Rechtliche und ökonomische Auswirkungen des Mindestlohngesetzes mit Darstellung der praktischen Fragen sowie der rechtlichen und ökonomischen Diskussion
2. Schlusspunkt der
politischen Diskussion
Ziel 1: „Gute Arbeit muss sich einerseits
lohnen und existenzsichernd sein.“
Ziel 2: „Wir wollen Arbeit für alle, sicher
und gut bezahlt.“
Auszug aus dem Koalitionsvertrag
3. Rechtliche Diskussion
Verfassungsverstoß aufgrund Tarifautonomie?
Recht gemäß Art. 9 III GG Vereinbarungen mit normativer Wirkung
über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen abzuschließen.
Gesetzesentwurf: Der gesetzliche Mindestlohn soll "verhindern, dass
Arbeitnehmer zu Arbeitsentgelten beschäftigt werden, die
unangemessen sind und den in Art. 2 I & Art. 20 I GG elementaren
Gerechtigkeitsforderungen nicht genügen".
BVerfG 1999: Die Festsetzung der Löhne kann "aus Sachgründen am
besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden, weil sie nach
den Vorstellungen des Verfassungsgebers die gegenseitigen
Interessen angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat."
BVerfG am 25.06.2015: Drei Verfassungsbeschwerden gegen das
Mindestlohngesetz unzulässig. Zumutbarkeit des fachgerichtlichen
Rechtsweges gegeben.
4. Verhältnis zu Tarifverträgen
Mindestlohn schon in einigen Tarifverträgen enthalten
Branchen: Fleischverarbeitung, Friseurhandwerk,
Gebäudereinigung, Landwirtschaft, Wäscherei-
dienstleistungen, Zeitarbeit, Pflegebranche
Vorrang bestehender tariflicher Regelungen mit Stundenlohn
unter Mindestlohn bis 31.12.2016.
Vermutlich Anhebung des Mindestlohns in 2017.
Zugleich gelten die ungünstigeren branchenbezogenen
Mindestlohntarifverträge im Jahr 2017 weiter. Allerdings:
mindestens 8,50 €.
5. Ökonomische Diskussion
Neoklassisches
Arbeitsmarktmodell
Monopsonistisches
Arbeitsmarktmodell
Steigende Arbeitslosigkeit
(Annahme: +1% Lohn, - bis zu 2%
Beschäftigung
Kein Nachweis von negativen
Beschäftigungseffekten
Niedriglohn ist oft nicht einzige
Haushaltseinnahmequelle
Positive Nachfrageeffekte
Gefährden Tarifautonomie
Subventionierung durch
Steuerzahler entfällt
Hohe Belastung für Kleinbetriebe,
insb. für Ostdeutschland
Keine negativen Effekte in
Bauindustrie
Führt zu höheren Preisen
DL eher betroffen, kaum im
industriellen Bereich
6. Untersuchung der Universität Berkeley 2011: Vergleich
einzelner „Counties“, die direkte Nachbarn sind, aber in
unterschiedlichen Bundesstaaten liegen und dabei
unterschiedliche Höhe der Mindestlöhne zwischen 7%
und 20% haben.
Ergebnis: Höhere Mindestlöhne haben in den
Vereinigten Staaten in den vergangenen 16 Jahren
keine Jobs vernichtet.
7. Blick über die Grenze
Großbritannien Frankreich
Höhe 6,70 £
(ca. 9,20 €)
9,61 €
Zuschuss für den
Arbeitgeber
0 % 26 %
(linear abschmelzend)
deflationierter
Anstieg seit 2001
28,2 %
(Bruttolohn: 17,9%)
12,5 %
(Bruttolohn: 11,2%)
Betroffene
Beschäftigte
5,0 % 7,7 %
8. Praktische Fragen
Dokumentationspflicht (§ 17 I, II MiLoG)
Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ist innerhalb einer
Woche aufzuzeichnen und zwei Jahre aufzubewahren. (gilt nicht für freie
Mitarbeiter & (echte) Selbstständige und ab 2.958 €).
Ausnahme sichern für Pflichtpraktikanten
Normale Praktikanten sind vom Mindestlohn erfasst.
Kein Ausschluss des Mindestlohns möglich
Auch vertraglich nicht, nur durch gerichtlichen Vergleich.
Sonderproblem mit tarifvertraglichen Ausschlussfristen.
Haftung des Unternehmers für Subunternehmer
Nach § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG muss ein Unternehmer
verschuldensunabhängig haften, wenn sein Subunternehmer seine
Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß bezahlt.
Aber nicht, wenn keine positive Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis.