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Jochen Malmsheimer, Wurstbrot


Jochen Malmsheimer (als Hausmeister, Inbegriff des einfachen Menschen) betritt zusammen
mit Georg Schramm (GS gibt vor, im Jahr 2009 als Bundespräsident kandidieren zu wollen.)
die Bühne.
GS: Was liegt hier denn aufm Boden?
JM: Wie sieht das hier aus?
GS: Räum das mal weg!
JM: Es geht... Es geht nicht nur um die Würde des Amtes, es geht auch um die Würde der Wurst.
        So...
GS: Malmsheimer... Bitte... Es gibt wichtigers zu bereden. Haben Sie jetzt mal über mein Angebot
        nachgedacht?
JM: Kann ich ... ähh... offen zu Ihnen sein?
GS: War das bis dato nicht der Fall?
JM: Ach...Ich fühl mich im Politischen einfach nicht zu Hause. Ich finde es widerwärtig, ich finde
        es unerträglich. Ich könnte kotzen!
GS: Prima! Ganz meiner Meinung!
JM: Hae?
GS: Das hier jetzt elegant formuliert, und und äh ausargumentiert, dann liegen Sie doch auf dem
        Puls der Zeit. Das könnte den Kern unserer Präsidentschaft ausmachen. Verstehen Sie?
        Wenn wir uns über den Suppentellerrand des Politischen erheben und am dann sichtbaren
        Horizont, was erkennen wir? Was die Welt im innersten zusammenhält.
JM: Ach. Ich hab meinen Faust auch gelesen: Es ist als wärs gestern erst gewesen.
  Aus Euerm Mund die Botschaft hör ich wohl! Allein mir fehlt der Glaube. (Goethe)
GS: Hoh, das nenn' ich retourniert mein braver Ackermann! Hahahahah
  ... aber jetzt. Wissen Sie... Aber... Wir müssen wir müssen das Gestern verstehen, damit wir das
Morgen meistern können. Malmsheimer, ist es nicht im Grunde mittlerweile schon so, dass wir
heutzutage manchmal vom guten alten rheinischen Kapitalismus sprechen, der uns mittlerweile
schon, inklusive einer Charakterlosigkeit einer Flick-Dynastie (Flick: eine schwerreiche
Industriellen-Familie) schon positiver erscheint, als das seelenlose Finanzkapital unserer Tage? War
es früher...
JM: Gehen Sie... gehen Sie... gehen Sie jetzt! Gehen Sie! Ich muß allein sein!
GS: Ah, ich merk in Ihnen brodelt was. Das ist gut. Es gärt, es muß raus.
  Das ist ein gutes Zeichen. Ich hole Herrn Priol, dann stoßen wir zusammen an.
JM: Von Zeit zu Zeit sehe ich den Alten gern und... hüte mich mit ihm zu brechen. (Goethe-Zitat)
Aber... Es war jetzt der Moment. Ich wußte, ich mußte ihn... ich wußte... Er war kurz davor den
einen Satz zu sagen. Der Satz der mich in den Irrsinn treibt. Der mich hier (Irrenanstalt)
reingebracht hat. Die mich die ganze Jugend über verfolgt hat. Den Satz, den Sie alle kennen. Sie
können ihn alle mitbeten. Sie kennnen ihn alle. Der Satz lautet natürlich:
  Früher war alles besser!
  Jawoll! Das ist Scheiße! Nichts war früher besser. Das stimmt nicht! Das ist ein Quadratunsinn!
Nichts war früher besser! Früher war vieles früher. Das ist richtig. (Gelächter) ... Jaa... Der
September war oft schon im April. Das macht sich heut' kein mehr Mensch klar. Aber... Früher war
nichts besser. Aber... Es gab Sachen, die waren früher gut. Und...sie wären es auch heute noch!
Wenn man die Finger davon gelassen hätte! (Gelächter) Beispiel: Das Wurstbrot.
Da wo ich herkomme, heißt das Zervelat. Vorne mit Z, hinten einfach ohne Brot. Verstehste? Da
kann man auch sagen Salamibrot, Wurstbrot, Dauerwurstbrot, Blockwurstbrot, nach Ägidius Block
(jeder weiß, daß es den nie gegeben hat, daß der spontan von JM erfunden wurde.), der es erfunden
hat. Das Wurstbrot. Wie geht ein Wurstbrot? Fangen wir unten an. Für die Unkundigen im Süden.
Da ist eine Scheibe Graubrot. Graues Brot! Mit einer richtigen Kruste. Damit die Zähne gut
Knackens haben. Würde der völlig zu unrecht verstorbene Dieter Hüsch (ein Kaberettist aus dem
Reinland, wie JM selbst.) sagen, wenn er noch lebte. Richtiges Brot, aus echten Körnern, mit Mehl,
graues... mit einem eigenen Geschmack. Die Älteren werden sich noch daran erinnern. Richtig?
Genau! Nicht diese weiße Vollzafu ??? zu fressen. Nein. Graues Brot. Mit Niveau, mit Charakter
und Geschmack. Da drauf, daumendick und goldgelb: Gutebutter heißt das. Gutebutter, es ist ein
Wort: Gutebutter. Genau wie Klarwasser. Goldgelbe Gutebutter. Und das Brot schmeckt von unten
an die Butter ran und die Butter schmeckt von oben an das Brot und dann lernen sie sich kennen
und dann tun sie sich zusammen, denn sie wissen: Gleich gibts was eins aufs Dach! Und dann... das
ist jetzt ganz wichtig... Zettel raus! Stifte, gleich mitschreiben! Denn das ist ganz wichtig! Bitte!
Dann 3, in Worten drei, in Zahlen auch, der Krieg ist vorbei! 3 Scheiben Zervelatwurst! Die müssen
wie die Dachschindeln übereinander liegen! Und Brotundbutter schmecken von unten an die Wurst
und die Wurst von oben an Brotundbutta. Und dann gibt es eine Geschmacksdetonation, daß es
einem die Zähne aus dem Hals bläst, wenn sie nicht anständig verschraubt sind.
  Das war gut! Jahrtausende war das gut! Und aus den Algen wurden Dinosaurier und die zerfielen
zu Staub. Und aus dem Staub erhoben sich mächtige Reiche und sie wurden verweht. Das
Wurstbrot aber blieb! Das ist eine Kulturkonstante!
  Bis zu diesem furchtbaren Tag, andem irgend so eine mental total verrottete Bäckerschwuchtel da
Maionese draufgepackt hat! Und ein Salatblatt und Tomate und gekochtes Ei! Du hast das Gefühl,
du beißt in einen Komposthaufen! Das hat doch mit Wurst nichts mehr zu tun! Ich werd gleich
wahnsinnig! Es gibt für jeden Scheiß n'??? in diesem Land! Das ist doch wahr! Das gibts doch gar
nicht! Ach das ist doch.... Ich werde wahnsinnig! Ich ... ich bin fuer den Einsatz des Militärs im
eigenen Land! (In Deutschland darf das Militär nur in extremen Ausnahmefällen eingesetzt
werden.) Die Soldaten müssen in den Bahnhöfen unter vorgehaltener Waffe die Bäcker zwingen,
ihre verdammte Erlebnisvitrine leer zu fressen. Ein Bäcker soll um 3 Uhr aufstehen, backen, Fresse
halten und um 8 im Bett liegen. Ist das denn so schwer?
  Das mach ich jeden Abend. Können Sie sich das vorstellen? (Gelächter)
  Das ich das ... das ich das ... äh... gesundheitlich überhaupt mitmache. Auf der anderen Seite
finde ich, daß gerade so eine doch durchaus verkopfte Veranstaltung wie diese, so einen Hauch
Emotion doch durchaus verträgt. (Gelächter)
  Auf der anderen Seite sehe ich jedoch etliche sehr spärlich möblierte Gesichter, wo eine ganz
einfache Frage zart von hinten an die Glasmurmel klopft, die die Augen darstellen, und die Frage
lautet natürlich: Mein Gott, was hat der Mann?
  (Schnauben, Knurren) Recht hat er!

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Malmsheimer wurstbrot

  • 1. Jochen Malmsheimer, Wurstbrot Jochen Malmsheimer (als Hausmeister, Inbegriff des einfachen Menschen) betritt zusammen mit Georg Schramm (GS gibt vor, im Jahr 2009 als Bundespräsident kandidieren zu wollen.) die Bühne. GS: Was liegt hier denn aufm Boden? JM: Wie sieht das hier aus? GS: Räum das mal weg! JM: Es geht... Es geht nicht nur um die Würde des Amtes, es geht auch um die Würde der Wurst. So... GS: Malmsheimer... Bitte... Es gibt wichtigers zu bereden. Haben Sie jetzt mal über mein Angebot nachgedacht? JM: Kann ich ... ähh... offen zu Ihnen sein? GS: War das bis dato nicht der Fall? JM: Ach...Ich fühl mich im Politischen einfach nicht zu Hause. Ich finde es widerwärtig, ich finde es unerträglich. Ich könnte kotzen! GS: Prima! Ganz meiner Meinung! JM: Hae? GS: Das hier jetzt elegant formuliert, und und äh ausargumentiert, dann liegen Sie doch auf dem Puls der Zeit. Das könnte den Kern unserer Präsidentschaft ausmachen. Verstehen Sie? Wenn wir uns über den Suppentellerrand des Politischen erheben und am dann sichtbaren Horizont, was erkennen wir? Was die Welt im innersten zusammenhält. JM: Ach. Ich hab meinen Faust auch gelesen: Es ist als wärs gestern erst gewesen. Aus Euerm Mund die Botschaft hör ich wohl! Allein mir fehlt der Glaube. (Goethe) GS: Hoh, das nenn' ich retourniert mein braver Ackermann! Hahahahah ... aber jetzt. Wissen Sie... Aber... Wir müssen wir müssen das Gestern verstehen, damit wir das Morgen meistern können. Malmsheimer, ist es nicht im Grunde mittlerweile schon so, dass wir heutzutage manchmal vom guten alten rheinischen Kapitalismus sprechen, der uns mittlerweile schon, inklusive einer Charakterlosigkeit einer Flick-Dynastie (Flick: eine schwerreiche Industriellen-Familie) schon positiver erscheint, als das seelenlose Finanzkapital unserer Tage? War es früher... JM: Gehen Sie... gehen Sie... gehen Sie jetzt! Gehen Sie! Ich muß allein sein! GS: Ah, ich merk in Ihnen brodelt was. Das ist gut. Es gärt, es muß raus. Das ist ein gutes Zeichen. Ich hole Herrn Priol, dann stoßen wir zusammen an. JM: Von Zeit zu Zeit sehe ich den Alten gern und... hüte mich mit ihm zu brechen. (Goethe-Zitat)
  • 2. Aber... Es war jetzt der Moment. Ich wußte, ich mußte ihn... ich wußte... Er war kurz davor den einen Satz zu sagen. Der Satz der mich in den Irrsinn treibt. Der mich hier (Irrenanstalt) reingebracht hat. Die mich die ganze Jugend über verfolgt hat. Den Satz, den Sie alle kennen. Sie können ihn alle mitbeten. Sie kennnen ihn alle. Der Satz lautet natürlich: Früher war alles besser! Jawoll! Das ist Scheiße! Nichts war früher besser. Das stimmt nicht! Das ist ein Quadratunsinn! Nichts war früher besser! Früher war vieles früher. Das ist richtig. (Gelächter) ... Jaa... Der September war oft schon im April. Das macht sich heut' kein mehr Mensch klar. Aber... Früher war nichts besser. Aber... Es gab Sachen, die waren früher gut. Und...sie wären es auch heute noch! Wenn man die Finger davon gelassen hätte! (Gelächter) Beispiel: Das Wurstbrot. Da wo ich herkomme, heißt das Zervelat. Vorne mit Z, hinten einfach ohne Brot. Verstehste? Da kann man auch sagen Salamibrot, Wurstbrot, Dauerwurstbrot, Blockwurstbrot, nach Ägidius Block (jeder weiß, daß es den nie gegeben hat, daß der spontan von JM erfunden wurde.), der es erfunden hat. Das Wurstbrot. Wie geht ein Wurstbrot? Fangen wir unten an. Für die Unkundigen im Süden. Da ist eine Scheibe Graubrot. Graues Brot! Mit einer richtigen Kruste. Damit die Zähne gut Knackens haben. Würde der völlig zu unrecht verstorbene Dieter Hüsch (ein Kaberettist aus dem Reinland, wie JM selbst.) sagen, wenn er noch lebte. Richtiges Brot, aus echten Körnern, mit Mehl, graues... mit einem eigenen Geschmack. Die Älteren werden sich noch daran erinnern. Richtig? Genau! Nicht diese weiße Vollzafu ??? zu fressen. Nein. Graues Brot. Mit Niveau, mit Charakter und Geschmack. Da drauf, daumendick und goldgelb: Gutebutter heißt das. Gutebutter, es ist ein Wort: Gutebutter. Genau wie Klarwasser. Goldgelbe Gutebutter. Und das Brot schmeckt von unten an die Butter ran und die Butter schmeckt von oben an das Brot und dann lernen sie sich kennen und dann tun sie sich zusammen, denn sie wissen: Gleich gibts was eins aufs Dach! Und dann... das ist jetzt ganz wichtig... Zettel raus! Stifte, gleich mitschreiben! Denn das ist ganz wichtig! Bitte! Dann 3, in Worten drei, in Zahlen auch, der Krieg ist vorbei! 3 Scheiben Zervelatwurst! Die müssen wie die Dachschindeln übereinander liegen! Und Brotundbutter schmecken von unten an die Wurst und die Wurst von oben an Brotundbutta. Und dann gibt es eine Geschmacksdetonation, daß es einem die Zähne aus dem Hals bläst, wenn sie nicht anständig verschraubt sind. Das war gut! Jahrtausende war das gut! Und aus den Algen wurden Dinosaurier und die zerfielen zu Staub. Und aus dem Staub erhoben sich mächtige Reiche und sie wurden verweht. Das Wurstbrot aber blieb! Das ist eine Kulturkonstante! Bis zu diesem furchtbaren Tag, andem irgend so eine mental total verrottete Bäckerschwuchtel da Maionese draufgepackt hat! Und ein Salatblatt und Tomate und gekochtes Ei! Du hast das Gefühl, du beißt in einen Komposthaufen! Das hat doch mit Wurst nichts mehr zu tun! Ich werd gleich wahnsinnig! Es gibt für jeden Scheiß n'??? in diesem Land! Das ist doch wahr! Das gibts doch gar
  • 3. nicht! Ach das ist doch.... Ich werde wahnsinnig! Ich ... ich bin fuer den Einsatz des Militärs im eigenen Land! (In Deutschland darf das Militär nur in extremen Ausnahmefällen eingesetzt werden.) Die Soldaten müssen in den Bahnhöfen unter vorgehaltener Waffe die Bäcker zwingen, ihre verdammte Erlebnisvitrine leer zu fressen. Ein Bäcker soll um 3 Uhr aufstehen, backen, Fresse halten und um 8 im Bett liegen. Ist das denn so schwer? Das mach ich jeden Abend. Können Sie sich das vorstellen? (Gelächter) Das ich das ... das ich das ... äh... gesundheitlich überhaupt mitmache. Auf der anderen Seite finde ich, daß gerade so eine doch durchaus verkopfte Veranstaltung wie diese, so einen Hauch Emotion doch durchaus verträgt. (Gelächter) Auf der anderen Seite sehe ich jedoch etliche sehr spärlich möblierte Gesichter, wo eine ganz einfache Frage zart von hinten an die Glasmurmel klopft, die die Augen darstellen, und die Frage lautet natürlich: Mein Gott, was hat der Mann? (Schnauben, Knurren) Recht hat er!