana
gement ist der Tod» schreibt
der Organisationsentwicklungs
experte Franz-Peter Staudt:
«Der überwiegende Teil der
Change-Management-Projekte
ist trotz aller Information und
des vorhandenen Wissens nicht
erfolgreich. Es stellt sich nun
die Frage, wie sich Organisatio-
nen und deren Mitarbeiter auf
die zukünftigen Herausforde
rungen vorbereiten können?»
Aus eigener Erfahrung und
aufgrund vieler Gespräche mit
Führungskräften und Mitarbei-
ternunterschiedlicherOrganisa-
tionen bedarf es keinerlei Pro-
jekte. Es bedarf eines komplett
Die Digitalisierung des Geschäftslebens ist geprägt von tiefgreifender Veränderung. Dabei
spielen bestimmte Führungskompetenzen eine entscheidende Rolle. Von Michael Wyrsch
Erfolgsfaktoren bei
Veränderungen
Management-Praxis
Das Mini-U beschreibt
die Entwicklung vom
Reproduzieren hin
zum Presencing
Quelle:WyrschPartner
2. 6112/2017
Verband der Wirtschaftsinformatik
anderen Mindsets. Es besteht in
der veränderten Art der Zusam-
menarbeit und der Kommunika-
tion zwischen den Kollegen, den
Führungskräften und deren Mit-
arbeitern, zwischen den Abtei-
lungen, mit den Kunden und
den Lieferanten. Kurz gesagt:
zwischen allen Stakeholdern!
Wenn Führungskräfte ihre
Mitarbeiter nicht ernst nehmen
und der Führungsstil eher dem
Befehlston auf einem Piraten-
schiff ähnelt, werden vermutlich
Kunden ebenfalls wie Befehls-
empfänger behandelt.
Wenn Abteilungen im Wett
bewerb zueinander stehen, wird
man Kunden auch eher übervor-
teilen. Denn der Umgang inner-
halb des Unternehmens wird
auch den Umgang mit den Kun-
den oder den Lieferanten beein-
flussen. Die Art und Weise, wie
wir miteinander umgehen, mit-
einander arbeiten und wie wir
Informationen und Erfahrungs-
wissen teilen, wird für die
zukünftigen Herausforderungen
wesentlich sein.
Damit steht die Frage absolut
im Vordergrund: Was macht den
Veränderer wirksam? Nach Cap-
gemini ist dies:
• Eine den Wandel bejahende,
innerlich unabhängige Per-
sönlichkeit. Ein Gestalter, der
Ziele, Strukturen, Prozesse
und Menschen gleichermas
sen durchdringt.
• Frühzeitige Einbindung in den
Transformationsprozess. Op-
timal: Bereits zum Zeitpunkt
der initialen Entscheidung.
• Klares (Selbst-)Verständnis
über Rollen und Aufgaben.
Kollegen mit komplemen
tären Kompetenzen überneh-
men ergänzende Rollen.
• Unterstützendes Umfeld und
Organisationmitanpassungs-
fähigen Prozessen sowie
Strukturen und einer firmen-
weit gelebten Feedback- so-
wie Vertrauenskultur.
• Hohe Freiheitsgrade, die dem
Veränderer erlauben, selbst
bei festen Stellhebeln alle
notwendigen Veränderungen
an Prozessen und Struktu-
ren vorzunehmen, die den
Change begünstigen.
Zum entscheidenden Eigen-
schaftsbündel des idealen Ver-
änderers gehören: Selbstrefle
xion, Kommunikationsfähigkeit,
die Bereitschaft zur Kooperation
und partnerschaftlichen Kon-
fliktlösung, ebenso wie die Gabe
der Motivation und die Fähig-
keit, Teamprozesse organisieren
und moderieren zu können. Das
ist «State of the Art» in der Lite
raturvonManagement-Experten
wie Peter Drucker, Rosabeth
Moss Kanter, John Kotter, Peter
Kruse, Rupert Lay, Costas Mar
kides, Henry Mintzberg, Nitin
Nohria und Reinhard Sprenger.
Leider sind die fraglichen Fähig-
keiten und Fertigkeiten sehr oft
nicht bei den entsprechenden
Personen zu finden.
«Theorie U»
Die Führungskräfte können sich
an Untersuchungen des Massa-
chusetts Institute of Technology
orientieren, das erfolgreiche
Veränderungsprozesse unter-
sucht hat. Die Wissenschaftler
rund um Professor Claus Otto
Scharmer haben aus der For-
schung eine Theorie abgeleitet:
Die «Theorie U» geht im Ge-
gensatz zu anderen Vorgehens-
weisen davon aus, dass die He
rangehensweise darüber ent-
scheidet, wie sich eine Situation
entwickelt. Entscheidende Fak-
toren sind die Erwartungen,
aber auch die «blinden Flecken»
in der Wahrnehmung der Betei-
ligten. «Von der Zukunft her füh-
ren» bedeutet, Potenziale und
Zukunftschancen zu erkennen
und im Hinblick auf aktuelle Auf-
gaben zu erschliessen. «Presen-
cing» (aus «presence» und «sen-
sing») nennt Scharmer die Fer-
tigkeit zur Entwicklung, von der
sowohl eine Organisation als
Ganzes als auch der einzelne
Mitarbeiter persönlich profitiert.
Daneben soll bewusst darauf
Wertgelegtwerden,diemensch-
lichen Tiefen zu erreichen und
sie als kreative Kraft zu nutzen.
Zusätzlich sollten sich die Füh-
rungskräfte bewusst sein, dass
bei jedem Schritt das Vorgehen
nach dem Mini-U (vgl. Grafik
links) ablaufen soll, um die op
timalsten Ergebnisse zu errei-
chen. Mittels des Durchlaufens
dieses Mini-U ist sichergestellt,
dass sämtliche Aspekte betrach-
tet werden. Dies bedingt jedoch,
dass sowohl die Teilnehmer als
auch der Facilitator sich öffnen
und es zulassen.
Fazit: Soft Skills fehlen
Wir haben alle Methoden und
Werkzeuge, um eine Verände-
rung erfolgreich durchzuführen.
Es mangelt allein an den
menschlichen Faktoren. Unsere
Soft Skills sind teilweise noch
nichtsogutausgebildet,dasssie
uns fördern und nicht im Wege
stehen. Also investieren wir
doch endlich hier! ◾
Michael Wyrsch
ist Mitglied des Bildungsausschusses
des VIW und Geschäftsführer des Bera-
tungsunternehmens Wyrsch Partner
in Buch am Irchel:
www.wyrsch-partner.ch
Der VIW ist der führende Fachver-
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schaft, Politik und Berufsverbänden.
Ziel des Verbands ist die Mitwirkung
in der Informatikbildung sowie die
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zeuge, um Verände-
rung erfolgreich
durchzuführen»
Michael Wyrsch, Inhaber, Wyrsch Partner